Peter Grimm / 06.11.2018 / 10:00 / Foto: R.Letsch / 69 / Seite ausdrucken

Janas Angela-Merkel-Gefühl

Huldigungen von Kunstschaffenden an die Obrigkeit schienen zwischenzeitlich mal aus der Mode gekommen zu sein. Die Regentschaft Angela Merkels hat auch hier etwas verändert. Wenn nun eine bekannte Schriftstellerin wie Jana Hensel in der ehrwürdigen „Zeit“ ihre ganz persönlichen Lobpreisungen zum beginnenden langen Abschied von der Bundeskanzlerin verbreitet, kann man sich auf eine besonders formvollendete Huldigung freuen:

„Mein Deutschland-Gefühl, es ist in Wahrheit ein Angela-Merkel-Gefühl. Ich bin in dieses Gefühl eingezogen wie andere in ein Haus. Ich habe darin genauso selbstverständlich gewohnt wie auch das Kind. Es ist uns mit den Jahren wie zu einer zweiten Haut geworden. Ist es nicht das, was wir Heimat nennen? Ist es nicht das, wonach wir immer suchen, wonach wir uns sehnen?“

Wer hat Angela Merkel schon mit so viel Zuneigung bedacht, wie sie aus den folgenden Sätzen spricht?

„Ich mag ihre Augenringe, die manchmal größer, manchmal kleiner sind, für mich sind es Augenringe des Vertrauens. Ich mag, wenn sie ihre Hände zu einer Raute faltet, wenn sie sie im Reden in der immer gleichen Bewegung öffnet und wieder schließt.“

Selbstverständlich darf die Würdigung von Merkels wahrscheinlich folgenschwerster Entscheidung nicht fehlen.

„Ihre Entscheidung, die deutschen Grenzen im Sommer 2015 in Anbetracht der Hunderttausenden von Flüchtlingen nicht nur nicht zu schließen, sondern damit eine Willkommenskultur zu stiften, das bleibt der strahlendste Moment ihrer Kanzlerschaft. Ich sage das, obwohl ich weiß, dass es das Land zerrissen hat und noch immer zerreißt.“

Was ist schon ein zerissenes Land gegen den strahlendsten Moment der Merkelschen Kanzlerschaft? Jana Hensel gelobt jedenfalls, dem Kurs von Angela Merkel auch nach deren Abtreten zu folgen.

„Dass ihr ‚Wir schaffen das‘-Satz das größte Kompliment gewesen ist, dass sie uns machen konnte. Sie hat uns Deutschen damit ein Stück ihrer Größe und Würde als Auftrag zurückgegeben. Und wir werden es schaffen, nun auch ohne sie.“

Vielleicht sammelt Jana Hensel demnächst ja Geld für ein Angela-Merkel-Denkmal.

Foto: R.Letsch

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Leserpost

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Andreas Rühl / 06.11.2018

Ich wiederhole mich: Das hochkomplexe Merkel-Phänomen wird im Rückblick zu beleuchten sein, und zwar, wie sich immer deutlicher zeigt, auch von der psychiatrischen Seite. Denn Äußerungen wie die Frau Hensels kann man wohl nur unter Heranziehung irrenärztlichen Vokabulars angemessen würdigen. Merkel scheint für Frau Hensel nachgerade eine Übermutter oder Ersatzmutter gewesen zu sein, ihre sprachlichen Entgleisungen rücken unsere Kanzlerin gar in die Nähe der Marienverehrung. Unwillkürlich denke ich an die deutschen Frauen, die beim Anblick des “Führers” vor Wonne kreischend in Ohnmacht gefallen sind. Möglich, dass der “Eros der Macht” auch bei Frau Hensel wirkt, wenn auch sozusagen in Form der Agape, also (vermutlich) ohne Eros, wobei die Ausführungen zu den “Augenringen” und der “Raute” schon bedenklich stimmen. Mein alter Spruch, dass nach dem 31.12.1969 kein Mensch mehr in diesem Land ohne tiefgreifende seelische Störung geboren wurde und das Ausmaß der Störungen seitdem von Jahrgang zu Jahrgang immer groteskere und größere Formen annimmt, wird abermals bestätigt. Oder haben wir es mit Ironie zu tun? Wurde aus dem Zonenkind ein Zotenkind? Eher unwahrscheinlich. Problem: soviel Irrenärzte, wie wir brauchen, kann ein Land gar nicht hervorbringen. Daher müssen wir uns auf ALLES gefasst machen und vorbereiten.

Mark Schild / 06.11.2018

Die Dimension, um die es hier geht, ist viel gewaltiger, als das Schicksal einer Person oder einer Partei. Es geht nicht um Irrungen einer Politik in Kategorien wie Maut, Mietpreise, oder Mülltrennung, sondern hier erleben wir, wie Politik die Axt an die Wurzel eines Volkes legt. Wie sie ihm Geld, Ressourcen und Hoffnung entzieht, wie sie sein Biotop aufgibt (Grenzöffnung), es zur Besiedlung für eine ganz andere Flora vorbereitet, wie sie es zur Brandschatzung preisgibt und seine Zukunft verbrennt (Gewalt, Tribalismus). Wie sie seine Triebe verstümmelt und verdorrt (Genderismus+Frühsexualisierung), seine Früchte schmäht, verachtet und leugnet („es gibt keine deutsche Kultur!“), seine Fruchtbarkeit bekämpft (toxische weiße Maskulinität+Desintegration der Familie) und sein Absterben besingt.

K.H. Münter / 06.11.2018

Statt wie in manchen Städten die alten “Bismarck-Türme” weiter kostenaufwendig zu unterhalten könnte man doch statt dessen “Merkel-Leuchttürme” bauen. Natürlich schon kostengünstig, frühere Mitarbeiter in den Fabriken für die Plattenbau-Segmente könnten ihr Wissen einbringen ebenso wie jene, die in der DDR die legendären Betonschwellen für die Reichsbahn erstellt haben mit “eingebautem”  Verfallsdatum. Denn auch Ruinen haben ihren Reiz. Um diesen Reiz wußte schon der Preußenkönig Friedrich der Große im Park von Potsdam oberhalb von Sanssoussi. Dank moderner LED-Technik würden die “Merkel-Leuchttürme” zwar weit ins Land scheinen aber es würde nur wenig Ökostrom brauchen. Und echte Merkel-Fans träten bei Windstille und einbrechender Dämmerung sicher gerne in die Pedale um “Angela-Merkel-Gedenkstrom” zu erzeugen.

Frank Pressler / 06.11.2018

Wow, ein Panegyrikos im 21. Jahrhundert. Das wird dann wohl das Jahrhundert der völligen Regression.

Michael Jansen / 06.11.2018

In diesem Fall ist es direkt mal sehr einfach, einen Leserbrief zu verfassen. Die Lobeshymne von Frau Hensel spricht für sich. Dazu muss man eigentlich gar nichts mehr schreiben, eine derart peinliche Eloge hat es wohl in Deutschland seit Jahrzehnten nicht gegeben!

R. Nicolaisen / 06.11.2018

Wenns doch nur Sarkasmus oder zumindest Ironie wär. Doch dafür ist die “ZEIT nun wirklich nicht bekannt.

Heinrich Schöneseifen / 06.11.2018

Herzzerreißend! Ich fürchte, daß die über ihre Sensibilität selbst gerührte Jana Hensel in Ohnmacht fällt, wenn sie ihren eigenen Text 20 Jahre später noch einmal liest. Ich fürchte, daß sie sich dann nur noch mit Perücke und Sonnenbrille im Spiegel ertragen kann, weil sie sich für diesen formidablen Stuß zurecht in Grund und Boden schämt.

Herbert Müller / 06.11.2018

“Sie hat uns Deutschen damit ein Stück ihrer Größe und Würde als Auftrag zurückgegeben.” Schon wieder diese Großmmannssucht, und das von Gutmenschen. Da bleibt mir nur zu sagen: “Am deutschen Gutmenschenwesen soll die Welt genesen.” Das Problem ist nur, dass viele Staaten Europas keine Belehrungen mehr von deutschen Gutmenschen wollen. Außerdem sollte der obige Satz im merkelschen Sinne besser wie folgt lauten:  “Sie hat den hier schon länger Lebenden damit ein Stück ihrer Größe und Würde als Auftrag zurückgegeben.” So ganz scheint Frau Hensel die Politik der Kanzlerin noch nicht verstanden zu haben. “Uns Deutsche” ist doch mittlerweile zu nationalistisch und klingt fast schon rassistisch. Das geht doch gar nicht.

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