Bernhard Lassahn / 05.06.2019 / 06:29 / Foto: Anne-Sophie Ofrim / 62 / Seite ausdrucken

Juhu! Ich komme in den Nachrichten vor

Am kommenden Donnerstag. In der „heute“-Sendung. Wenn auch nur als Zahl im Politbarometer. Ich werde nicht namentlich genannt. Man wird mich nicht erkennen können. Aber immerhin: Ich bin dabei.

Mir ist es tatsächlich passiert: das ZDF hat bei mir angerufen und hat es erstaunlicherweise geschafft, mich zu einem Telefoninterview zu überreden. Erst habe ich ein bisschen rumgebockt und behauptet, dass ich eine starke Allergie gegen Telefonumfragen hätte und dass ich gerade äußerst seltsame Geräusche aus dem Nebenzimmer höre, aber dann hat doch die Neugier gesiegt. Ich habe mitgemacht. Es war auch eine ausgesprochen freundliche Männerstimme.

Es hat Spaß gemacht. Ein bisschen jedenfalls. Ich wurde nach der Beliebtheit von Politikern gefragt, denen ich Zensuren geben durfte. Man wollte von mir wissen, ob ich den Rückzug von Andreas Nahles eher gut oder eher schlecht finde, wie ich die Chancen von Annegret Kramp-Karrenbauer als mögliche künftige Bundeskanzlerin sehe und wie ich die wirtschaftliche Lage insgesamt einschätze. Meistens sollte ich eine Zahl sagen auf einer Skala von 1 bis 10 oder mit „Ja“ oder „Nein“ antworten. Ich durfte auch „weiter!“ sagen, wenn ich keine Antwort geben wollte, etwa auf die Frage, was ich wählen würde, wenn nächsten Sonntag Wahl wäre. 

Drei Dinge sind mir aufgefallen:

Erstens: Bei der Frage nach meinem Wahlverhalten wurden mir lediglich die großen Parteien als Möglichkeit angeboten. Dass ich eine kleine Partei wähle, war nicht im Angebot. Auch nicht, dass ich gar nicht wähle. In dem Fall hätte ich nur „weiter“ sagen können, nicht aber: Ich bin Nichtwähler.

Zweitens: Mir wurde die Ja-Nein-Frage gestellt, ob ich zustimme, dass „wir“ es „schaffen“, die „politischen Flüchtlinge“ aufzunehmen. Was sollte ich da sagen? Ich habe – ich kann es ja den Achse-Lesern verraten – „Ja“ gesagt. Ich glaube schon, dass wir das schaffen. Die politischen Flüchtlinge können wir gerne aufnehmen.

Drittens: Ich wurde gefragt, ob ich finde, dass der Ausbau alternativer Energien „zu schnell“, „zu langsam“ oder „gerade richtig“ vor sich gehen würde. Die Möglichkeit, die alternative Energie gar nicht weiter auszubauen, war nicht vorgesehen. 

Ich habe den Eindruck, dass damit die wichtigsten Fragen außen vor geblieben sind.

Foto: Anne-Sophie Ofrim GFDL via Wikimedia

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beat schaller / 05.06.2019

Das Gute, lieber Herr Lassahn ist, dass Sie uns auf die Fragestellung hinweisen und so vielen Menschen auf den Sprung helfen, warum und wie sie beschissen werden! Ob das allerdings hilft, die Leute aufzuwecken mag ich aufgrund meiner Erfahrung bezweifeln. Dass Sie weiter gemacht haben, im Wissen dass das Resultat nur von den Fragestellungen abhängt,  hätte ich nicht über mein Herz gebracht, auch nicht bei der schönsten Frauenstimme. Danke für die Eröffnung der Art und weise wie der Gurkenstaat funktioniert und wo die Gelder von Parteien hin fliessen. b.schaller

Werner Arning / 05.06.2019

Das ist ja das Schöne an Statistiken und Umfragen. Das Ergebnis steht schon mehr oder weniger in der Formulierung der gestellten Fragen fest. Ein geschickter und erfahrener Frager bekommt von unerfahrenen Befragten das Ergebnis, welches er sich wünscht. Da kommen dann so Sachen raus wie : Die Deutschen sind tendenziell rechtsradikal eingestellt, oder aber : Die Deutschen wünschen die weitere Aufnahme einer großen Zahl von Flüchtlingen, oder : Die Deutschen halten Angela Merkel für eine große Politikerin, oder : Die Deutschen unterstützen mehrheitlich die Energiewende. Je nachdem, welche „Wahrheit“ ich gerade in Erfahrung bringen möchte. Welche gerade in meine Argumentation passt. Alles zum Zwecke der Beeinflussung einer beeinflussbaren Masse, die sich allabendlich vor dem Fernseher niederlässt. So bringt man den Menschen Demokratie bei. Da haben die Öffentlich-rechtlichen ja schließlich eine verantwortungsvolle Aufgabe zu erfüllen.

Thorsten Rosché / 05.06.2019

Diese “Begegnung der dritten Art” hatte ich auch vor ca. einem halben Jahr. Zunächst dachte ich es wäre Guido Canz von der versteckten Kamera. Aber der ist ja bei der ARD.  Ähnlicher Verlauf wie im Artikel.  Auf die Frage der beliebtesten Politiker, wagte ich zu bemerken :  Sie könnten mir 10 hässliche Kröten zeigen und dann fragen welche die Schönste ist.  Die Dame meinte dann, ich nehme sie nicht ernst - und so war es auch !  Ich würde diese Umfragen, als gelenktes Interview bezeichnen, Staats TV halt !

Jochen Brühl / 05.06.2019

Dass da die richtige Fragestellung nach der Integration mehrerer Millionen Migranten - wohlgemerkt nicht politischer Flüchtlinge- außen vorgeblieben ist, interessiert die Bertelsmannstiftung und die mit ihr berbundene Willkommemsindustrie nicht. Für haben sie schlicht und einfach richtig und im Sinne des Guten verwertbar geantwortet.

Peter Roth / 05.06.2019

Glückwunsch. Ich bin vor Jahren öfter befragt worden und hatte ebenfalls den Eindruck,  dass wesentliche Fragen eben nicht gestellt worden sind. MfG

Marc Blenk / 05.06.2019

Lieber Herr Lassahn, nur durch solche Veröffentlichungen können die Bürger feststellen, dass solche Umfragen nur der Manipulation und vor allem der Falschdarstellungen von Einstellungen und Meinungen dienen. Man sollte das ZDF mit dieser Tatsache konfrontieren.

Okko tom Brok / 05.06.2019

Das mediale Geflecht aus Halbwahrheit, Verkürzung, Vereinfachung, Einseitigkeit und blanker Lüge ist inzwischen offenbar so dicht, dass sehr emotionale Völker wie die Deutschen, bei denen es die Vernunft immer schon schwer hatte, jetzt den Überblick verloren haben. Die Folgen könnten furchtbar sein. 25% Grüne sind vermutlich erst der Anfang des Elends, liebe Freunde.

Karl Eduard / 05.06.2019

Herzlichen Glückwunsch, Herr Lassahn, daß Sie derart, wenn auch nur anonym, merkelstaatstragend tätig geworden sind. Ich meine, Sie haben ja selbst bemerkt, daß die Fragestellung kurios ist, haben aber dennoch tapfer mitgewirkt. Aus solchen Umfragen speist sich die Selbstgewißheit des derzeitigen Regimes.  

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