News-Redaktion / 19.02.2020 / 15:00 / 0 / Seite ausdrucken

Kabinett beschließt verschärftes NetzDG

Am Mittwoch ist das Maßnahmenpaket zur Verschärfung des 2017 in Kraft getretenen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) vom Kabinett beschlossen worden. Nun muss der Bundestag entscheiden, ob die Änderungen in Kraft treten können. Kritiker gibt es viele. Bereits Ende vergangenen Jahres hatte ein Referentenentwurf für Beunruhigung gesorgt, aus dem hervorging, dass künftig Anbieter wie WhatsApp, Gmail, Facebook oder Tinder jedem Polizisten und zahlreichen weiteren Sicherheitsbehörden auf Anfrage sensible Daten von Verdächtigen wie Passwörter oder IP-Adressen teils ohne Richterbeschluss herausgeben müssten. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, sprach in diesem Zusammenhang von „gravierenden Eingriffen in die Grundrechte“, bei denen es zweifelhaft sei, dass sie mit dem Grundgesetz vereinbar seien.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) stellte anschließend klar, dass eine Passwortherausgabe nur nach Anordnung durch einen Richter zu bekommen ist und nur beim Verdacht schwerer Straftaten wie Kindesmissbrauch, Mord oder Terrorismus erfolgen darf. Doch die Befürchtung bleibt: Mit der Herausgabe des Passworts erschließt sich nicht nur die Identität des Nutzers, sondern auch dessen intime Kommunikation. Eine „Online-Hausdurchsuchung“, nennt das der Konzern Google.

Aber die Passwortherausgabe steht noch vor einem ganz praktischen Problem. Facebook und Co. dürfen nach geltendem Datenschutzrecht gar keine Passwörter der Nutzer speichern, die sie herausgeben könnten. Lediglich sogenannte Hash-Werte dieser Passwörter werden gespeichert, mit dem ein Dienstleister nur deren Richtigkeit überprüfen kann. „Beruhigen dürfte das aber nur halb“, schreibt „tagesschau.de“. „Denn auch ein Hash-Wert ist an die Ermittlungsbehörden herauszugeben, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.“

Das eigentliche Kernstück des Gesetzentwurfs sind aber die neuen Meldepflichten. Künftig sollen Facebook & Co. von sich aus Inhalte dem Bundeskriminalamt melden, wenn „konkrete Anhaltspunkte“ bestehen, dass diese etwa den Tatbestand einer Volksverhetzung oder Morddrohung erfüllen, also über alltägliche Beleidigungen hinausgehen. Auch diese Bestimmung ist von Google kritisiert worden. Es werde eine „eine umfassende Datenbank beim Bundeskriminalamt über Nutzer und die von ihnen geposteten Inhalte zum Zwecke der Strafverfolgung“ entstehen, die ihresgleichen suche, zitiert „tagesschau.de“ eine Stellungnahme des Konzerns.

Auch der Deutsche Anwaltsverein (DAV) hat laut „tagesschau.de“ die Pläne kritisiert. Die rechtliche Einordnung von Kommentaren auf den sozialen Netzwerken sei eine „hochkomplexe Angelegenheit“. Es bestehe die Gefahr, dass auch völlig harmlose Inhalte gemeldet werden. Selbst wenn sich ein gemeldeter Inhalt bei nachträglicher Überprüfung als nicht strafbar erweise, wäre die Übermittlung der digitalen Adressdaten des Nutzers an das Bundeskriminalamt bereits erfolgt. Zu den Kritikern des Gesetzesentwurfs gehört auch der digitalpolitische Sprecher der FDP, Manuel Höferlin. „Das NetzDG wird immer mehr selbst zum Problem für Bürgerrechte und Meinungsfreiheit anstatt die erhofften Lösungen anzubieten“, schreibt er auf Twitter.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
News-Redaktion / 24.03.2023 / 11:00 / 0

Bislang 2.350 Razzien gegen Clans in NRW

Die „Null-Toleranz-Strategie“ gegen „kriminelle Clans“  zeitige „deutliche Erfolge“, so der NRW-Innenminister. Düsseldorf (dts Nachrichtenagentur) - Im Zeitraum von Juni 2018 bis Ende Februar dieses Jahres haben nordrhein-westfälische…/ mehr

News-Redaktion / 23.03.2023 / 17:00 / 0

Florida will digitale Währungen von Zentralbanken verbieten

Der US-Bundesstaat fordert andere Staaten auf, es ihm gleichzutun. Solche Währungen würden staatliche Kontrolle und Überwachung ermöglichen. Der Gouverneur des US-Bundesstaats Florida, Ron De Santis,…/ mehr

News-Redaktion / 22.03.2023 / 15:00 / 0

Wollten Huawei und Telekom US-Sanktionen umgehen?

Ein dem Handelsblatt vorliegender Vertrag legt dies nahe. Dabei sollte Deutschland seine Abhängigkeit von China reduzieren. Das Handelsblatt berichtet: „Die Deutsche Telekom und der chinesische Telekommunikationsausrüster Huawei haben im…/ mehr

News-Redaktion / 21.03.2023 / 11:20 / 0

Flüchtlingsaufnahme Hamburg: „Wir sind am Limit“

In Hamburg sollen die Kapazitäten erschöpft sein. Zu den vielen Ukraine-Flüchtlingen kommt die illegale Migration.   Hamburgs Bürgermeister, Peter Tschentscher, (SPD) antwortete bei NTV auf die Frage, wie…/ mehr

News-Redaktion / 16.03.2023 / 13:00 / 0

Fulminanter Wahlerfolg für niederländische Bauern-Bürger-Partei

Ersten Prognosen zufolge wird die bauernorientierte Partei BBB mehr Sitze im Senat haben als die Regierungspartei.  In den Niederlanden kann die Bürger-Bauern-Bewegung („BoerBurgerBeweging“ (BBB)) einen…/ mehr

News-Redaktion / 14.03.2023 / 09:30 / 0

Kohleaufschwung: Wall Street Journal spöttelt über Grün-Deutschland

Die amerikanische Wirtschaftszeitung belustigt sich daran, dass der Bedarf an Kohle Deutschlands gestiegen ist. Ohne sie würden in Deutschland die Lichter ausgehen, weil Wind und…/ mehr

News-Redaktion / 13.03.2023 / 11:00 / 0

Kernkraft: Mehrheit der Schweizer gegen AKW-Abschaltung

Wie in Deutschland ist auch in der Schweiz der Rückhalt für Kernkraft in der Bevölkerung groß Die letzten drei AKW sollen in einem Monat vom…/ mehr

News-Redaktion / 11.03.2023 / 16:10 / 0

Große Juso-Kampagne gegen Koalition kommt

„Wir werden erst ruhen, wenn wir diese Große Koalition verhindert haben“, sagt die Landesvorsitzende. Die Landesdelegiertenkonferenz der Berliner Jusos beschloss mit großer Mehrheit, eine Kampagne…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com