Jutta Ditfurth unterlag (vorerst) im Münchner Prozess um die Bezeichnung “Antisemit” für den {darf man derzeit nicht sagen} Jürgen Elsässer.
Auf ihrer Website hat sie etliche Belege dafür gesammelt, dass Elsässer ein typischer {darf man derzeit nicht sagen} ist. Ich empfehle jedem, dies zu lesen.
Der Prozess ist Jutta Ditfurth sehr teuer gekommen. Wer ein bisschen Geld übrig hat, sollte für die Prozesskosten spenden (Spendenaufruf: siehe unten). Die zeitgeistigen {darf man derzeit nicht sagen} à la Elsässer sind eine wesentlich schlimmere Bedrohung für die liberale Gesellschaft, als kostümierte Neonazi-Dumpfbacken alter Schule. Leider haben das die meisten Anti-Nazi-Initiativen immer noch nicht mitbekommen.
Hier die wichtigsten Passagen in drei ausführlichen Zitaten.
Zitat Jutta Ditfurth:
” Über den Versuch des schwulenfeindlichen, rassistischen und … [derzeit verboten] Rechtspopulisten Jürgen Elsässer meine Meinungsfreiheit einzuschränken
Jürgen Elsässer, der mal ein radikaler Linker und Kommunist war und nun ein Rechtspopulist ist, klagt gegen mich. Ich habe ihn am 16. April 2014 in der Sendung »Kulturzeit« (3sat) aus sehr guten Gründen einen »…« (zur Zeit verboten) genannt. Meine Meinung ist derzeit nicht frei. Worum es inhaltlich geht, beschreibe ich nachfolgend. Sofern das Landgericht München I bei seiner Auffassung bleibt, – und damit einem neuen Urteil des Bundesverfassungsgerichts (s.u.) widerspricht! –, werde ich in dieser I. Instanz verlieren. Urteilsverkündung am Mittwoch, 10.12.2014, 9:15 Uhr, Sitzungssaal 219, 2. Stock, Prielmayerstr. 7.
Ich werde dann in die Berufung gehen, aber es sind bisher Kosten von mindestens 25.000 Euro angefallen, die ich nur mit Hilfe von Spenden bezahlen kann. Meine ökonomische Situation wird meistens überschätzt.
Ich bitte herzlich um Spenden:
Kontoinhaberin: Jutta Ditfurth
Verwendungszweck: »Elsässer-Prozess«
Konto-Nr.: 1200881450
Frankfurter Sparkasse 1822
BLZ: 50050201
IBAN: DE61500502011200881450
BIC: HELADEF1822
I. Worum es inhaltlich geht
Im März 2014 starteten einige neue Rechte die »Mahnwachen« [für den Frieden]. Zentrale Aussagen steckten voller antisemitischer Stereotype. Getragen wurde diese Montagsquerfront von verschiedenen antisemitischen, völkisch-nationalen, verschwörungstheoretischen, rechtsesoterischen, homophoben und antifeministischen Strömungen. Nach der zehnmonatigen Auseinandersetzung muss man feststellen: Es ist eine neue völkische Bewegung in Deutschland entstanden, die weit in die berüchtigte »Mitte der Gesellschaft« reicht. Im Rahmen dieser politischen Auseinandersetzung habe ich den neurechten Jürgen Elsässer einen »…« [verboten] genannt. Es drohen mir derzeit 250.000 Euro Strafe ersatzweise sechs Monate Ordnungshaft, meine Meinung ist also nicht frei.
Fragt man einen modernen Antisemiten, ob er Juden hasst, verneint er meist. Elsässer aber weiß genau, dass Begriffe wie »internationale« oder »angloamerikanische Finanzoligarchie«, »Zionisten« sowie »amerikanische Ostküste« von heutigen Antisemiten als Synonyme oder Codes für »die Juden« verwendet werden: es sind antisemitische Stereotype. 2009 berichtete er über die Mitgliederzeitschrift der IG Metall (2005), die mit dem Schwerpunkt »Die Aussauger« aufgemacht hatte. Das Titelbild zeigte »ein Insekt mit Stars-and-Stripes-Zylinder und langem Rüssel im Anflug«. Elsässer verhöhnte Kritiker: »nirgends hatte die IG Metall Juden erwähnt und auch nicht Synonyme [!] wie Zionisten oder amerikanische Ostküste verwendet.« Elsässer kennt die Codes und Synonyme also seit Jahren.
Seit Jahren gehört die strukturell antisemitische, künstliche Trennung des »bösen, raffenden, unproduktiven, anglo-amerikanischen, jüdischen Finanzkapital« vom vermeintlich »guten, schaffenden, produktiven, deutschen Industriekapital« zu Elsässers Repertoire. Die kapitalistische Krise vorwiegend dem »angloamerikanischen internationalen Finanzkapital« in die Schuhe zu schieben ist ein klassisches, antisemitisches Muster, ein Urbild antisemitischer Ideologie seit dem 19. Jahrhundert.
In seiner Rede auf der so genannten »Friedensdemo« der »Mahnwachen« am 21. April 2014 in Berlin übernahm Elsässer das törichte Occupy-Klischee von den 1:99 Prozent. Elsässer: 1 Prozent der »internationalen Finanzoligarchie« erwürge und erdrossele »die 99 Prozent, darunter Arbeiter, Arbeitslose, Elende und auch viele Unternehmen und Firmen [!] in ihrer Zinsschlinge«. Und wem »internationale Finanzoligarchie« zu »abstrakt« sei, dem nannte er Namen: »Die Herren Rockefeller, Rothschild, Soros, Chodorkowski, das englische Königshaus und das saudische Königshaus. Und warum soll es Antisemitismus sein, wenn man darüber spricht, wie diese winzig kleine Schicht von Geldaristokraten die Federal Reserve benutzen, um die ganze Welt ins Chaos zu stürzen«? – Vier der Genannten haben möglicherweise jüdische Vorfahren, zwei Namen dienten ihm lediglich als Dekoration, es »fehlen« Legionen von christlichen Ausbeutern. Das bei modernen Antisemiten beliebte Bild 1:99 ignoriert jede halbwegs intelligente Analyse sozialer Schichten und Klassen, aber es geht ja auch nicht wirklich um Kritik und Analyse des Kapitalismus.
Liest man Elsässers Reden und Texte der letzten sechs Jahre, stösst man auf ein ideologisches Wahnsystem, das nicht nur aus den meisten Juden »Zionisten« macht sondern, oft nur notdürftig verhüllt, Israel mit dem NS-Regime gleichsetzt, also die Shoa relativiert. Auf der bundesweiten Friedensdemonstration der Montagsquerfront am 21.7.2014 in Berlin sagte er: »Mein Name ist Jürgen Elsässer und meine Zielgruppe bleibt das Volk […] Wer vom Zionismus nicht reden darf, muss auch vom Faschismus schweigen«.
Den Titel von Viktor Klemperers Meisterwerk LTI – Notizbuch eines Philologen (LTI = Lingua Tertii Imperii, Sprache des Dritten Reichs) missbrauchte er für seine Wortschöpfung »Lingua Quarti Imperii, die Sprache des anglo-amerikanischen Imperiums«, die es zu analysieren gelte und er fügte hinzu: »Unsere Volksinitiative organisiert den Bruch mit der Political Correctness, den Widerstand gegen das internationale Finanzkapital und seine Kriegsbrandstifter in Washington, London und Jerusalem.«
Wessen Interessen er aber tatsächlich vertritt, verriet er beispielsweise in einer Rede in der Schweiz im Juli 2014. Das ›anglo-amerikanische Finanzkapital‹ betreibe »im wesentlichen Hütchenspiele«, während »vernünftige und sozial eingestellte« deutsche »Unternehmer« »wirkliche Werte« herstellten. Die »deutsche Schwerindustrie« sei zwar irgendwie mit dem NS-Regime verbündet gewesen und habe »die Waffen für den Zweiten Weltkrieg geliefert«, um »im Osten […] irgendwelche Rohstoffe« [!] zu erobern und hatte deshalb einen schlechten Ruf, aber heute sei »der ganze deutsche Maschinenbau […] sehr friedlich«. Für diese wirre Vorstellung musste Elsässer verschweigen, dass Deutschland auf Platz 3 der Rüstungsexporteure der Welt steht. Auch an den sozialen, ökologischen, ökonomischen und militärischen Folgen der von ihm gelobten »sehr guten [deutschen] Geschäfte […] mit Russland und China« und »guten Geschäfte« mit den arabischen Staaten und dem Iran hat Elsässer nichts auszusetzen. Er steht ganz auf Seiten der Geschäftsinteressen seiner Bündnispartner. »Der Russe«, »der Chinese«, »der Perser« zahlten nämlich, so Elsässer, im Unterschied zu »den Amerikanern […] mit echtem Geld«. Elsässer, der sich gern als radikalen »Systemkritiker« inszeniert, ist bei näherer Betrachtung lediglich ein völkischer Lobbyist mittelständischen deutschen Kapitals.
Elsässer trat mit Antisemiten auf Kundgebungen auf. Zu ihnen gehörte Ken Jebsen, ein ehemaliger RBB-Radiomoderator, mit dem er eng zusammenarbeitete, man unterstützte die »Mahnwachen« und interviewte sich gegenseitig. Jebsen alias Ken FM ist bekannt für eine Flut von antisemitischen Äußerungen. Beispielsweise schrieb er: »Warum ist folgendes antisemitisch? Nationalzionisten haben Israel okkupiert wie Nazis 33 Deutschland okkupiert haben.« Nicht nur diese Aussage relativiert die Shoah. In einem Brief an einen Radio-Hörer: »ich weis wer den holocaust als PR erfunden hat. der neffe freuds. bernays. in seinem buch propaganda schrieb er wie man solche kampagnen durchführt. goebbels hat das gelesen und umgesetzt.« [Originalschreibweise] Gern vergleicht Jebsen Israel mit dem NS-Regime.
Ein weiterer Elsässer-Kollaborant über Monate war Lars Mährholz, einer der Gründer der sog. »Mahnwachen«. Der sagte in einem Interview mit Voice of Russia am 7. April 2014: »Woran liegen alle Kriege in der Geschichte in den letzten 100 Jahren? Und was ist die Ursache von allem? Und wenn man das halt alles ‘n bisschen auseinander klabüsert und guckt genau hin, dann erkennt man im Endeffekt, dass die amerikanische Federal Reserve, die amerikanische Notenbank, das ist eine Privatbank, dass sie seit über hundert Jahren die Fäden auf diesem Planeten zieht.« Nicht Nazi-Deutschland hat demzufolge 6 Millionen jüdische Menschen ermordet und ist schuld am Zweiten Weltkrieg, sondern eine [angeblich private, angeblich jüdische] US-amerikanische Bank. Es ist die infame Verschlüsselung des antisemitischen Mythos’ von der jüdischen Weltverschwörung: Die Juden selbst sind die Mörder der Juden – und außerdem schuld an zwei Weltkriegen und »allen« anderen Übeln der letzten 100 Jahre.
Als Jebsen und Mährholz wegen ihrer antisemitischen Äußerungen kritisiert wurden, versicherte Elsässer beide öffentlich seiner »ausdrücklichen Solidarität«!…”
Ende des Zitats
Zitat Jutta Ditfurth
“…Elsässer ließ sich von Shoa-Leugnern einladen.
Er lauschte beispielsweise auf einer Konferenz in Moskau (2009) dem Vortrag des Holocaust-Leugners Israel Shamir, der die »Protokolle der Weisen von Zion« für echt hielt und vielfältige Verbindungen zur europäischen Neo-Naziszene besitzt. Angekündigt war auch Tomislav Sunic´, welcher der französischen Neuen Rechten um Alain de Benoist nahesteht, Co-Autor einer Festschrift für den bekannten Holocaust-Leugner David Irving. Andere Konferenzteilnehmer vertraten Aleksandr Dugins »Eurasische Bewegung« (s.u.). Elsässer plädierte in seiner eigenen Rede für »eine gemeinsame Plattform für den Widerstand der christlichen und der islamischen Welt, weil die Anglo-Amerikaner [sic!] die Christen und Moslems gegeneinander aufhetzen wollen […] eine gemeinsame Widerstandsfront in Europa […] für die Substitution der Europäischen Union durch eine Konföderation souveräner Nationalstaaten, die sich von Bordeaux bis Wladiwostok erstreckt. Eine Eurasische Union also.«
2009/2012: Elsässer begrüßte die Wiederwahl des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad und ließ sich stolz bei Audienz und Handschlag mit dem Holocaust-Leugner fotografieren. Für die gefolterten Oppositionellen im Iran hatte er nur Hohn übrig.
2014 Schweiz: Elsässer folgte einer Einladung des bekannten Schweizer Holocaustleugners Ivo Sasek und seiner AZK (Anti-Zensur-Koalition) und hielt eine Rede. Über Saseks Vortrag auf derselben Konferenz schrieb der Tagesanzeiger (Schweiz): »Amerika ist für Sasek des Teufels und richtet ein orchestriertes Chaos an, wie es in den Protokollen der Weisen von Zion beschrieben ist. Das geheime Papier von Anfang des letzten Jahrhunderts enthält angeblich das Konzept, wie jüdische Politiker und Banker heimlich eine Weltregierung anstrebten.« Sasek hat bekanntermaßen auch zuvor schon Shoa-Leugner zu seinen Konferenzen eingeladen.
Elsässer arbeitet mit Antisemiten zusammen und bietet ihnen in seinen Medien ein Forum.
2008 verband er sich mit dem Kai Homilius Verlag von dem sich ein Jahr zuvor Autoren öffentlich distanziert hatten, weil er eine Anzeige in der neurechten Wochenzeitschrift Junge Freiheit (JF) geschaltet sowie mehrere Bücher des JF-Autors Jan von Flocken veröffentlicht hatte. Ab 2009 vertrieb der Kai Homilius Verlag auch Compact-Filme, z.T. in Kooperation mit der verschwörungstheoretisch und rechtsesoterisch ausgerichteten online-Filmfirma secret.tv und deren maßgeblichen Mitarbeiter Michael Vogt, von ihm führen Verbindungen zu rechtsextremen Projekten in anderen europäischen Ländern. Betreiber von secret.tv war zeitweilig Jan Udo Holey (Pseudonym Jan van Helsing) gewesen, ein bekannter rechtsextremer, antisemitischer Verschwörungstheoretiker dessen Buch »Geheimgesellschaften und ihre Macht im 20. Jahrhundert« 1996 wegen Volksverhetzung verboten worden war. In Helsings Hetzschriften finden wir antisemitische Stereotype wie sie 2014 in der neurechten Friedensbewegung wieder auftauchten.
2009 arbeitete Elsässer mit dem rechtsextremen Kopp-Verlag zusammen.
In seiner Zeitschrift Compact veröffentlicht Elsässer seit 2010 antisemitische, rechtspopulistische und verschwörungstheoretische Positionen. Mitherausgeber von Compact ist Andreas Abu Bakr Rieger, ein zum Islam übergetretener ehemaliger Katholik, Herausgeber der Islamischen Zeitung für die Elsässer auch schon geschrieben hat. Rieger war bis 2007 stellvertretender Vorsitzender des Islamrates, Gesprächspartner der Bundesregierung auf der Islamkonferenz. Rieger musste zurücktreten, als herauskam, was er 1993 oder 1994 auf einer Versammlung islamistischer Türken in Köln gesagt hatte: »Wie die Türken, so haben auch wir Deutschen schon oft in der Geschichte für eine gute Sache gekämpft, obwohl ich zugeben muss, dass meine Großväter bei unserem gemeinsamen Hauptfeind nicht ganz gründlich waren. Aber heute haben die jungen Deutschen kein Ziel mehr«. Unter Druck hat er später versucht, sich zu entschuldigen.
Elsässer arbeitete mit dem Nazi Karl-Heinz Hoffmann (Chef der 1980 verbotenen Wehrsportgruppe Hoffmann) zusammen. In einem »Compact-Film über das Oktoberfestattentat« diskutieren Elsässer, Karl Heinz Hoffmann und der verschwörungstheoretische Schweizer Daniele Ganser (März 2014).
Elsässer gehört einem völkischen, antisemitischen, rassistischen, homophoben und antifeministischen Netzwerk an.
2009 gründete er die »Volksinitiative gegen das Finanzkapital«, einen völkischen Zusammenschluss gegen das »angloamerikanische Finanzkapital«. Der stellvertretende NPD-Vorsitzende Holger Apfel begrüßte den Gründungsaufruf: Mit seinen Forderungen habe sich Elsässer NPD-Positionen nicht nur »angenähert, nein, er vertritt NPD-Positionen«.
2010: Bei einer Konferenz von Elsässers »Volksinitiative« traten Rechtspopulisten wie Nigel Farage (UKIP) und Karl Albrecht Schachtschneider auf. Im gleichen Jahr referierte Elsässer in Wien auf Einladung der rechtsradikalen »Initiative Heimat & Umwelt« (IHU), die in ihrer Zeitung Wegwarte »gegen die angebliche ›Befreiung‹ Deutschlands und Österreichs im Jahre 1945« wettert.
Elsässer unterstützt die Alternative für Deutschland (AfD). Im Oktober 2014 begrüßte Elsässer den Aufmarsch der Nazi-Hools in Köln (HogeSa): »Es ist ein großer Schritt nach vorne, dass die Hools sich nicht mehr hauptsächlich gegenseitig verkloppen, sondern gemeinsam etwas für Ihr Land tun wollen.«
Elsässer will eine deutsche Volksfront mit »eurasischer Option«, welche die »anglo-amerikanische Finanzaristokratie aus Europa« verdrängt und sich in einem »eurasischen Bündnis« an die Seite der gegenwärtigen russischen Regierung stellt. Wenn einmal das »jüdisch-amerikanische Kapital« aus Europa vertrieben und die deutsche Volksgemeinschaft wieder »rein« sein wird, blüht die gemeinsame Achse mit rechtsextremen, grossrussischen Nationalisten, deren Nähe Elsässer seit Jahren sucht ... 2009 trat er im Russischen Haus in Berlin auf und sagte: »Hier herrscht Demokratie, hier herrscht Meinungsfreiheit, hier kann gesagt werden, was nötig ist.« Oppositionelle russische Linke, Demokraten und Journalisten sehen das gewiss anders. Wie als Dank für’s Einschleimen wurde Elsässer Ende 2009 zur oben genannten Konferenz nach Moskau eingeladen und kündigte stolz auf seinem Blog an, dass er dort für »die Eröffnung einer eurasischen Perspektive« plädieren werde, »etwa in Form einer Achse Paris-Berlin-Moskau.«
Für die »Eurasische Option« plädiert seit längerem der russische Rechtsextremist und einflussreiche Soziologe Aleksandr Dugin, Anführer der Eurasischen Bewegung, dessen Beiträge Elsässer veröffentlicht und den er für seine Zeitschrift Compact interviewt hat. Zeit online schreibt: »In den neunziger Jahren war Dugin berüchtigt für seine affirmativen Stellungnahmen zur Waffen-SS, für ambivalente Äußerungen zum deutschen Nationalbolschewismus, zum ›Dritten Reich‹ und zum Faschismus allgemein. Einmal lobte Dugin den anfänglichen Organisator des Holocausts und Himmler- Stellvertreter Reinhard Heydrich als ›überzeugten Eurasier‹. [...] Ein halbes Jahr vor seinem Interview mit Elsässers Compact schlug Dugin vor laufender Kamera vor, Europa zu erobern und als russisches Protektorat anzugliedern. […] Dugins jahrelange Netzwerkarbeit nicht nur im russischen nationalistischen Spektrum, sondern auch in der europäischen Neuen Rechten reicht inzwischen über den radikalen Rand des paneuropäischen Antiamerikanismus hinaus.«
2013: Im November 2013 veranstaltete Elsässer mit seiner Zeitschrift Compact einen homophoben Kongress in Leipzig zu dem neben anderen rechtspopulistischen Referenten auch die russischen Duma-Abgeordneten Olga Batalina und Jelena Misulina eingeladen waren, die zu den Urhebern des berüchtigten Gesetzes ›gegen homosexuelle Propaganda‹ gehören. Es referierte auch Béatrice Bourges, eine dogmatische Katholikin, die 2013 in Frankreich Millionenproteste gegen die Homo-Ehe mobilisiert hat.
2014 »Al Kuds-Tag«: An diesem Tag demonstrieren Muslime in aller Welt für die Zerstörung Israels und die ›Befreiung Jerusalems‹. Mitveranstalter in Berlin seit sieben Jahren ist Jürgen Grassmann, der »zum Umfeld des Journalisten und Verschwörungstheoretikers Jürgen Elsässer [gehört]. Grassmann nahm in den vergangenen Monaten auch an den sogenannten Montagsdemonstrationen in Berlin teil, auf denen Elsässer regelmäßig auftritt.« (Spiegel online)
Wenn ein moderner … [verboten] und Nationalist die politischen und ökonomischen Verhältnisse nicht analysieren kann und seine wirklichen Interessen noch maskieren muss, bedient er gern verschwörungstheoretischen Irrsinn. Wie jeder moderne … [verboten] ist Jürgen Elsässer Anti-Amerikaner, was rein gar nichts mit notwendiger linker Kritik an der Politik der US-Regierung oder des militärisch industriellen Komplexes der USA zu tun hat. Elsässer sagte z.B. bei einem Vortrag in der Schweiz 2013: »Jetzt rüsten sie [die USA; JD] die Al Qaida auf, die dann wieder in ein paar Jahren die amerikanischen Wolkenkratzer, mit Hilfe der CIA natürlich, sprengen.«
Elsässer ist ein Rassist, er verachtet nicht nur Roma. Anlässlich eines Fussball-Spiels 2012 (das deutsche Team unterlag dem schwedischen) hetzte er: »Wie kann man 4:0 vorne liegen und das Spiel nicht nach Hause schaukeln? Das wäre früher in Deutschland unmöglich gewesen. Das gab’s vielleicht in Afrika, wo man aus Spaß an der Freud herumkickt. […] Jedem das Seine. Kein Volk ist schlechter als das andere. Aber absolut TÖDLICH ist das Vermischen«.
Anlässlich der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für ein prinzipielles Adoptionsrecht für Homosexuelle drehte Jürgen Elsässer durch: Nicht nur werde die »Institution der Ehe (…) zerstört« und somit »die Grundlage für die Reproduktion des Volkes«. Er fürchtete sich auch vor einer »anderen Lebensform«, welche das »menschliche Zusammenleben« bedrohe. Es handele sich keineswegs um »Außerirdische«. »Motor« des Angriffs sei »eine winzige globale Finanzoligarchie, die mit neuen Reproduktions- und Gentechnologien ihr tausendjähriges Reich errichten will«.
Das ist nichts anderes als eine moderne Variante der klassischen antisemitische Wahnvorstellung vom bösen, fremden »Anderen«.
Nachbemerkung: Dies sind nur kurze Auszüge, fast ohne Quellen, aus meinem umfangreichen Dossier über Elsässer, das eines Tages veröffentlicht werden wird.
II. Meinungsfreiheit – Landgericht München I gegen Bundesverfassungsgericht
Die Richterin am Landgericht München I hat (am 8.10.2014) mit ihrer furchtbaren Antisemitismus-Definition Deutschland auf einen Schlag von der Mehrheit seiner Antisemiten befreit:
»Ein glühender Antisemit in Deutschland ist jemand, der mit Überzeugung sich antisemitisch äußert, mit einer Überzeugung, die das III. Reich nicht verurteilt und ist nicht losgelöst von 1933-45 zu betrachten vor dem Hintergrund der Geschichte.«
Nach dieser Logik wäre es untersagt, Menschen Antisemiten zu nennen, wenn sie andere Menschen antisemitisch beleidigen, sie diskriminieren und mit Hass verfolgen. Ein Antisemit wäre nur dann einer, wenn er sich affirmativ auf die Jahre 1933 bis 1945, auf den NS-Faschismus und auf Auschwitz bezieht. Jüdischen Menschen könnte künftig ohne weiteres eine »Weltverschwörung« unterstellt werden. Antisemitische Machwerke wie Die Protokolle der Weisen von Zion könnten in Schulbibliotheken stehen.
Ganz im Gegensatz zum Landgericht München I hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28. Juli 2014 die Meinungsfreiheit gegen die permanente Einengung durch die Überbewertung der Schmähkritik sehr deutlich verteidigt:
»Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts hat das Bundesverfassungsgericht den in der Fachgerichtsbarkeit entwickelten Begriff der Schmähkritik eng definiert. Danach macht auch eine überzogene oder ausfällige Kritik eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Sie muss jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der persönlichen Herabsetzung bestehen. Wesentliches Merkmal der Schmähung ist mithin eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung. Nur dann kann im Sinne einer Regelvermutung ausnahmsweise auf eine Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls verzichtet werden. Aus diesem Grund wird Schmähkritik bei Äußerungen in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vorliegen und im Übrigen eher auf die sogenannte Privatfehde beschränkt bleiben«.
[BVerfG, 1 BvR 482/13 vom 28.7.2014, Abs. 11, http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20140728_1bvr048213.html ]…”
Ende des Zitats
Zitat Jutta Ditfurth:
“…Die Auseinandersetzung um die neurechte Querfront (sog. Mahnwachen), um moderne Formen des Antisemitismus, um Rassismus und Schwulenhass, um AfD, HogeSa und Pediga, sind, – wer könnte das leugnen? –, »die Öffentlichkeit wesentlich berührende Fragen« (Bundesverfassungsgericht). Aber die Münchner Richterin hat sich deutlich auf Elsässers Seite gestellt. Es handele sich zwar um Meinungsfreiheit, aber die Grenze zur Schmähkritik sei überschritten, auch weil Elsässers berufliche (geschäftliche) Interessen geschädigt werden könnten.
Dabei nützt der juristische Konflikt Elsässer leider, sich Rechtsextremen in aller Welt bekannt zu machen. Im Gegensatz zur fürsorglichen Annahme der Richterin verkündete Elsässer stolz, dass sich die Auflage seiner Zeitschrift Compact während des Konflikts um die Montagsquerfront von 30.000 (Anfang 2014) auf 42.000 (September 2014) gesteigert habe und auch die kürzliche Compact-Konferenz war mit mehr als 800 Teilnehmern, die für einen Tag zwischen 69 und 350 Euro Eintritt bezahlten, ein wirtschaftlicher Erfolg.
Die Meinungsfreiheit darf nicht durch Geschäftsinteressen eingekerkert werden.
Vor allem: Ein … [verboten] muss ein … [verboten] genannt werden dürfen. …”
Ende des Zitats