Michal Kornblum, Gastautorin / 04.10.2019 / 10:15 / Foto: Pixaby / 99 / Seite ausdrucken

Jüdin wird vor ihren Kindern mit Stein beworfen – neuer deutscher Alltag

Von Michal Kornblum.

Kennen Sie Massing? Ich für meinen Teil kannte Massing bisher nicht. Dabei sollten wir alle spätestens seit heute von Massing, einer beschaulichen Marktgemeinde im niederbayrischen Landkreis Rottal-Inn, gehört haben. 

Sie fragen sich bestimmt, warum ich von einem „4000-Leute-Kaff“ irgendwo in Bayern erzähle. In dieser sicherlich idyllischen Gemeinde wurde am 2.Oktober eine junge Mutter, die mit ihren beiden Söhnen spazieren ging, von einem Mann mit einem Stein beworfen. Grund für diesen Vorfall war, dass die junge Frau Jüdin ist und ihre Söhne auf Hebräisch angesprochen hat, was dem als arabischstämmig beschriebenen Mann überhaupt nicht passte und er sich auf Grund dessen offenbar gezwungen sah, die Frau zuerst als „Yahud“ (arabisch für Jude, häufig als Schimpfwort) zu beleidigen und ihr dann vor ihren Kindern einen Stein an den Kopf zu werfen. Die Frau wurde leicht verletzt, die Kinder wurden „nur“ mit eindrucksvollen Erinnerungen geprägt. Der Mann ist bisher noch nicht von der Polizei gefunden worden. 

Wie kommt es, dass solch ein (jedenfalls in meinen Augen) gravierender Vorfall nicht bundesweit medial in aller Munde ist? Eine schreckliche gewaltsame antisemitische Tat, bei der Kinder in Gefahr gebracht wurden und die ewig-mahnenden „Wehret den Anfängen“-Politiker schweigen? Nur einige Medien berichten meist im Lokalteil von diesem Vorfall – wirklich? Wie kann das sein? 

Die Antwort darauf ist leider ebenso simpel wie erschreckend: Es ist inzwischen Normalität geworden. Es ist normal, dass ein Mensch auf Grund seines jüdischen Glaubens oder seines möglicherweise israelischen Backgrounds 2019 in Deutschland auf offener Straße angefeindet, beleidigt und sogar körperlich angegriffen wird. Es ist keine Meldung wert und höchstens von lokalem Interesse. 

„Antisemitismus Premium“ 

Dazu kommt natürlich, dass die Realität und die Fakten unseren Politikern ein Dorn im Auge sind. Der muslimische Antisemitismus ist ein Tabuthema. Medial aufgegriffen wird er offenbar nur, wenn es richtig blutig zur Sache geht, etwas im toleranten und weltoffenen Berlin geschieht oder der Geschädigte eine Person von besonderem öffentlichen Interesse wie z.B. ein Rabbiner ist. Solche Lappalien irgendwo in Bayern sind nicht weiter erwähnenswert. 

Würde der Angreifer aus einem rechten Milieu stammen, so hätten sich schon unzählige Politiker öffentlich geäußert, es gäbe eine „Nie wieder!“ Demonstration und unsere politische Creme de la Creme sowie alle Besucher wären mit Kippa zum Festakt zum Tag der deutschen Einheit in Kiel erschienen und hätten herzzerreißende Reden geschwungen, dass jüdisches Leben in Deutschland geschützt werden muss.

Haben sie aber nicht. Und es war kein rechter Täter. Und nein, es war auch kein Einzelfall. Es war ein arabischer Mann, wie es sehr oft vorkommt. Diese Realität müssen auch unsere Politiker akzeptieren, wenn sie ernsthaftes Interesse daran hegen, die Antisemitismusproblematik in Deutschland anzugehen. 

Wie fortgeschritten dieses Thema 2019 ist, sehen wir an der Gleichgültigkeit gegenüber solchen Vorfällen. Es ist normal, alltäglich und nicht berichtenswert, so dass es nur noch besondere und spektakuläre Straftaten in die Schlagzeilen schaffen, quasi „Antisemitismus Premium“. 

Liebe Politiker, liebe Redakteure, ich lehne euer Verständnis von Normalität ab. Jeder solche Vorfall, auch im allerkleinsten Dorf, auch gegenüber einer Frau und auch bei „falschem“ Täter, darf nicht normal sein, ist zu verurteilen und gehört in unser gesellschaftliches Bewusstsein.

 

Michal Kornblum, 22, ist aus Lübeck und Studentin. Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Jugend- und Schülerblog Apollo-News.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Dirk Ahlbrecht / 04.10.2019

Alles kein Problem. Denn der Steinewerfer sitzt natürlich schon längst im Flieger auf dem Weg in die Heimat bzw. in ein Land, das uns solche Leute abnimmt. Oder etwa nicht?

Peter Braun / 04.10.2019

Naja die Medien müssen halt priorisieren, so viel Sendezeit wie dieser Bürgermeister mit der rechten Messerattacke geht nicht immer

Karla Kuhn / 04.10.2019

“Grund für diesen Vorfall war, dass die junge Frau Jüdin ist. Wie kommt es, dass solch ein (jedenfalls in meinen Augen) gravierender Vorfall nicht bundesweit medial in aller Munde ist? Die erschreckende Antwort: Es ist inzwischen Normalität geworden.”  Und für dies “NORMALITÄT” bekommt die “EXZELLENZ” (sind wir im Mittelalter, vielleicht noch einen Diener oder Knicks machen ?) Merkel jetzt einen ORDEN ??  “Henry Liese / 04.10.2019 Vorschlag: „Kampf gegen islamischen Antisemitismus“ statt „Kampf gegen rechts“.”  Wahrscheinlich würden sich dann nicht so viele “Promis” zusammen trommeln lassen wie gegen “RÄÄCHZ” ?? Herr Jochen Brühl, ich sehe das genau so aber der “Kampf gegen RÄÄCHTZ” ist nun mal erfolgreicher,  da tuten viele doch gerne mit ins Horn. Frau Ilona. G. Grimm, das habe ich mich auch schon gefragt, obwohl es eigentlich abwegig sein sollte ” Aber nachdem im WESTEN eine ehem. Agit Prop, “Exzellenz” den Thron ersteigen durfte, ist für mich ALLES möglich geworden !! WIRKLICH ALLES und mittlerweile traue ich aus diesen “Kreisen” NIEMAND mehr und Politikern und Medien von Haus aus NICHT ! Wenn!!  ein AfD Politiker einen Flüchtling mit einem Stein beworfen hätte, oh je, dann wären wahrscheinlich im ganze Land Lichterketten, STEH AUF Aufrufe und “Stuhlkreise” (was issn das eigentlich?) sofort von den “Helldeutschen” ins leben gerufen wurden !

Gerd Körner / 04.10.2019

Es war vermutlich das falsche Täterprofil, weshalb dieser niederträchtige Vorfall weitestgehend beschwiegen wurde. Wäre der Täter ein “stolzer teutscher Nazi” gewesen, so hätten sich unsere Haltungsjournalisten dreimal überschlagen, wären alle nach Massing gepilgert, um nach der Tagesschau einen Brennpunkt zu senden. Es hätten sich spontane Menschen- und Lichterketten durch ganz Deutschland organisiert, Herbert Grölemeyer und Wolfgang Niedeggen hätten Gratiskonzerte gegeben, Frank Walter der Einseitige hätte zu Klängen von “Feine-Sahne-Fischfilet” Solidaritätsadressen ausgerufen, usw.usf… Da es aber ein “arabisches Goldstück” aus der muslimischen Kulturbereicherung war, findet all das nicht statt!

dieter schimanek / 04.10.2019

Wenn der Täter nicht ermittelt wurde, dann ist er in der Statistik zwangsläufig rechts. Muttis Gäste machen so etwas nicht.

A. Kaltenhauser / 04.10.2019

Wurde nicht in Chemnitz eine Fensterscheibe eines jüdischen Lokals eingeworfen, von Unbekannten (!) aus der rechten (?) Szene? Die Journo-Entrüstungsmaschine produzierte daraufhin eine Schwemme an Artikeln gegen Rechts; der jüdische Restaurantbetreiber wurde dabei praktisch nur als moralischer Brandbeschleuniger genutzt. Gleichzeitig ermittelte der Staatsschutz. Nun finde ich, dass wegen einer geringe Sachbeschädigung, aber auch wegen des hier erfolgten Steinwurfes, keine bundesweite Kampagne angeleiert werden sollte. Im Hinblick auf die unterschiedliche mediale Behandlung aber dann doch. Auf einer anderen Onlineseite wurde der Fall eines Afghanen geschildert, der ziemlich angeheitert den Hitlergruß zeigte. Auf Nachfrage bei der Polizei hinsichtlich der Einordnung dieser “Straftat” teilte diese über die sozialen Medien mit, dass es sich um eine Rechte Straftat handelt! Mit dem Steinwurf wird es nicht anders sein, obwohl der Täter arabisch sprach ....

Ulli Funk / 04.10.2019

Es wird nicht flächendeckend darüber berichtet, weil es den monströsen Fehler der bedingungslosen, durchgehenden Grenzöffnung seit September 2015 in ein angemessen düsteres Licht setzen würde.

Alexander Mazurek / 04.10.2019

Der Zentralrat der Juden ist traditionell obrigkeitshörig, dabei warnt der Talmud, Sprüche der Väter: “Seid vorsichtig im Umgang mit den Großen, denn nur aus Eigennutz sind sie herablassend gegen die Menschen. Sie stellen sich freundlich, doch nur wenn sich daraus ein Vorteil für sie ergibt. In der Notzeit aber stehen sie dem Menschen nicht bei.”

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