Jahrelang hatte die AfD die Lufthoheit über Social Media. Doch dieser Rang wird ihnen jetzt von den Grünen und Linken streitig gemacht. Woran liegt deren plötzlicher Erfolg?
Den Linken und den Grünen werden derzeit die Türen eingerannt. Laufend bekommen sie Mitgliederzuwachs. Doch woran liegt das? Sicherlich nicht nur an der Massenpsychose und der geschürten Angst vor einem zweiten Dritten Reich. Ich glaube, es liegt hauptsächlich daran, wie sich einige erfolgreiche linke und grüne Politiker präsentieren. Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass sich die Ästhetik der beiden Parteien in der Führungsriege in den letzten Monaten ein wenig verändert hat? Die Kandidaten wirken attraktiver und frischer. Außerdem hat sich insbesondere die Linke bei der AfD einiges abgeschaut, was den Social-Media-Auftritt betrifft.
Denkt man an grün, hat man mittlerweile nicht nur die politischen Schwergewichte Claudia Roth und Ricarda Lang vor Augen, sondern zum Beispiel auch Jette Nietzard – Ricarda Langs Nachfolgerin an der Spitze der Grünen Jugend. Sie tritt in ähnlicher Weise wie Annalena Baerbock oder Emilia Fester auf, mit schriller Stimme und übertrieben selbstbewusster Haltung, aber sie ist mit Sicherheit nicht unattraktiv. Das muss man neidlos anerkennen.
Und es gibt ja einige Wähler, die sich vom Aussehen und der Ausstrahlung eines Politikers beeindrucken lassen. Sonst gäbe es nicht so viele Frauen, die Robert Habeck für attraktiv halten. Allerdings sollte man sich fragen, ob eine junge Frau, die sich im Rotlicht an der Pole-Dance-Stange zeigt, wirklich politisch repräsentabel ist. Auch ihr Profilbild auf TikTok, das sie im Badeanzug mit Aperol auf einer Luftmatratze zeigt, ist na, ja. Es geht ja gar nicht darum, dass man sich als Politiker zugeknöpft und spießig zeigen muss, aber eine Rest-Seriosität sollte vielleicht doch durchscheinen.
Der alte Sozi raved sich in den Bundestag
Die Linken sind ein wenig vielseitiger als ihre grünen Konkurrenten unterwegs. Sie setzen sowohl auf Ästhetik als auch auf Altersweisheit. Lange wirkte es, als gehörten sie bald zu den eher unbedeutenden Parteien. Ein Grund dafür könnte sein, dass es kaum eine Identifikationsfigur gab, zu der verschiedene Generationen mit Achtung aufblicken konnten. Früher nahmen Sahra Wagenknecht und Gregor Gysi diese Rollen ein. Nach Wagenknechts Abgang folgte eine ganze Weile nichts. Gysi war sicherlich immer noch beliebt, aber ihm fehlte die Präsenz. Die bekommt er jetzt und das – Trommelwirbel – auf TikTok. Dort wird er nämlich von einigen Linken gefeiert, als wäre er ein Rockstar. Das glauben Sie mir nicht? Dann schauen Sie mal hier und hier. Der alte Sozi könnte sich am Ende auf diese Weise knapp in den Bundestag raven. Und er ist nicht allein.
Jeder Star braucht auch seine Background-Gang. Das wären in diesem Fall Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch – auch bekannt als die „Silberlocken“. Das Trio entpuppt sich als Erfolg. Da sage noch einer, dass alte weiße Männer nichts mehr zu melden hätten. Wenn jetzt die alten Sozis das Ruder bei den Linken herumreißen müssen, heißt das aber womöglich, dass das Verfallsdatum der Partei mit dem Ruhestand der „Silberlocken“ näher rückt.
Als schöner Ersatz für Wagenknecht folgen Ines Schwerdtner und Heidi Reichinnek. Letztere ist ebenfalls in den sozialen Medien zum Star aufgestiegen. Auf TikTok hat die Spitzenkandidatin der Linken immerhin über 480.000 Follower und 13,9 Millionen Likes zu verzeichnen.
Junge und frische Politik
Sie ist „Sozialistin, Feministin und Antifaschistin“ und fällt gern durch vorlaute Sprüche im Bundestag auf. Einige ihrer Anhänger hätten die Feministin gerne zur Kanzlerin gekürt, was ja gar nicht so einfach ist, wie Reichinnek ihren Fans in einem ihrer Videos erklärt. Wenig überraschend: Die Sängerin Soffie macht in einem Beitrag gemeinsam mit Heidi Reichinnek offen für Die Linke Werbung. Am Sonntag postete sie ein Video-Statement, in dem sie erklärte, dass sie Die Linke wählen würde, aber die Gründe nicht aufzähle, weil es zu viele seien. Stattdessen verwies sie auf die Influencerin Marlies, die dazu ein passendes Video hätte. Ihr Statement beweist selbstverständlich keinen besonderen Mut. Schließlich gehört es in Deutschland zum guten Ton, sich als Influencer gegen rechts zu positionieren, wie Achgut bereits berichtete.
Ich habe den Eindruck, in Deutschland sehnt man sich nach junger, frischer Politik. Die Menschen wollen Veränderung, und die Grünen und die Linken versuchen diese Wünsche zu bedienen, in dem sie sich volksnaher und jugendlicher präsentieren. Das scheint durchaus zu funktionieren: Bei TikTok hat die AfD 117 Millionen Views, während die Linken 101 Millionen bekamen. Anders sieht es bei den Likes aus: Hier liegt die Linke mit 12,9 Millionen vorn, während die AfD lediglich 9,8 Millionen aufweist. Zum Trost: die Grünen haben im Vergleich nur klägliche 45 Millionen Views und 2,9 Millionen Likes.
Marie Wiesner, Jahrgang 1999, arbeitet in der Redaktion der Achse des Guten.