In einer Videokonferenz zu Italiens Strategie gegen den Klimawandel öffnete Roberto Cingolani plötzlich eine Tür für die Atomkraft, meldet tagesschau.de. Der Physiker und Minister für den ökologischen Umbau, habe nicht ausschließen wollen, dass die Kernenergie in Form von Atomreaktoren der sogenannten vierten Generation nach Italien zurückkehre. In Reaktoren der vierten Generation sei eine Kernschmelze, der größtmögliche Atomunfall, physikalisch ausgeschlossen. "Wenn sich in einem bestimmten Moment herausstellt, dass diese Reaktoren nur wenig radioaktiven Müll verursachen, dass die Sicherheit hoch und die Kosten pro Megawatt niedrig sind - dann ist es verrückt, diese Technologie nicht in Erwägung zu ziehen", habe Cingolani dazu gesagt. Der Hinweis Cingolanis, noch sei die Technologie nicht ausreichend erforscht und aktuell stünde keine Entscheidung an, habe die Debatte nicht gebremst. Italien diskutiere seitdem, ob auch Atomkraftwerke Teil der Strategie im Kampf gegen die Klimawende sein können.
Unterstützung für den Vorstoß des parteilosen Cingolani, der dem linksliberalen Lager zugerechnet werde, komme unter anderem von der rechten Lega. Angesichts stark steigender Strompreise, habe Parteichef Matteo Salvini gesagt, könne Italien nicht länger das einzige G8-Land ohne Atomkraftwerke bleiben: "Das Schweden von Greta hat acht Atomkraftwerke, ein italienisches Energieunternehmen baut vier in Slowenien, und italienische Ingenieure arbeiten mit an neuesten Kraftwerken in der Welt, die null Gefahr und null Luftverschmutzung bedeuten", wird er zitiert. "Da kann es nicht sein, dass wir in Italien die einzigen sind, die nichts tun."
Die Debatte über Atomenergie besitze in Rom eine besondere Brisanz. Denn per Volksentscheid sei Italien 1987 als erstes europäisches Land aus der industriellen Nutzung der Kernkraft ausgestiegen. Einen Wiedereinstieg in die Atomkraft habe eine Mehrheit der Italiener 2011 in einem Referendum noch abgelehnt.