Ist Baerbocks N-Wort-Schulgeschichte auch erdichtet?

Hat Annalena Baerbock eine Geschichte frei erfunden und öffentlich erzählt, nur um das „Narrativ“ aufzubauen, Lehrer in deutschen Grundschulen würden rassistische Inhalte verbreiten und Kritik unterbinden? Der Verdacht drängt sich auf. Womöglich könnte sich dadurch eine Affäre um das von ihr ausgesprochene „N-Wort“ erheblich ausweiten, die bisher noch überschaubar für sie ist. Steht ihr eine neue Peinlichkeit ins Haus, die ihr – nach all den bisherigen, vom aufschneiderisch geschönten Lebenslauf bis zum zusammengeklauten Buchmanuskript – nun den Rest geben könnte? Ist die Story, die sie kürzlich öffentlich verbreitete, schlicht gelogen? (Zum Begriff „N-Wort“ siehe unten, Ende des Textes)

Was bisher bekannt ist: Baerbock gab kürzlich dem Video-Format „Tachles-Arena“ ein Interview, bei dem sie auch zum Thema Rassismus befragt wurde. Sie selbst fasste dies hinterher so zusammen: „Ich habe dabei von einem Vorfall an einer Schule in meinem Umfeld erzählt. Der Sohn einer Bekannten sollte eine Bildergeschichte schreiben zu einem Arbeitsblatt, auf dem das N-Wort stand. Seine gute Reaktion darauf: Er weigerte sich, eine Aufgabe zu erfüllen, die mit dem N-Wort eingeleitet wurde. Daraufhin wurde ihm vorgeworfen, er störe den Schulunterricht. Er war also plötzlich der Schuldige und nicht diejenigen, die solches Lehrmaterial erstellt hatten. Dieser Vorfall wühlt mich noch heute auf.“ Ein Arbeitsblatt in einer heutigen Grundschule, auf der das „N-Wort“ stand, unkommentiert, voll ausgeschrieben. Aha.

Was man ihr bisher vorwarf, und wofür sie meinte, sich entschuldigen zu müssen: „Leider habe ich in der Aufzeichnung des Interviews in der emotionalen Beschreibung dieses unsäglichen Vorfalls das N-Wort zitiert und damit selbst reproduziert.“ Bedauerlicherweise, so Baerbock, weil „ich weiß ja um den rassistischen Ursprung dieses Wortes und die Verletzungen, die schwarze Menschen unter anderem durch ihn erfahren“. Vergeblich bat sie, die Passage mit dem N-Wort aus dem Video vor seiner Verbreitung zu löschen. Wodurch allerdings die Medien erst aufmerksam wurden und darauf ansprangen, das Milieu dann aufbegehrte, das meint, man dürfe jenes Wort auch nicht zitieren, um seinen Gebrauch zu brandmarken – und das Ganze nunmehr in der Polit-Öffentlichkeit zum Tagesgespräch avancierte.

Stimmt die Geschichte überhaupt?

Und genau deshalb drängt sich demjenigen, der eins und eins zusammenzählen kann, langsam aber sicher die Frage auf: Stimmt die Geschichte überhaupt, die Baerbock da zum Besten gab? Oder ist sie frei erfunden, nach dem Schema: „…der Sohn einer Bekannten…“? Oder doch zumindest im wichtigsten Detail verdreht, ins Gegenteil gekehrt?

Hellhörig konnte man bereits werden, als die Kieler Bildungsministerin forderte, Baerbock möge doch umgehend mitteilen, in welcher Schule sich jener Vorfall abgespielt haben solle, wenigstens in welchem Bundesland. Zu recht, damit man dem Vorfall von Rassismus, so er sich denn wirklich abgespielt hat, nachgehen könne. Kein Antwort von den Grünen. Auch die Bildzeitung fragte in der Angelegenheit nach, konnte dann aber nur berichten: „Baerbock weigert sich weiterhin, zu verraten, in welchem Bundesland das Kind das ominöse Arbeitsblatt mit dem ‚N-Wort‘ bebildern sollte. Das teilten die Grünen am Dienstag auf BILD-Anfrage mit. Die Grünen-Chefin hatte zuvor erklärt, sie wolle ‚keine privaten, persönlichen Details von Kindern und Familien‘ in die Öffentlichkeit zerren. Problem: Damit kann der Rassismusfall niemals aufgeklärt werden.“

Vielleicht soll er ja auch gar nicht aufgeklärt werden, weil er sich dann in Luft auflösen würde; soll im Ungefähren bleiben, um ihn stets in gebotener Unschärfe bei Bedarf hervorholen zu können, um den alltäglichen Rassismus zu dokumentieren, der angeblich den deutschen Grundschülern gnadenlos eingetrichtert wird von rassistischen Lehrerinnen. Und wer dagegen opponiert, muss sich sagen lassen, er störe den Unterricht. Baerbock for Kanzlerin! Damit sich endlich was tut!

Die Angelegenheit beginnt rätselhaft zu werden: Der „Sohn einer Bekannten" wäre ja sicher nicht der einzige Schüler in der Klasse, und da dieser Vorfall mit dem „Sohn einer Bekannten“ inzwischen bundesweit die Runde gemacht hat, sollte ja einer von, sagen wir, 20 oder 30 Mitschülern das doch aufgeschnappt haben, Eltern hellhörig geworden und die betreffende Schule geoutet worden sein – wenn es sie denn gibt. Zudem: Hat das aus dem Lehrerkollegium auch keiner mitgekriegt? Lesen Lehrer Zeitung? Reden sie miteinander? Reden sie zuhause?

So etwas wäre unter der Decke zu halten

Geheime Unterrichtsmaterialien, Rassismus unter dem Pultdeckel, der nur im entscheidenden Moment kurz gelüftet wird, anschließend versteckt, Schweigen im Walde? Kann das sein? Und: Annalena Baerbock wird von dem Vorfall heute noch aufgewühlt. Und ihre Bekannte? Die lässt das alles ganz ruhig über sich und vor allem ihren Sohn ergehen? Nur kein Theater machen?

Eine Schule ist, dank ihrer unzähligen unkontrollierbaren „Player“ auf allen Ebenen, im Zweifel ein öffentlicher Raum, in dem so etwas kaum unter der Decke zu halten wäre, jedenfalls nicht bei dieser inzwischen bundesweiten Resonanz des Falles.

Es gibt eine Lösung des Rätsels, auch wenn diese für die Kanzlerkandidatin noch peinlicher würde. Womöglich hat sie einfach Zeitung gelesen, dann die dort in einem Beitrag Beschriebenen kurzerhand zu ihren Bekannten erklärt und schließlich noch ziemlich an der Sache herumgedreht, damit ihr „Narrativ“ stimmt. Die Süddeutsche Zeitung und der Focus machten im vergangenen November auf einen bizarren Fall aufmerksam: An einer Grundschule im Kieler Umland haben Erstklässler im Unterricht Papiere mit einem Buchstaben-Lernpuzzle erhalten. Darauf wurden neben den jeweiligen Buchstaben Menschen und Gegenstände gezeigt, die mit eben diesem Buchstaben beginnen. Und beim Buchstaben „N“ wurde – neben vielen anderem auch – was gezeigt? Eben, genau. Und auch noch im Baströckchen.

Beide, Focus und Süddeutsche berichten nun aber nicht, die Lehrerin habe die Schüler angehalten, keine dummen Fragen zu stellen, und einen „N“ gefälligst einen „N“ zu nennen, sondern schildern den Fall komplett anders. Die Lehrerin habe die Zettel in einem alten Ordner in der Schule gefunden, sich nichts dabei gedacht und sie für die Schüler kopiert. Als sie aber dann, nachdem sie die Kopien verteilt und nach einiger Zeit genauer hingeschaut hatte, die Bescherung sah, so schreibt die SZ, „habe sie sich umgehend schriftlich bei den Eltern der Klasse entschuldigt und die Kopiervorlage vernichtet. Sie habe niemanden herabwürdigen wollen, sondern nicht genau auf die Vorlage aus einem alten Ordner geachtet.“ Nichts mit: „Mach das.“ Nichts mit: „Du störst den Unterricht.“

Durch eigene Hinzudichtungen den nötigen Spin?

Die Schule, in der dies geschah, liegt also im Kieler Umland. Und deshalb ist es wohl auch kein Zufall, dass sich nun als erste die Bildungsministerin Schleswig-Holsteins zu Wort meldete, nachdem Baerbocks eigener vermeintlicher Fauxpas mit dem N-Wort, den sie in einen Rassismus-Fall an den Grundschulen verdrehte, die Runde gemacht hatte. Ihr war der Fall mit den Baströckchen bekannt, und sie wollte nun von Baerbock Ross und Reiter wissen. Weil sie – womöglich zu recht – der grünen Kanzlerkandidatin unterstellte, der ganzen Sache durch eigene Hinzudichtungen im eigenen Sinn den nötigen Spin gegeben zu haben. Es wäre ja auch zu passend: An der Grundschule wird Rassismus pur unterrichtet, und der Steppke, der sich dagegen wehrt, abgestraft. Passt. Noch Fragen?

Bewiesen ist nichts. Aber die Indizien liegen auf dem Tisch. Jeder kann sich seine eigene Meinung dazu bilden. Baerbock und ihr Team hätten es in der Hand, Ross und Reiter zu nennen. Täten sie es, wären sie den schlimmen Verdacht der schlichten, wiederholten Lüge ihrer Spitzenfrau los. Verzichten sie darauf, nehmen sie ihn in Kauf, ja erhärten ihn. Die Peinlichkeiten nähmen langsam überhand. Womöglich wühlt Baerbock dies ja irgendwann noch mehr auf als erfundene Rassismus-Fälle.

In eigener Sache: Wird das „N-Wort“, mit dem einst Schwarze bezeichnet wurden, ausgeschrieben (auch nur zur Erläuterung, Kritik oder Einordnung desselben), dann fliegen Texte oftmals aus sozialen Medien heraus. Nur deshalb hat der Autor auf das Ausschreiben des Wortes hier verzichtet. ulk

Foto: Illustration Rudolf Wildermann

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Albert Becker / 29.07.2021

Danke für den Faktencheck!

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