Stefan Frank / 31.08.2024 / 14:00 / Foto: KI / 8 / Seite ausdrucken

Italien: Schwarze Listen über „Zionisten“

Die Neue Kommunistische Partei Italiens ruft zum Kampf gegen Zionisten auf; ein Aktivist fordert eine „Aufräumaktion“ unter Feinden.

In Italien haben Linksextremisten eine schwarze Liste von Personen veröffentlicht, die sie „verurteilen und bekämpfen wollen. Die Liste mit dem Titel „Zionistische Organisationen und Agenten in Italien“ enthält Unternehmen aus verschiedenen Wirtschaftssektoren wie Finanzen, Industrie, Technologie und Militär, darunter Ahava Dead Sea Laboratories, Electra Consumer Products, SodaStream International und Elbit Systems. Dazu die vollständigen Namen von Politikern, Journalisten, Intellektuellen, Unternehmern, Mitgliedern der jüdischen Gemeinde und anderen. Veröffentlicht wurde sie auf der Internetseite einer Splittergruppe, die sich prätentiös „Neue Kommunistische Partei Italiens“ nennt.

Wie die Tageszeitung Il Giornale berichtet, steht die Liste dort an der Seite vieler ähnlicher Beiträge, von denen einer mit dem Titel Entwicklung der Denunziation und des Kampfes gegen zionistische Organisationen und Agenten in Italien überschrieben ist. Darin heißt es:

„Der Kampf gegen zionistische Organisationen und Agenten, die in Italien operieren, ist ein Kampf sowohl zur Unterstützung des Widerstands des palästinensischen Volks als auch zur Befreiung unseres Landes von italienischen und ausländischen imperialistischen Gruppen und insbesondere vom US-NATO-Protektorat!“

Reinste Denunziation

Zu den „in Italien tätigen zionistischen Agenten“ wird etwa der genuesische Stadtrat, ehemalige Präsident der Jüdischen Gemeinde und Präsident der Jüdischen Juristenvereinigung Ariel Dello Strolog gezählt; weiters Politiker und Journalisten wie Enrico Mentana, Maurizio Molinari und Vittorio Feltri, die in Italien geborene und mittlerweile in Israel lebende Journalistin und ehemalige Parlamentsabgeordnete Fiamma Nirenstein und Unternehmer wie John Ellkan. Die Genannten werden eingeteilt in Kategorien wie „Zionisten in politischen Parteien oder Vertreter öffentlicher Organisationen, die den zionistischen Staat Israel aktiv unterstützen“ oder „Zionisten in den Medien und im Kulturbereich, die den zionistischen Staat in Italien unterstützen oder fördern“.

Die Liste sei „das Ergebnis einer reinen Denunziation“, schreibt die Journalistin Francesca Galici in Il Giornale. Andererseits werden laut ihrer Recherche Anhänger der Neuen Kommunistischen Partei dazu aufgerufen, beim Verbreiten die Anonymität des Verfassers und der Empfänger zu schützen:

„Solche detaillierten Anweisungen zu befolgen ist eine Pflicht, vor allem für diejenigen, die sich für echte Kommunisten halten. … Alles, was wir jeden Tag tun, wenn es keinen strategischen und taktischen, lokalen und nationalen Plan hat, dient nichts anderem als den Interessen unserer Feinde, Dienern der angelsächsischen zionistischen Oligarchie“, zitiert Galici einen Eintrag auf der Facebookseite der NKPI, auf der auch Anleitungen für die Unterstützer stehen:

Die schwarze Liste herunterzuladen sei „der erste Schritt für diejenigen, die sich ernsthaft fragen, was zu tun ist, um den katastrophalen Verlauf der gegenwärtigen Dinge zu ändern“. Ein Nutzer namens Orazio verlangt, eine „Aufräumaktion“ durchzuführen und die „zionistischen und proukrainischen Untertanen“ zu eliminieren, die seiner Meinung nach eine „Infiltration“ darstellen, obwohl es sich, wie Galici kommentierte, um einen öffentlichen Raum handelt, der allen offen steht. „Zu dem strategischen Projekt gehören offensichtlich Zensur und das Schweigen von Andersdenkenden“, so die Journalistin. Roms jüdische Gemeinde fühlt sich an den Pranger erinnert.

Zunehmender Antisemitismus

Laut der Nachrichtenagentur Jewish News Syndicate (JNS) hat die Neue Kommunistische Partei die Liste verteidigt und als Vergeltung für eine „Hetzkampagne“ bezeichnet, die angeblich gegen Gabriele Rubini geführt wird, einen ehemaligen, halbprofessionellen Rugbyspieler, Koch und Fernsehmoderator, der unter dem Namen Koch Rubio bekannt ist und seit dem 7. Oktober letzten Jahres zahlreiche antisemitische und antiisraelische Bemerkungen in den sozialen Medien veröffentlicht hat. Ein Gericht verurteilte Rubini kürzlich zur Entfernung aufstachelnder Postings gegen Juden und Israel und zu einer Geldstrafe für jeden nicht gelöschten Eintrag. Im Mai wurde er laut JNS vor seinem Haus von sechs Angreifern zusammengeschlagen. Für den Überfall machte er „zionistische Juden“ verantwortlich.

Auch in Italien hat der Antisemitismus zugenommen. Im Januar kam es in Vicenza zu Gewalt von antiisraelischen Demonstranten, die gegen die Anwesenheit von Israelis bei einer Schmuckmesse protestierten. Im Juni wurde ein Video bekannt, in dem Anhänger der Jugendorganisation der Regierungspartei Fratelli d’Italia den Hitlergruß zeigen und „Sieg Heil!“ sowie antisemitische Parolen brüllen.

Die nun veröffentlichte Liste von vermeintlichen „zionistischen Agenten“ ahmt ein Vorbild aus den USA nach: Im Juni 2022 hatte die antisemitische BDS-Gruppe in Boston eine visualisierte Zielliste von Bostoner Firmen, Stiftungen, Zeitungen und Politikern veröffentlicht, die sie wegen ihrer Unterstützung Israels anklagte und zu deren „Demontage“ sie aufrief.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

Stefan Frank, geboren 1976, ist unabhängiger Publizist und schreibt u.a. für Audiatur online, die Jüdische Rundschau und MENA Watch. Buchveröffentlichungen: „Die Weltvernichtungsmaschine. Vom Kreditboom zur Wirtschaftskrise“ (2009); „Kreditinferno: Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos“ (2012).

 

Foto: KI

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Leserpost

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Stefan Riedel / 31.08.2024

Evolution? Die menschliche Art degeneriert im Zeitraffer? Bildungssystem? Politisch gewollt?

Hieronimus Krey / 31.08.2024

AchJa. Es gibt Gerüchte, nach denen in Zypern Auffanglager für mindestens 100.000 “Fans des 7. Oktober” errichtet werden. Was ist hinter diesen Gerüchten? Wo werden die landen?

Hieronimus Krey / 31.08.2024

Wo sehe ich Ähnlichkeiten in Deutschland? Hammerbanden? Durch Volksempfänger zusammengetrommelter Lynchmob? Vorerst geht es nur um soziales Lynchen. Liest jemand indymedia? In schöner Regelmäßigkeit werden dort brennende AfD-Autos verkündigt. Und nebenbei auch brennende Kabelschächte der Bahn, die ja die Produkte ausgebeuteter Lohnsklaven transportiert - von Waffen ganz zu schweigen… Komischerweise liest man sonst nirgendwo davon. Nicht einmal auf AchGut !?

Franz Klar / 31.08.2024

Mio Dio , was soll bloß aus Italia werden ... ?

Bärbel Witzel / 31.08.2024

“Die Protokolle der Weisen von Zion” ist ein Buch, das weit verbreitet ist, wohl auch in anderen Sprachen als der deutschen. Dabei handelt es sich jedoch um eine Fälschung, das muss man den Menschen deutlich sagen. Das Buch weist viele Parallen zum Buch “Der Fürst” von Nicolo Machivelli aus dem Jahr 1513 auf. Die Italiener vergessen ganz, dass die Römer in der Antike eine der brutalsten Völker waren, die es je gegeben hat, auch schon vor Chr. Zwar waren andere Völker der Antike auch brutal, aber die Römer übertrafen alle. Ganz Nordafrika und Europa wurden zum größten Teil von den Römern zersetzt. Den Islam gab es zu der Zeit noch nicht.

L. Luhmann / 31.08.2024

“Auch in Italien hat der Antisemitismus zugenommen.” - Die armen Muselmanen werden offensichtlich weltweit verfolgt!

Marc Greiner / 31.08.2024

Kann der Mossad diese Idioten nicht einfach “verunfallen” lassen? Dreckskommunisten. Es ist Krieg.

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