Sehr geehrter Herr Professor, aus Ihrer Feder habe ich schon sehr Gehaltvolles gelesen, vor allem zur Korrelation aus Überschuss an jungen Männern in einer Gesellschaft und deren kriegerischer Rauflust. Gestatten Sie mir, dass ich Ihre Schilderung zur Neigung, sich zehnfach zu kasteien, kommentiere. 1) Das ist das Wesen eines gesellschaftlichen Ideals: Es wird formuliert und hochgehalten ohne Rücksicht auf eigene Nachteile. Es beweist sich erst darin. Ob es die zehnfache Strafe sein muss, bleibt fraglich. Was Sie schildern, untermauert einfach die starke humanistische Komponente und Tradition in der jüdischen Kultur. 2) Bitte korrigieren Sie mich, wenn folgendes fktives Interview mit Ihnen anders verlaufen würde: F: Herr Professor, wir bitten Sie, sich für eine Viertelstunde Ihres Lebens auf den Gedanken einzulassen, dass Leute wie Dov Zakheim, Benjamin Netanjahu usw. an den Anschlägen vom 11. September 2001 wesentlich mitgeplant und mitgewirkt haben. A: Das ist doch alles lächerlich und eindeutig antiamerikanisch, bzw. antisemisch motiviert; warum sollte ich? Aber gut, wenn’s nichts als ein Gedankenexperiment ist. F: Hätten die Mittäter dann für ihre Mitschuld auch eine Strafe verdient? Würden Sie sich für ihre zehnfache oder wenigstens einfache Strafe starkmachen? A: Einfache Strafe würde reichen, wird aber in der Realität null sein, weil es ja keine Schuld gibt. Wenn es sie dennoch geben sollte, klar: Strafe muss sein für Beteiligung an Hochverrat und dreitausendfachem Mord (der ja eigentlich ein etwa zwanzigtausendfacher Mord war). F: Schliessen Sie sich der Ansicht an, dass eine Aufklärung dieser Anschläge nach forensischen Massstäben hochgradig angezeigt und längst überfällig ist? A: Ja und nein; ohne Untersuchungsergebnisse kann man nicht gezielt handeln. Aber a) hat es diese Untersuchung bereits gegeben, gipfelnd in einem knapp 600 seitigen Bericht (der allerdigs kommentiert ist mit der Verwahrung der Autoren dagegen, Schuldige zu benennen), an ihr und ihm gibt’s nichts zu mäkeln, weil b) für einen Akt des Terrorismus oder noch mehr für einen kriegerischen Überfall die Massstäbe des Strafgesetzbuches und der Kriminalistik ausser Kraft gesetzt sind. Die wahren Täter sind doch längst bestraft - wenn auch noch nicht zu völkischer Gänze. F: Wir danken Ihnen für das Gespräch. Wir bleiben anderer Auffassung. Insbesondere erkennen wir hier in der Wortklauberei mit den künstlichen und ex ante zugewiesenen Kategorien von Gewaltverbrechen ein breitangelegtes Muster, eine unangenehme Wahrheit von allem Anfang an zu verdecken - um sich ihr eben auch selber nicht stellen zu müssen. Wahrscheinlich würde auch jener Ägypterin angesichts der Wahrheit der Mund offen stehen bleiben. Als Mann der Wissenschaft weichen Sie gezielt aus. Das verheisst nichts Gutes.
Bitte schaffen Sie doch endlich eine Möglichkeit, die Artikel weiterzuleiten, zu versenden etc. (Oder bin ich zu blöd?) Dr Karl Landscheidt
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