Italien: Linke Agitation und rechte Wirklichkeit

Meloni fascista sei il primo della lista.. du bist die erste auf der Liste, so lautete ein Spruch bei einer Demonstration von Feministen mit dem Thema Gewalt gegen Frauen. Die erste weibliche Ministerpräsidentin Italiens scheint also vom Gewaltverbot ausgenommen zu sein.. Und das, obwohl Giorgia Meloni dieses Thema ausdrücklich zu einem Schwerpunkt ihrer Regierungsarbeit erklärt hat.

Meloni sei zwar eine Frau, mache aber männlich-paternalistische Politik, so die einschlägigen Linksintellektuellen. Der Schriftsteller Roberto Saviano, der sich einst im Kampf gegen die Mafia mit investigativen Büchern wie Gomorra Verdienste erworben hat, nahm für sich dichterische Freiheit in Anspruch, als er Meloni als “bastarda” bezeichnete. Meloni hatte ihn angezeigt.

Von den drei Parteien, die gegenwärtig im centrodestra vereint Italien regieren, waren zwei bereits in der Draghi Regierung vertreten. Dennoch scheuen sich Linke nicht, zu erklären, nun stehe die Machtergreifung des Faschismus bevor.

Lega und Forza Italia sind bei den letzten Wahlen übrigens die Verlierer gewesen. Beide gehören jetzt zur neuen Regierungskoalition, haben aber jeweils fast die Hälfte ihrer Wähler verloren. Für Meloni ist dies nicht unproblematisch, in beiden Parteien wird über die zukünftige Aufstellung diskutiert, beide sind in einem Selbstfindungsprozess. Mittelfristig könnte dies die Regierungskoalition destabilisieren.

Der Fall eines Idols

Der Abgeordnete der Partei Verdi-Sinistra Italiana, der Grün-Linken im römischen Parlament,  Aboubakar Soumahoro, ist für die italienische Linke das Beispiel einer gelungenen Integration. Soumahoro ist 1999 aus der Elfenbeinküste eingewandert, hat eine Karriere als Gewerkschafter gemacht und sich für die Rechte von Migranten eingesetzt. Er posiert gerne in Gummistiefeln und mit erhobener Faust. Jetzt ist sein luxuriöser Lebensstil Thema geworden. Gegen seine Frau und seine Schwägerin wird wegen Steuerhinterziehung ermittelt und die Schwägerin hat zugegeben, ihre Arbeiter nicht bezahlt zu haben. Beide betreiben eine Cooperative, die als Träger einer Reihe von Aufnahmezentren für Migranten fungiert. Mittlerweile ist ihnen diese Trägerschaft entzogen worden. Lächerlich macht sich Soumahoro mit der Behauptung, er habe von alledem nichts gewusst: Das linke Symbol für ein neues und für Migranten allzeit offenes Italien ist gestürzt.

Migration ohne Ende?

Die centrodestra Regierung hat bisher keine belastbare Lösung für das Problem der illegalen Migration umsetzen können. Meloni und ihr Innenminister Matteo Piantedosi, der bereits Kabinettschef zweier seiner Vorgänger war - das noch zum Thema Faschismus, haben bisher lediglich klargestellt, dass sie die illegale Migration nicht weiter hinnehmen werden. In den Startzentren der illegalen Migration wie im libyschen Zuara scheint die Botschaft angekommen zu sein. Der Dokumentarfilmer Severgnini hat Aussagen von Migranten gesammelt, die in ihre afrikanische Heimat zurückkehren möchten bzw. beginnen, das Risiko der Meeresüberquerung realistisch einzuschätzen und sich nicht mehr in die Hände der Menschenschmuggler begeben wollen. So erklärt ein junger Nigerianer: Ich denke, es ist keine gute Idee für mich, das Meer zu überqueren, weil das Schlauchboot sinken und die Libyer mich festnehmen könnten…

Er möchte in seine Heimat zurück, hat aber kein Geld, weil die Schmuggler ihn geschlagen und ausgeraubt haben. Und ein 19-jähriger Marokkaner erklärt, es sei sicherer, in die Heimat zurückzukehren, als sich in die Hände der Schmuggler zu begeben.

Ein rechtlicher Hebel, den Transport von Migranten über das Mittelmeer einzuschränken, könnte darin bestehen, die Tauglichkeit der NGO Schiffe für die Massenbeförderung in Frage zu stellen. Die Schiffe der NGO, in Zukunft auch fröhlich mitfinanziert durch die deutsche Regierung, kreuzen im Mittelmeer ausschließlich, um Migranten aufzunehmen und müssten dementsprechend ausgerüstet sein. Diese Schiffe müssten in der Lage sein, die Menge der Schiffbrüchigen, die sie aufnehmen wollen, d.h. im statistischen Mittel um die 200, in vollständiger Sicherheit unterzubringen und sie medizinisch und mit Nahrung zu versorgen. Davon kann natürlich keine Rede sein, es geht um den schnellen Massentransport, letztlich also darum, die illegale Migration zu fördern.

Regieren gegen Links

Italienischen Regierungen ist bekanntlich in der Regel kein langes Leben beschieden.

Die Linksparteien haben die letzte Wahl deutlich verloren, nicht aber die Verankerung und Hegemonie im kulturellen Sektor. Der politisch Meloni nahestehende Journalist und Schriftsteller Pietrangelo Buttafuoco meint, dass die hysterischen Versuche, die Regierung Meloni als faschistisch zu delegitimieren, sie letztlich stärken - der Angriff ist einfach zu absurd. Die Zustimmungswerte für Melonis Fratelli d’Italia  liegen mit ca. 30 Prozent gegenwärtig deutlich über deren Wahlergebnissen. Sollte die Regierung allerdings die illegale Migration nicht in den Griff bekommen, ein zentrales politisches Versprechen, dann könnte diese Zustimmung auch rasch in Enttäuschung umschlagen. Diese Spanne kann in einem Land, das in den letzten 50 Jahren zwei grundlegende Umwälzungen seiner Parteienlandschaft erlebt hat, ziemlich kurz sein.

Buttafuoco führt die relativ kurze Haltbarkeit italienischer Regierungen auf die machttrunkene Hybris ihrer Spitzenpolitiker zurück, die sich, wie Renzi oder Salvini auf dem Gipfel ihres Ansehens politisch verkalkulieren: Renzi mit einem hochriskanten Referendum und Salvini mit der Hoffnung auf Neuwahlen.

Meloni hingegen stehe “con i piedi per terra…” mit den Füßen auf der Erde und ohnehin gebe die Lage Italiens keinen Raum für Eitelkeit oder Überheblichkeit.

Foto: Quirinale.it CC BY 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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S. Malm / 12.12.2022

Wieso nur halte ich die meisten linken “Intellektuellen” für unterbelichtete Widerlinge? Irgend etwas muß bei mir das ausgelöst haben, ich kann es mir gar nicht erklären, sie sind doch <<die Guten>>™

Sascha Hill / 12.12.2022

Wenn man die Internationale Linke und ihr Handeln beobachtet, dann muss man zweifelsohne sofort an Silone denken. Ob hierzulande, in Italien, in den Staaten, Brasilien oder wo auch immer. Es ist immer das gleiche, der politische Gegner ist faschistisch. Selbst vor der Mitte wird kein Halt gemacht, auch diese ist faschistisch. Wobei freilich (irr)witzig anzumerken ist, die Linken (Rot, Grün und auch Schwarz & Gelb) meinen selbst die Mitte zu sein.

Didi Hieronymus Hellbeck / 12.12.2022

Herrn Jochen Lindt: Danke für Ihren Kommentar. Sie haben das Wesentliche erkannt (so wie auch etliche Alt-Linke, also echte Linke wie etwa Diether Dehm, es erkannt haben). Die modernen Linken, Klimaaktivisten, Grüne Omas usw. sind nichts anderes als nützliche Idioten der von Ihnen benannten Kreise. Das Gegenteil von früherem links.

Peter Woller / 12.12.2022

Ach die Linke. Die Linke bejubelt heute die Pharma-Lobby, Frau Wagenknecht zwar nicht, aber die Anderen schon. Die Linke verteidigt heute genau die Positionen, die sie vor 40 Jahren noch bekämpft hat. Wir mussten als “Corona-Spaziergänger” vor einem Jahr linke Positionen verteidigen, weil die Linken uns in ihren “Bündnissen gegen Rechts” als -Nazis- verschrien haben. Ja so verrückt ist Politik

Silas Loy / 12.12.2022

Der grosse Unterschied Deutschlands zu Italien ist, dass hier die Mehrheit der Bürgerlichen in Gestalt der CDU/CSU und der FDP linke Politik inzwischen schamlos selber vertreten oder zumindest leichtsinnig mittragen. Es ist dieser Verrat, unverstanden von zu vielen Wählern, der unserem Land zu schaffen macht, nicht die Grüne Sekte allein, die ist in jeder Hinsicht zu schwach. Und auch nicht die abghalfterte Sozialdemokratie, die Maskenschikanen Gesundheitspolitik vortäuscht und mit so irren Ideen wie der Beweislastzumkehr, politische Säuberungen durchzusetzen versucht. Die deutsche bürgerliche Mitte ist nicht etwa für angeblichen Rechtsexstremismus anfällig -wie gerade mal wieder ein liberaler Schwätzer behauptet hat- sondern ganz im Gegenteil für originär linke Prämissen und Obsessionen. Sie ist bereit, dafür die eigenen Werte, den einfachen Anstand, und jede gesunde Rationalität aufzugeben. Sie zerstört dafür auch das Vertrauen in den Staat und das Recht. Sie ist dumm, käuflich und feige, sie ist ernsthaft krank, verkommen und dekadent. In Italien ist das überhaupt nicht so, da ist die bürgerliche Mitte jetzt an der Macht und scheint insgesamt zu wissen, wo es langgeht. Meloni ist keine Merkel und wird auch keine, soviel dürfte jedenfalls schon mal klar sein.

Sam Lowry / 12.12.2022

Die Deutschen brauchen erst ein paar längere Blackouts und deren Folgen (Hunger, Frieren, Aufstände), bis sie von der Couch aufstehen und richtig wählen. Es gibt nur eine Partei, die pro Deutschland ist, aber die darf ja nicht genannt werden; außer im negativen Zusammenhang. Alle anderen Parteien arbeiten an der Abschaffung Deutschlands und des Grundgesetzes! Punkt.

Lutz Liebezeit / 12.12.2022

Die Neurechten sind Borderliner und haben ein völlig verdrehtes, begründungsfreies Bild von Links in Umlauf gebracht. Man konnte bei denen nie unterscheiden, ob sie zur Demokratiebewegung gehören, oder Agenten sind. Daß die SED-Parteien Stützen der Pharma-Industrie sind und lauthals Impfen für alle fordern, daß die Baerbock als ihresgleichen betrachten und Selfies von Baerbock mit dem Multimilliarden Dollarmann George Soros bei denen keinen Anstoß erregen, macht die genauso wenig stutzig wie der “Inhaber” der Weltgesundheitsorganisation Bill Gates. Die vermeintlich Linken in Parteien, Funk und Fernsehen übertreten jeden Tag nicht nur die Gesetze des Anstands, sondern auch des Strafrechts. Die veranstalten antiquierte Schauprozesse zur besten Sendezeit und begründen das mit einer Verfassung, die sie sich selber geschrieben haben. Wer es griffiger will, lese @Jochen Lindt. Wer in der Wissenschaft Fortschritte macht und in der Sittlichkeit Rückschritte, macht mehr Rückschritte als Fortschritte. Aristoteles.

Bodo Bastian / 12.12.2022

“Ein rechtlicher Hebel, den Transport von Migranten über das Mittelmeer einzuschränken, könnte darin bestehen, die Tauglichkeit der NGO Schiffe für die Massenbeförderung in Frage zu stellen.” Einen solchen Hebel gibt es längst, und jeder Inhaber eines Kapitänspatents weiß das. Stichworte: Seenot (hier: Definition), Rettung aus Seenot,  nächster Hafen (hier: Definition). Es gibt da keinen Spielraum, wenn man sich an das Gesetz hält. Alles andere ist politisches Geschwurbel.

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