Von Johannes de Visser.
Ende 2022 wird Deutschland seinen Strombedarf nicht mehr selbst decken können, wenn Sonne und Wind fehlen. Unsere Politik und größtenteils auch unsere Medien ignorieren das Problem.
Zum Ende des Jahres wurden weitere Kraftwerke gemäß dem Atomausstieg und dem Kohleausstieg stillgelegt. So wurden drei der letzten sechs Kernkraftwerke direkt abgeschaltet, sowie 11 Kohlekraftwerke.
Um das Problem dabei zu verstehen, muss man wissen, dass unser Stromnetz so funktioniert, dass der Strom genau dann von den Kraftwerken erzeugt werden muss, wenn er gebraucht wird. Kohle- und Kernkraftwerke laufen dauerhaft, stellen damit die sogenannte Grundlast zur Verfügung. Gaskraftwerke können auf den Bedarf reagieren und, wenn benötigt, hochgefahren werden. Somit ist bislang sichergestellt, dass der Strombedarf weitestgehend gedeckt werden kann.
Windkraft und Solarenergie können dies nicht. Sie können nur dann Strom erzeugen, wenn auch Wind weht und die Sonne scheint. Sie sind keine verlässlichen Energiequellen und lassen sich nicht bei Bedarf anfahren. Es kommt vor, dass alle deutschen Windräder, an Land und auf See, zusammen weniger Strom erzeugen als ein einziges Kohlekraftwerk. Bei solch einer Flaute nützt auch der Ausbau der Windenergie wenig.
Mit jeder Abschaltung wird es enger
Ein aktuelles Beispiel:
Am 21. Dezember 2021 war praktisch den ganzen Tag Flaute. Die Windkraftanlagen in Deutschland leisteten gegen 14 Uhr gerade einmal 1,28 Gigawatt, weniger, als das Kohlekraftwerk Hamburg-Moorburg zu leisten vermag, was bereits im Sommer abgeschaltet worden war.
Um 17 Uhr war die Sonne bereits untergegangen, die Windkraft konnte nur 2,63 GW zur Stromerzeugung beisteuern, bei theoretisch über 64 GW installierter Leistung. Das entspricht einer Effektivität von 4 Prozent. Gleichzeitig stellten Kern- und Kohlekraftwerke mit zusammen 38,4 GW über 53 Prozent der benötigten Leistung von 71,69 GW zur Verfügung. Das sind die Kraftwerke, die wir gerade abreißen und mit Windkraft „ersetzen“.
Noch haben wir genug Kapazitäten an fossilen Kraftwerken, um die Stromversorgung bei solchen Dunkelflauten sicherzustellen. Aber mit jeder Abschaltung wird es enger. Aktuell stehen noch knapp 82 GW an Kohle-, Kern- und Gaskraftwerken zur Verfügung, gerade genug, um im Ernstfall den Strombedarf zu decken. Ende 2022 werden es nur noch 64,8 GW sein, schon dann wird Deutschland seinen Strombedarf nicht mehr selbst decken können, wenn Sonne und Wind fehlen.
Unsere Politik und größtenteils auch unsere Medien ignorieren das Problem. Es wird einerseits auf Wassersoff als Speicher verwiesen, obwohl es bisher keine einzige Anlage im Regelbetrieb gibt und die erforderlichen Kapazitäten angesichts des Tempos der Abschaltungen niemals rechtzeitig fertig werden. Andererseits wird auf Importe aus den Nachbarländern verwiesen.
„Die dümmste Energie-Politik der Welt“
Ob jedoch immer höhere Importe möglich sind, ist fraglich. Unsere Nachbarländer haben meist selbst keine riesigen Überschüsse, ob sie in der Lage sind, uns etwa 40 GW zu schicken, ist mehr als unsicher. Bereits am 23. Dezember 2021 stand im europäischen Verbundsystem nicht mehr genug Kapazität zur Verfügung, um teilweise Blackouts in Serbien und dem Kosovo abzuwenden.
Die Medien im Ausland sind nicht so zimperlich, das Wall Street Journal schrieb jüngst über „Deutschlands Energie-Kapitulation“ und „Die dümmste Energie-Politik der Welt“. Forbes spricht von „Europas selbstverschuldeter Energiekrise“ und stellt fest:
„Deutschland wird trotz aller Vernunft im nächsten Jahr fast alle Reaktoren stilllegen und auf Wind- und Solarenergie setzen und könnte bald gezwungen sein, vor Russland und damit vor Putin in die Knie zu gehen, indem es Nord Stream 2 zur Deckung seines Energiebedarfs in Betrieb nimmt.“
Was erwartet uns also?
In den deutschen Medien sucht man umfassende Analysen vergeblich, aber es finden sich immer wieder Puzzleteile. So schreibt die FAZ über vermehrte „Lastabwürfe“ wegen Strommangels in Deutschland, der Bundesrechnungshof warnt vor Versorgungslücken durch die Energiewende, und die WELT berichtet, dass im Januar 2021 abgeschaltete Kohlekraftwerke wieder angefahren werden mussten, um die Stromversorgung zu sichern. Was erwartet uns also?
Da die deutsche Politik und Öffentlichkeit trotz der oben genannten Tatsachen den Abbau von Kraftwerken nicht ändern will, wird sich Deutschland auf einen Blackout oder zumindest Brownout gefasst machen müssen. Wann dieser kommt, steht natürlich nicht fest, zumal die Kohlekraftwerke zunächst in Reserve gehalten werden, um bei Bedarf reaktiviert zu werden. Neben den bereits stattfindenden „Lastabwürfen“ von Großverbrauchern aus der Industrie ist aber zumindest ein Brownout zu erwarten, also das Abschalten größerer Landstriche, um einen kompletten Netzzusammenbruch zu verhindern.
Jeder mündige Bürger ist aufgerufen, sich selbst zu informieren. Die nötigen Informationsquellen sind öffentlich zugänglich, etwa bei der Bundesnetzagentur. Man braucht nur ein paar Zahlen aus offiziellen Quellen sowie die Grundrechenarten, um das Problem zu erkennen. Ich habe alles auch auf meiner Website zusammengestellt. Niemand wird sagen können, es wäre nicht absehbar gewesen.