Wird Harris Trump überlisten?

Was ich jetzt sagen werde, wird einigen Lesern vielleicht nicht gefallen. Also mache ich es kurz, damit es nicht so weh tut: Trump ist momentan auf dem Weg, die Präsidentschaftswahl zu verlieren.

Pause.

Kurz sacken lassen.

Bevor Sie jetzt tief Luft zum Widerspruch holen, erkläre ich auch, warum ich das im Moment für wahrscheinlich halte: Weil Trump weder beißt noch kratzt noch Karten aus dem Ärmel zieht, die da nicht sein sollten. Wir erleben Fair Play von jemandem, gegen den seit zehn Jahren niemand nach diesen Regeln spielt. Das letzte Mal, dass Republikaner es mit lügen und betrügen versuchten – und zwar erfolgreich – war 1988, als Lee Atwater als Berater von George H. W. Bush Senior den sehr weit links stehenden Demokraten Michael Dukakis trotz dessen beachtlichen Vorsprungs in den Umfragen noch auf der Ziellinie aus dem Rennen kegelte.

Werbeanzeigen für Harris

Atwater entschuldigte sich kurz vor seinem Tod bei Dukakis für das unsaubere Spiel, und irgendetwas hält die Reps seither davon ab, auf eben diese Weise Wahlen zu gewinnen. Kamala Harris’ Kampagne lernt aber von den Besten, und so sehr man die Methode auch verabscheuen mag, nötigt die Dreistigkeit, sie einzusetzen, doch einigen Respekt ab. Was passiert ist, wollen Sie wissen? Nun, Harris schaltete eine Reihe von Google-Ads.

Nichts Besonderes, werden Sie sagen. Sicher erklärt sie ihre Politik, wirbt um Unterstützung, ganz natürliche und verständliche Dinge also, wie Kandidaten das nun mal machen. Nicht ganz. Harris’ Kampagne schaltet Werbeanzeigen, die per Klick zu Artikeln ihr freundlich gesinnter Medien führen.

Daran ist doch auch nichts Schlechtes, was redet der Kerl da, werden Sie sagen. Und wie großzügig von der Vizepräsidentin, die Inhalte von Medien wie CNN, AP, Independent, The Guardian, Reuters oder CBSNews mit den eigenen Wahlkampfgeldern zu bewerben! Was steht denn Nettes drin in den Artikeln?

Pressegold

Unwichtig! Entscheidend ist, dass die Adresse der Nachrichtenportale stimmt – was sie natürlich tut – und es dort recht freundlich für Kamala Harris zugeht. Man landet auch wirklich bei den beworbenen Medien, wenn man klickt. Nur stimmt der Inhalt der Artikel nicht so ganz mit dem Inhalt des Ads überein. Entscheidend ist die Darstellung in den Suchergebnissen von Google. In den Anzeigen hat man nämlich die Titel und Teaser-Texte der „Artikel“ bekannter Medien so verändert – Kritiker würden hier von „manipuliert“ sprechen ­–, dass sie so richtig nach Pressegold und „Harris rettet die Welt“ schmecken.

Eine fabrizierte Headline zu einem Artikel von „The Guardian“, welchen der Guardian so nie betitelt hat, lautet zum Beispiel: „Vizepräsidentin Harris bekämpft Abtreibungsverbote – Harris verteidigt die reproduktive Freiheit“, und auch im Subtext liest man in der Google-Anzeige Salbungsvolles: „Vizepräsidentin Harris ist eine Verfechterin der reproduktiven Freiheit und wird Trumps Abtreibungsverbote stoppen.“ – freilich steht das nur in der Impression, welche die Anzeige im Suchergebnis vermittelt. Im verlinkten Artikel ist nichts dergleichen zu finden. Aber was macht das schon, wenn die Lüge der guten Sache dient?

Google zufolge schaltet Trumps Kampagne keine Anzeigen dieser Art. Und glauben Sie mir, wir wüssten längst, wenn es anders wäre. Harris nutzt hier – Chapeau – eine Lücke in den Bestimmungen für Googles Werbeanzeigen, um den Anschein zu erwecken, als trügen die verlinkten Medien die Aussagen der Wahlkampagne von Kamala Harris mit. Und: Überraschung! Tief im Grunde ihrer progressiv-diversen Herzen tun sie das ja auch!

Allein der Schneid nötigt Respekt ab

Ich nenne es Methode „Überrumpelungsumarmung“, denn die „überraschten“ Medien befinden sich so natürlich wie sämtlich längst im jubelnden Lager der Dems, wo man gern genauso deutlich wäre, wie in den Google-Anzeige beworben, stünde dem aktivistischen Begehren nicht die lästige Pflicht gegenüber, zumindest äußerlich einen Anschein von Objektivität zu wahren. Entsprechend betreten fällt die Reaktion der Vereinnahmten aus. Motto der Harris-Kampagne: Mein Markenvertrauen ist leider aufgebraucht, ich leihe mir mal eben deines! Der Guardian teilt mit:

„Wir verstehen zwar, warum eine Organisation sich mit der vertrauenswürdigen Marke des Guardian identifizieren möchte, müssen aber sicherstellen, dass sie angemessen und mit unserer Erlaubnis verwendet wird. Wir werden uns an Google wenden, um weitere Informationen zu dieser Vorgehensweise zu erhalten“.

Bis das entschieden, vorsichtig abgelehnt, sanft verurteilt und dann schnell vergessen wird, ist Kamalas Kampagne längst weitergezogen und holt das nächste „Atwater“-Kaninchen aus dem Hut. Solch falsches Spiel hätte ich den Rettern der Demokratie gar nicht zugetraut! Zu Lügen werden solche Methoden jedoch nur, wenn man damit nicht durchkommt. Wie gesagt, allein der Schneid nötigt Respekt ab.

 

Roger Letsch, Jahrgang 1967, aufgewachsen in Sachsen-Anhalt, als dieses noch in der DDR lag und nicht so hieß. Lebt in der Nähe von und arbeitet in Hannover als Webdesigner, Fotograf und Texter. Sortiert seine Gedanken in der Öffentlichkeit auf seinem Blog unbesorgt.de.

Foto: Montage Achgut.com/Lawrence Jackson/ whitehouse.gov/administration via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Elias Schwarz / 16.08.2024

Natürlich kann Harris siegen. Dafür muß man in Pennsylvania genug falsche Wahlzettel ausfüllen.

Gabriele Klein / 16.08.2024

@J. Lindt: “Wahlen werden nicht durch (und schon gar nicht von) Medien gewonnen” Das glaube ich auch, allerdings, sagt diese Vorgehensweise einiges über das Verständnis von Fair Play u. wirft d. Frage auf wie jene die die Hoheit über die Urnen haben ihren “Heimvorteil” oder auch “Machtvorteil” nutzen werden?  Auf Grund des Gesamtbildes, u. unsauberen Methoden wie “lawfare”  glaube ich auch nicht, dass Trump, ein faules Spiel gewinnen könnte egal wie viele er hinter sich weiß.  Der Einzige der die Wahl gegen amerikanischen Demokraten noch gewinnen könnte, scheint mir der russisch- orthodoxe Patriarch Kyrill zu sein, sollte er sich entschließen Urne, Kummerkasten und Meldetelefone einzurichten um herauszufinden wie viele christliche Brüder u. Schwestern den “demokratischen” Schuh gerne los werden würden, weil er sie zu sehr drückt. Ein Blick nach Deutschland lehrt, wie das mit “Demokratie melden” u. den Meldetelefonen evtl. gehen könnte. Und was sorum geht müsste ja eigentlich auch sorum gehn.  Sollten je Ausländer inländische Wahlurnen nutzen um “ausländischen” Kummer “inländisch” zu beenden,  warum sollten dann nicht auch die Inlander ausländische Wahlurnen nutzen, um ihren inländischen Kummer ausländisch zu beenden?

M.Müller / 16.08.2024

Dass die falschen die bessere Kampagne haben, kann man denen natürlich vorwerfen. Die Behauptung, Trump würde nicht mehr lügen ist eine würzige und zugleich unzutreffende Behauptung. Wenn aber schon die Kampagne die bessere ist, was dann wohl noch alles besser als bei den seltsamen MAGA-Leuten ist? Man könnte ja versuchen, das Alter des Kandidaten als Pluspunkt zu verkaufen. Schließlich ist er ja nur wenige Jahre älter als Prinz Reuss.

Manuela Pietsch / 16.08.2024

Der Vize von Harris kommt rüber, wie ein Gebrauchtwagenverkäufer, der sich “honest Abe” nennt… und sie selbst ist eine Frau und noch dazu schwarz oder hispanic oder wie immer sie sich gerade fühlt. Und das ist auch der einzige Grund, warum man sie antreten lässt: So schön “woke”. Aber leider machen die Medien den nächsten Präsidenten, das ist nicht anders als hier.

L. Luhmann / 16.08.2024

@Jürgen Fischer / 16.08.2024 - “@L. Luhmann, »Hinzu kommen noch die 14 bis 30 Millionen illegal Zugewanderten aus aller Welt, die teilweise gezielt in die Staaten der Republikaner verbracht wurden.“ Sowas kommt uns querdenkenden Deutschen doch sattsam bekannt vor. Da weiß man gleich, woher Nancy ihre Einbürgerungs-Inspirationen bezieht. Und wer Collin McMahons „Trump gegen den Deep State“ gelesen hat (oder noch liest), dem wird auf Seite 137 etwas ebenso bekanntes auf(ge)fallen (sein). Ich will hier nicht zu viel verraten, aber es hat mit einer Verhaftung um 5 Uhr früh, einem Bademantel und einem zufällig anwesenden Medienteam zu tun.”—- Meinen Sie das hier?: Ich glaube, es war bei Maria Zeee, dass behauptet wurde, dass Trump im September doch noch ins Gefängins gesteckt werden soll - für etwa 1 Jahr.

E Ekat / 16.08.2024

Der dringend notwendige Reset der westlichen Welt fällt aus. Harris wird das Licht ausmachen.

Marc Munich / 16.08.2024

@D. Blum “Alle Ihre Vermutungen, Herr Letsch, sind müßig. Es gewinnt der, der die Briefe auszählen läßt und der die Wahlmaschinen manipuliert. Und da haben die Demokraten über big tech die Finger im Spiel. So einfach ist das.” **** Wie sagte Sleepy schon als Präsidentschaftskanditat so schön:  “We have put together the most extensive and inclusive voter fraud organisation in the history of American politics” („Ich denke, wir haben die umfangreichste und umfassendste Organisation für Wahlbetrug in der Geschichte der amerikanischen Politik zusammengestellt“).  ****

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