Bernhard Lassahn / 06.06.2022 / 06:00 / Foto: Harald Krichel / 70 / Seite ausdrucken

Johnny Depp hat sein Leben wieder. Andere nicht.

Johnny Depp hat sein Leben wieder. Millionen Männer sind nach wie vor die Deppen. Das wahre Problem liegt im Schatten des Scheinwerferlichtes.

„Die Vorwürfe haben wie ein Erdbeben auf mein Leben und meine Karriere gewirkt“, erklärte Johnny Depp, nach seinem grandiosen Sieg. „Sechs Jahre später hat mir die Jury mein Leben zurückgegeben.“

Aber: „ … zigtausenden Männern in Österreich“, so heißt es in einem Mitteilungsblatt der „Männerpartei“ (die gibt es tatsächlich), können zwar vom ersten Satz sagen, dass er auch ihr Schicksal beschreibt, das träfe jedoch nicht auf den zweiten Satz zu. Ihnen wurde das Leben nicht wieder zurückgegeben. Das gilt auch für Millionen von Männern in anderen Ländern, denen ebenfalls das Leben genommen und nicht wieder zurückgegeben wurde. 

Jeder Dollar aus der Millionensumme des Streitwertes dieses schamlosen Prozesses könnte für einen der namenlosen Männer stehen, der zum Deppen gemacht wurde, jedoch nicht Johnny Depp ist, keinen grandiosen Sieg errungen hat, nicht im Scheinwerferlicht steht, sondern unbemerkt im Schatten der Aufmerksamkeit verbleiben muss, damit das Ausmaß dieser menschlichen Katastrophe nicht ans Tageslicht kommt. Kein noch so kleines Mitteilungsblatt berichtet von seinem Schicksal. 

Es ist ein riesiges Unglück. Und das nächste folgt sogleich.

Es ist eine menschliche Katastrophe von enormem Ausmaß. Ein Massenphänomen. In Amerika begehen jeden Tag zehn Männer Selbstmord nach einer Scheidung, denen weniger spektakuläre, aber sicherlich ebenso quälende Prozesse vorangegangen sind. Die Selbstmordzahlen sind „skyrocking“, wie es heißt – sie steigen steil an und sie schreien zum Himmel. In der Folge wirkt sich dieser brutale Geschlechter-, Kultur- und Familienzerstörungskrieg auf die Kinder aus: 4.000 Kinder verlieren ein Elternteil pro Tag. Eins von drei Kindern in Amerika lebt inzwischen ohne leiblichen Vater.

Hier wird bereits das nächste Unheil vorbereitet. Denn es sind gerade Kinder, die ohne Vater aufwachsen, die auffällig oft zu Gewalt und Drogenmissbrauch neigen und die unter Bindungsunfähigkeit leiden. Sie sind die Versager von morgen. Das ist längst bekannt. Jedenfalls bei denen, die es zur Kenntnis nehmen wollten.

Verantwortlich reagieren

Wie soll man darauf reagieren? Greg Ellis versucht es. Er versucht es mit seinem Projekt CPU (Children Parents United) und seinem Buch „The Respondent“, bei dem er das Wort „responsability“ zugrunde legt: „responsability“ (Verantwortung) wird bei ihm zur „abilty to respond“ (zur Fähigkeit zu reagieren). Dazu sind wir alle fähig.

Es ist als Aufforderung gemeint. Wir alle sollten auf die Zumutungen dieses „culture wars“ reagieren und uns nicht resigniert mit der gefühlten Machtlosigkeit anfreunden. Es betrifft schließlich nicht nur Amerika und die Glitzerwelt in Hollywood. Wir werden später sagen können, dass wir live dabei gewesen sind und das klägliche Versagen der Politik, das Versagen der ehemals ehrwürdigen Gerichtsbarkeit und das der geifernden Medien selbst erlebt haben.

Eine neue Barbarei ist entstanden

Da, wo Verantwortungs-Lücken entstehen, lauert die Gelegenheit für unbestrafte Menschenfeindlichkeit. Auf solche Lücken müssen wir unser Augenmerk richten, um Fehlanreize zu erkennen, und um rechtzeitig zu verhindern, dass Menschen in ihrer Schwäche denen erliegen.

Wir erleben gerade eine neue Barbarei. Als Opfer. Als Zuschauer. Wir erleben den Verlust zivilisatorischer Errungenschaften wie die Unschuldsvermutung oder die Möglichkeiten der Verjährung. Vertrauensbildung wird grundsätzlich hintertrieben. Möglichkeiten zur Versöhnung werden leichtfertig in den Wind geschlagen. Errungenschaften, die ein friedliches Zusammenleben überhaupt erst möglich machen und die – nebenbei bemerkt – nicht selbstverständlich sind, verflüchtigen sich vor unseren Augen.

Wir haben bestimmt noch den Furor von #metoo in Erinnerung und konnten schon vorher beobachten, wie nach und nach von einer erbarmungslosen Klatsch- und Sensationspresse im Gleichklang mit den neuen sozialen Medien (die Greg Ellis lieber „anti-social-media“ nennt) der Mann zum Menschenfeind Nummer Eins aufgeblasen wurde, dem keine Gnade, kein Mitleid und kein Gehör gewährt wird. Ich übertreibe nicht. Man muss es so drastisch sagen. 

Von der Rechtlosigkeit der Karibik zur Rechtlosigkeit der Familiengerichte

Vielleicht kennen Sie Greg Ellis schon – als Lieutenant Commander Groves. Dann ahnen Sie womöglich auch, wer das Vorwort zu seinem Buch geschrieben hat. Richtig. Johnny Depp. Er war es. Er empfiehlt das Buch nicht nur als spannende Lektüre, er lobt ausdrücklich die Diagnose, die Beschreibung und die Erkenntnistiefe. Hier hat nicht nur jemand sich sein persönliches Schicksal von der Seele geschrieben, Greg Ellis hat die Tragweite des Problems erkannt, und er benennt die Systemfehler, die in den Familiengerichten angelegt sind.

Hier ist die Schwachstelle. Hier hat sich eine Lücke in der Abwehr von Rechtlosigkeit und Willkür aufgetan. Im Familiengericht ist die Unschuldsvermutung auf Druck von Feministinnen vorschnell geopfert worden mit der tragischen Folge, dass damit das gesamte System in Verruf geraten ist. Ein erstes Leck im Deich, schon ist Land unter. Ein angeklagter Mörder hat vor Gericht heute einen besseren Stand als ein falschbeschuldigter Familienvater. So eine Justiz ist nicht glaubwürdig. Man nennt es „kangaroo court“. Das klingt irgendwie witzig. Doch es ist nicht witzig. Man müsste es mit „Standgericht“ übersetzen, bei dem Ausnahmeregeln gelten.

Gegen die Fehlanreize, nicht gegen die Menschen

Greg Ellis spricht von einem „Kartell“. In der Verantwortungslücke ist ein lukratives Geschäftsmodell entstanden, das sich am Unglück der Kinder bereichert, das über Leichen geht und inzwischen das gesamte gesellschaftliche Klima vergiftet. Alle machen mit: Anwälte, Gutachter, die Polizei muss es zwangsläufig tun, die Presse tut es bereitwillig und gießt Öl ins Feuer.

Mit dem Blick auf Systemfehler und Fehlanreize eröffnet Greg Ellis zugleich die Möglichkeiten für eine spätere Versöhnung. Es geht ihm nicht um ein Revanchefoul im Spiel ‚Frauen gegen Männer‘, nicht um Schuldzuweisungen, mit denen die vorausgegangenen Falschbeschuldigungen gespiegelt werden sollen – es geht ihm um die Suche nach einer neuen Gemeinsamkeit. Zugunsten der Kinder.

Wenn sie Greg Ellis nicht nur als Lieutenant Commander Groves kennen lernen wollen, dann wäre ein kleiner Artikel im „Mirrow“ ein guter Anfang. Hand aufs Herz. Wieviel kostbare Lebenszeit haben Sie schon vertan, um gierig die Berichterstattungen aus dem Prozess zu verfolgen und sich an den Abgründen der Liebesdramen fremder Menschen zu ergötzen und sich dabei wohlig (und zugleich ein wenig verschämt) im Psycho-Dreck zu wälzen. Und nun? Nun kennen Sie viele peinliche Details und verkennen die wirkliche Größe des Dramas.

Die Reinigung nach der Schlammschlacht

Ein Vorschlag zur Güte: Wer sich mehr als eine Stunde und vierzig Minuten in diesem Dreck gewälzt hat, dem sei als Maßnahme zur inneren Reinigung, zur Pflege der psychischen Hygiene ein Video empfohlen, das auch etwa eine Stunde und vierzig Minuten lang ist. In dem Fall ist die Lebenszeit allerdings gut investiert.

In dem Interview von Greg Ellis mit Jordan Peterson erleben Sie zwei Männer, die beide durch die Hölle gegangen sind (durch jeweils unterschiedliche Höllen) und sich dennoch einen gewissen Humor und klaren Kopf bewahrt haben. Beide können sehr gut sprechen. Anschaulich. Ohne falsche Töne. Das Gespräch hinterlässt keinen üblen Nachgeschmack und macht einen nicht unglücklicher, als man sowieso schon ist. Im Gegenteil: Man hat den Eindruck, dass es immer noch genügend Leute gibt, die den Glauben an die Menschheit noch nicht aufgegeben haben. Gut zu wissen.

 

Von Bernhard Lassahn ist erschienen: Frau ohne Welt, Teil 3: Der Krieg gegen die Zukunft. Trilogie zur Rettung der Liebe.

Foto: Harald Krichel CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Reinmar von Bielau / 06.06.2022

@Volker Kleinophorst Sie sollten sich einmal die juristischen Rechte der Frauen und ihre Positionen in den 50er und 60er Jahren ansehen, eher sie hier derartigen Unsinn erzählen. Frauen benötigten für viele Dinge, die uns heutztage selbstverständlich erscheinen damals nämlich die Erlaubnis ihres Ehemannes. Zu Ihrer Frage “Lebte die “rechtlose” Frau gar besser?”: Sie sollten sich überlegen, ob Sie nicht zu Islam konvertieren, denn Ihre Vorstellung von der Stellung einer Frau in der Gesellschaft findet sich in Perfektion in der islamischen Gesellschaft abgebildet.

Jochen Rollwagen / 06.06.2022

Die deutschen Frauen spielen beim Selbstmord des Landes eine der Hauptrollen.“Mutti” läßt grüßen.

lutzgerke / 06.06.2022

Das sind alles Folgen des Reagenschen Neoliberalismus, der Markt reguliert sich angeblich selber. Man kann nicht A sagen, und sich über B beklagen. Wer A sagt, muß B mitnehmen. Der Neoliberalismus ist der Kultur und dem Sozial-Staat feindlich. Je stärker der Neoliberalismus wurde, desto mehr ist der Staat zurück gedrängt worden. Der Neoliberalismus war im letzten Jahrhundert immer der Weg in den Faschismus. Links blinken, rechts abbiegen, das ist die SPD. Das machen prinzipiell alle Parteien. Die Argumente sind wirklich ganz einfach zu verstehen; es geht nicht ums nicht verstehen können, es geht ums nicht verstehen wollen. SPD, Grünen, Linken sind faschistische Bewegungen. Indem man nicht versteht und behauptet, daß seien alles Linke, verschäft man den neoliberalen Prozeß und versperrt sozusagem absichtlich den Ausgang.    

Leo Hohensee / 06.06.2022

Ich muss ergänzen zu meinem Betrag zuvor, alles ist eine Farge davon wie schwer ich das gemeinsame Leben erworben habe? Verzicht, Anstrengung, Arbeit - am Ende auch Not.  Welchen Verzicht habe ich leisten müssen für das was ich aufgebe?  Und welche - gemeinsame - Anstrengung geht in Luft auf?  // Wenn ich mir wie Depp / Heard bei jedem Gig die schönste Kulisse mitbestimmen, mir mit jedem Dreh schon abends die Dollars zählen kann - dann hat das nichts mehr mit Dir und mir zu tun. Die können anschließend auch Bücher schreiben über ihre zerschundenen Seelen - ich werde sie nicht kaufen.

Zdenek Wagner / 06.06.2022

Wolfgang Schüler / 06.06.2022 - ” ... haben Sie schon einmal zugeschlagen?” Antwort: Ja, und es ist mir nicht gut bekommen. Im Telegrammstil: eine Geisteskranke fiel mich vor einigen Jahren auf dem Gelände einer Berliner Klinik an und begann mich zu würgen. Die einzige Möglichkeit sie von mir loszubekommen war eine Backpfeife, die sie schließlich auch bekam - und ich anschließend den Shitstorm einiger umstehender Männer! “Feigling”, “Scheißkerl und “Drecksau” waren da noch die harmlosesten Titulierungen. Ich weiß ergo was Sie meinen, nur allzu gut ... Und das Beste zum Schluß: ich bin mir hinterher selbst wie der letzte Dreck vorgekommen und schäme mich noch Heute der Tat.

Gert Köppe / 06.06.2022

@Karl Otto von Brausebrandt: Was wollen Sie denn mit Ihrer Aussage zum Ausdruck bringen? Ich bin auch über 60 Jahre und davon 37 Jahre verheiratet und das mit ein und derselben Frau. Habe ich jetzt irgendwas verkehrt gemacht, nach Ihrer Sichtweise? Sie haben, meiner Ansicht nach, schon eine etwas merkwürdige Auffassung. Ich sehe das nicht unbedingt als “Patentrezept” für Glück. Entweder findet man die “richtige” Frau, mit der man auskommt, oder man findet sie eben nicht und das hat sicherlich auch so seine Gründe.

Zdenek Wagner / 06.06.2022

Nachtrag: derweil sich hier einige radikale Vertreter des jeweiligen Geschlechtes in die aufgestellten Rückenhaare fahren, mache ich den Vorschlag, mit folgendem Zitat auseinander zu gehen: “Lasst uns mit der flackernden Flamme einer Kerze in der zitternden Hand nach Menschen beiderlei Geschlechtes suchen, unter den ganzen Lügnern, Schlägern, Vergewaltigern und Mördern”. Was haltet ihr davon?

Volker Kleinophorst / 06.06.2022

@ E. Franke Ich bin FAST ganz bei Ihnen: Die armen Frauen. Ich komm vor Mitleid nicht mehr aus dem Sessel. Da kann die dumme ... ja sicher für sich selber kämpfen, wenn es mal ernst wird.

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