Susanne Baumstark / 23.01.2018 / 11:00 / Foto: JCS / 10 / Seite ausdrucken

Jagdgeruch in der Luft

Nach den Vorwürfen früherer sexueller Belästigungen liegt jetzt der Regisseur Dieter Wedel (75) mit Herzproblemen in der Klinik. Außerdem trat er als Intendant der Bad Hersfelder Festspiele zurück, zum Bedauern des Bürgermeisters der Stadt. Was zu früheren Zeiten tatsächlich vorgefallen ist, kann kaum eruiert werden. 

Aus Wedels Stellungnahme wird aber klar, wie abscheulich die Methoden der Deutungsmonopole sind: „Ich höre von Menschen, denen fünfstellige Beträge für Aussagen gegen mich angeboten wurden.“ Von Erpressung ist die Rede und: „Wieder andere berichten mir, wie ihnen von ... Journalisten Sätze in den Mund gelegt wurden, die sie so nicht erklärt und gemeint haben.“ In einem Klima der Vor-Verurteilung, in dem „jedermann zu jedem beliebigen Zeitpunkt an den medialen Pranger“ gestellt wird, könne er den Kampf um seine Reputation gar nicht gewinnen.

Ob es überhaupt erstrebenswert ist in diesem Land, wie es sich gerade darstellt, einen guten Ruf zu erlangen und dafür dämliche Machtspiele des Umfeldes über sich ergehen zu lassen, sei dahin gestellt. Intuitiv könnte man jetzt angesichts der Situation des Regisseurs dafür plädieren, ihn in Ruhe zu lassen. Allerdings läuft aktuell ein Ermittlungsverfahren wegen Verdacht einer nicht verjährten Sexualstraftat gegen Wedel. Auch wenn dem Vorwurf nachgegangen werden muss: Der Jagdgeruch, der wieder mal in der Luft liegt, stinkt zum Himmel.

Dieser Beitrag erschien auch auf Susanne Baumstarks Seite Luftwurzel.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Ulla Smielowski / 23.01.2018

Leider bleibt aber immer etwas hängen, wenn jemand beschuldigt wird. Sehr häufig habe ich den Verdacht, manche wollten sich rächen, aus welchem Grund auch immer.

Ulrike Teich / 23.01.2018

Schlimm, was da mit dem Me-Too Gedöns angetrieben wurde. Es ist heute so einfach, den Ruf eines Mannes für immer zu zerstören, durch ein paar wohlgesetzte Worte. Alle diese Frauen, denen jetzt nach oftmals Jahrzenten einfällt, dass ihr jemand ein zweideutiges Angebot gemacht hat, kann ich langsam nicht mehr ernst nehmen. Allein der Aufriss, den Sawsan Chebli wegen eines Komplimentes machte, zeigt, wie sehr hier inzwischen die Grenzen verschoben werden. Diese ganzen so unsagbar emanzipierten und selbstbewussten Frauen sind mitunter schon geschockt, wenn man sie eine “schöne Frau” nennt? Ich fasse es nicht… Dramatisch, da garantiert auch wirklich ernste, Fälle darunter sind - nur die schiere Anzahl derjenigen, die jetzt aus den Löchern gekrochen kommen, führt das ganze ad absurdum. Da haben sie den echten Opfern sexueller Gewalt einen Bärendienst erwiesen. Und nebenbei auch etliche Karrieren geschreddert - aber sind ja meist alte, weiße Männer - da ist das nicht so schlimm. An Männern wie Roman Polanski und Woody Allen geht das alles scheinbar spurlos vorüber, obwohl diese Vorwürfe sexuellen Missbrauchs seit Jahrzehnten bestehen. Da erfolgt kein Aufschrei, kein Filmboykott, da kommt niemand in schwarz gewandet zur Premiere - es ist so eine Heuchelei… Mir tun die MÄnner von heute wirklich oft leid - wie sie es machen, ist es falsch, und wenn eine Frau schlechte Absichten hat, kann sie ohne großes Aufsehen, ein Lebenswerk zerstören…

Ulli Drübbisch / 23.01.2018

Willkommen im Mittelalter! Ich hätte mir (Jhrg.1958) nie vorstellen können, dass der Mainstream so “aufklärungsresistent” nach Scheiterhaufen, Progromen und Nazi-Herrschaft dem neuen Hetz-Medium unkritisch nachläuft. Ob Herr Wedel eine Schuld trifft oder nicht, spielt keine Rolle mehr, denn er ist nicht der Erste, der mit Körperschaden aus dieser Behauptungskampagne herausgeht. Wer wird durch die Staatsanwaltschaft eigentlich für diese Form der Körperverletzung zur Verantwortung gezogen werden? Gab es nicht da einen § Im StGB gegen Volksverhetzung? Sobald der Verdacht einer Strafttat vorliegt, obliegt es nämlich klassisch dem Staatsanwalt zu ermitteln, weil der Bruch des StGB,s ein “öffentliches Intersse” darstellt. Oder ist das Alles nur “schlechte Kindheit, höhere Gewalt oder Kolateralschaden”? Ist Dies noch mein Rechtsstaat?

Rudolf George / 23.01.2018

Sexuelle Belästigung ist kein Kavaliersdelikt mehr. So weit so gut. Aber wie so oft, wird hier ein ernsthaftes Thema von Ideologen gekapert und somit die gesamte Atmosphäre, in der eine sachliche Diskussion hätte stattfinden sollen, nachhaltig vergiftet. Denn den Ideologen geht es nicht um Wahrheit oder Gerechtigkeit, sondern um Macht. Und diese Macht etabliert man, indem man Exempel statuiert, um zu demonstrieren, dass man es kann. Herr Wedel scheint sich als Exempel zu eignen, daher wird nun eine Kampagne geritten. Die Opfer sind diesen Ideologen dagegen herzlich egal: sie sind nur Mittel zum Zweck der Machtgewinnung. Und vollkommen austauschbar, denn wenn es mit dieser Opfergruppe nicht klappt, die gewünschte Deutungshoheit zu erlangen, wendet man sich eben rasch der nächsten zu.

Roger Feldkamp / 23.01.2018

Es ist, sehr bedauerlich festzustellen, leider jedes Maß an auch nur halbwegs verantwortlicher Rechtsstaatlichkeit in unserem Lande verloren gegangen. Animiert durch die unsägliche “MeToo”-Kampagne fühlt sich jede im Halbschatten der Öffentlichkeit stehende B- oder C-Prominente bemüßigt, nunmehr nach Herzenslust über höchst zweifelhafte Vorkommnisse aus lang zurückliegenden und vergilbten Zeiten zu fabulieren bzw. zu denunzieren und findet dann auch noch, bar jeden Beweises oder auch nur leisen Ansatzes dafür, einen idealen Nährboden für derlei Klatsch und Tratsch in der längst von allen guten Geistern verlassenen und hemmungslos mithetzenden Mainstreampresse. Aber wie der Herr, so`s Gescherr. Die von ganz oben allerorten bedenkenlos praktizierte Aufkündigung des Rechts als verbindlicher Norm des Zusammenlebens setzt sich nahtlos mit skandalösen Weiterungen in den unteren Gefilden fort.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Susanne Baumstark / 11.07.2020 / 16:00 / 6

Die Maskerade der Tagesschau

Zur Rede der Bundeskanzlerin im EU-Parlament am 8. Juli anlässlich des Beginns der deutschen EU-Ratspräsidentschaft hat die Tagesschau wieder einen derart schmierigen Hofbericht abgeliefert, dass die hinterlassene Schleimspur sogar…/ mehr

Susanne Baumstark / 29.06.2020 / 06:00 / 82

„Helfer sind tabu”? Die gemanagte Missachtung

Das war schon ein ungewohnt gepfefferter Kommentar von Thomas Berbner in den Tagesthemen am 22. Juni: „Schon vor Stuttgart haben mir Beamte immer wieder berichtet, bei jungen Einwanderern verbreitet…/ mehr

Susanne Baumstark / 25.06.2020 / 10:00 / 14

Yanis Varoufakis und die „Progressive Internationale“

Weitgehend unbemerkt hat sich die post-kapitalistische „Progressive Internationale“ (P.I.) gegründet. „Wir organisieren, mobilisieren und vereinen progressive Kräfte aus der ganzen Welt“, tönt es dort. Themen…/ mehr

Susanne Baumstark / 15.06.2020 / 14:45 / 10

Die Krise als Studium

In akademischen Netzwerken wird der englischsprachige Master-Studiengang „International Organisations and Crisis Management“ beworben. Er startet im Wintersemester 2020/21 in Jena „Das passende Studium zur Corona-Krise“, meint…/ mehr

Susanne Baumstark / 30.05.2020 / 12:00 / 14

Corona-Arbeitsplatzvernichtung: Von Not und Zynismus

Aus psychologischer Sicht nehmen die Folgen des Lockdowns inzwischen dramatische Ausmaße an. Wie aus einer Anhörung des Tourismusauschusses im Bundestag am Mittwoch hervorgeht, habe man „bereits Suizide…/ mehr

Susanne Baumstark / 23.05.2020 / 10:30 / 14

Mein Briefwechsel mit der Antidiskriminierungsstelle

Meine E-Mail an die Anti-Diskriminierungsstelle: Sehr geehrter Herr Franke,  ich bin seit längerem einigermaßen entsetzt über die regelrechte Stigmatisierungswut, die insbesondere von den etablierten Medien…/ mehr

Susanne Baumstark / 18.05.2020 / 11:30 / 9

Fortschreitend obskur: Die Finanzierung der Parteienstiftungen

Endlich mal eine gute Idee: Der Kandidat für den CDU-Vorsitz, Friedrich Merz, will wegen der Corona-Krise die Ausgaben des Staates überdenken. "Wir sollten nach der…/ mehr

Susanne Baumstark / 06.05.2020 / 11:00 / 12

Corona-App höchst problematisch

Das „Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung“ hat eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) für die geplante Corona-App veröffentlicht. „Wir haben es angesichts der geplanten Corona-Tracing-Systeme mit…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com