Stefan Frank / 12.06.2019 / 12:00 / 10 / Seite ausdrucken

Israelboykott: Steht Irland horrender Wirtschaftsschaden bevor?

Die Folgen von Irlands kurz vor der Verabschiedung stehender Gesetzgebung zum Boykott israelischer Produkte aus den umstrittenen Gebieten könnten für Unternehmen, die sowohl in Israel als auch in der Republik Irland aktiv sind, gravierend sein – und langfristig zu einer Schwächung der irischen Wirtschaft führen. Auf einige haarsträubende Folgen des Gesetzes hat Chris Mitchell, der Jerusalemkorrespondent des christlichen Fernsehsenders CBN, in einem von Mena Watch übersetzten Beitrag ja schon aufmerksam gemacht:

„Das vorgeschlagene Gesetz würde das Kaufen der Waren und Dienstleistungen von israelischen Bürgern in den von Irland als besetzt definierten Gebieten für irische Bürger als illegal einstufen. Es wäre also illegal, in der Altstadt Jerusalems ein Eis, eine Postkarte oder eine Flasche Wasser zu kaufen. … Das in Frage stehende irische Gesetz ist das extremste antiisraelische Gesetz, das außerhalb der Arabischen Liga jemals vorgeschlagen wurde,‘ sagt Professor Eugene Kontorovich. ‚Wenn du in die Heilige Stadt kommst und heiliges Wasser kaufst, wenn du einen jüdisches Gebetsschal oder religiöse Bücher kaufst und sie nach Irland zurückbringst – bum: Schon sitzt du im Gefängnis.‘

In dem Artikel erklärt der Staatsrechtler Kontorovich, dass die irische Regierung noch zögere, das Gesetz zu verabschieden, weil sie die Auswirkungen der amerikanischen Anti-Boykott-Gesetze auf irische Unternehmen fürchte. Das mag gut sein. Doch lange bevor Amerika ins Spiel kommt, drohen der irischen Wirtschaft Risiken: allein dadurch, dass viele multinationale Konzerne nicht in der Lage sein werden, dem geplanten irischen Gesetz Folge zu leisten und deshalb gezwungen sein könnten, sich aus Irland zurückzuziehen.

Dilemma für US-Unternehmen

Um das zu verstehen, muss man wissen, dass die Republik Irland für viele ausländische Unternehmen eine wichtige Adresse ist. Nicht, weil der Markt so groß wäre, sondern als Steueroase. Weil der Unternehmenssteuersatz in Irland nur 12,5 Prozent beträgt, können Konzerne ihre Steuerlast erheblich reduzieren, wenn sie Gewinne in Irland versteuern. Zahlreiche Weltkonzerne wie Apple, Facebook, Microsoft oder Amazon sind sowohl in Irland vertreten als auch in Israel und nutzen somit die Standortvorteile beider Länder. Zudem sind Israel und Irland beide wichtige Standorte der Mikrochipindustrie, wo der kalifornische Intel-Konzern Halbleiter fertigen lässt.

Bis hierhin werden die irischen Abgeordneten, die die Gesetzesvorlage unterstützen, nicht sehen, wo es ein Problem geben soll. Das Gesetz, werden sie sagen, richte sich ja lediglich gegen wirtschaftliche Beziehungen mit den „besetzten Gebieten“, inklusive „Ostjerusalem“. Und dort hat kein großer ausländischer Konzern eine Niederlassung, weder Intel noch Apple oder irgendein anderer. Doch das geplante Gesetz mit seinen drakonischen Strafen (bis zu fünf Jahre Haft) ist sehr weitreichend, wie das Beispiel mit der Flasche Wasser und der Postkarte zeigt. Ein Unternehmen, das in Israel und Irland aktiv ist, weiß womöglich gar nicht, dass irgendein Produktionsfaktor gegen das irische Boykottgesetz verstößt. Darauf machte schon im Januar ein Kommentator aufmerksam. „Obwohl das vorgeschlagene Gesetz sich nur auf die West Bank bezieht und nicht auf ganz Israel, wäre es in der Praxis schwierig, eine solche Unterscheidung durchzusetzen“, so der Bloomberg-Kolumnist Eli Lake.

Lake befragte dazu den Juraprofessor Orde Kittrie von der Arizona State University. Kittrie glaubt, dass ein israelischer Angestellter von Apple, der ein Homeoffice in der West Bank habe, schon ein Verstoß gegen das irische Gesetz sein könnte. Dadurch, dass Irland ganz Ostjerusalem als „besetztes Gebiet“ betrachte, werde die Lage noch komplizierter. Eli Lake folgert: „Das würde US-Unternehmen in ein Dilemma stürzen. Wenn sie dem irischen Gesetz folgen, müssten sie entweder den Angestellten im Homeoffice feuern oder ihm verbieten, von zu Hause aus zu arbeiten. Täten sie aber Letzteres, würden sich die Unternehmen an einem Boykott beteiligen, der von der US-Regierung nicht gebilligt wird“ – und in den USA harte Bestrafung fürchten.

Doch noch Sieg der Vernunft?

Mena Watch sprach darüber mit Jackie Goodall, der Direktorin der Ireland Israel Alliance in Dublin. „Für Unternehmen mit Sitz in den USA und Geschäftstätigkeit in Irland könnte das Gesetz weitreichende Folgen haben“, sagt Goodall. „Erstens haben die EU-Staaten vereinbart, dass die EU die alleinige Zuständigkeit hat, was die Außenhandelspolitik betrifft. Da sich Irland entschieden hat, ein EU-Mitgliedsstaat zu bleiben, kann es keine unilaterale Politik im Außenhandel betreiben.“ Zudem sieht auch Goodall möglicherweise gravierende Konsequenzen für US-Unternehmen: „In den USA gibt es eine umfangreiche ‚Gegenboykott’-Gesetzgebung. Sie sieht für Unternehmen, die sich an Boykotten von israelischen Gewerben beteiligen – auch wenn sie in Jerusalem und der West Bank operieren –, empfindliche Haftungen und Sanktionen vor, was für US-Unternehmen mit Dependancen in Irland etwa den Verlust von Steuervorteilen in den USA bedeuten könnte.“

Der Fall Airbnb habe das deutlich vor Augen geführt. „Als Airbnb ankündigte, seine Dienstleistungen nicht mehr für Immobilien in israelischen Siedlungen in der West Bank anzubieten, haben zahlreiche US-Bundesstaaten rechtliche Maßnahmen gegen diesen Schritt ergriffen. Es ist somit schwer vorstellbar, wie Airbnb weiterhin in Irland seine Hauptquartiere für Europa und den Nahen Osten betreiben könnte und gleichzeitig Strafen und Sanktionen vermeiden.“ Airbnb und andere amerikanische Unternehmen müssten sich dann „ernsthaft Gedanken darüber machen“, sich aus Irland zurückzuziehen, glaubt Goodall – „mit möglicherweise gravierenden Folgen für die Beschäftigung und die Steuereinnahmen der Regierung.“ Zudem drohten dem irischen Staat enorme Schadensersatzforderungen, wenn sich herausstelle, dass das Gesetz nach EU-Recht illegal ist. Goodall glaubt daher an einen Sieg der Vernunft: „Die Ireland Israel Alliance hält die Gesetzesvorlage nicht nur für eine, die spaltet und diskriminiert, sondern für klar illegal – darum wird das Gesetz auch nicht in Kraft treten.“

Dieser Beitrag ershien zuerst bei Mena Watch.

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Thomas Taterka / 12.06.2019

Als Buchhändler in Kreuzberg hatte ich schon in den 90ern Kunden aus der bunten Welt des Islam, die mir hochwichtig erklärt haben, daß sie nur Bücher zur Geschichte lesen, die vor 1939 verfasst wurden, Frau Schönfelder!  Sozusagen aus Prinzip, wenn ich die richtig verstanden habe.

Gabriele Klein / 12.06.2019

Also hier interessiert mich brennend der Name jener “grauen Eminenz” die für dieses Gesetz Pate stand. Ich finde solche Dinge sollte man mit einem Gegenboykott beantworten.  Z.B. so: Intel gibt es nur dann, wenn der PC nicht nach Israel wandert. Es kann ja wohl nicht angehen, dass die BDS ihre Manifeste auf einem Intel Computer erstellt.  Das gleiche könnte man mit anderen Erfindungen machen, vielleicht klappts mit der “Empathiefähigkeit”, d.h. Vorstellungskraft dass sich das Blatt auch wenden kann und morgen die Iren dran sein könnten, etwas besser…........

Udo Kemmerling / 12.06.2019

Haben die in Irland die Pfanne heiß? Das ist ja wohl das Allerletzte. Ab sofort werde ich irische Produkte boykottieren!

Hans-Peter Dollhopf / 12.06.2019

Jeder alte weiße Mann in Deutschland liebt die Iren und Irland wie einen Teil seiner selbst. Irland ist ein Sehnsuchtsort, Symbol in Träumen. Ich habe in meinem gesamten Leben niemals vernommen, dass Israel irgendeine Kampagne zur Schädigung Irlands geritten hätte. Und ich habe nie von etwas Bösem aus Israel gegen Irland gehört. Darum verstehe diesen abgrundlosen Hass von irischen Elitedarstellern gegen Israelis auch nicht! Ich muss es verstehen lernen.

Sabine Schönfelder / 12.06.2019

Lassen Sie mich zusammenfassen. Eine irische Folksängerin mit ehemals Alkoholproblemen macht sich jetzt als Politikerin dafür stark, daß alkoholische Getränke in Supermärkten nicht neben Windeln verkauft werden dürfen, und ebensowenig Produkte aus den von Israel nach dem 6-Tage-Krieg besetzten Gebieten. Vor ziemlich genau 52 Jahren rückte Nasser mit 1000 Panzern und Soldaten in bedrohlicher und unguter Absicht an Israels Grenze. In den folgenden Tagen hatte Israel auch noch mit Ägyptens Verbündeten zu kämpfen, und konnte sich dennoch mit Erfolg und Landgewinn aus der Affäre ziehen. Wenn wir weltweit Wirtschaftsverträge relativieren, weil wir beginnen Landverschiebungen, die sich durch kriegerische Auseinandersetzungen bedingten, stante pede nicht anzuerkennen, wird die Welt im Chaos enden und neue Auseinandersetzungen werden beginnen. Aber ich denke ,wir haben es bei Frances Black einfach nur mit der genudgten Antwort auf das von Linken eingeforderte Frauenbild zu tun. Eine grüne, klimahysterische Gutmenschin, stramm antisemitisch und genderorientiert. Eine kritiklose Anhängerin des frauenfeindlichen Muselmanen und dessen Verschleierungsgewohnheiten, ohne politische Vorbildung, Weit-und Überblick, aber voll im Zeitgeist. Hoffen wir mal, daß  im Parlament ansonsten noch etwas mehr Grips existiert. Für eine bessere Welt!

Martin Lederer / 12.06.2019

Ich wusste gar nicht, dass Irland so ein Gesetz verabschieden will. Wobei sich mir die Frage stellt: Was hat Irland mit Israel oder Palästina zu tun? Also: Wieso wollen sie dieses Gesetz verabschieden? Das wäre interessant. Sind es wirtschaftliche Interessen bezüglich islamischer Staaten? Ist es der Wunsch den linken Globalisten zu gefallen - mit den entsprechenden Vorteilen? Oder hat einfach nur eine kleine sehr aktive und sehr aggressive Gruppe diesen Gesetzesantrag ins Parlament gepeitscht?

P.Steigert / 12.06.2019

Irland ist ein Land, wie Deutschland, welches unheimlich weit nach links gerutscht ist. Anti-Amerikanismus, Anti-Westlichkeit und Anti-Israelismus gehört dort zur “Haltung” einer übersättigten Gesellschaft.

Rolf Menzen / 12.06.2019

Donald sollte mal den irischen Premier anrufen und ihm die Instrumente zeigen. Dann wird das schon.

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