Am Mittwoch ist das Maßnahmenpaket zur Verschärfung des 2017 in Kraft getretenen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) vom Kabinett beschlossen worden. Nun muss der Bundestag entscheiden, ob die Änderungen in Kraft treten können. Kritiker gibt es viele. Bereits Ende vergangenen Jahres hatte ein Referentenentwurf für Beunruhigung gesorgt, aus dem hervorging, dass künftig Anbieter wie WhatsApp, Gmail, Facebook oder Tinder jedem Polizisten und zahlreichen weiteren Sicherheitsbehörden auf Anfrage sensible Daten von Verdächtigen wie Passwörter oder IP-Adressen teils ohne Richterbeschluss herausgeben müssten. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, sprach in diesem Zusammenhang von „gravierenden Eingriffen in die Grundrechte“, bei denen es zweifelhaft sei, dass sie mit dem Grundgesetz vereinbar seien.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) stellte anschließend klar, dass eine Passwortherausgabe nur nach Anordnung durch einen Richter zu bekommen ist und nur beim Verdacht schwerer Straftaten wie Kindesmissbrauch, Mord oder Terrorismus erfolgen darf. Doch die Befürchtung bleibt: Mit der Herausgabe des Passworts erschließt sich nicht nur die Identität des Nutzers, sondern auch dessen intime Kommunikation. Eine „Online-Hausdurchsuchung“, nennt das der Konzern Google.
Aber die Passwortherausgabe steht noch vor einem ganz praktischen Problem. Facebook und Co. dürfen nach geltendem Datenschutzrecht gar keine Passwörter der Nutzer speichern, die sie herausgeben könnten. Lediglich sogenannte Hash-Werte dieser Passwörter werden gespeichert, mit dem ein Dienstleister nur deren Richtigkeit überprüfen kann. „Beruhigen dürfte das aber nur halb“, schreibt „tagesschau.de“. „Denn auch ein Hash-Wert ist an die Ermittlungsbehörden herauszugeben, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.“
Das eigentliche Kernstück des Gesetzentwurfs sind aber die neuen Meldepflichten. Künftig sollen Facebook & Co. von sich aus Inhalte dem Bundeskriminalamt melden, wenn „konkrete Anhaltspunkte“ bestehen, dass diese etwa den Tatbestand einer Volksverhetzung oder Morddrohung erfüllen, also über alltägliche Beleidigungen hinausgehen. Auch diese Bestimmung ist von Google kritisiert worden. Es werde eine „eine umfassende Datenbank beim Bundeskriminalamt über Nutzer und die von ihnen geposteten Inhalte zum Zwecke der Strafverfolgung“ entstehen, die ihresgleichen suche, zitiert „tagesschau.de“ eine Stellungnahme des Konzerns.
Auch der Deutsche Anwaltsverein (DAV) hat laut „tagesschau.de“ die Pläne kritisiert. Die rechtliche Einordnung von Kommentaren auf den sozialen Netzwerken sei eine „hochkomplexe Angelegenheit“. Es bestehe die Gefahr, dass auch völlig harmlose Inhalte gemeldet werden. Selbst wenn sich ein gemeldeter Inhalt bei nachträglicher Überprüfung als nicht strafbar erweise, wäre die Übermittlung der digitalen Adressdaten des Nutzers an das Bundeskriminalamt bereits erfolgt. Zu den Kritikern des Gesetzesentwurfs gehört auch der digitalpolitische Sprecher der FDP, Manuel Höferlin. „Das NetzDG wird immer mehr selbst zum Problem für Bürgerrechte und Meinungsfreiheit anstatt die erhofften Lösungen anzubieten“, schreibt er auf Twitter.