Stefan Frank / 21.10.2022 / 16:00 / Foto: Pixabay / 20 / Seite ausdrucken

Kalifornische Eliteunis: Juden unerwünscht

Zwei aktuelle Nachrichten werfen Licht auf den Antisemitismus an kalifornischen Eliteuniversitäten. Die private Universität Stanford und die staatliche University of California Berkeley zählen zu den renommiertesten Hochschulen der Welt.

Der Präsident der Universität Stanford, Marc Tessier-Lavigne, gab letzte Woche erstmals im Namen der Universität zu, dass diese in den 1950er Jahren die Zahl der Juden, die sich einschreiben durften, gedeckelt hatte. Bislang hatte die Universität entsprechende Vorwürfe, die seit Jahrzehnten erhoben wurden, stets bestritten.

Im Januar 2022 setzte sie eine Historikerkommission ein, die den Anschuldigungen nachging. Deren Ergebnisse liegen nun vor. Wie die Kommission feststellte, wandte sich der Zulassungsdirektor der Universität Stanford, Rixford Snyder, Anfang 1953 an Frederic Glover, den Assistenten von Universitätspräsident Wallace Sterling. Glover fasste das Gespräch mit Snyder in einer Note für Wallace zusammen:

„Rix ist besorgt, dass mehr als ein Viertel der von Männern eingereichten Bewerbungen von jüdischen Jungen stammen. Letztes Jahr hatten wir 150 jüdische Bewerber, von denen wir fünfzig akzeptiert haben. Die Situation scheint nur auf Männer zuzutreffen, und es scheint keinen Anstieg bei den Bewerbungen jüdischer Mädchen zu geben. Rix sagt, dass die Situation ihn dazu zwingt, unsere bekundete Politik, nicht auf die Rasse oder Religion der Bewerber zu blicken, nicht mehr zu befolgen.“

Wie lässt sich der Anteil der jüdischen Studenten steuern, wenn bei der Aufnahme gar nicht nach der Religionszugehörigkeit gefragt wird, diese also der Universität unbekannt ist? Als die Universität Harvard 1922 Schritte unternahm, den Anteil jüdischer Studenten zu senken, ließ deren Präsident Lawrence Lowell die Vor- und Nachnamen der Bewerber untersuchen und diese in drei Kategorien sortieren:

  • „J1 (fast sicher ein Jude)“
  • „J2 (wahrscheinlich ein Jude)“
  • „J3 (vielleicht ein Jude)“

Für so ein Unternehmen, so der Bericht der Historikerkommission von Stanford, „fehlten Snyder die Ressourcen“. Sein Vorschlag sah vor, zwei High Schools, von denen man wusste, dass sie einen sehr großen Anteil jüdischer Schüler hatten, bei der Berücksichtigung von Bewerbungen weitgehend außen vor zu lassen: die Fairfax High School und die Beverly Hills High School. Die Historikerkommission von Stanford konnte einen „starken Rückgang der Einschreibungen“ von diesen beiden Schulen ab Herbst 1953 feststellen.

Fast 70 Jahre später entschuldigte sich nun Universitätspräsident Tessier-Lavigne „bei der jüdischen Gemeinde und der gesamten Universitätsgemeinschaft“ sowohl für die Praxis selbst als auch dafür, diese so lange vertuscht und geleugnet zu haben.

2022: „Judenfreie Räume“ in Berkeley

„Judenfreie Räume“ entstehen dafür nun an der Universität Berkeley. Das berichtete Ende September der Jurist Kenneth L. Marcus, ein früheres Mitglied der Bürgerrechtskommission der US-Regierung, in dem Magazin Jewish Journal aus Los Angeles. Mittlerweile hat die Angelegenheit heftige Wogen geschlagen.

Worum geht es? Neun Studentenorganisationen an Berkeleys juristischer Fakultät haben im August Satzungen erlassen, die es „Zionisten“ – also jedem, der die Existenz des Staates Israel für berechtigt hält –, verbieten, dort als Redner aufzutreten. Es seien keine Gruppen, die nur einen kleinen Teil der Studentenschaft repräsentieren, schreibt Marcus:

„Dazu gehören die Women of Berkeley Law, die Asian Pacific American Law Students Association, die Middle Eastern and North African Law Students Association, die Law Students of African Descent und der Queer Caucus.“

Der Dekan der juristischen Fakultät, Erwin Chemerinsky, schrieb in einer E-Mail an die Website J. – Jewish News of Northern California, er sei „beunruhigt“, dass „ein bestimmter Standpunkt weitgehend davon ausgeschlossen“ werde, geäußert zu werden. Es würde bedeuten, dass auch er selbst nicht mehr als Redner eingeladen werden könne, „weil ich die Existenz Israels unterstütze, obwohl ich vieles an seiner Politik verurteile“. Im Gespräch mit dem Magazin fügte er hinzu:

„Zu sagen, dass jeder, der die Existenz Israels unterstützt – das ist es, was man als Zionismus definiert –, nicht sprechen sollte, würde, ich weiß nicht, neunzig Prozent oder mehr unserer jüdischen Studenten ausschließen.“

Marcus schreibt in seinem Artikel im Jewish Journal diesbezüglich:

„Es ist nun ein Jahrhundert her, seit rund um die Bucht von San Francisco judenfreie Zonen entstanden ('Keine Hunde. Keine Juden'). Trotzdem wirkt dieser Schritt beängstigend und unerwartet, wie ein nächtliches Hämmern an die Tür.“

Zeitgenössische Zwangstaufe

Rob Eshman, Redakteur des renommierten jüdisch-amerikanischen Magazins Forward, stellt die Angelegenheit hingegen als Sturm im Wasserglas dar: Die Medienaufmerksamkeit rühre nur daher, dass Barbra Streisand und andere Prominente den Artikel des Jewish Journal auf Twitter geteilt hätten, glaubt er. Es gebe nämlich „keine judenfreien Zonen in Berkeley“. Die Regeln richteten sich ja schließlich nur gegen „Zionisten“.

Eine sehr schlichte Argumentation. Dieser Logik nach hätte die Universität Stanford auch nie eine Politik zur Diskriminierung jüdischer Bewerber gehabt (was sie ja auch lange so darstellte).

Marcus hat inzwischen einen Folgebeitrag mit dem Titel „Berkeleys judenfreie Zonen sind schlimmer, als Sie denken“ veröffentlicht. Darin macht er auf den zuvor wenig beachteten Umstand aufmerksam, dass „Zionisten“ die Einzigen sind, gegen die es in den betreffenden Studentenorganisationen ein Redeverbot gibt. Es gebe, so Marcus, keine derartige Regel gegen Rassisten, Homophobe oder Vergewaltiger. So dürfte David Duke vom Ku-Klux-Klan in den jeweiligen Berkeley-Organisationen als Redner auftreten, denn er hasst zwar Schwarze und Juden, ist aber kein Zionist, sondern verabscheut Israel ebenso wie diejenigen, die die Regel gegen „Zionisten“ aufgestellt haben.

Strategien gegen Juden

David Pearle, der jüdische Journalist, der 2002 von islamistischen Terroristen in Pakistan entführt und enthauptet wurde, hätte nicht in Berkeley sprechen dürfen, „seine Mörder hingegen schon“, so Marcus, der auf eine Parallele zum Deutschland des 19. Jahrhunderts aufmerksam macht: So, wie Juden damals zum Christentum hätten konvertieren müssen, um gesellschaftlich akzeptiert zu werden, so würden „amerikanische Juden gezwungen, zum Antizionismus zu konvertieren, um an Berkeleys zivilgesellschaftlichen Institutionen mitzuwirken“. Er fürchtet, dass die Bedeutung dieses Themas weit über Berkeley hinausreicht:

„Berkeley ist nicht Las Vegas. Was dort passiert, bleibt nicht dort. Was dort anfängt und dort Erfolg hat, breitet sich anderswohin aus. Und täuschen Sie sich nicht: Juden zum Schweigen zu bringen, ist die Art, wie solche Geschichten anfangen, nicht die Art, wie sie aufhören. Manche in der jüdischen Community sagen, dass wir darüber zu alarmiert seien. Das echte Problem ist, dass wir nicht alarmiert genug sind.“

Was früher an der Spitze der Universität Stanford entwickelt wurde und heute in Basisgruppen der Universität Berkeley, sind Strategien gegen Juden. Man wollte es damals nicht zugeben, und man nennt es auch heute nicht so. Doch in beiden Fällen ist es klar zu erkennen.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

Foto: Pixabay

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

W. Renner / 21.10.2022

Trump wollte den KuKluxKlan als terroristische Vereinigung einstufen. Die woken BLM Antifa Demokraten fördern den Antisemitismus. Finde den Fehler.

Boris Kotchoubey / 21.10.2022

@A.Schröder: Mich persönlich wundert die positive Korrelation zwischen Antisemitismus und Ukrainehass nicht. Bei der Hälfte der Putinversteher würde die Einstellung gegenüber der Ukraine zum besseren wenden, wäre dort Präsident kein Jude.

Stefan Riedel / 21.10.2022

Schöne neue antisemitische Welt? Bibi Netanyahu. In Benjamin “Bibi” Netanyahu’s sweeping, moving autobiography, one of the most formidable and insightful leaders of our time tells the story of his family, his path to leadership, and his unceasing commitment to defending Israel and securing its future (Amazoo dot. xxx ) Und über die Zukunft. Ja, Bibi Netanyahu wird die Parlamentswahlen am 1. Nov. in Israel gewinnen, und zwar…? Warten wir es ab?

Gabriele Klein / 21.10.2022

Also wäre ich jüdisch u. dächte scharf darüber nach, käm ich zur Erkenntnis: Es entgeht einem da nichts, denn es gibt in jüdischen Reihen weit mehr und viel bessere Kräfte als die Fakultäten Berkeley, Harvard, Stanford und Oxford gemeinsam anzubieten haben. Und jetzt kommt das Beste: Sie arbeiten zum Bruchteil des Preises besagter Honoren.  Ich würde da die Konsequenzen ziehen und nicht das Wohlwollen solcher Einrichtungen durch allerlei “Kompromisse” suchen sondern mich konsequent von diesem “goldenen Kalb” verabschieden und keine einzige Einladung aus diesen Kreisen annehmen. Auch und gerade nach Erhalt von dieser oder jener fachlichen Auszeichnung oder Nobel Preis. Als Ersatzredner*in würde ich immer Frau Dr. Merkel, Frau v.d.Leyen, Herrn Scholz oder Herrn Lauterbach, oder Abbas vorschlagen. Ansonsten würde ich als jüdischer Zentralrat bei “Antisemitismus” Forschungen aus diesen Häusern klar stellen,  dass sie nicht für mich sprechen sondern für sich. Ja, ich hätte das sogar auf meiner Webseite ganz am Anfang, damit jeder weiß, die Arbeit der Einen hat mit der der Andern nichts zu tun. Ich glaube dann hört der Spuk ganz schnell auf und sie kommen gekrochen…..... Denn das mit dem “Antisemitismus” benötigen sie schon, und vermutlich sogar dringend (wenngleich nicht für Juden)

Hans-Peter Dollhopf / 21.10.2022

“Feynman applied to Columbia University but was not accepted because of their quota for the number of Jews admitted.[4] Instead, he attended the Massachusetts Institute of Technology, where he joined the Pi Lambda Phi fraternity.” (zitiert nach Wikipedia) - - - - Zitat aus [4]: “There was also the ‘problem’ that he was a Jew, which really was a problem in the United States at this time with universities having quotas on the number of Jews they admitted. He sat an entrance examination for Columbia University and they turned him down. He never quite forgave them for charging him 15 dollars and then rejecting him. He was accepted, however, by the Massachusetts Institute of Technology.”

Dirk Jäckel / 21.10.2022

@A.Schröder ich habe Ihre Einlassungen nicht so recht verstanden, was zweifellos an mir und nicht einer Wirrheit derselben liegt. Nun ist Ihr Faschismusbegriff natürlich - nun, sagen wir - mindestens ebenso wunderlich wie von einem Mitglied der Linksjugend. In solchen Fällen neige ich dazu, eine Faschismusdefinition zu erbitten, so es keine Umstände macht. Wäre das möglich? Und könnten wir uns evtl. darauf einigen, dass der von Putin innig verehrte Iwan Iljin ein Faschist war, der zunächst Hitler feierte, bis er dessen Russenhass bemerkte (Mussolini ohnehin)? Ich bin Ihnen freilich dankbar, dass Sie nicht wie Putin und sein Außengangster von einer Naziclique um den jüdischen Selenski sprechen. Eine Antwort wäre schön (hoffe, Sie müssen nicht vorher Rücksprache halten).

Rudolf Dietze / 21.10.2022

Eine Uni scheint immer politisch zu sein. Es ist nicht die Auslese der Intelligentesten einer Generation, sondern immer schön mittelmaß. In der DDR wurden die, die nicht mit spinnen wollten, ausgesondert. Rasse spielte keine Rolle wohl aber Religion. Als bekennender Christ war man schon verdächtig. Das solche Dinge in der “freien” Welt geschehen, sind fürchterliche Anfänge. Vom Gendern hörte man schon lange aus den USA. Nun ist es auch hier. Aber hier gibt es ja auch Wahlbetrug und das Volk lässt es geschehen. Wenn nicht einige Wenige dagegen aufstehen würden, hätte es kein Urteil gegeben. Das deutsche Volk im Dämmerschlaf scheint nichts verändern zu wollen. Es gibt Demos im Osten. Wie sagte Otto Grothewohl nach dem 17.Juni 1953: Die Zündschüre lagen in Westberlin, aber den Sprengstoff haben wir gestapelt. Die sturen Politiker von heute in Berlin stapeln wieder Sprengstoff, hoffen es mit Geld zuschütten zu können, warten wir mal ab. Der Antiisraelismus frisst sich in die Gesellschaft. In den Unis wurde schon viel Irrsinn ausgebrütet. Es fehlt die Bibel.

Martin Müller / 21.10.2022

Der woke Antisemitismus ist auf dem Vormarsch. ..

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Stefan Frank / 16.04.2024 / 16:00 / 18

Israelische Ex-Geisel am Flughafen von Amsterdam schikaniert

Nicht zum ersten Mal wurden auf dem Amsterdamer Flughafen Menschen mit israelischer Staatsbürgerschaft drangsaliert. Diesmal traf es zwei Frauen, die in ihrer Not den israelischen…/ mehr

Stefan Frank / 05.04.2024 / 16:00 / 14

Polizei-Schikanen gegen Hamas-Überlebende

Auf einem Flughafen in Großbritannien waren Überlebende des Hamas-Massakers stundenlangen Schikanen durch Polizeibeamte ausgesetzt. Das scheint kein Einzelfall zu sein. Zwei israelische Überlebende des Massakers beim…/ mehr

Stefan Frank / 16.03.2024 / 12:00 / 9

Paris ist kein sicherer Ort mehr für Juden

Der kürzlich verübte Überfall auf einen orthodoxen Juden in Paris ist nur einer von vielen antisemitischen Gewalttaten, die sich seit dem Hamas-Angriff und dem darauffolgenden…/ mehr

Stefan Frank / 14.03.2024 / 12:00 / 4

Texas: Der Kampf um die offene Grenze (2)

Wenn man wissen möchte, welche Probleme die illegale Einwanderung über die Grenze zu Mexiko in Texas verursacht, muss man mit den Leuten vor Ort sprechen.…/ mehr

Stefan Frank / 13.03.2024 / 06:00 / 16

Texas: Der Kampf um die offene Grenze (1)

Der Bundesstaat Texas und die Bundesregierung in Washington streiten darüber, welche Kompetenzen Texas hat, um die illegale Einwanderung über die Grenze zu Mexiko – und…/ mehr

Stefan Frank / 03.03.2024 / 16:00 / 5

Israelboykott-Kampagne BDS: Jüdische Künstler im Fadenkreuz

Der Sänger Matisyahu ist wieder einmal unter Beschuss der antisemitischen BDS-Bewegung geraten. Und auch Amy Winehouse wurde posthum zum Opfer der Palästina-Solidarität. Der bekannte, jüdisch-amerikanische…/ mehr

Stefan Frank / 01.03.2024 / 14:00 / 6

Schon wieder judenfeindlicher Vorfall in Harvard

Mit Harvard erweist sich spätestens seit dem Hamas-Überfall auf Israel ausgerechnet eine der renommiertesten Hochschulen Amerikas als Brutstätte des Antisemitismus, der auch vom Lehrpersonal mitgetragen…/ mehr

Stefan Frank / 23.02.2024 / 16:00 / 9

Facebook: Die freie Hetze gegen „Zionisten“ (2)

Ein kurzer Blick in die sozialen Medien zeigt, wogegen Facebook vorgehen und was Amnesty International & Co. als freie Meinungsäußerung schützen möchten.  Amnesty International und…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com