Henryk M. Broder / 20.02.2019 / 13:30 / Foto: Fabian Nicolay / 37 / Seite ausdrucken

Julia und die Banane

Es gibt einiges im Programm der Öffentlich-Rechtlichen (der Privaten sowieso), das Brechreiz erzeugt. Die debilen Rateshows mit Kindern und Promis, "Brisant" (ARD) und "Leute heute" (ZDF) – aber kein Programm ist so ekelhaft und so fürs Fremdschämen prädestiniert wie die alljährliche Übertragung des Verleihung des „Ordens wider den tierischen Ernst" in Aachen. Es ist, als würde man jemandem in der Bahn gegenübersitzen, der keine Hosen anhat und immerzu an seinen Genitalien fummelt – mehr Schamlosigkeit geht nicht. Ich werde nie begreiefen, wie man sich so etwas antun kann, vor allem als Empfänger dieser seltsamen Auszeichnung.

Dieses Jahr hat es die ehemalige Weinkönigin und jetzige Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner erwischt, die für ihre „Bodenständigkeit, Offenheit und Ehrlichkeit" geehrt wurde. Wie bei solchen Anlässen üblich, gab es immer wieder Beifall zwischendurch, den die Kapelle mit einem kräftigen "Tam-tam, plemm-plemm, bäng-bäng" untermalte. Ein Alptraum! Würde man so etwas den Insassen einer JVA antun, könnten sie die Anstalt wegen seelischer Grausamkeit verklagen. 

Frau Klöckner, die bereits als Nachfolgerin von Frau Merkel gehandelt wurde, machte alles brav mit. Es war ihr nicht anzumerken, ob es ihr Spaß machte, oder ob sie es nur schnell hinter sich bringen wollte, wie eine Zahnwurzelbehandlung unter lokaler Betäubung. Sie stand in einem Vogelkäfig und hielt eine Rede, die ihr irgendein misogyner Typ in ihrem Ministerium geschrieben haben musste. Er hatte seiner Chefin auch einen Korb mit Geschenken mitgegeben – eine unverpackte Gurke, eine Handvoll Tomaten, eine Zitrone, ein Schüsselchen Brombeeren, einen Rettich, ein Bündel Suppengrün und ein rote Paprika. 

Dann zog Frau Klöckner eine verfaulte tiefbraune Banane aus ihrem "Körbsche", hielt sie mit spitzen Fingern hoch und sagte: "Die sortier ich am beste gleich wieder weg." Es folgte die Erklärung der Aktion, die, Sie ahnen es, der AfD galt. "Also, die AfD ist ja gegen die Europäische Union, sie will sie abschaffe, aber sie kandidiert dennoch für das Europa Parlament. Das ist so, als würden Vegetarier auf die Jagd gehen." Bei 18:30. Tam-tam, plemm-plemm, bäng-bäng! 

Mit Hilfe ihres Framing Manuals wird es die ARD bestimmt schaffen, auch diese Sendung zu einem Erfolg zu erklären. Aber die Zuschauer und Zuschauerinnen sind nicht so bekloppt, wie es die Programm-Macher gerne hätten. Die traditionsreiche Verleihung des Ordens „Wider den tierischen Ernst war am Montag im Ersten so erfolglos wie nie zuvor. 3,14 Mio. sahen zu, der Marktanteil von 10,4% war der schwächste der Geschichte der Veranstaltung.

Herzlichen Glückwunsch, ARD! Bei "Mainz, wie es singt und lacht", sehen wir uns im ZDF wieder. Witzischkeit kennt kein Pardon!

Foto: Fabian Nicolay

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Leserpost

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Gabriele Schulze / 20.02.2019

Wenn ich zu sagen hätte, würde als erste Maßnahme Witzischkeit verboten. Witz sei erlaubt.

S. Wolf / 20.02.2019

Diese Propagandasitzung zum Fremdschämen, das blanke Grausen.. Abschalten!

Rex Schneider / 20.02.2019

Ja da hat wohl die Exweinkönigin zu tief ins Glas geschaut zumal mir wesentlich mehr grüne Bananen auf den Magen schlagen und das beinahe täglich. Jetzt kommt auch noch die zentraleuropäischen mit neuen Ausweisen, mit muss von Fingerabdrücken, später vielleicht noch der genetische und neuen Führerscheinen und und und dazu. Subjektiv fühle ich mich schon geregelter als in der Ostzone. Wenn Mileke schon Handys zur Verfügung gehabt hätte, wir hätten mit 12 jeder eins geschenkt bekommen. Das hätten wir aber nie ausschalten dürfen und in Grenznähe bei Kirchen und sonstwo, wären wir bestimmt angerufen worden. Kritiker an der eigenen Unfähigkeit zu bräunen, ist so dämlich….

Werner Geiselhart / 20.02.2019

Nicht einmal der AfD-Vergleich von Frau Klöckner haut hin. Natürlich kann ein Vegetarier auf die Jagd gehen. Er würde das Fleisch des erlegten Tieres nur nicht essen! Gepasst hätte es mit PETA und jagen. Würde aber wahrscheinlich den Intellekt (nicht nur) der Zuhörerschaft überfordern.

Sabine Schönfelder / 20.02.2019

Wenn man sich über den Inhalt dieser Sendung ausschließlich bei Ihnen informiert, bekommt sie einen durchaus großen Unterhaltungswert! Ist mir schon ein bißchen peinlich als Pfälzerin, daß doch einige ‘female Enttäuschende’ aus ‘unsre schäne Palz’ stammen. Glöckner ist dabei noch die Einäugige, wenn ich an die blinde (und taube) ideologische Vollzugsbeamtin im Mainzer Landtag denke. In ihrem Darstellungsmodus ist Glöckner stets auf dem Stand der deutschen Weinkönigin verblieben. Eine freundliche, hübsches Frau, die immer lächelt, alles mitmacht für die gute Publicity und den ihr angebotenen Job. In den Augen der Domina ist sie lediglich ein bürgerlich-frisches Gesicht im Vorstand zur CDU-Imagepflege, als eigene Nachfolgerin gänzlich ungeeignet. Aber keine, wirklich keine holt so ‘bodeschdändisch ä Banan aus ihrem Körbsche raus, auch wenn’s die vom politische Geschner is, wie die Julia!’

Marc Blenk / 20.02.2019

Lieber Herr Broder, ich ging ins Wohnzimmer, wo meine bessere Hälfte fern gesehen hat. Frau Barley, der zu Fleisch gewordene Staatstrojaner, als stieläugige Freiheitsstatue. Mehr als drei Minuten waren nicht drin. Irgendwie gegen Trump und dass die Statue doch nach Aachen gehörte und nicht nach New York. Der übliche linke Orwell - Faschismus - Sprech, aber in ästhetisch verschärfter Weltrettungsform. Betreuter Karneval wieder dem Spaß an der menschlichen Freiheit. Ich leide jetzt noch.

Elke Schmidt / 20.02.2019

Früher habe ich es nie gesehen, weil ich diesen stinkkonservativen Hauspascha-Humor primitiv und unter meinem Niveau fand. Seit 2016 schaue ich es mir an aus Neugier, ob man noch tiefer sinken kann und siehe da, man kann. Statt Machohumor nun Femenbeglückung und Trumpbashing. Staatstragende Kalauer von einer Einfältigkeit wie es sie nicht einmal in der DDR gab. Da haben sich wenigstens einige manchmal was getraut. Da kommt sogar Sehnsucht nach Blondinenwitzen auf.

Thomas Taterka / 20.02.2019

Die braunen Bananen kommen natürlich ins Hühnercurry,  du Gedankenweltumseglerin ! Capisce? —- Meine Fresse,  was für eine Einfalt.

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