Von Susanne Baumstark.
Einen „besseren Schutz der Allgemeinheit“ vor Straftätern verspricht der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG). Es geht unter anderem um die Ausstellung von Führungszeugnissen. „Künftig sollen dies für Deutsche und andere EU-Bürger ausnahmslos Europäische Führungszeugnisse sein, in die auch alle Verurteilungen durch Gerichte anderer EU-Mitgliedstaaten eingetragen werden“, berichtet der Nachrichtendienst des Bundestags. Es soll damit verhindert werden, dass EU-Bürger, die innerhalb der Europäischen Union strafrechtlich in Erscheinung traten, in Deutschland ein eintragungsfreies Führungszeugnis erhalten können.
Der Bundesrat bittet in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf, eine Rechtsgrundlage zu schaffen, mit der die verpflichtende Ausstellung von Europäischen Führungszeugnissen auch für Angehörige von Drittstaaten gilt, sofern diese vor ihrer Einreise in einem anderen EU-Mitgliedstaat wohnhaft waren. Begründung: „Der Fall einer in Freiburg getöteten Studentin“, der Verbesserungsbedarf beim Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten offenbarte. „So wurde erst nachträglich bekannt, dass der Tatverdächtige bereits in einem früheren Fall wegen eines versuchten Tötungsdelikts in Griechenland strafrechtlich in Erscheinung getreten war“ (S. 37). Es sei „nicht ersichtlich, weshalb eventuell vorhandene Einträge in das dortige Strafregister nicht im selben Maße Berücksichtigung finden sollten, wie dies bei einer Person mit EU-Staatsangehörigkeit der Fall wäre“.
Die Bundesregierung verweist in ihrer Gegenäußerung auf derzeit laufende Verhandlungen bei der Europäischen Kommission (S. 47). Für Juni 2017 sei der Entwurf einer Verordnung angekündigt, der die Schaffung eines zentralen Systems für Drittstaatsangehörige mit Datenspeicherung von Verurteilungen und Suchfunktion auf EU-Ebene vorsieht. „Vor der angekündigten Veröffentlichung des Entwurfs des Rechtsetzungsaktes durch die Europäische Kommission wäre eine Regelung zu Drittstaatsangehörigen im BZRG aber weder sachgerecht noch zielführend.“
Der angekündigte Schutz der Allgemeinheit bezieht sich also vorerst auf den Schutz vor Straftätern aus der EU. Ob das der realen Gefährdungslage gerecht wird, ist ebenso zweifelhaft wie die unterschiedliche Verfahrenspraxis bei Bürgern aus der EU und jenen aus Drittstaaten. Jedenfalls geht dies sicher nicht konform mit der stets beschworenen Gleichbehandlung.
Susanne Baumstark, Jahrgang 1967, ist freie Redakteurin und Diplom-Sozialpädagogin. Ihren Blog finden Sie hier.