Die Auseinandersetzung mit allen politisch aktiven Kräften ist eine Aufgabe des Journalismus. Der Kampf gegen rechts führt dazu, auch Personen verteidigen zu müssen, mit deren Denken und Handeln man sich ebenfalls kritisch befassen sollte.
Es dürfte Jahre her sein, seit sich der letzte Journalist einmal so kritisch und sachbezogen mit einer Position der AfD oder eines konkreten Politikers dieser Partei auseinandersetzen konnte. Tut man dies kann man nur Beifall von der falschen Seite bekommen. Entweder man ist in der Fraktion „Kampf gegen Rechts“, dann ist schon schuldig und politisch exkommuniziert, wer Alice Weidel nur anlächelt.
Gehört man zur anderen Fraktion und hält „Unsere Demokratie“ für eine totalitäre Ideologie, dann ist man permanent damit befasst, irgendeinen AfD-Verband oder Politiker gegen irgendeine mutmaßlich verfassungsfeindliche Aktion einer jeweils regierenden Parteien zu verteidigen. Was man eigentlich gar nicht möchte, denn der Journalist macht sich mit keiner Sache gemein, auch nicht mit einer guten. Dies Diktum von Hanns Joachim Friedrichs ist nicht nur längst in Vergessenheit geraten, es dürfte inzwischen „rechts“ sein, nicht mit der angemessenen Haltung Journalismus zu betreiben.
Journalismus, hier politischer Journalismus, bedeutet, sich kritisch mit allen Parteien und mit allen Politikern auseinander zu setzen. Man hat – beruflich – keine Präferenzen zu haben. Vielleicht möchte man als Journalist persönlich gar nicht, dass Joachim Paul Bürgermeister von Ludwigshafen wird. Vielleicht ist es dem Westfalen auch völlig gleichgültig, wer in der Pfalz ein Bürgermeisteramt bekommt. Man muss da ja nicht leben. Das jedoch spielt für den Beruf keine konkrete Rolle.
Kommt man mit einem Sachverhalt in Berührung, der für die eigene Arbeit, das ist bei einem Journalisten die Berichterstattung, relevant wird, dann hat man sich damit sachgerecht zu befassen. Wiederum bezogen auf den Journalisten bedeutet dies, Stimmen zu sammeln, Unterlagen zu besorgen und zu sichten, für die Sache relevante Positionen zu identifizieren und diese zu verifizieren. Am Ende kommt man zu einer persönlichen Einschätzung, die in der Frage gipfelt: Ist das eine Story?
Die Prioritäten im Journalismus
Beantwortet man die Frage mit „ja“, schreibt man einen Bericht, dreht einen Film, führt ein Interview oder fasst die Sache in einen umfassenden Essay zusammen. Möglicherweise findet man es sogar wichtig, den Fall kommentierend einzuordnen. Die härteste Waffen des Journalisten sind die Glosse und die Satire. Im Alltagsgeschäft bleiben diese bis zuletzt im Waffenschrank. Das Stilmittel der Polemik hüte man wie seinen Augapfel, denn nur wohlgepflegt und fein ziseliert ist es geeignet, einen Beitrag zur Debatte zu leisten. Im allerbesten Fall findet sich ein qualifizierter Kollege, der eine exakt gegenteilige Position vertritt und man geht in eine gepflegte Debatte. Das ist nahe am journalistischen Idealfall.
Solcherlei gute journalistische Arbeit führt dazu, dass die Menschen nicht nur gut informiert sind, sondern sich auch gut informiert fühlen. Das ist ein Aspekt, den man nicht vernachlässigen sollte, das Misstrauen, das zum Beispiel dem öffentlich-rechtlichen Medienkomplex entgegen gebracht wird, ist eine Schande für die Innung. Der Journalist hat mit seiner Arbeit dem Volk als Souverän des Staates zu dienen. Das ist jetzt ein ganz dickes Brett. Im wirklichen Leben ist – normalerweise – die Oberbürgermeisterwahl in einer Großstadt ein Randspaltenthema, wenn man nicht gerade in der betroffenen Region in der Lokal- oder Regionalpresse tätig ist. Im letzteren Fall ist ein Titelthema. So unterschiedlich sind – und müssen es sein – die Prioritäten im Journalismus.
Damit sind wir beim Kern des Problems. In einer Demokratie ist – jedenfalls in der Regel – das Volk der Souverän. Der Souverän selbst bestimmt, wer die Stadt oder das Land regieren soll. Das Mittel dazu sind freie, gleiche und geheime Wahlen. Die Voraussetzung für das Funktionieren einer solchen ist ein wohlinformierter Souverän. Wohlinformiert bedeutet auch an Relevanz gemessen wohl informiert. In Süderlügum, das liegt im Norden, kurz vor der dänischen Grenze, wird man sich nur sehr selten für die Kommunalpolitik von Wallgau, das liegt im Süden, kurz vor der österreichischen Grenze interessieren. Und umgekehrt! Dabei gibt es ganz sicher in beiden Kommunen weltbewegende Themen, die Gemüter vor Ort maximal in Wallung bringen, aber in 1000 Kilometer Entfernung nicht einmal ein müdes Gähnen hervorrufen. Wohlinformiert, das bedeutet, Relevanz vorausgesetzt, eine möglichst umfassende und der Sache gerechte Information.
Einordnung in erlaubte und unerlaubte Medien
Neben den Trägern der Bildung und Ausbildung, das sind zumeist Schulen und Hochschulen, die das Fundament legen, sind es vor allem die Medien, die die Pflicht haben, den Souverän mit relevanten und sachgerechten Ereignissen, Fakten und Hintergründen umfassend zu informieren. Dazu bedarf es, neben Seriosität der konkreten Personen, vor allem eines: Eine möglichst große Bandbreite an Medien in Fragen der politischen Präferenz, des journalistischen Stils, der Auswahl der Technik von bedrucktem Papier über digitale Formate bis hin zu Audio- und Videoformen.
Wer an dieser Stelle einen Moment innehält, erkennt die wesentlichen Felder, in denen autoritäre Ideologien wie „Kampf gegen Rechts“ oder „Unsere Demokratie“ den Journalismus radikal, das heißt an der Wurzel, behindern. Da ist die Einordnung in erlaubte und unerlaubte Medien. Ein Blick in den konkreten Fall des Kandidaten Joachim Paul. Dieser publizierte in einem österreichischen Organ, das in Deutschland kaum jemand kennt, zu Themen, die man gerne als Orchideenthemen bezeichnen darf. Es ist vollkommen nachvollziehbar, wenn jemand dieses konkrete Medium nicht mag. Und es noch weitaus mehr nachvollziehbar, dass die amtierende Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen Herrn Paul nicht als ihren Nachfolger wünscht.
Wenn nun die Tatsache, dass jemand in einem unerwünschten Medium publiziert hat, von einer staatliche Behörde als ein Merkmal möglicher Verfassungsfeindlichkeit gebrandmarkt wird, um damit zu bewirken, dass der Wahlausschuss, dessen Vorsitzende die amtierende Oberbürgermeisterin ist, den potenziellen Nachfolger von der Liste der zugelassenen Kandidaten für kommende Oberbürgermeisterwahl streicht, dann ist das eine Nachricht. Warum? Weil es so etwas bis dato nicht gegeben hat. Dann wird eine Provinzposse – Oberbürgermeisterin will keinen AfD-Nachfolger – plötzlich landesweit relevant.
Der Souverän ist über Joachim Paul maximal uninformiert
Der Sprung der Provinzposse in die überregionalen Medien macht eine weitere Behinderung des Journalismus deutlich. Kein einziger Journalist hat sich in der jüngsten Zeit mit den Positionen des Kandidaten Joachim Paul auseinander gesetzt. Das heißt in Konsequenz: In der wichtigsten aller Fragen – ist Joachim Paul für das Amt des Oberbürgermeisters in Ludwigshafen geeignet oder nicht – ist der Souverän maximal uninformiert.
Die Frage der Eignung für ein Amt sollte sich nicht daran festmachen, welcher Partei ein Kandidat angehört. Im Falle des Oberbürgermeisters sollte die Frage lauten, kann man dem Kandidaten zutrauen, zum Wohle der Stadt zu wirken oder würde er der Stadt schaden. Erst dann, das darf nicht bestritten werden, gehört in die kritische Befassung mit dem Kandidaten auch seine politische Heimat (die Partei, der er angehört), seine vergangenen Äußerungen und so er eine politische Vergangenheit hat, seine politischen Handlungen, wie beispielsweise sein Abstimmungsverhalten im Rat der Stadt, im Ausschuss, in der Partei. Das allermeiste dürfte nachvollziehbar und im Bericht darstellbar sein. Erst in der Zusammenschau aller dieser Aspekte kann der Souverän sachgerecht entscheiden, sprich: Wählen.
Um es an dieser Stelle sehr deutlich zu sagen: Ein uninformierter Souverän gibt möglicherweise aus Trotz einem Kandidaten seine Stimme, weil er den Eindruck hat, dieser werde ungerecht behandelt. Die Trotzwähler, die Wutwähler, die Enttäuschungswähler und die Protestwähler muss eine Demokratie aushalten und sie kann das auch. Wird allerdings diese Gruppe sozusagen die stärkste Partei dann werden tatsächlich die konstruktiven politischen Kräfte irgendwann zwischen radikalen Kräften zerrieben. Und das ist eine direkte Folge eines schlecht informierten Souveräns.
Wir sind inmitten einer solchen Misere und es kann nur einen Ausweg geben: sich mit aller Kraft für eine sachliche Berichterstattung über alle politischen Kräfte im Land einzusetzen. Und das bedeutet nicht zuletzt, dass in der Politik und in den Medien endlich wieder jeder mit jedem reden muss und wir die Debatte mit aller Macht einfordern. Wer Alice Weidel oder Heidi Reichinnek nicht höflich grüßt, ist – egal ob Journalist oder Politiker – kein Held, sondern ein ungehobelter Klotz.
Korrektur-Hinweis: In der ersten Fassung dieses Textes wurde die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin der SPD zugeordnet. Sie verließ diese aber im Jahr 2023.
Peter Winnemöller, studierte Elektrotechnik und Theologie, seit 2005 Autor, Blogger und Journalist, 2019 bis 2024 Onlineredakteur bei der Wochenzeitung „Die Tagespost“.
Es gibt kein zu bekämpfendes Rechts! und es gibt dazu auch nichts idealjournalistisch zu debattieren.
„Haltung“ ist immer das Ergebnis von Bildung, Erziehung, Charakter und Erfahrung. Was erwartet man also, wenn unbegabte, bildungsferne, charakterlose, faule und feige Menschen als Journalisten arbeiten, die noch unbegabtere, bildungsfernere, charakterlosere, faulere und feigere Vorgesetzte und Auftraggeber haben?
Wenn man sich vergleichend anschaut, wie (politisch-gesellschaftlich-kulturell) vielfältig die Presselandschaft in Frankreich zur Zeit der doch als ziemlich autoritär und diktatorisch geltenden Herrschaft Napoléons III. gewesen ist, welche großen Köpfe da journalistisch tätig waren, wie kritisch, bösartig, demaskierend und sogar regimefeindlich man sich damals äußern durfte und wie mäßig die Reaktion des Regimes auf sowas ausfiel – dann kommt einem Unseredemokratie samt ihren AgitProp-Armeen noch totalitärer, geistloser, öder und erbärmlicher vor…
Der Fall Brosius-Gersdorf (um von der verachtenswerten Rolle der Schmieren-, Lügen- und Hassproduzenten während der Corona-Zeit zu schweigen) zeigt exemplarisch, wie dieser „Journalismus“ heute seiner Funktion als „Vierte Gewalt“ nachkommt. „Vierte Gewalt“ schon – aber nicht zugunsten der Bürger und der Demokratie, sondern als korrupter und kadavergehorsamer AgitProp-Dienstleister des politisch-gesellschaftlichen Establishments. Die Beschäftigung mit möglichen Unregelmäßigkeiten und Betrügereien um ihre Doktorarbeit und die Auflistung ihrer Positionen und Aussagen – vorgenommen eben NICHT von den „normalen“ Medien oder gar den ÖR-Medien, was ihre verdammte Pflicht gewesen wäre – wurde noch als „rechte Hetze“ und faschistische Kampagne verunglimpft.
Nachtrag: Ich muss mich berichtigen, Herr Paul ist kein AfD-“Abgeordneter”, ich habe mich vertippt. Im übrigen muss ich @Ilona Grimm recht geben, Herrn Winnemöllers “gemäßigte” Antipathie gegen die AfD ist auch für mich deutlich wahrnehmbar. Irgendwie ist sie für ihn auch die “Schmuddelpartei”, auch wenn er natürlich diesen Begriff nicht gebraucht. Belege für seine Abneigung nennt er nicht. Konservative Autoren, die sich gegen undemokratisches Verhalten gegen die AfD wehren, scheinen nicht darauf verzichten zu können, ihre grundsätzliche Abneigung gegen diese Partei zu formulieren, mal mehr, mal weniger deutlich, auch dann, wenn es thematisch nicht geboten ist. Herr Winnemöller widerspricht sich deshalb selbst, den neutralen, objektiven Journalisten, dessen Bild er zeichnet, gibt es in dieser idealen Form nicht. Damit sind nicht alle Medienschaffenden in einen Topf geworfen, das Bemühen um Objektivität gibt es schon. Interessierte, informierte Leser merken das. Auch Herr Winnemöller bemüht sich um Neutralität. (Bemühen ist gut, Gelingen ist besser).
Journalisten erblinden nicht nur im Kampf gegen rechts, sie sind bis auf ein paar alles Opportunisten. Die Situation der deutschen Wirtschaft erinnert an die Titanic: Die Stimmung ist gut, das Orchester spielt weiter, aber das Schiff geht unter Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium, ein 25-köpfiges Gremium unter Leitung von Prof. Jörg Rocholl, im Hauptberuf Präsident der European School of Management and Technology Berlin (ESMT), will zu dieser Koordinatenverschiebung in der Finanzpolitik der Bundesrepublik nicht länger schweigen. Unter Mitwirkung von Prof. Clemens Fuest, Prof. Lars Feld, Prof. Volker Wieland, Prof. Nadine Riedel und Prof. Johanna Hey ist ein Gutachten entstanden, das auf Geheiß des Finanzministeriums am Freitagnachmittag den 08.08.25 (und damit bewusst im toten Winkel der Medien) publiziert werden soll. Das Team um Lars Klingbeil hat verstanden: In Wahrheit ist das 44-seitige Werk kein normales Gutachten, sondern ein Manifest: Bis hierher und nicht weiter. Von den „Journalisten“ wird das Manifest weitgehend Totgeschwiegen, zu 100% . M.G.
Ich schreibe seit Jahren gegen die Verwendung der Begriffe “links oder rechts” sowohl im politischen Bereich, als auch bei Straftaten an, weil sie oft nicht zutreffend sind, missverständlich angewendet werden oder “sogenannte Linke rechte Taten verüben und umgekehrt”. Die Stasi war übrigens jahrzehntelang eine Meisterin darin, rechte Verbrechen zu verüben, um danach sofort die Empörungen und Demonstrationen zu organisieren. Die Stasi gibt es zwar nicht mehr, ihre Aufgaben wurden “im Moment noch teilweise” den NGO übertragen , aber der Ungeist wabert deshalb durch die gesamte Bundesrepublik, weil insbesondere Parteien, Justiz, Medien und Interessenvertretungen davon erfüllt sind. Aktuell hat die negative Zuordnung “rechts” einfach den Begriff “Jude” abgelöst, was den großen Vorteil hat, dass man ganz einfach sehr viel mehr Menschen und Organisationen beschuldigen kann, ohne dass ein falscher oder richtiger Verdacht aufkommt…............ . Unser einst ganz gut funktionierender Staat wird teilweise aus bodenloser Dummheit, teilweise ganz bewusst an die “Wand gefahren” und Verursacher sind bekannt und meine einfache, naive Frage lautet: Warum müssen wir uns das “erneut” gefallen lassen?