Roger Letsch / 14.04.2020 / 15:00 / Foto: Martin Kraft / 65 / Seite ausdrucken

Karl Lauterbach träumt von Obama

Wenn deutsche Politiker ihren Träumen von Amerika freien Lauf lassen, wird es schon mal peinlich. Seit drei Jahren ist das nun schon so, wobei Wunsch und Wirklichkeit seltsamerweise gerade unter Amtsvorgänger Obama so gar nicht zusammenfinden wollten. Keinem der Projekte, die vom Lieblingspräsidenten der Deutschen gemeinsam mit den Europäern angestoßen wurden, war Erfolg beschieden. Die einen erwiesen sich als diplomatische Luftnummern, die anderen wurden von Europa aktiv hintertrieben. Libyen, Syrien, Iran-Deal und TTIP seien hier nur als Beispiele genannt. Das Problem für Europa und Deutschland im Besonderen ist, dass „der Neue“, mit dem man schon seit seiner Amtseinführung „fremdelt“, so gar nicht kuschelig daher kommt und man auf dieser Seite des Atlantiks einfach die Kraft nicht aufbringen kann, die Tatsachen zu akzeptieren.

Karl Lauterbach, SPD, in Coronazeiten oft zitierter Experte für alles und jedes, retweetete am 12.4.2020 einen harmlosen Ostergruß von Ex-Präsident Barack Obama und fügte etwas Eigenwürze hinzu. Die Verzierungen, die Lauterbach beim Lesen des Obama-Tweets durch Rübe und Fingerchen rauschten, muss man wohl mit pathologischer Elle messen:

Wenn man bedenkt, wieviele Menschenleben in den USA in den nächsten Wochen gerettet würden, wenn Obama noch Präsident wäre. Es ist eine besondere Tragik, dass Trumps historisches Versagen ausgerechnet so vielen Schwarzen den Tod bringt. Das werden sie ihm nie verzeihen.

Zunächst mal, Karl, wäre das dann gerade seine dritte Amtszeit, und dagegen steht nun mal der 22. Zusatzartikel der Verfassung der USA. Das muss Sie als Politiker in einem Land, in dem die Regierungschefs Jahresringe im Dutzend bilden, natürlich nicht kümmern. Außerdem müssen Sie eine besonders große Kristallkugel besitzen, wenn Sie „bedenken“ können, wie viele Menschenleben in den nächsten Wochen nur deshalb nicht gerettet werden, weil Obama nicht mehr Präsident ist.

Das Virus unterscheidet nicht zwischen links und rechts

Das ist böswilliger, abgefahrener Schmarrn und den Hirnwindungen eines Verschwörungstheoretikers würdig. Auch dass Trump durch ein „historisches Versagen“ ausgerechnet viele Schwarze auf dem Gewissen haben soll, ist albern und schon deshalb nicht zu belegen, weil „historisch” ein retrospektiver Begriff ist. Die Zukunft wird das zeigen müssen, nicht die selektive lauterbachsche Wahrnehmung der Realität. Ein Zwischenergebnis dürfen wir für Anfang November erwarten, vielleicht wird ja endlich ein SPD-Genosse Präsident der Vereinigten Staaten?

Sehr wahrscheinlich hat Lauterbach einen Artikel im Guardian gelesen und Schlüsse gezogen, die nicht mal der Guardian selber zieht. Trump wird in dem Artikel übrigens nicht mal erwähnt. In der offiziellen Statistik der Johns-Hopkins-Universität gibt es jedenfalls kein „racial profiling“, wie Lauterbach es betreibt. Was der Guardian-Artikel zudem unerwähnt lässt, ist die Tatsache, dass die größten Zentren der Epidemie ausgerechnet in traditionellen „Blue-States“ liegen, die seit Jahrzehnten von der Partei Obamas regiert werden.

Lauterbach leidet, wie die meisten in seiner Partei, unter dem Orange-Man-Bad-Syndrom, das ist bekannt und nicht zu übersehen. Selbst wenn Trump auf dem Wasser gehen könnte, würde Lauterbach noch behaupten, dieser sei zu dumm zum Schwimmen. Aber der Mediziner in ihm sollte dem Populisten und Antiamerikaner Lauterbach doch eigentlich längst klar gemacht haben, dass das Virus nicht zwischen links und rechts regierten Staaten unterscheidet. Sonst kommt noch jemand auf die Idee, die katastrophale Lage in Spanien und Italien den dort regierenden Sozialisten oder gleich der sowieso für alles verantwortlichen EU in die Schuhe zu schieben. Und so etwas würde man Brüssel nie verzeihen, oder, Herr Lauterbach? Genau wie die LGBTQ-Gemeinde Ihnen nicht verzeihen wird, dass Sie „People of Color” (PoC) als „Schwarze” bezeichnen.

Drei Fettnäpfchen auf 41 Wörter – das ist eine glatte 7 auf der nach oben offenen Stegner-Skala!

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.

Foto: Martin Kraft CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Thomas Klementa / 14.04.2020

Auch sprachlich ist Lauterbach der Knüller, wenn er mutmaßt, dass diejenigen, denen Trump den Tod gebracht hat, es dem Präsidenten nicht verzeihen werden. Wie das? Nach Wiederauferstehung?

Ludeloff Klaus / 14.04.2020

Der Professor Unrat der SPD ist nicht nur die Fliege abhanden gekommen, er hat offenkundig auch jeglichen Realitätsbezug verloren. Womöglich liegt dies an seiner selbstentdeckten Multifunktionalität als spät-approbierter Arzt, Gesundheitsökonomie, Medizinstatistiker, Epidemiologe, Hellseher und was sonst noch an echten wie erdachten Qualifikationen durch den Blätterwald und Äther rauscht. Ernst nehmen ihn nur noch ein paar ähnlich Verwirrte innerhalb seiner Blase, ansonsten schadet nur dem medizinischen Berufsstand.

Florian Bode / 14.04.2020

Der Herr Karl gibt viel Dünnsinn ab, wenn der Tag lang und ein Mikrophon nicht weit ist bzw. auf Twitter, wenn gerade kein Journalist zur Hand. Bedauerlich wäre nur, wenn ihn jemand außerhalb der balina Politikblase ernst nähme. Davon habe ich allerdings noch nicht gehört.

Claudia Maack / 14.04.2020

Man macht sich unweigerlich zum Volldeppen, sobald man versucht, Covid 19 mit der linksgrünen Moralkeule zu erschlagen. Lauterbach ist dumm genug, in diese Falle hineinzutappen. Auch der Herr Feldenkirchen, angeblich Starjournalist, entblödete sich nicht, vor einigen Tagen jenen Staaten Corona-Versagen unterzujubeln, die von „Rechtspopulisten“ regiert würden, beispielsweise USA, Italiens Lega Nord und Brasilien. Iran tauchte wohlweislich nicht auf. Österreich komischerweise auch nicht. Leider auch nicht (als positives Beispiel) die vorbildliche Vorsorge von Top-Linkspopulisten wie Kim Jong Un. Das zeigt doch, dass unsere politische und mediale Kaste nur noch in billigen Freund- Feind-Schemata denken kann. Passt eine Seuche da nicht hinein, wird sie passend gemacht (Schwarze sterben, Arme sterben, Rechte sind Corona-Schweine), auch auf die Gefahr hin, eine Argumentation abzuliefern, die in der logischen Beweisführung unter dem IQ einer Weinbergschnecke liegt.

Jürgen Probst / 14.04.2020

Gibt es denn in der SPD nicht eine/n einzige/n Politiker mehr mit Verstand und Anstand? Alles, aber auch alles, was aus dieser Partei kommt, ist mittlerweile nur noch “Bruch”. Am Rande: ich habe früher mal SPD gewählt.

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