Gestern schien sich Dramatisches anzubahnen und eine wichtige Kanzlermitteilung wurde avisiert. Ukraine? Staatsbankrott? Gasnotstand? Pleitewelle? Grenzkontrollen? Gewaltexplosion? Dann sprach Olaf Scholz. Über Grönland.
Als letzter Repräsentant der deutschen Weltrettung weilte Angela Merkel (CDU) auf Grönland. Zusammen mit ihrem Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD), burschikos Siggi Popp genannt, wollte sie sich „ein Bild vom Klimawandel machen“. Die Kanzlerin habe das schmelzende Eis aus einem Hubschrauber beobachtet, nebst einem Gletscher „von dem wegen der Erwärmung zunehmend große Brocken abbrechen“, berichtete der Spiegel. Deutschlands Sorge um Grönland hat also Tradition, und die gilt es immer wieder zu revitalisieren.
Zumal man inzwischen auch in Deutschland die Folgen des Klimawandels spürt. So beobachtet der gegenwärtige Noch-Kanzler Olaf Scholz das Herausbrechen zunehmend großer Brocken aus der Wählerschaft, das Volk kalbt im Angesicht der SPD, wenn auch nicht so laut wie die Gletscher. Das politische Klima in Deutschland scheint an einem Kipppunkt angekommen. So ist die SPD auf rund 16 Prozent abgeschmolzen, eine dramatische Lage im Vergleich zu Grönland, von dem rund 80 Prozent mit einem im Schnitt 1,5 Kilometer dicken Eispanzer bedeckt sind. Das hat Olaf Scholz dermaßen für die Belange Grönlands sensibilisiert, dass er die Presse gestern zu einem Statement einberief, um den Grönländern, die zwar nicht darum gefragt haben, moralisch unter die Arme zu greifen.
Schließlich hat Donald Trump schon lange seine begehrlichen Augen auf die Insel im Nordmeer geworfen, wollte sie kaufen oder sonstwie in die Finger bekommen, beispielsweise durch eine grönländische Volksabstimmung, denn Grönland sei für die USA "von großer strategischer Bedeutung“. Die Grönländer mögen ihre dänischen Vorturner nämlich gar nicht, legen allerdings auch keinen Wert darauf, Donald Trump als Nachfolger zu installieren. Was könnte der bei ihnen schon wollen? Ein Golfresort bauen? Einen weiteren Trump Tower – aus Eis? Oder einen Ort, an dem er ungestört Tweets schreiben kann?
Mit der Kühle des Robbenfängers
Nun antwortete Donald Trump auf die Frage eines Journalisten, ob er militärischen oder wirtschaftlichen Druck ausschließen könne: „Nein, das kann ich Ihnen nicht versichern.“ Ob er damit nun den Grönländern drohen will oder eher den Russen, die Grönland ebenfalls gerne heimholen würden, ist nicht so ganz klar, den Grönländern aber herzlich egal. Grönlands Regierungschef Múte B. Egede (37), Sproß einer Schäferfamilie, beschied Trump mit der Kühle eines Hirten der Verirrten: „Grönland gehört den Grönländern. Das möchte ich einfach wiederholen“.
Damit war eigentlich alles gesagt, außer von Olaf Scholz, der offenbar der Meinung war, es komme beim deutschen Wahlvolk gut an, den Schafhirten da oben gegen den Reißwolf aus New York zur Seite zu springen. Also machte er im Kanzleramt einen auf schwer wichtig und rief die Presse zu einem Statement zusammen. Alle dachten, es handele sich um etwas Wichtiges. Ukraine? Staatsbankrott? Gasnotstand? Pleitewelle? Grenzkontrollen? Gewaltexplosion? Doch womit kommt Scholz? Grönland. "Außer Spesen nichts gewesen", dachte es in der Journo-Blase, aber vielleicht lässt es sich doch irgendwie aufblasen. Die Einlassung war allerdings in etwa so spannend wie der Jahrebericht vom Eichamt:
„In meinen Gesprächen ist ein gewisses Unverständnis deutlich geworden, was aktuelle Äußerungen aus den USA angeht. Das Prinzip der Unverletzlichkeit der Grenzen gilt für jedes Land, egal ob es im Osten von uns liegt oder im Westen. Und daran muss sich jeder Staat halten, egal ob es ein kleines Land ist oder ein sehr mächtiger Staat. Es ist ein Grundprinzip des Völkerrechts und Kernbestandteil dessen, was wir westliche Werte nennen. Daran kann und darf es kein Rütteln geben.“
Die Amerikaner sind längst in Grönland
Da hat der Olaf (170 Zentimeter, 70 Kilo) den Donald (190 Zentimeter, optimistische 97 Kilo) aber ordentlich kielgeholt. Selten hat ein Schwanz so lustig mit dem Hund gewedelt. Nun gut, die Europäische Union hat inzwischen über 7.000 Euro für die nachhaltige Entwicklung jedes Grönländers berappt, unter anderem jährlich 30 Millionen Euro dafür, dass Grönland den EU-Fischereibetrieben seit 1985 erlaubte, seine Gewässer leerzufischen, eine sogenannte nachhaltige Wertschöpfungskette. Das nährt natürlich zumindest gefühlte territoriale Schutzinstinkte und entspricht exakt dem ostgrönländischen Humor, wie er von der Ethnologin Sophie Elixhauser ausführlich untersucht wurde ("Krokodile in Grönland").
Wobei die Sache mit den Grenzen zwar gut gemeint ist, aber deutlich zu spät artikuliert wurde. Die Amerikaner sind nämlich längst in Grönland. Die Pituffik Space Base, früher bekannt als Thule Air Base, ist ein US-amerikanischer Militärflugplatz und liegt im Nordwesten Grönlands. Sie wurde während des Kalten Krieges in den 1950er Jahren errichtet. Und wie es auch Olaf Scholz nicht entgangen sein dürfte: Der kalte Krieg ist wieder da.
Die Pituffik Space Base ist nach wie vor ein zentraler Bestandteil der US-amerikanischen Verteidigungsinfrastruktur und der nördlichste US-Stützpunkt, 1.200 Kilometer oberhalb des Polarkreises. Das Raketenfrühwarnsystem der USA und für die Überwachung des Weltraums sitzt dort oben und wird von den USA schon seit längerem mit einer Milliardeninvestition modernisiert. Ganz ähnlich übrigens wie Ramstein-Airbase bei Kaiserlautern, immerhin der einzige Teil Deutschlands, dessen Grenzen unverletztlich sind und zuverlässig überwacht werden.
Aber vielleicht steckt ja auch mal wieder Elon Musk dahinter. Wie wäre es mit Grönland als Techno-Supermacht der Welt, in der die Serverfarmen von „X“ mühelos und klimafreundlich eisgekühlt werden.
Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber der Achse des Guten