Karl Dall ist tot

Vor ein paar Wochen fiel mir aus heiterem Himmel Karl Dall ein, und ich habe gedacht “Ruf doch Karl mal wieder an, wir könnten uns doch mal auf einen Kaffee treffen“. Dann kam der Schlaganfall, und jetzt ist er tot. Ich mochte ihn sehr. Irgendwann haben wir mal nach einem Boxkampf, ich glaube, es war nach der historischen Niederlage von Wladimir Klitschko gegen Corrie Sanders 2003 in Hannover, die Handynummern ausgetauscht.

Etwa zehn Jahre davor hat er mich in seiner damaligen Sendung „Jux und Dallerei“ auf SAT 1 mit der Frage begrüßt: „Hast du als Kind gelitten unter deinem Äußeren?“ (bei 13:26). In einem Kommentar auf YouTube schrieb jemand: „Wie schön politisch unkorrekt das noch war! So viele liebevolle Beleidigungen, und keiner hat angefangen zu weinen oder sich angegriffen gefühlt (auch im Publikum), sondern alle wussten, wie es gemeint ist und hatten Spaß.“ Er konnte dir eine überziehen und du hattest ihn trotzdem lieb. Er war böse, ohne böse zu sein. Er war schlagfertig, weil er schlagfertig war und nicht, weil ihm jemand lahme Witze geschrieben hat, die er vom Teleprompter ablesen musste.

Tatsächlich empfindet man, wenn man sich heute Karl Dalls Sendungen ansieht, ein Gefühl der Befreiung. Er hat es einfach gesagt. Und es war ihm egal. Er war genuin witzig, authentisch, einzigartig. Und sein Werk ist ein Rettungsanker in einer von Sprach- und Denkbarrieren determinierten Gegenwart, in der die Maske weit über die Pandemie hinaus Symbolkraft erlangt.

„Er war nicht nur ein beliebter Komiker und Entertainer, sondern vor allem ein außergewöhnlich liebenswerter und netter Mensch“, schreibt seine Familie, und daran ist jedes Wort wahr. Es ist jetzt an Dieter Nuhr, vor allem aber an Dietmar Wischmeyer, seine Fackel weiter zu tragen.

Dieser Beitrag erscheint auch auf Steinhöfel.com

Foto: Manfred Werner CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Hjalmar Kreutzer / 24.11.2020

Den ersten und leider letzten Live-Auftritt von Ihm erlebte ich in Halle/Saale am Steintor in „Der Opa“. Einfach göttlich! Als Jugendliche auf dem Schulhof konnten wir Insterburg & Co. und „diese Scheibe ist ein Hit“ fast so gut vor- und rückwärts wie die Gags von Otto. RIP.

Imogen Tabbs / 24.11.2020

Dieter Nuhr hat sich als Nachfolger in seiner letzten Sendung schon disqualifiziert. Ist jetzt auch voll auf Linie. Andreas Rebers könnte evtl. noch mithalten…

Silvia Orlandi / 24.11.2020

Ach Karl, jetzt spielst Du den Toten, zwinker doch noch mal!

Mathias Rudek / 24.11.2020

Danke für den gelungenen Nachruf, Herr Steinhöfel. Viele Gags von Insterburg & Co sind selbst bei mir als Kind in den 70ern noch eingebrannt. Ich erinnere mich auch an eine Szene in “Jux und Dallerei”, in der Karl Dall den Gast Olli Meier (Ex-Ehemann und Erbschleicher von von Helga Feddersen) von vorne bis hinten verarscht, aber dieser ihm mit keiner Silbe gewachsen ist und wie ein dummes Kind beleidigt in der Ecke sitzt und diese Szene assoziativ von anderen Gästen weiter getrieben wird. Köstlich, einfach köstlich. Tschüss Karl Dall!

Peter Petronius / 24.11.2020

Karl Dall als Schauspieler in “Sunshine Reggae auf Ibiza” (1983), ein grottenschlechter Film, aber mit vielen Möpsen, selbst der Trailer (auf YouTube) quillt über. Heute undenkbar! Na ja, “Ein Leben ohne Möpse ist möglich, aber sinnlos.” (Loriot)

Jürgen Probst / 24.11.2020

Ich frage mich, warum alle so auf den Nuhr abfahren. Er ist doch recht schwach geworden. In der letzten Sendung: Trump-Bashing, AfD-Beleidigung, Querdenker- Beleidigung. Und nie Kritik am Öffentlichen Fernsehen. Klar, sein Arbeitgeber. Nein, Nuhr ist es auch nicht mehr.

Helmut Ehmer / 24.11.2020

Vergessen wir nicht, dass er früher Schlagzeuger bei Insterburg und Co. war. Somit der berühmteste deutsche Schlagzeuger - aller Zeiten.

Gert Köppe / 24.11.2020

Wieder ist einer gegangen der mich fast mein ganzes Leben lang medial begleitet und zum Lachen gebracht hat. Solche einmaligen Typen sind nicht ersetzbar, schon gar nicht von Nuhr & Co. Karl, du warst nicht nur “scheibenweise”, sondern im Ganzen ein Hit. Für Jahrzehnte und ganz gewiss nicht nur für die Doofen.

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