Peter Grimm / 13.12.2019 / 08:11 / Foto: DonkeyHotey / 155 / Seite ausdrucken

Johnson-Triumph: Dank an die deutschen Wahlhelferinnen!

Angela Merkel und Ursula von der Leyen haben es geschafft. Zwar nicht allein, aber sie haben entscheidend zu einem fulminanten Wahlsieg beigetragen. Zwar keinem eigenen, aber dem von Boris Johnson. Denn bei allem, was er selbst und seine schwachen innenpolitischen Gegner für den Sieg bei dieser Unterhauswahl getan haben – einen so durchschlagenden Erfolg hätte er ohne die beiden Wahlhelferinnen und ohne die vielen anderen Funktionsträger in der EU, die ihrer Linie folgen, kaum erringen können.

Einige Kollegen von ARD und ZDF hatten sich in ihren Nachrichtenbeiträgen der letzten Tage noch daran gewärmt, dass Labour in Umfragen noch etwas aufholen konnte. Doch vom Geist des deutschen Fernsehens bleiben britische Wähler vollkommen unbeeindruckt. Sie zeigten den Berichterstattern und Meinungsbildnern gestern mehr als deutlich, wie falsch sie lagen. Das sollte jetzt niemand zum Anlass für Häme nehmen, denn mit Prognosen kann man in einer unübersichtlichen Gemengelage naturgemäß immer leicht danebenliegen. Viel hilfreicher wäre es, nachdem der erste Schreck verdaut ist, noch einmal hinzuschauen, was man denn in den bisherigen Stimmungsberichten vielleicht übersehen hat.

Wie konnte es denn Boris Johnson gelingen, traditionelle Labour-Wahlkreise in einem solchen Umfang zu gewinnen? Natürlich ist die Erklärung nicht falsch, dass es sich zumeist um Wahlkreise handelte, die 2016 für den Brexit votierten und nun diese Entscheidung auch umgesetzt wissen wollten. Doch hatten wir nicht in den Jahren seit dem Brexit-Votum immer wieder in den deutschen Medien lesen und hören können, wie viele stimmberechtigte Briten sich inzwischen anders entscheiden würden?

In dreieinhalb Jahren hätte es ja durchaus einen Stimmungswechsel geben können. Der wäre sogar wahrscheinlich gewesen, wenn man in Brüssel die Signale aus Britannien hätte verstehen und in der eigenen Politik berücksichtigen wollen. Weniger Bevormundung durch nicht hinreichend demokratisch legitimierte EU-Gremien, keine weitere ungeregelte Zuwanderung, keine größeren Geldflüsse der vom Steuerzahler aufgebrachten Mittel in irrationale und rein weltanschaulich begründete Projekte – das waren, kurz gefasst, seinerzeit die Botschaften vor allem jener Briten, die dem Brexit zustimmten, obwohl sie gern in einer reformierten Europäischen Union geblieben wären. Das versuchen auch viele Bürger der verbleibenden EU-Staaten mit ihren Wählerstimmen mitzuteilen, werden damit allerdings auch selten richtig verstanden.

Der bedrohliche Klang von Verzichts-Appellen

Die Briten hatten nun die Wahl. Und welche Signale bekamen sie vor dem Wahltag von den EU-Eliten? Auch Jahre nach der „Flüchtlingskrise“ gibt es immer noch keine klaren Zuwanderungsregeln in der EU und auch die oft versprochene wirksame Kontrolle der Außengrenzen existiert vor allem als oft und konsequenzlos in Verlautbarungen gebrauchter Textbaustein. Stattdessen will der EU-Apparat die Gemeinschaft verpflichten, dem deutschen Weg in Sachen „Klimarettung“ zu folgen. Ohne klare Konzepte, ja sogar ohne jede Vorstellung von der praktischen Umsetzbarkeit will die EU „klimaneutral“ werden. Die Frage, wie das in entwickelten Industrieländern ohne eine De-Industrialisierung funktionieren kann, wird zumeist nur mit Floskeln à la „Wir schaffen das“ oder „Wer, wenn nicht wir“ beantwortet.

Welche Art der Wertschöpfung künftig weite Teile der Bevölkerung vor Verarmung bewahren und ihnen weiterhin auskömmliche Lebensverhältnisse sichern könnte, ist bislang eine offene Frage, während die administrative Axt an alte Schlüsselindustrien gelegt wird. Die vielen wohlklingenden Appelle zum Verzicht im Interesse der Erdenrettung haben – für die finanziell besser gestellten Kreise vielleicht schwer zu verstehen – für den eher schlecht bezahlten Teil der arbeitenden Bevölkerung einen bedrohlichen Klang.

Wenn Angela Merkels Deutschland Klimapakete schnürt, deren Kernpunkt eine CO2-Abgabe ist, die vor allem zu einer Verteuerung nicht nur der Energiepreise sorgt und Merkels langjährige Gefolgsfrau Ursula von der Leyen als neue EU-Kommissionspräsidentin anschließend einen „Green Deal“ ausruft, dann klingt das für Menschen, die ihren Lebensunterhalt in produzierenden Industriebetrieben verdienen – zurückhaltend gesagt – wenig attraktiv.

Wähler verstehen lernen?

Den französischen Gelbwesten-Spruch „Ihr redet vom Ende der Welt, wir reden vom Ende des Monats“ können sich hingegen wahrscheinlich viele arbeitende Menschen in Europa zu eigen machen, deren Einkommen kaum Reserven für Mehrbelastungen bietet. Diese Menschen erreicht man nicht mit wohlklingenden Mondlandungs-Metaphern zur Untermalung der „Green Deal“-Pläne. Außer, wenn damit treffend karikiert wurde, wie abgehoben viele der Klimarettungsparolen von der Lebenswirklichkeit derer sind, die mit ihrer Hände Arbeit an der Wertschöpfung teilhaben.

Etliche der Wähler, die Boris Johnson jetzt zu seinem Sieg verhalfen, obwohl sie eigentlich keine Konservativen-Wähler sind, haben vor allem gegen die EU in ihrer jetzigen Verfasstheit gestimmt. Die wollten sie nicht mehr haben und nur Boris schien die Gewähr dafür zu bieten, dass man sie hinter sich lassen kann. In diesem Sinne haben Angela Merkel und Ursula von der Leyen mitsamt ihren Getreuen wirklich ganze Arbeit als Wahlhelferinnen für den Premierminister geleistet.

Und jetzt? Alle, die auch noch nach dem Brexit-Votum gehofft hatten, es würde am Ende doch nicht zum Äußersten kommen, sind nun enttäuscht. Diese Enttäuschung hätte nicht sein müssen, wenn man die Botschaft der britischen Wähler hätte früher verstehen wollen. Dazu ist es nun zu spät. Aber was andere europäische Wähler mit ihren Stimmenabgaben mitteilen wollen, könnte man noch rechtzeitig zur Kenntnis nehmen.

Dieser Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

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Leserpost

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Stefan Löbel / 13.12.2019

Es ist schon beeindruckend, wie ein großer Teil der globalisierungsdurstigen deutschen Medien von der Realität die Narrenkappe aufgesetzt bekommt. Das schon seit Jahren und immer wieder. Köln an Silvester war der Anfang dieser bemerkenswerten Serie. Man kann also schlussfolgern, dass sie sich in der Welt nicht ganz so gut auskennen, wie sie tun. Weltfremdheit und Weltoffenheit schließen sich nicht aus, sondern das eine scheint das andere zu bedingen.

E. Grüning / 13.12.2019

In den sogenannten Qualitätsmedien hatte man in den letzten Wochen den Eindruck, dass der deutsche Wähler einen entscheidenden Einfluss auf das Wahlergebnis in GB habe. Das Pippi-Langstrumpf-Denken führte die Schreibfeder, wirklich objektive Einschätzungen und Berichte waren Fehlanzeige. Wie auch, wenn man gegenseitig abschreibt, sich aufeinander bezieht und die Recherche vor Ort durch politische Voreingenommenheit ersetzt. Wie es schon bei der Stimmenauszählung nach der letzten USA-Präsidentschaftswahl peinlich ersichtlich wurde, die wirklich Letzten, die das Wahlergebnis auch geistig erfassten, waren die deutschen Medien! Für so viel Unprofessionalität wird der nicht mehr geneigte Zwangsgebührenzahler weiter zur Kasse gebeten, und obendrein auch noch zur Unterstützung von Mainstream-Printmedien in zig Millionenhöhe gezwungen, die er in bewusster Entscheidung nicht mehr kauft! Im Gegensatz dazu waren die Berichte über die Massenproteste in unserem Nachbarland Frankreich, wie schon über die Bauernproteste in den Niederlanden dem deutschen Bürger nicht zuzumuten! Wer wundert sich dann noch über Wahlergebnisse in Deutschland? Natürlich waren die Wahlerfolge der AfD (und Freien Wähler!) in den ostdeutschen BL mehr als ärgerlich, führten aber zur erwünschten Entscheidung über die Aufpäppelung der systemrelevanten Medien und einer anständigen Hetze gegen den östlichen Souverän bis hin zu oskarreifen Gewaltfantasien mancher bis ins Innere verängstigter Medienfrauen. Damit zurück zur Gretchenfrage: Wie umgehen mit den Brexi-Briten? Man kann ja schlecht hergehen und jedem vierten eine Backpfeife geben oder sich eine “Volksfront” im good old Britain herwünschen! Da ist es doch billiger und wärmer, die deutschen Bürger zu agitieren! Na dann mal: Frohes Fest!

Lisa-Karin Leigenbruch / 13.12.2019

Leider glaube ich nicht daran, dass Johnson wirklich konservative Poliitk umsetzen wird. Ja, es wird den Brexit geben. Das ist schon einiges. Danach wird Johnson in die Mitte rücken und die vielen anderen Probleme des Landes laufen lassen. Bei Meinungsfreiheit, Gender, Einwanderung ... sieht es im UK genauso schlimm aus wie bei uns oder sogar schlimmer. Da wird Johnson sicher nicht liefern wollen.

Sepp Kneip / 13.12.2019

Wie es scheint, ist der englische Wähler doch etwas klüger und freiheitlicher als der deutsche. Während sich die deutschen Kälber seit Jahren immer wieder ihre Metzger, sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene, selber wählen, ist es den Engländern gelungen, diesen Schlächtern zu entkommen. Die Engländer haben sich von dem Joch dieser monströsen und undemokratischen EU befreit. Ein Sieg der Vernunft. Die Schotten und Nordiren werden es sich sicher noch wohl überlegen, ob sie sich in das diktatorische Nest EU legen wollen. Eine EU, die in ihrer links-ideologischen Verblendung nicht die Kraft aufbrachte, sich in einer Weise zu reformieren, die es den Mitgliedstaaten leichter gemacht hätte, in diesem Verein zu bleiben. Ein Sieg der “Populisten”? Ja, wobei der negtive Unterton, der dieses Wort begleitet, fehl am Platz ist. Er ist einer der vielen von den Linken negativ besetzten Begriffe, um damit Andersdenkende zu diffamieren. Man kann tatsächlich nur hoffen, dass das britische Parlament den Brexit mit Johnson durchzieht. Nun hat der Mainstream nach den USA mit der Wahl von Trump, auch in Europa mit der Wahl von Johnson, einen Dämpfer bekommen. Das dürfte den transatlantischen Strippenziehern um Soros und Genossen nicht schmecken. Wieder ist gegen ihre Machenschaften und Einflüsse eine Wahl anders gelaufen, als sie es mit viel Geld, Repressionen und dem Polit/Medien-Kartell erzwingen wollten. Entweder besinnt man sich in Brüssel jetzt, was man angesichts des dort implantierten Personals kaum für möglich hält, oder die Briten finden Nachahmer. Der Freiheit und Demokratie in Europa würde das sicher guttun.

S. Marek / 13.12.2019

Zuerst mal einen Schottischen Whisky auf BoJ und die Briten die Ihn gewählt haben. :-) !!!                                . @Susanne antalic, “... Die Interviews der Briten in deutschen Medien haben doch ein klares Bild gezeigt, ...” da sehen Sie die ganze Misere des deutschen Bildungssystems das auch die heutigen “Journalisten” betrifft . Fremdsprachen “eine 5 plus” (plus w.g.Türkisch und Arabisch ist stark im kommen, leider aber ohne Deutschkenntnisse) und die Zukunft wird aktuell “verhüpft”. Dazu kommt, daß die links versiften Jouros w.g. Sprachunkenntnis Ihre Gefühlswerte ausdrücken anstatt Fakten zu präsentieren. Hoffentlich wird es jetzt dem US Donald Trump als Entlastung dienen, sonnst werden unsere post-faktischen “Medien” nicht mal mehr platz für täglichen Stau- und Wetternachrichten haben.

Susanne Finke-Röpke / 13.12.2019

Gratulation und an die Torys und der Hinweis, dass Roland Tichy heute auf Tichys Einblick eine schöne Zusammenfassung von Johnssons Wirtschafts- und Migrationspolitik enthält, die in deutschen Medien leider absolute Mangelware ist.

Ilona Grimm / 13.12.2019

Unmittelbar nach dem Aufwachen habe ich im Internet nach dem Wahlergebnis geschaut. Und HURRA gerufen. Dank des rechtzeitig von Brüssel verkündeten NEW GREEN DEAL sind in GB genügend viele Wähler aufgewacht, damit der Brexit nun (mehr oder weniger) geordnet über die Bühne gegen kann. Britannien ist vor dem Grünen Khmer geflohen; hoffentlich beispielgebend. Wer macht bei uns den Boris Johnson? Ich sehne mich nach einem solchen Urgestein der Demokratie und Gegner alles Totalitären (egal, welcher Färbung).

Jörg Themlitz / 13.12.2019

“...denn mit Prognosen kann man in einer unübersichtlichen Gemengelage naturgemäß immer leicht danebenliegen.” Sie meinen das “immer” als slang, ich sehe das “immer” anders, nämlich so. AfD Wahlergebnisse, Trump Wahlsieg, Johnson Wahlsieg, Weltuntergang in 10 Jahren Ein wichtiger Sachverhalt wäre noch zu ergänzen, der allen Briten mit Sicherheit böse aufgestoßen ist. Die Ernennung von Frau von der Leyen zur EU-Kommissionspräsidentin durch die Bundeskanzlerin und durch deutsches Geld.  

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