Henryk M. Broder / 17.09.2007 / 00:32 / 0 / Seite ausdrucken

Jung, männlich, deutsch und voll integriert

Früher war das Deutschsein exklusiv. Man mußte wenigstens einen Schäferhund in der Familie, einen Onkel bei der Waffen-SS oder einen Lodenmantel im Schrank haben, um als Deutscher anerkannt zu werden. Heute ist es inklusiv. Man möchte nicht als fremdenfeindlich gelten, also wird auf Biegen und Brechen eingedeutscht. “Messerattacke auf Rabbiner ist aufgeklärt”, titelte die Berliner MoPo am 15. September und konnte sich vor Freude kaum einkriegen: “22-jähriger Deutscher hat die Tat gestanden”. Einer von uns! Gelobt sei der Herr! Näheres fand sich dann im Kleingedrucken. “Der in Frankfurt geborene junge Mann wurde am Donnerstagabend im Vorort Hattersheim festgenommen, wo er bei seinen aus Afghanistan stammenden Eltern wohnt.”
Ein Mitbürger mit Migrationshintergrund also, was noch nicht allzuviel bedeutet, was man aber gerne erfahren möchte, um den Zusammenhang von Tat, Täter und Opfer verstehen zu können.  Wenn ein Afrikaner in Brandenburg zusammengehauen wird, will man ja auch wissen, aus welchem Milieu die Täter kommen. Im Falle des jungen Frankfurters, der bei seinen aus Aufganistan stammenden Eltern wohnt, könnte man zudem von einem Fall gelungener Integration sprechen. Was immer er gelernt oder nicht gelernt hat, er hat verstanden, worauf es hier und heute ankommt. Wenn man einem Juden ein Messer in den Bauch rammt, darf man es nicht aus antisemitischen Motiven tun, das wäre verwerflich. Notwehr oder Selbstverteidigung klingt viel besser. “Nach Angaben der Staatsanwaltschaft bestreitet er aber sowohl eine Tötungsabsicht als auch einen antisemitischen Hintergrund. Er habe sich bedroht gefühlt.” Und deswegen zugestochen.
Der Kampf gegen den Antisemitismus trägt Früchte. Es gibt keine Antisemiten mehr. Nur noch anständige Nicht-Juden, die sich bedroht fühlen. Die einen von einem dicklichen Rebbe auf der Straße, die anderen vom Judentum als solchen, von der jüdischen Lobby und vom Zionismus. Nur die ganz Blöden stechen zu, die anderen holen sich dreimal am Tag bei der Lektüre der Neuausgabe der Protokolle der Weisen von Zion von Mearsheimer und Walt einen runter. Denn da steht nicht nur drin, was sie schon immer geahnt haben, dass der jüdische Schwanz mit dem amerikanischen Hund wedelt, sondern auch, dass man kein Antisemit ist, wenn man die Machenschaften der Juden entlarvt.
So gesehen war Möllemann kein Antisemit, Hohmann ist keiner und ein Irrlicht wie Horst Mahler wird nie einer werden. Sie bedienen nur die Ressentiments ihrer Fans, die ihrerseits alles, nur keine Antisemiten sein wollen.
Der junge Mann aus Frankfurt hat bestimmt weder M&W gelesen, noch je etwas von Möllemanns berühmten “israelkritischen” Flyer gehört. Aber er hat mitbekommen, worauf es ankommt. Wenn man kein Antisemit ist, kann man einen Juden niederstechen, ohne sich dafür schämen zu müssen.
http://www.morgenpost.de/content/2007/09/15/politik/921402.html

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