Ahmet Refii Dener / 21.05.2025 / 10:00 / Foto: Montage achgut.com / 36 / Seite ausdrucken

Ist Liebe zu Deutschland heute noch erlaubt?

Es ist ein seltsames Land geworden, dieses Deutschland. Wer es liebt, muss sich rechtfertigen. Wer es verteidigt, wird verdächtigt. Und wer es kritisiert, aus Sorge um seinen Zustand – der ist schnell „gesichert rechtsextrem“.

Ich bin Ahmet. Geboren in Istanbul, aufgewachsen im Glauben, dass Deutschland für mich eine zweite Heimat sein kann. Heute bin ich hier – als Deutscher, als Erziehungsbeistand, als Publizist, als jemand, der sich den Kopf zerbricht, wie das hier alles weitergehen soll. Und während ich das tue, sehe ich: Die Debatte verläuft nicht mehr entlang von Argumenten, sondern entlang von Etiketten.

#gesichertdeutschlandliebend – mein neuer Hashtag. Entstanden aus der bizarren Wirklichkeit, dass ein Verfassungsschutzbericht heute nicht mehr nur Extremisten benennt, sondern auch politische Konkurrenz delegitimiert. Und wer nicht mittrommelt im Chor der Regierungs-Haltung, landet schnell auf der Schattenliste.

Ich weiß, wie das läuft. Seitdem ich laut bin, klar bin, unbequem bin, bekomme ich keine Unternehmensaufträge mehr. Früher traf man sich zu einem Termin. Heute googelt man sich gegenseitig vorher weg. Termine werden nicht abgesagt, sondern „verschoben“. Auf ewig.

Nicht verloren, aber auf dem besten Weg dahin

Ich bin gegen unkontrollierte Massenzuwanderung. Ich sage das offen. Deshalb halten mich viele für einen AfDler. Gesichert rechtsextrem – weil ich sage, dass hunderttausende Menschen illegal kamen, bleiben und Unsummen kosten. Ich sage es nicht mit Hass, sondern mit Kalkulation.

Und dann? Dann bekomme ich als Erziehungsbeistand einen neuen Fall: Ein afghanischer Jugendlicher, gerade 18 geworden, spricht gut Deutsch, lebt seit zwei Jahren hier, Berufsschule. Jetzt soll er gehen. Asylantrag abgelehnt. BAMF-Bescheid pünktlich zum Geburtstag. Der Preis seiner letzten zwei Jahre in Deutschland? 160.000 Euro (*). Nur für die Unterkunft!

Und ich? Ich sitze nun dazwischen. Der, der helfen will – und der zugleich weiß, wie ungerecht das System gegenüber dem Steuerzahler ist. Denn während dieser Junge gehen muss, klagt eine 14-köpfige afghanische Familie auf Einreise nach Deutschland. Im Oktober 2023 hatte die komplette Familie im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms des BAMF eine Zusage für ihre Aufnahme erhalten. Nun warten sie in Pakistan auf die Aushändigung ihrer deutschen Visa. Doch die deutsche Botschaft befragte sie im April erneut zu ihren verwandtschaftlichen Beziehungen und verlangte weitere Dokumente. Nun droht die Abschiebung nach Afghanistan, woraufhin die Klage auf Einreise nach Deutschland folgte. Zu vierzehnt. Professionell organisiert, mit deutschem Anwalt, finanziert durch wen eigentlich? 

Ich kann ein Problem benennen, ohne es zu hassen

Und das in einem Land, das immer neue Sondervermögen braucht, um die Illusion des Sozialstaats aufrechtzuerhalten. Wo Renten nicht sicher sind, Kitas Personal suchen und Wohnungen schon für die hier Geborenen fehlen. Aber wehe, man spricht es aus. Dann ist man rechtspopulistisch. Oder gleich rechtsextrem.

Ich aber betreue weiterhin die Kinder dieser „Wir-schaffen-das“-Generation. Ich bringe ihnen deutsche Grammatik bei, deutsche Werte, deutsches Denken. Ich helfe ihnen, ihren Weg zu finden – obwohl ich nicht weiß, ob Deutschland seinen eigenen Weg noch kennt. Ich kann diese Dinge trennen. Ich kann gegen unkontrollierte Migration sein und trotzdem helfen. Ich kann ein Problem benennen, ohne es zu hassen. Ich kann Kinder begleiten, ohne die Augen vor dem Systemversagen zu verschließen.

Was ich nicht kann: weiter schweigen. Und wenn dann ein Türke mit deutschem Pass das ausspricht, was sich viele Bio-Deutsche nicht mehr trauen, dann ist das vielleicht der letzte Beweis, dass hier etwas schiefläuft. Dass wir wieder anfangen müssen, das Land zu lieben – aber mit Verstand. Nicht mit Ideologie. Nicht mit Dogma. Sondern mit Mut. Denn Deutschland ist nicht verloren. Aber es ist auf dem besten Weg dahin.

(*) Ich erfuhr, dass der Tagessatz in der Wohngruppe für Kinder und Jugendliche ca. 220 Euro kostet, gerechnet auf zwei Jahre kommt man nur für Unterkunft auf einen Betrag von 160.000 Euro. In einer Wohngruppe leben in der Regel sechs bis neun Kinder und Jugendliche. Die genaue Gruppengröße kann je nach Einrichtung und Betreuungsbedarf variieren, wobei auch kleinere oder größere Gruppen möglich sind, zum Beispiel Familiengruppen mit zwei Betreuten oder Wohngruppen mit bis zu 10 Kindern. In der oben genannten Einrichtung waren circa 100 Kinder der „Wir-schaffen-das“-Generation untergebracht.

 

Ahmet Refii Dener ist Türkei-Kenner, Unternehmensberater, Jugend-Coach aus Unterfranken, der gegen betreutes Denken ist und deshalb bei Achgut.com schreibt. Mehr von ihm finden Sie auf seiner Facebookseite und bei Instagram.

Foto: Montage achgut.com

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Leserpost

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Ralf Pöhling / 21.05.2025

Das mit der Liebe zum Vaterland klingt mir zu pathetisch. Ich kann eine tolle Frau lieben, aber nicht einen Acker, einen Berg oder ein Viertel voller Häuser. Ich liebe auch meine Stadt nicht und auch nicht meine Wohnung. Ich brauche aber beides dennoch, um einigermaßen sicher, angenehm und entspannt durchs Leben gehen zu können. Wenn meine Stadt und meine Wohnung dann noch schön, komfortabel und voller netter Menschen sind, macht das Leben dann natürlich um so mehr Spaß. Man hat eben lieber Freunde in ansehnlicher Umgebung um sich, mit denen man einen drauf machen kann, als Feinde die einem in einem heruntergekommenen Schrotthaufen andauernd nach dem Leben trachten. Insofern muss man schon zusehen, dass man sein eigenes Land so gestaltet, dass man selbst quasi als Besitzer seines Landes davon das meiste hat. Das Land gehört ja dem jeweiligen Volk. Das ist die eigene Wohnung in der wir Deutschen leben. Nicht mehr, aber auch auf keinen Fall weniger. Menschen brauchen ihre eigene Scholle auf der sie gedeihen können. Das ist normales biologisches Verhalten und man sollte sich das von niemanden ausreden lassen. Wenn das eigene Land nicht so daherkommt, dass man selbst darin bzw. darauf gerne lebt, dann muss man das einfach ändern, damit man als Mensch dort artgerecht leben kann. Tiere leben ja auch lieber im Wald als in einem heruntergekommenen Stall voller Gülle. Im Moment ist Deutschland kein schöner Wald mehr, sondern ein verkommener Schweinestall. Darum klappt das auch nicht mit dem Patriotismus.

Michael Hinz / 21.05.2025

@Johannes Schuster - erkenne die Qualität Ihrer Texte an. Erinnert mich, wenn ich das sagen darf, an Elfi Jelinek. Über Dörfer, Metzger, Autismus und Afrika kann ich nichts sagen. Best wishes.

Michael Schweitzer / 21.05.2025

Herr Dener,wenn die Deindustriealisierung so weiter geht,dann verkaufen wir das gute Gefühl der Sozialarbeit in die ganze Welt.

Fritz kolb / 21.05.2025

Alles sehr gut beschrieben und leider völlig zutreffend. Die Lage scheint hoffnungslos. Eine neue Regierung, die sich auf sehr fragwürdige Art Geld zuschustert, um ihr Lügengebäude der sozialen Gerechtigkeit und der unbegrenzten Mittel für Migration, am Leben zu halten. Zulasten der nächsten Generationen. Ein Verrat an den eigenen Wählern. Eine Regierung, die 10 Millionen Wähler diskreditiert, mit völlig absurdem Nazi-Stigma. Eine Regierung, deren Vizekanzler bekennender Antifa-Aktivist war. Einem Kanzler der, einmalig in der bundesdeutschen Geschichte, erst im 2. Wahlgang, durch einen Kuhhandel mit den Linken, noch am selben Tag gewählt wurde. Und der den Ruf, ein Blackrock-Aktivist zu sein, nie losgeworden ist (Blackrock/Waffenleasing/Ukrainekrieg). Ein Verfassungsschutz, der zum willigen, devoten Regierungsarm mutiert ist. So wie der ÖRR auch. Ein Kriegsminister, der mit den Vokabeln des 3. Reiches von Kriegstüchtigkeit faselt. Der Aktienwert von Rheinmetall hat sich in kurzer Zeit verdoppelt. Das Krisen-Label der letzten 100 Jahre beinhaltete stets die Vokabel „sozialistisch“. Wir werden wegen starker linker Schlagseite sinken, es dauert nicht mehr lange.

Rolf Lindner / 21.05.2025

WER SIND DIE IDIOTEN? - Ach, wenn es nur Idioten wären, die an des Landes Spitze stehen, erhalten jetzt die höchsten Ehren, die kriminelle Dinger drehen. - Tönen, dass sie das Volk vertreten, faseln gar von Demokratie, doch für sie zählen nur Moneten, des Volkes Wohl zählt für die nie. - Fragt man: Wer sind denn die Idioten, wer ist offenbar geisteskrank? Untertanen sind’s, die devoten, die taumeln in den Untergang.

Johannes Schuster / 21.05.2025

@Michael Hinz: Das Kunststück bestand darin, daß ich so 8-10 Jahre alt war und mich jeder für bescheuert hielt, eine über Autisten typische Bewertung durch die Umwelt, - eine Bewertung, die ich keineswegs unangenehm finde: Trotz einer glatten Eins in Physik und einer Episode in der Luftfahrt gilt ein Autist per Definition als “behindert”. Agent 00Poop: Mit der Lizenz auf den Ladentisch zu scheißen. Der Vorzug liegt darin, daß dann alle um einen herum meinen man wäre per se blöd und debil, und dann, dann, und dann erst recht packen Erwachsene ihr dreckiges Ich aus. Unter der Prämisse: “Der hat ja dieses Syndrom” quatschen die NTs dann über alles: Vom Vom Vaginalpilz bis zum Code des Tresors, die packen in ihrer Hybris alles auf den Tisch. Von Frau zu Frau von Mann zu Mann, der Beisitzer hat ja “eh ein Syndrom”.  Und irgendwann denkt sich das kleine Früchtchen: “Bitte, ich habe ein Syndrom und die Informationen gleich dazu”. Und so kriegt man das dann mit, daß der Metzger hier und dorten und zwischen Titten und Torten an allen Orten in der Damenwelt das Fleisch in Stücken von Filet feil hält.  Der ist ja noch zu haben, zu haben, haben, haben, haben, Grapsch, der hat ja ein Erbe in Aussicht. Die ganz normale provinzielle Schlampenwirtschaft eben. Daß Erwachsene Kinder immer für blöd halten ist die vermessenste Dummheit überhaupt. Ausgedehnte Waldgänge brachten mich zur Forstwirtschaft und weg von diesem Dorfkiez der schnellen Nummer. Ich habe eine Weile in der Holz - Rohstoff - Gewinnung gewirkt. Unvergessen der Forstangestellte, der in Afrika auf Exkursion ein Kind hinterließ, oder der Förster dem beim Ficken die Pumpe stehen blieb. Illegal entsorgte Tierkadaver und einen Fall von Inzucht. 4000ha Wald erzählen Geschichten. “Die Alti isch gstierig” heißt soviel wie: Dorfschönheit auf Schwanzsuche. Kabarett auf dem Land besteht zu 99% aus guter Beobachtung. Der Rest ist Stihl, Fendt und Deutz liebe Leuts. Und nicht zu vergessen: Mengele und die Miststreuer.

Peter Hans / 21.05.2025

Mir stellt sich eine andere Frage: Gibt es das Deutschland, das ich schätzen und lieben gelernt habe, überhaupt noch? Oder liebe ich eine Erinnerung?

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