Wolfgang Röhl / 02.07.2008 / 09:42 / 0 / Seite ausdrucken

It´s the colonial heritage, Sir! Deutsche Medien und Simbabwe

Wenn man früher, sagen wir vor drei Jahrzehnten, durch Ostafrika reiste und in einem ganz passabel erscheinenden Hotel eincheckte, stieß man oft auf die selben Mängel. Von fünf Glühbirnen im Zimmer brannten zwei, der Deckenventilator drehte sich nicht und im Klo lief permanent Wasser nach. Beschwerte man sich, kam manchmal der Portier hoch, hob bedauernd die Hände und sprach den denkwürdigen Satz: „Sorry Sir, it´s the colonial heritage.“ Auf Deutsch: wenn wir keine Birnen eindrehen, den Fan nicht ankriegen und am Spülkasten den Schwimmer nicht zurechtbiegen, liegt das an euch, verdammte Kolonialisten. Was haben wir gelacht, damals! Dabei war das einfach Afrika in der Nussschale, im Grunde nicht wirklich komisch…

Mit der ewigen Entschuldigung, das Elend ihrer Länder sei von den Kolonialmächten verschuldet, haben westliche Staaten die Kleptokraten-Eliten in weiten Teilen Afrikas 50 Jahre und länger durch kommen lassen. Der Kalte Krieg tat ein Übriges, Fundamentalkritik zu vereiteln; später das schlechte Gewissen des Westens, mit Rassistenregimes zusammen gearbeitet zu haben. Das Ergebnis ist katastrophal. Viele Milliarden an Entwicklungshilfe wurden verschleudert, wenig hat sich gebessert, vieles verschlechtert. Simbabwe, das 1980 in einem glänzenden Zustand an den siegreichen Guerillaführer Robert Mugabe übergeben wurde – colonial heritage vom Feinsten – wurde peu à peu in den Keller gewirtschaftet. Namibia und Südafrika – beide ebenfalls infrastrukturell und wirtschaftlich kerngesund, als sie von Regierungen aus “Kriegsveteranen” übernommen wurden – droht dasselbe Schicksal. Manche Beobachter meinen, es sei bereits besiegelt.

In nicht wenigen deutschen Medien herrscht bis heute die Tonalität vor, Simbabwe sei ein tolles Experiment gewesen, aber aus irgendwelchen Gründen, mutmaßlich mit dem Kolonialerbe verknüpft, leider gescheitert. Mugabe, der sein Regime im früheren Rhodesien gleich mit einem Massenmord an einem Volksstamm begann, der ihn im Bürgerkrieg nicht unterstützt hatte, dieser irre Diktator, dessen Milizen gerade dabei sein, sogar die Babys von vermuteten Gegnern seiner Partei totzuschlagen, wird in Sendern wie DeutschlandradioKultur wie folgt charakterisiert: „Vom Freiheitskämpfer zum rücksichtslosen Autokraten – der tragische Weg des Robert Mugabe“. Mugabes tragischer Weg. Für diesen Titel eines Interviews vom 1.7. verdiente der verantwortliche Redakteur eine Ohrfeige.

In der Sendung kam ein Vertreter des Hamburger Afrika-Instituts Giga länglich zu Wort, das am noblen Neuen Jungfernstieg residiert und „Mitglied im europäischen Politologenverband“ ist. Zehn Minuten das soziologentypische Herumgeeiere. Lauwarme Statements, verdruckste Formulierungen. Am selben Tag, an dem ein afrikanisches Gipfeltreffen Mugabe faktisch freisprach: kein Frage nach den Hintergründen. Praktischerweise, denn die Antwort hätte lauten müssen: da dreiviertel aller Staaten Afrikas von Gangstern regiert werden, werden sie einen der ihren keinesfalls fallen lassen. Es war ein Jammer, derlei inkompetentes, ignorantes Geschwätz ausgerechnet auf einem Sender zu hören, der zu den besten in Deutschland zählt.

Wer sich über Afrika, vor allem das östliche und das südliche, informieren möchte, ist mit angelsächsischen Medien sowieso besser bedient, allen voran die Sunday Times (timesonline.co.uk). Die Briten sind näher am Thema und haben die besten Reporter vor Ort. Und sie haben, dies vor allem, die politisch-korrekte Brille längst abgelegt.

 

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