Cora Stephan / 19.02.2017 / 06:00 / Foto: Kuebi / 12 / Seite ausdrucken

Egal für welche Partei ich Kanzlerin bin

Jetzt ist es raus: Angela Merkel ist das Trojanische Pferd der SPD in der CDU! Oder haben Sie eine andere Erklärung für den seltsam verkorksten Beginn des Wahljahres 2017?

Zuerst lässt sich die Kanzlerin von ihrem Vize öffentlich ohrfeigen – Sigmar Gabriel attestierte ihr bei seiner Demission „Übermut“ und „Naivität“ in Sachen offener Grenzen und Migration –,  und lässt es anschließend zu, dass er ihr einen Sozialdemokraten als Bundespräsidenten serviert. Die CDU verzichtete auf einen Gegenkandidaten. Weil sie keinen hat? Die Rede von Bundestagspräsident Norbert Lammert stand dagegen. Obwohl auch er nicht ohne situationsgemäße Platitüden auskam, zeigte er nicht zum ersten Mal, dass er einer der wenigen ist, die wissen und wissen lassen, dass ihre privilegierte Position lediglich geliehen ist.

Zur Erinnerung: ohne Norbert Lammert hätte sich der Bundestag noch weit schlimmer blamiert, als er es eh schon tat, im September 2011, als es ums widerspruchslose Durchwinken des Euro-Rettungsschirms gehen sollte. Es war der Bundestagspräsident, der dafür sorgte, dass auch kritische Stimmen wie die von Frank Schäffler (FDP) und Klaus-Peter Willsch (CDU) zu hören waren. Ohne seine Intervention gegen den wenig subtilen Fraktionszwang hätte sich der Bundestag wortlos in die Preisgabe seines Budgetrechts gefügt. Es war nicht zuletzt diese Selbstentmachtung der Repräsentanten, die zur Gründung der Alternative für Deutschland geführt hat: ein Parlament ohne Opposition ist keine Volksvertretung, eine Konsensdemokratie ist keine Demokratie.

Merkel eher müde bis trantütig

Wahrscheinlich hat es sich Lammert spätestens mit dieser Aktion mit Angela Merkel verscherzt, die nicht dafür bekannt ist, Widerspruchsgeist zu fördern. Und deshalb war Bundespräsident Steinmeier – alternativlos. Auch das Phänomen Martin Schulz, Grund für das Wiedererstarken der SPD, trägt zum Verdacht bei, Angela Merkel sei die heimliche Wahlhelferin der SPD. Es ist ja ohne sie kaum zu verstehen, warum ausgerechnet Kanzlerkandidat Schulz plötzlich zum Hoffnungsträger taugt.

Sicher, manch einem in der SPD mag jede Alternative zu Sigmar Gabriel recht sein. Auch ist Schulz’ Gesicht noch nicht ganz so verbraucht wie das vieler anderer, Europapolitik macht hierzulande selten Schlagzeilen. Und es mag richtig sein, dass die zunächst so angenehme Nüchternheit Angela Merkels mittlerweile eher müde bis trantütig wirkt und manch einer in all den lähmenden Jahren der Alternativlosigkeit Sehnsucht nach einem Haudrauf entwickelt hat, wie ihn Gerhard Schröder einst perfekt verkörperte. 

In der Sache selbst versteht man die Euphorie nicht, die Schulz auslöst. Mehr soziale Gerechtigkeit? Mit diesem Schlagwort holt man niemandem hinter dem Ofen hervor, dessen Unzufriedenheit mit der Kanzlerin sich auf ihren unbekümmerten Umgang mit Recht und Gesetz und ihre Politik der offenen Grenzen bezieht. Auch, dass er zu den rastlosen Beschwörern der EU gehört, dass er stets mehr, nicht weniger Einheit verlangt, ist nicht gerade geeignet, ihn in Zeiten zunehmender EU-Müdigkeit beliebt zu machen. „Mehr EU“ ist kein Schlachtruf, der beflügelt. Und doch ist die SPD seit der Inthronisierung von Schulz in vielen Umfragen hart an die CDU herangerückt. Stand es noch am 26. Januar 36 zu 23 Prozent, so hieß es am 11. Februar bereits 33 zu 32 Prozent. Das ist verblüffend – und es fällt schwer, diesen Höhenflug auf die Person von Schulz zu beziehen.

Nichts, was Schulz sagt, ist neu

Nichts, was er sagt, ist neu, nichts davon hätte nicht auch in den vergangenen Jahren von der SPD umgesetzt werden können, wenn es denn realistisch wäre. Und kaum etwas ist unwahrscheinlicher als ein Neuanfang mit einem Kandidaten, der die Politik fortzusetzen verspricht, deren mittlerweile eine Mehrheit der Wahlbürger überdrüssig ist. Demgegenüber wirkt ja selbst der neue Bundespräsident wie ein Stimmungsaufheller, der sich wenigstens des Wortes „Mut“ bedient: „Wir brauchen den Mut, zu sagen, was ist.“  Na dann mal los. Da gibt es viel zu tun.

Kurz: wenig spricht für Martin Schulz, außer einer einzigen Instanz. Wer außer Angela Merkel kann schon derart viel in Bewegung setzen? Die Vermutung ist nicht von der Hand zu weisen, dass die SPD derzeit vom wachsenden Unmut über die Methode Merkel und von der Selbstzerlegungsartistik der AfD profitiert.

Und während sich einerseits die „Muslime in der Union“ (Midu) formieren, um dort den wahren Islam zu stärken, andererseits das Grummeln an der christlichen Basis der CDU immer lauter wird, leuchtet eine ganz neue Möglichkeit auf am Horizont des Wahljahres: Angela Merkel verlässt die nun gründlich entbeinte CDU und wird Kanzler einer großen Koalition unter Führung der SPD. Und Martin Schulz? Ach, Angie ist schon mit ganz anderen Kalibern fertiggeworden.

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Leserpost

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Matthias Braun / 19.02.2017

Martin Schulz verkauft alten Wein in “neuen Schläuchen"und Frau Merkel Essig als Honigwein. Das Wahlvolk ist, zu großen Teilen davon “besoffen”. Der große Kater folgt mit Sicherheit!

Matt Borg / 19.02.2017

Merkel / Schulz: Es geht allein darum, die GroKo mehrheitsfähig zu halten, damit das Konjunkturprogramm Immigration und soziale Destabilisierung weiter fortgesetzt werden kann. Es gilt vor allem, die AfD klein zu halten und jegliche weitere gesellschaftliche Fragestellung im Interesse der Bürger zu verhindern: Bildung, Postwachstumsgesellschaft, Überwachungsstaat ... Das Parteiensystem ist nur die Kulisse.

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