Peter Grimm / 25.05.2019 / 06:29 / Foto: Claude Truong-Ngoc / 59 / Seite ausdrucken

Jüngere Rentner braucht das Land

Die Ex-Bischöfin und Ex-EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann muss eine ganz besondere Ausstrahlung haben. Wer sonst hätte seinerzeit, nachdem er bei einer Trunkenheitsfahrt von der Polizei erwischt wurde, allein dafür, dass er selbiges eingesteht und vom Bischofsamt zurücktritt, allenthalben Lorbeerkränze für Mut und Glaubwürdigkeit geflochten bekommen? Eine solch mutige Frau aus Hannover ließ der Herr – bzw. das ebenfalls in Hannover angesiedelte Personal der EKD-Führungsetage – natürlich nicht im Regen stehen und versorgte sie weiterhin mit auskömmlich besoldeten Ämtern, in denen sie mit ihren Kreationen allseits beliebter Sprechblasen brillieren konnte. Dabei immer auf der Höhe des massenmedialen Zeitgeistes zu bleiben, galt als eine ihrer Kernkompetenzen. Dass sie jetzt noch nicht zusammen mit Greta auf Tournee gegangen ist, wird vielleicht daran liegen, dass sie sich letztes Jahr im zarten Alter von 60 Jahren in den vorzeitigen Ruhestand verabschiedet hat.

Bischöfliche Ruhestandsbezüge dürften ihr ein menschenwürdiges Überleben ermöglichen, trotz finanzieller Einbußen, die das frühere Ausscheiden aus dem harten Tagwerk mit sich bringt. Doch wenn man sich schon ein idyllisches Anwesen auf der Ostsee-Insel Usedom gekauft hat, dann wird man das ja wohl endlich auch mal genießen dürfen, oder?

Nein, hier soll um Gottes Willen kein Sozialneid geschürt werden, denn Margot denkt ja beim Genusse dieser Gaben nicht nur an sich selbst. Das von Pflichten freie und auskömmlich bezahlte Leben sollten auch alle anderen Mitbürger erleben dürfen. Und weil daran außer ihr ja mal wieder keiner gedacht hat, musste sie diese Forderung nun trotz ihres Ruhestands der Öffentlichkeit verkünden.

„Wir sollten damit aufhören, das Arbeitsleben mit einem gesetzlich vorgegebenen Alter von hundert auf null zu setzen“, stattdessen sollten Menschen eigenständiger und freier entscheiden dürfen, wann und wie sie im Alter Arbeitszeit reduzieren oder in Rente gehen, ohne dabei große finanzielle Einbußen befürchten zu müssen, wird sie in der Welt zitiert. Sie habe mehr Freiheit und könne sich gesellschaftlich einbringen.

Bitte keinen Sozialneid

Welche böse Frage sollte man jetzt zuerst stellen? Die nach der Finanzierbarkeit? Oder vielleicht die, ob Margot denn nicht in ihrer bezahlten Tätigkeit auch nichts anderes gemacht hat, als sich mit ihren Befindlichkeiten gesellschaftlich einzubringen? Oder … ach lassen wir das, es soll ja harmonisch bleiben. Wir erfahren schließlich auch, dass Frau Käßmann, von der Bürde bisheriger bezahlter Tätigkeit befreit, nun im Verlag Herder in Freiburg die Monatszeitschrift „Mitten im Leben“ herausgeben könne. Statt für Geld arbeiten zu müssen, arbeitet sie nun … etwa umsonst? Oder auch wieder für Geld, zusätzlich zu den Ruhestandsbezügen? Gut, so ein Haus auf Usedom will auch unterhalten werden und bischöfliche Ruhestandsbezüge sind möglicherweise gar nicht so üppig, wie die Nörgler im Medien-Prekariat immer denken. Aber wer dennoch zu Sozialneid neigt, für den wurde noch erwähnt, dass sie seit Januar ehrenamtliche Botschafterin des Kinderhilfswerks Terre des Hommes ist.

Die Forderung der auskömmlichen Frühverrentung für alle erhebt sie ja sicher gänzlich honorarfrei. Wenn Sie jetzt denken, dieser Vorstoß sei ungerecht, weil all die jüngeren arbeitenden Menschen, die Steuern, Sozial- und andere Zwangsabgaben zahlen müssen, für dieses Vergnügen der Käßmanns und ihrer Gleichgesinnten aufzukommen hätten, liegen sie selbstverständlich völlig falsch, denn jüngere Rentner helfen auch der Gesellschaft:

„Ruhestand, vor allem ein früher Ruhestand, ist in Deutschland oft negativ besetzt. Er sollte aber als große Chance gesehen werden“, wird Käßmann in dem Welt-Artikel weiter zitiert. Er gebe älteren Menschen die Möglichkeit, sich jenseits des Arbeitslebens sozial zu engagieren. Davon würde die Gesellschaft profitieren. Sie müsse Ältere für das Ehrenamt stärken, auch weil Jüngere im Arbeitsleben kaum noch Zeit für solches Engagement hätten. Logisch, die Jüngeren brauchen die Zeit ja dann auch, um u.a. das Geld für die Frühverrentungen zu erarbeiten. Aber das tun die meisten bestimmt gern. Allein die Vorstellung, sie müssten sonst darauf verzichten, dass sich Frau Käßmann und ihre Anhängerinnen aus allen Geschlechtern von materiellen Sorgen befreit immer wieder „gesellschaftlich einbringen“, ist den meisten Deutschen bestimmt ein Graus. Oder?

Foto: Claude Truong-Ngoc CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Frank van Rossum / 25.05.2019

Die Gehälter von Bischöfen werden nicht aus Mitteln der Kirchensteuer gezahlt, sondern von den jeweiligen Bundesländern in denen sie tätig sind. Lt. Internet mindestens aus der Besoldungsgruppe B 6 (z.B. Ministerialdirigent / Brigadegeneral etc.) zuzüglich Zulagen. @ Sabine Heinrich: Sie finanzieren daher den (Vor)-Ruhestand von Frau Käßmann - so wie wir alle- über die Einkommensteuer, leider. Warum das so ist? Ich habe keine Ahnung, aber mit einem kleinen Abschlag aus B6 lässt es sich hier gut und gerne leben.

Thomas Roth / 25.05.2019

Faszinierend, wie Frau Kässmann als Ausbund des Wahrhaftigkeit gefeiert wurde. Dabei hatte sie, kurz vor ihrer Alkoholfahrt, von der Kanzel verkündet, dass sie während der Fastenzeit auf Alkohol verzichtet. Und dann heimlich getrunken, sich darauf verlassend, dass es nicht rauskommt. Verlogen bis ins Mark.

Uta Buhr / 25.05.2019

@Marc Dolde.Tja, Herr Dolde, am besten packen Sie erst mal Ihren eigenen Hammer ein. Herrn Grimm Sozialneid zu unterstellen, ist mehr als absurd. Er weist nur auf die Heuchelei der Frau K. hin. Haben Sie schon einmal ein Buch oder wenigstens ein paar Zeilen aus einem der Bücher dieser “erfolgreichen” Autorin gelesen? Das verlogen-sentimentale Gesülze ist kaum zu ertragen. Haben Sie etwa einen freudianischen Fehler begangen, als Sie den Namen der ehemaligen EKD-Vorsitzenden mit Käsemann angaben? Besser geht’s halt nicht, denn was Frau K. schreibt und verkündet, ist allzu oft richtiger Käse. Im Übrigen haben Sie recht,wenn Sie darum bitten, die Alkoholfahrt der guten Margot nicht mehr zu thematisieren. Denn auch ohne dieses Vorkommnis gibt Frau Käßmann genügend Anlass, über sie genervt den Kopf zu schütteln.

Richard Loewe / 25.05.2019

Besonders menschlich an Frau Kaessmann fand ich, dass sie von der Kanzel auf Christen schimpfte, die in der Fastenzeit nicht fasten und dann in der Fastenzeit mit ihrem Nichtgatten volltrunken angetroffen wird. Besonders christlich fand ich, dass sie sich selbst schnell die drei Suenden vergab. Als Katholik bin ich natuerlich von soviel Naechstenliebe (man ist sich selbst am naechsten wussten schon die Stoiker) ueberwaeltigt.

B. Jacob / 25.05.2019

Käßmann und ihr höchster SPD Bonze (Beifahrer???) sind sehr klagefreudig und bei ihrer jüngsten Tochter besteht eine gewisse Ähnlichkeit…….räusper. Nun, Käßmanns Herz war schon immer leicht entflammbar, Kostverächterin war sie nicht und bevor sie ihren SPD Bonzen kennen lernte war sie zwar ein bisschen links, aber als Theologin noch normal, weshalb ich sie auch mal mochte. Aber diese 180 Kehrtwende, wo sie sich immer mehr als marxistische Antichristin entpuppt, das Christentum marxistisch zu pulverisieren hat noch niemand so schön geschafft, wie Käßmann. Ich weiß nicht was in diese Frau gefahren ist, die vor lauter ideologischen Schwatzorgien den Wald vor Bäumen nicht mehr sieht. Na, wenn sie sich auf Usedom verkrümelt hat, da sollte man noch ein paar Talibans und Muslime hinschicken, damit sie was zum Umarmen hat, wie sie uns Christenlämmern empfahl. AK Schröder hat übrigens einen hohen Frauenverschleiß und auch Käßmann hat weniger Glück in der Liebe gehabt, aber immerhin, übertreibt sie es nicht mit Amors Pfeilen und hat keinen so hohen Partnerverschleiß wie manche Politiker.  .

H.Milde / 25.05.2019

@H.Kreutzer. So ist es Herr Kollege, gemäß Alice Cooper iüS “No more Mr. nice Guy, no more taxoverpaying!!” Bei mir dauert es noch etwas länger, aber habe auch schon entsprechende Maßnahmen ergriffen. In meiner Umgebung sehe ich wie immer mehr Kollegen und Kolleginnen ausgebrannt erkranken, und sogar vorzeitig in´s Grüne beißen. Die Nachfolgenden werden sich das nicht antun, arbeiten Teilzeit, fachfremd o. gehen in´s Ausland . Den politischen Obertanen geht zwar der Südpol auf Grundeis, aber die KassenStaatsKonzern-Medizin mit logisch beinhaltender sozialökonomisch/ökologischer klimarettender CO2-Ausstoßbeendigung á la Fliege & Spahn ist auf dem “besten Weg”, oder aber SozialUnruhen werden sie zum Scheitan schicken, und id @ treten, ein zweites `89? Schöne €uro-Wahl, Glück auf, Ihr H.Milde

Christoph Kaiser / 25.05.2019

2 weitere Gedanken zu obigem Artikel, bitte wählen Sie den für Sie geeigneteren: 1. Warum schweigt die Torheit nicht? 2. Evangelisches Priesteramt für alle!!!!!!!!!

Karl-Heinz Vonderstein / 25.05.2019

Stammt von der nicht der Satz, auch die vom Islamischen Staat seien Gottes Kinder?

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