Gunter Weißgerber / 24.08.2024 / 10:00 / Foto: Spd.de (bearbeitet) / 31 / Seite ausdrucken

“Kampf gegen rechts” am Ende?

Elf Jahre des SPD-Kampfes gegen Rechts. Ergebnis: Lechts und Rinks stark wie nie.

2013 beschloss die SPD ihren Kampf gegen Rechts mittels Inklusion von Linksaußen und Antifa. Früher hieß das Volksfront und hatte unter demokratischen Rahmenbedingungen nie die Spur einer Chance in einer eher wertkonservativ strukturierten Bevölkerung. Selbst die SPD musste, um Erfolg zu haben, immer auf gemäßigtes Spitzenpersonal wie Friedrich Ebert, Hermann Müller, Willy Brandt und Helmut Schmidt setzen. Auch Gerhard Schröder konnte mit der SPD erst nach seiner Saulus-Paulus-Umwandlung vom linken Juso zum gemäßigten Sozialdemokraten ins Kanzleramt einziehen. Siehe: Ein Leben ohne Lassalle und Twain ist für die SPD möglich, aber sinnlos.

Sei es, wie es sei. Vor elf Jahren setzten sich die Sozialisten gegen die Sozialdemokraten in der SPD endgültig durch. Seitdem kämpft sich die SPD ideologiegetrieben ins Nirwana zur Freude und zum Nutzen des Rechtsaußenlagers. Das war vorauszusehen. Siehe: Die SPD spielt mit dem Geschick dieser Republik.

Nun, im verflixten elften Jahr, droht der Supergau für die KampfgegenRechtsKatecheten. Nicht nur die orgiastisch bekämpfte AfD steht um die 30 Prozent ante portas, auch der medial gehätschelte Linksaußenableger BSW könnte sich möglicherweise vor Prozenten bis an die 20 Punkte nicht retten. 30 plus 20 macht nach den Regeln des alten weißen Mannes Adam Ries 50 Prozent Mandatsmehrheiten in Parlamenten. Goebbels und Ulbricht hätten sich das nicht entgehen lassen. So eine Chance kommt nicht gleich wieder. Siehe: "‘Bolschewismus und Faschismus haben ein gemeinsames Ziel: die Zertrümmerung des Kapitalismus und der Sozialdemokratischen Partei‘, hatte der KPD-Politiker Alfred Sindermann die Richtung vorgegeben“. Warum wöllten sich ausgerechnet AfD und BSW diese Chance entgehen lassen? 

Jedenfalls steht irgendwie das Gespenst SED in der Tür. Dieses Mal mit BSW und AfD in Gestalt zweier nur scheinbar gegensätzlicher Flügel im Unterschied zur Einheitspartei SED. Lenin verbot Fraktionsbildungen in kommunistischen Kaderparteien. Wer nach links oder nach rechts von der Parteilinie abwich, wurde gulagisiert. Die SED hielt sich daran, Flügel durfte es nicht geben, gab es auch nicht. Das ist vorerst vorbei. Getrennt marschieren und dann in demokratisch gewählten Parlamenten kopulieren? Was tun? Der Weg ist Ziel!

„Sahra Wagenknechts neues Bündnis könnte der AfD den Weg in die Landesregierung ebnen“ (Wolfgang Kraushaar)

Fünfunddreißig Jahre nach dem allgemein angenommenen Untergang der SED stehen nun mit AfD und BSW zwei Parteien einer Geschmacksrichtung zur Wahl, deren wichtigste Gemeinsamkeiten antikapitalistische Attitüde, antiwestliche Ressentiments, gelebter Antiamerikanismus und Moskauhörigkeit ganz wie früher in der SED sind. Lediglich hinsichtlich Israel/Juden unterscheidet man sich. In der AfD gibt es organsierte Juden, BSW hält es mit der Solidarität zu HAMAS. Hier ist BSW authentischer SED als die AfD.

AfD und BSW können in den Landtagswahlen Thüringen, Sachsen und Brandenburg auf Parlamentsmehrheiten kommen, die die Kampf-gegen-Rechts-Koalition aus SPD, Grünen, Linken, FDP, CDU auf die hinteren Plätze verweisen könnte. Eine Verlockung. Moskau läßt grüßen.

In Thüringen könnten aktuell BSW auf 19 und AfD auf 30 Prozent kommen. (Quelle INSA 13.08.2024). Macht zusammen 49 Prozent. In Sachsen könnte BSW auf 15 und AfD auf 32 Prozent kommen. (Quelle INSA 16.08.2024). Macht zusammen 47 Prozent. In Brandenburg könnte BSW auf 17 und AfD auf 24 Prozent kommen. (Quelle INSA 06.08.2024). Macht zusammen 41 Prozent. 

Sowohl in Thüringen und in Sachsen könnten nach diesen Zahlen beide SED-Gespenster Koalitionen bilden und die Regierungschefs stellen. In Brandenburg geben die Prognosen das noch nicht her, doch ist diese Erhebung relativ alt und der Wahltermin Brandenburg mit dem 25.09.2024 liegt nach den Wahltagen am 01.09.2024 in Thüringen und Sachsen. Motivierende Wirkungen in Folge der beiden vorangehenden Landtagswahlen auf die Brandenburger Wähler sind nicht auszuschließen. Das kann noch „Eiter werden“ sagte Otto Waalkes in längst vergangenen paradiesisch anmutenden Zeiten.

Frau Wagenknecht vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wirbt auch schon für einen anderen Umgang mit der Alternative für Deutschland (AfD). Und es melden sich bereits warnende Stimmen, die beiden auf SED-Pfaden marschierenden Bewegungen einen solchen Coup zutrauen. 

Nach elf Jahren Kampf gegen Rechts ließe sich in dem Fall eine interessante Feststellung treffen: Die Erfinderin des Kampfes gegen Rechts – die SPD – ist im Eimer, die AfD jubelt. Glückwunsch, SPD! Sogar BSW hast Du stark gemacht, liebe SPD.

Zeit für ein Resümee des Kampfes gegen Rechts

Quasi über Nacht verlor das Parteienspektrum seine demokratische Mitte. Alles was rechts der nunmehr sehr linken SPD im politischen Raum liegt und agiert, trägt den SPD-Aufkleber „Rechts“ auf der Stirn und wird mit Hilfe der SPD-Medienmacht drakonisch bekämpft. Der Kampf gegen Rechts lädierte die politische Statik der Bundesrepublik nachhaltig. Nicht nur die Parteien verbogen sich nach links, die Institutionen wurden ebenso einseitig in Mitleidenschaft gezogen. Selbst die Wahlgesetze wurden verstümmelt. Stachen 1990 noch die Erstimmen die Zweitstimmen, so stechen jetzt die Zweitstimmen die Erstimmen aus. Vom überparteilichen zum Haltungsstaat – ein Ergebnis des Kampfes gegen Rechts. Haltungsstaaten brauchen Überwachungs- und Zensurgesetze. Auch hier weist der Kampf gegen Rechts die fatale Richtung. 

Aus Sicht der SPD besitzen die Ergebnisse des Kampfes gegen Rechts noch ein besonderes Geschmäckle. Nicht die SPD wurde stark, der hirnrissige Kampf gegen Rechts mit den dazu gehörigen Millionen Euro pumpte in seiner Schlichtheit die AfD regelrecht auf. Und obendrein verhalf das Tätscheln und beweihräuchern der Linksaußenkonkurrenz und speziell der Einpersonenführungsbewegung BSW zu realen Machtoptionen. Selbstverständlich wirkt die maoistisch anmutende Transformation der Bundesrepublik und ihrer Gesellschaft obendrein katalytisch für die Erfolgsausschichten von AfD und BSW.

Dabei ist es doch so einfach: Klare, effektive Sachpolitik ist beste Prävention vor politischen Rändern. Das Wohl der eigenen Bevölkerung und das Gedeihen der eigenen Wirtschaft muss im Mittelpunkt von Politik stehen! 

 

Gunter Weißgerber (Jahrgang 1955) trat am 8. Oktober 1989 in das Neue Forum ein und war am 7. November 1989 Gründungsmitglied der Leipziger SDP. Für die SDP/SPD sprach er regelmäßige als Redner der Leipziger Montagsdemonstrationen 1989/90. Er war von 1990 bis 2009 Bundestagsabgeordneter und in dieser Zeit 15 Jahre Vorsitzender der sächsischen Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion (1990 bis 2005). Den Deutschen Bundestag verließ er 2009 aus freier Entscheidung. 2019 trat er aus der SPD aus. Die Gründe dafür erläutert er hier. Er sieht sich, wie schon mal bis 1989, wieder als “Sozialdemokrat ohne Parteibuch”. Weißgerber ist studierter Ingenieur für Tiefbohr-Technologie. Er ist derzeit Unternehmensberater und Publizist.

Foto: spd.de

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Leserpost

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Wilhelm Lohmar / 24.08.2024

Ich habe mich schon mehrmals so geäußert: Die SPD braucht ein Godesberger Programm 2.0 .

Ferdi Genüge / 24.08.2024

Es bleibt trotz fortwährender stumpfsinniger Wiederholung immer gleich falsch, lieber Herr Weißgerber. Die NSDAP hat sich als links verstanden und basierte auf im Grunde genommen demselben sozialistischen Blödsinn wie die KPD inklusive Zerstörung des Individuums und Enteignung zugunsten einer totalitären Zwangsherrschaft. Die Stories sind halt bei den gottlosen Lügensozialisten immer anders, bleiben sich aber in einem treu: es sind Lügen, mit denen eine sich als Opfer fühlende Zielgruppe geködert werden soll. Bei den braunen Sozialisten war die “Story” ein auf die Massen zielender, von den Konservativen (z. B. Zentrum) gekaperter, ins Extreme gesteigerter Nationalismus gepaart mit einer den Deutschen leider schon immer anhaftenden unerträglichen Arroganz. Bei den roten Sozialisten waren es ursprünglich die spinnerten Ideen von Karl Marx, die aus der industriellen Revolution und einem verirrten gottlosen Geist enstanden sind. Die AfD hat mit all diesem nach meiner Wahrnehmung überhaupt nichts zu tun. Was soll uns Ihr Artikel also sagen, Herr Weißgerber??

Andy Malinski / 24.08.2024

Wie denn, wo denn, was denn - “eigene” Bevölkerung, “eigene” Wirtschaft? Das klingt ja schon fast wie “alles für…” - und das geht ja nun mal gar nicht! Wo bleibt da die Weltoffenheit und die Bereicherung durch Vielfalt?

Horst Jungsbluth / 24.08.2024

“Alle Parteien sind hässlich”, so hat es einst die ehemaligen Berliner Parlamentspräsidentin Hanna-Renate Laurien ausgedrückt, heute muss man klar und deutlich konstatieren, dass sie alle durch die Bank unfähig, verantwortwortungslos und total verkommen sind. Da bekämpft die SPD, die gar nicht schnell genug mit der außer bei Verbrechen vollkommen unfähigen SED ins Koalitionsbett springen wollte, eine Partei, die sie einfach als “rechts” bezeichnet, macht die dadurch immer stärker und gerät selbst in Gefahr, bei den anstehenden Wahlen unter die 5 %  Hürde zu fallen. Dümmer geht es wohl kaum, aber es zeigt, dass mit diesen Parteien kein Staat mehr zu machen ist und schon gar nicht ein demokratischer Rechtsstaat. Als Berliner fallen mir die Republikaner ein, die damals so wie heute die AFD als ganz schlimme Rechte beschimpft wurden, deren Wirken aber die von der SED gewünschte SPD/AL-Koalition überhaupt erst möglich machte. Als Anerkenntnis durfte sie deshalb als erste westdeutsche Partei in Ostberlin am 13. 8.1989!!! ein Büro eröffnen, zu einer Zeit also, als Vopo und Stasi Opposionelle wie Hasen jagte. Ich denke auch, dass hier ein ganz übles Manöver abgezogen wird und dass es am Ende zu Koalitionen kommt, an die niemand gedacht und die das ganze Unheil in unserem Staat noch veschlimmern werden.

Franz Klar / 24.08.2024

“...AfD und BSW zwei Parteien einer Geschmacksrichtung zur Wahl, deren wichtigste Gemeinsamkeiten antikapitalistische Attitüde, antiwestliche Ressentiments, gelebter Antiamerikanismus und Moskauhörigkeit ganz wie früher in der SED sind”. So nehmet auch Kretschmer zum Novizen an , er sei, gewährt mir die Bitte, in diesem Bunde der Dritte.

Andreas Schwichtenberg / 24.08.2024

@A. Ostrovsky Ich verspreche mir weder von AfD noch BSW eine Lösung, Protestparteien sind selten eine Lösung. Und von den etablierten Parteien weiß man inzwischen, dass sie wenig lösen wollen, sonst hätten sie längst Kurs gewechselt. Was tun? Ich bin ratlos….

A. Ostrovsky / 24.08.2024

Man muss nur mal die nächste Provokation ansehen. Der SPIEGEL meldet: Drohnen über ChemCoast Park Brunsbüttel. Da sollen Drohnen, deren Technik ausdrücklich als nicht zum System des chinesischen Staatskonzerns gehörend identifiziert sind (was sie als zivile Hobbydrohnen ausweisen würde), nachts über einem Industriepark an der Unterelbe auftauchen, immer vier Stück und niemand kann sie orten oder verfolgen. Sie kommen jede Nacht wieder .... Da war mal was mit U-Booten vor Stockholm. Das war genauso, niemand war in der Lage, sie zu verfolgen. Deshalb mussten sie vom Russen sein. Im Ergebnis wurde dann Olof Palme ermordet und Schweden wurde zu dem Migranten-Hole, das es inzwischen ist. Aber die Chance einer Abrüstung und Verständigung war zerstört. Heute endlich ist Schweden in der NATO. Uff, das war knapp. Was wollen die gleichen Leute nun aber von Deutschland? Deutschland ist doch schon lange in der NATO. Wieso fliegen dort immer vier Drohnen umher, wo eine reichen würde. Und weshalb kommen die jede Nacht wieder? Haben die keine Speicherkarten, um die Bilder zu speichern? Die gibt es doch überall zu kaufen! Man kann also die Drohnen nicht orten?? Aber die werden doch gesteuert. Man kann auch das Steuersignal nicht identifizieren? Was sind das für Versager? Versager oder Verräter!

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