Habe eine Kippa mit Schirmchen vorne dran. Hat ein Zertifikat für ewige Coolness und nennt sich Basecap.
Also, ich finde die Kippa einfach schick. Sie ist ein unverzichtbares modisches Accessoire, leicht auf dem Kopf und in verschiedenen Materialien zu haben. Am elegantesten ist jene aus Samt. Auch Frauen sähen damit gut aus, wenn man sie denn diese für Männer geschaffene Kopfbedeckung tragen ließe. Ich denke da an die Pillbox einer Jackie Kennedy, die zu ihrem Markenzeichen wurde. Die Kippa ist nur etwas flacher. Die Kufiya - wir nannten sie in den Achtzgern “Arafat-Tuch”, empfinde ich hingegen als äußerst vulgär, aber keineswegs als revolutionär. Ich erinnere mich noch genau an eine Kollegin, die täglich mit diesem Teil auftrat und meinte, unter dieser Camouflage ihren aggressiven pro-palästinensischen Schwachsinn absondern zu dürfen. Welch ein Graus, dass dieses hässliche Kleidungsstück jetzt wieder in ist. Geschmack ist halt, wenn man trotzdem lacht…
Links (und westlich) verortete Menschen trennt vom konservativ beheimateten nicht die Mode, sondern schlicht und einfach Identität und Selbstwertgefühl. Sie haben beides nicht und brauchen daher eine ganze Kiste mit anderen Identitäten, die sie sich überstülpen, umwickeln und aufsetzen können um sich irgendwie besser zu fühlen. Vielleicht steckt auch der Wunsch dahinter von allen lieb gehabt zu werden, es allen recht machen zu wollen. Verbindlichkeiten sind ihnen generell ein Graus, sie leben gerne im Ungefähren, hängen Utopien an, Realität ist nicht ihr Ding, weswegen sie zwangsläufig ökonomisch auch, wenn überhaupt, nur mittelmäßigen Erfolg haben. Die Schuld dafür sucht man, wie könnte es anders sein, beim “konservativ beheimateten” Menschen.
Ich gestehe es. Ich hatte auch mal so ein Tuch. In den Achtzigern, als ich an einem Gymnasium mit lauter jungen Lehrkräften weilte, die oft direkt von der Uni kommend, und dort von Alt-68er Professoren indoktriniert worden waren, konnte man teils auch nicht anders “überleben”, besonders wenn man im Geschichte-Leistungskurs war. Bei diesen Lehrern gehörte Israel-Kritik, insbesondere im SoWi-Unterricht, zum Tagesgeschäft. Noch dazu kam ich aus einem links-liberalen Elternhaus. Was ich heute unter meine Jugendsünden verbuchen möchte…. Dieses Tuch, es sieht eigentlich eher häßlich aus, hat offenbar nichts an seiner “Trend”-Wirkung für Jugendliche eingebüßt, wohl auch ein Stück weit, weil die Jugendphase bei den meisten eine eher rebellische ist. Erst später scheinen diese, gut manchmal auch nicht, zu reflektieren, was sie da eigentlich als Aussage tätigen. Mir tut es heute eher leid, dass ich der damaligen Avantgarde willfährig nachgefolgt bin. Die Schwierigkeiten mit den links-grünen Lehrern hatte ich sowieso, mit Eltern bei den Liberalen….
Hierzu passt dann auch das hocherotische Photo eines heldenhaften Hamas-Kriegers in der Hamburger “Morgenpost” vor einigen Tagen - dieser natürlich zufällig photographierte durchtrainierte muskulöse junge Mann inmitten Rauchschwaden mit Steinschleuder in “David gegen Goliath”-Anmutung - es fehlte nur noch die aus G20 bekannte Calvin-Klein-Unterhose.
Das Tuch verkörpert Rebellion, Aufsässigkeit, Jugend, Linkssein, Unangepasstsein. Es hat eine ebenso weibliche wie männliche Komponente. Passend zum derzeit modernen Verwischen des Geschlechterunterschiedes. Es wirkt hart und weich zugleich. Es ist wohl kein Zufall, dass das Tuch, nachdem es seit den 80ern doch etwas aus dem Blickfeld geraten war, wieder in ist. Den Zeitgeist trifft. Dagegen wirkt die Kippa tatsächlich altbacken auf den hippen, linken Westler. Und in den Augen der Linken steht das Tuch für den Kampf der Gerechten. Den „Befreiungskampf“. Das macht es doppelt attraktiv. Auch Che Guevara hat diese weibliche Seite neben einer eher jugendlichen Männlichkeit. Wegen seiner langen Haare, und wegen seines teils entschlossenen und gleichzeitig etwas verträumten Blickes. Passt wunderbar zu harten Männern wie auch zur Feministin oder der verliebten Jugendlichen. Es geht um Identifikation. Die gestaltet sich bei der Kippa offensichtlich schwieriger.
Ewig cool? Die postulierte „Ewigkeit“ und alle „tausendjährigen Reiche“, die Menschen so aufrichten, können manchmal sehr kurz sein. Gott sei Dank!
Kufiya gegen Kippa? Palästinenser gegen Juden? Links gegen Rechts?Sie betonen immer so die Unterschiede! Im Interesse des Friedens und der Völkerverständigung (Tschuldigung, Herr Habeck) sollte man sich lieber auf das gemeinsame besinnen, und das ist ganz klar der Vollbart! So wohl konservative Muslime als auch orthodoxe Juden tragen ihn, germanische Rausch- sowie Hipster-, Bohemien- und Ökobärte können sich nahtlos anschließen. Auch die bedeutendsten deutschen Denker trugen ihn gerne voll: Ich nenne mal völlig willkürlich L. Feuerbach, K. Marx und und H.M. Broder. Aus Österreich fällt mir nur Conchita Wurst ein. Vorsicht hingegen vor Schnauzbärten: Nietzsche, Saddam Hussein, Petry und na Sie wissen schon. Lassen wir uns also alle einen Vollbart wachsen und tanzen gemeinsam friedvoll um den Erdenrund.
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