Lustig an der Kritik Adornos an “Sein und Zeit” und Heideggers gezielt ungenauen Stil ist, dass genau dieselbe Kritik auch auf das in ungenauen Begriffen schwelgende Geraune Adornos selbst zutrifft. Auch hier geht es nicht um Stil und Denken, sondern um politische Gesinnungen. Das Goethesche bzw. Faustsche “Such’ er den redlichen Gewinn, Sei er kein schellenlauter Thor! Es trägt Verstand und rechter Sinn mit wenig Kunst sich selber vor!” ist beiden “Philosophen” ins Gebetbuch zu schreiben. Gerade Adorno war extrem selbstverliebt in seine verschwurbelten Sätze und noch verschwurbelteren Gedanken, da steht er Heidegger in nichts nach. Die derzeitige Debattenkultur (allen Anschein ein im ganzen Westen anzutreffendes Phänomen) hat damit nichts zu tun. Denn Adorno und Heidegger waren, bei aller berechtigter Kritik an ihrem stilistischen Schwulst und dem Begriffsgeckentum, immerhin denkfähig. Adorno als Gewährsmann taugt nichts, Schopenhauer muss her.
Adorno, naja. Der war aber leider kein guter marxistischer Lehrer, im Gegensatz zu etwa Ludwig Renn, mit dem man dagegen sagen kann: Menschen haben die Worte erschaffen und Menschen können sie auch umschaffen. Und Menschen können das Umschaffen (meint: die kritische Prüfung des Gehalts) einstweilen verhindern, früher kirchlicherweise mit dem Schwert, in Deutschland neuerdings bevorzugt mit Geschrei und Schemelbeinen. Worte haben schliesslich kein Eigenleben, jedenfalls wenn wir Magie ausschliessen.
Jargon, um die Anderen aus zu grenzen - ja, das hat was für sich. Und indem man derartige Grenzen aufbaut, fühlt man sich viel besser, besonders als die anderen - die diesen Jargon nicht haben. Das ähnelt einem Nationalismus, der versucht anderen die eigene Nation auf zu drängen.
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