AMERY fällt als Feingeist, ob jüdisch, bürgerlich oder links-intellektuell ist egal, unter die Kriminellen, die im Nazismus den Staat selbst tragen, in ihm tätig sind, zum OPFER. Unfreiheit, körperliche Qualen und Demütigungen—bei voller Hoffnungs-und Hilfelosigkeit—machen ihn zu einem Fremden und die Gegner zu fremden Wesen. Es ist wohl die vollständige Isolation gewesen als Haupterfahrung, die Amery zerbrechen ließ. “Nackt unter Wplfen” von Anna SEGHERS trifft es nicht, was Amery meint. Seghers setzt Kameradschaft, Hilfe, Solidarität gegen einen gemeinsamen Feind, Vollstrecker ist die SS, als Mittel des Ausgleichs und der Hoffnung ein. Dem Juden Amery hat offenbar keine lebende Seele helfen wollen. Er war als Parteiloser in einem normalen, gewalttätigen Knast, dessen Regeln der Milderung ihm gegenüber nicht angewandt worden sind. Mich lehrt das, den demokr. Rechtsstaat als ein politisches Wunderwerk zu sehen, das zur Humani-tät zwingt. Auch in brutaler Situation. Auch muss ich an V. SCHIRACHs “Schande” denken, die Subtilität der Formen, die Verbrechen auch haben kann.
@ Christian Graumüller, hier liegt in der Tat eine Ungenauigkeit vor, die es zu redigieren gilt!
“Jean Améry war ein Linksintellektueller, der versucht hat, die deutsche Nachkriegsgesellschaft über die NS-Verbrechen aufzuklären, der die Erfahrung des Konzentrationslagers vermitteln wollte, ohne dabei auf die sogenannte Lagerliteratur reduziert werden zu können. Im Unterschied zu seinem „Barackenkameraden“, Primo Levi, konnte er den Deutschen nicht mehr verzeihen. Améry wurde am 31. Oktober 1912 in Österreich geboren und starb am 17. Oktober 1978 in Salzburg. Seine Erfahrung deutscher Tortur ließ ihn nie mehr los: „Wer der Folter erlag, kann nicht mehr heimisch werden in dieser Welt.“ “..... die deutsche Nachkriegsgesellschaft über die NS-Verbrechen aufzuklären, ....” Diese Gesellschaft wollte es doch gar nicht hören und gleich gar nicht die POLITIKERKASTE !! Auf den Parlamentsbänken saßen doch in der neugegründeten BRD auch “alte Nazis”, die mußten geschützt werde. Im Prinzip nichts neues, die Geschichte hat sich anscheinend nach 1989 wiederholt, zwar nicht mit KZ, Gott sei Dank, aber auch im “Neuen Deutschland” durften und dürfen noch immer etliche der alten DDR SEILSCHAFTEN mitmischen, ja sogar im Fall von KAHANE eine STASI IM in zentraler Stellung.Noch schlimmer, die Kanzlerin. Nicht mal in den schlimmsten Alpträumen hätte ich mir so etwas vorstellen können, obwohl der erhobene Zeigefinger der Honeckerin und ihr schon fast genüßlicher Ausspruch “Ihr werdet Euch noch wundern” gezielt darauf hingedeutet hat.
Wie kann einer ein Links - Intellektueller sein, der von den Massenmorden, Verfolgungen, Vertreibungen von Stalin wusste? Von Mao und seine Säuberungen, der von den 100 Millionen Ermordeten wusste, die unter der Führung von Linksintellektuellen in vielen Ländern geschehen sind? Ein solcher redet und schreibt dreist über den Nationalsozialismus?
Aus ganzem Herzen Dank für diese Würdigung des auch von mir sehr verehrten Jean Améry. Ja, damals gab es im deutschsprachigen Raum noch Intellektuelle kritischen Geistes. Und symptomatisch, daß in der Hochzeit von „Gesinnung“ und zu zeigender „Haltung“ dieser bedeutende Mann in den Medien kaum noch erwähnt wird.
Was soll man zu diesem Bericht über das Wirken eines Großen und Verzweifelten der Zeitgeschichte noch Kritisches anmerken? Dies zu tun wäre in der Tat nicht nur blasiert, sondern zeugte von Verblendung. Deshalb sei dem Autor, Herrn Jérôme Buske, zu danken, dass er mit Bezug auf das Angedenken Jean Amérys die Maske der AfD liftete. Ich zitiere: Am 28. Juli 1940 wurde Amérys in Gurs interniert, einem Lager des Vichý-Regimes, in der Nähe der spanischen Grenze. Wegen der vergleichsweise späten Aufarbeitung der Kollaboration des südlichen Frankreichs mit den Nationalsozialisten wurde eine offizielle Gedenkstätte für das Internierungslager, das vorrangig für Antifrancisten im Spanischen Bürgerkrieg errichtet worden war, erst in den 1990er und 2000er Jahren offiziell eingeweiht. Im Jahr 2017 forderte die Landtagsfraktion der AfD Baden-Württemberg dann in einem Änderungsantrag zum „Entwurf des Staatshaushaltsplans“, die Landesförderung in Höhe von 120.000 Euro für die Gedenkstätte Gurs zu streichen. Von ihr beklagt wurde der angebliche Erinnerungstourismus in den Pyrenäen sowie die einseitige Betonung der dunklen Geschichtskapitel bei gleichzeitiger Verdrängung unserer historischen Leistungen. (Ende des Zitats). Eine derartige Einstellung determiniert dann auch die Fliegenschiss Theorie Gaulands!
Lieber Herr Buske, wie kann sich Herr Amery in den Historikerstreit und die Debatte um das Holocaust-Denkmal eingemischt haben, wenn er bereits 1978 gestorben ist?
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