Manfred Haferburg / 13.11.2024 / 06:25 / Foto: Imago / 106 / Seite ausdrucken

Unfassbar: Söder fordert Stopp des Rückbaus von ISAR2

Was haben wir uns die Finger wundgeschrieben. Vor ein paar Tagen wurde unser Buch "Atomenergie – jetzt aber richtig" von einem bayrischen Mittelständler an Markus Söder geschickt. Der sagte gestern: "Ich fordere dringend einen Stopp des Rückbaus bei ISAR II. Noch ist es reversibel."

Das Wort „Rückbau“ ist ein widerlicher Euphemismus für komplette Zerstörung, für Abriss. Rückbau ist bürokratisch geplanter, staatlich überwachter und unternehmerisch geordneter Abriss. Wenn es sich aber beim Rückbau um voll funktionsfähige, sicher und kostengünstig arbeitsfähige Kraftwerke handelt, ist Rückbau nichts anderes als Sabotage. Das, was der Feind im Kriegsfall macht – die systematische Zerstörung des Rückgrats der Industrie und Verteidigungsfähigkeit eines Landes – das machen die fanatischen Energiewender in Deutschland mit dem eigenen Land.

Was haben wir uns die Finger wundgeschrieben. (Hierhier, …). Wir haben argumentiert, beschworen, gebeten und die Konsequenzen gezeigt: „Politiker, Ihr habt Euch verrannt, hört auf, Kraftwerke zu zerstören, bevor die Erneuerbaren bewiesen haben, dass sie ein Industrieland versorgen können“.

Ein Viertel der Stromerzeugung vor 2011 kam aus der Kernenergie, von 17 sicher und zuverlässig arbeitenden Kernkraftwerken kostengünstig erzeugt. Während der nahezu 600 Reaktorjahre in Deutschland gab es nicht einen einzigen Strahlenunfall mit Todesfolge. Hirnverbrannte Ideologen schafften es, unter Mithilfe grüner Journalisten und mittels Jahrzehnte langer Trommelfeuer-Propaganda, die Gehirne der Bevölkerung derart zu verkleistern, dass es einen gesellschaftlichen Konsens gegen die Nutzung der Kernenergie gab. Das Unheil nahm seinen Lauf und wir Fachleute wurden zu Kassandren im eigenen Land.

Marktschreier und Angstmacher beherrschten die Bühne

Für jeden, der den Dreisatz noch beherrschte, war seit langer Zeit klar, dass diese Politik nicht aufgehen konnte. Aber die Marktschreier und Angstmacher beherrschten die Bühne mit ihren Lügen und Nebelbomben. Das Publikum jubelte, wenn ein Fachmann der öffentlichen Schande anheimfiel, weil er es gewagt hatte, den Hütchenspielern der Energiewende zu widersprechen. Trotzdem wagte es ein bayerischer Mittelständler, unser neues Buch „Atomenergie jetzt aber richtig“ dem bayerischen Ministerpräsidenten zuzusenden. 

Die Öffentlichkeit, von korrupten „Eliten“ hinter die Fichte geführt, schaute gelassen amüsiert zu, wie die Basis ihres Wohlergehens von Schulabbrechern, Tölpeln und Einfaltspinseln in die Tonne getreten wurde. Kein Wunder, die Folgen waren auf Grund eines soliden Speckgürtels ja noch nicht täglich spürbar. Ein paar wache Nasen im Osten witterten die Gefahr, wurden aber von der Lufthoheit über den Redaktionsstuben in ihre privaten Schutzräume niedergebrüllt. 

"Ich fordere auch dringend einen Stopp des Rückbaus bei ISAR II"

Man kann die Physik und Ökonomie lange Zeit mit Füßen treten, mit Hilfe von Mietwissenschaftlern verleugnen und die Realität mit Bergen von Geld zuschütten. Wenn Physik und Ökonomie nicht hereingelassen werden, treten sie eines schönen Tages die Tür ein und stehen mitten im Raum, während der rosa Elefant das Weite sucht. Dies ist gestern geschehen.

In der Pressekonferenz nach der Klausurtagung der CDU/CSU sagte der Bayrische Ministerpräsident Markus Söder ins Mikrofon (ab Minute 19):

Aber die Wahrheit ist, wenn es nicht eine grundlegende Wende in der Energiepolitik in Deutschland gibt, nämlich insbesondere Kernenergie, dann werden die Klimaziele weder in Deutschland noch in Bayern erfüllt werden können. Keine Chance. Sie müssen dann entweder neues billiges Gas aus einem Land holen, das wir nicht wollen. Oder Kohle anwerfen – beides ist fürs Klima nicht gut.

Ich fordere auch dringend einen Stopp des Rückbaus bei ISAR II. Noch ist es reversibel (gehobener Zeigefinger) noch! Es ist nicht irreversibel. Ist mit Aufwand verbunden – keine Frage. Aber ich glaube fest daran, dass ohne Kernenergie und dann langfristig ohne Kernfusion es nicht geht.

(Wortprotokoll des Autors von der Pressekonferenz)

Jetzt müssen sich noch der Niedersächsische CDU-Chef Sebastian Lechner für die KKWs Emsland und Grohnde, der Baden-Württembergische CDU-Chef Manuel Hagel für Neckarwestheim II und Philippsburg II zu der gleichen Einsicht durchringen. Und auch der Schleswig-Holsteinische CDU-Chef Daniel Günter muss über den Deich bei den KKWs Brokdorf und Krümmel springen, was zugegebenermaßen für den bis in die Wolle grün Gefärbten ein großer Sprung nach vorn ist. 

USA will Kernenergie verdreifachen

Ob es signifikant zu den markigen Söderworten beigetragen hat, dass die Biden-Regierung den Ausbau der Kernenergie in den USA in den nächsten Jahren verdreifachen will (und woran Trump wohl festhalten will), ist mir nicht unwahrscheinlich. Schließlich ist ja auch die marode Ampel am Tag der USA-Wahl wie ein Luftballon zerplatzt. Und wenn der Donald Trump ins weiße Haus zieht, wird in Deutschland eine neue Regierung gewählt, jedenfalls so ungefähr. 

Schauen wir mal, ob der Herr Merz seine Schäfchen an der Leine hat, oder ob Markus Söder nur den Wolfgang Kubicki der CDU gibt, weil eine Bundestagswahl vor der Tür steht. Aber vielleicht hat Söder ja das Buch wirklich gelesen, wenigstens das Kapitel „Warum die letzten Kernkraftwerke nicht zerstört werden dürfen“. 

Ich schenk mir jetzt ein kleines Bierchen ein, stelle mir das Gesicht von Trittin vor, wenn er den Söder dies sprechen hört  und weiss, das der nächste Kanzler von der CDU/CSU kommt. Und dann warte ich auf den fälligen Anruf aus der Staatskanzlei oder dem Bundestag.  

 

Manfred Haferburg wurde 1948 in Querfurt geboren. Er studierte an der TU Dresden Kernenergetik und machte eine Blitzkarriere im damalig größten AKW der DDR in Greifswald. Wegen des frechen Absingens von Biermannliedern sowie einiger unbedachter Äußerungen beim Karneval wurde er zum feindlich-negativen Element der DDR ernannt und verbrachte folgerichtig einige Zeit unter der Obhut der Stasi in Hohenschönhausen. Nach der Wende kümmerte er sich für eine internationale Organisation um die Sicherheitskultur von Atomkraftwerken weltweit und hat so viele AKWs von innen gesehen wie kaum ein anderer. Im KUUUK-Verlag veröffentlichte er seinen auf Tatsachen beruhenden Roman „Wohn-Haft“ mit einem Vorwort von Wolf Biermann.

Von Manfred Haferburg und Klaus Dieter Humpich ist soeben in der Achgut-Edition das Buch 

Atomenergie – jetzt aber richtig

erschienen. Das Nachwort stammt von dem Wissenschaftsphilosophen Michael Esfeld. Sie können es hier in unserem Shop bestellen,

Zum Inhalt des Buches: Es ist keine Frage ob, sondern lediglich wann „die dümmste Energiepolitik der Welt“ (wallstreet-Journal) - in Deutschland euphemistisch „Energiewende“ genannt - beerdigt wird. Und was dann? Überall auf der Welt werden längst wieder die Weichen für die Kernenergie gestellt, CO2-frei wie bisher, aber intelligenter, resilienter, mobiler und preiswerter als je zuvor. Die Atomenergie kann auch hierzulande der Nukleus für einen neuen Wohlstand sein, auch diese Einsicht wird sich unter der Last des Faktischen durchsetzen. Die beiden Energieexperten Manfred Haferburg und Klaus Humpich analysieren den deutschen Irrweg und zeigen Wege aus der Sackgasse. Dieses Buch ist ein Almanach der Vernunft  für alle, die in Deutschland erfolgreich wirtschaftlich tätig sind und damit fortfahren wollen.

Foto: Imago

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Leserpost

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W. Renner / 13.11.2024

Und was genau hat der Markus in der Energiepolitik im Politbüro zu melden zu melden? Der fordert irgendwas und morgen das Gegenteil davon. In der Sache bin ich ja auf ihrer Seite, Herr Haferburg. Aber wenn sie hier Politbüro Kasperltheater, bei dem jeder Regierung und Opposition in Personalunion ist, als Hoffnung verkaufen wollen, mache ich mir am meisten Sorgen um ihr Bierchen, dass wohl schneller sauer wird, als sie es trinken können.

Ralf Pöhling / 13.11.2024

Wunderbar. Machen. Herzlichen Gruß nach Bayern. Anders wird es nicht gehen. Allerdings wird ein ganz entscheidender Punkt immer wieder übersehen: Der Netzausbau. Je mehr Strom produziert und verbraucht wird, desto besser und mehr müssen die Leitungen sein.

M. Schulze / 13.11.2024

Ich sach mal so: Der Charakter des Herrn Söder ist mir Wurscht. Da sieht es beim politischen Personal insgesamt nicht rosig aus. Aber es braucht wohl einen “Populisten” wie ihn, damit es überhaupt vorwärts geht und sich was ändert. Leider hat er gegenüber der “Heimsuchung im Hosenanzug” die falsche, anbiedernde Strategie gewählt und ist damit gescheitert. Ein entschiedenes Veto gegenüber Merkel und er wäre heute Bundeskanzler…

Chris Kuhn / 13.11.2024

Söder hat schon mehr Wenden hinter sich als ein Windrad Flügel, nicht nur zum Thema Energie. Es sei an die Migration erinnert und vor allem an Corona, als er den harten Hund gab und seine Polizei und Gerichte auf unbotmäßige Demonstranten hetzte, nur um später als erster populistisch die Bierzelte zu öffnen. Wenn es ihm ernst mit seiner Forderung wäre, hätte er nach dem Aus für ISAR-2 sofort die Landespolitzei drumherum aufziehen lassen. Und eine für die Kernenergie-Stromproduktion notwendige WAA oder ein Endlager im bayrischen Granit will er auch nicht. “Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß”, kann man zu diesem fränkischen Problembär nur sagen

Lutz Liebezeit / 13.11.2024

Ist natürlich schlecht, wenn man die Guten kritisiert. Aber das ist eine allgemeine Kritik. Vielleicht sucht man am Ende des Tages doch noch noch mal da nach: “Vertikalturbinen sind für Windparks sinnvoller”. Meine Kritik kam am Morgen. Gute Nacht.

Arthur Dent / 13.11.2024

Söder hat mitgekriegt, dass die Mehrheit Atomkraft will. Also muss er jetzt vor der Wahl so tun, als würde er das auch wollen. Nach der Bundestagswahl ist das ganz schnell vergessen und im Zweifelsfall konnte er sich eben trotz massiver Anstrengungen nicht durchsetzen.

Dirk Hermann / 13.11.2024

Nachdem ich mir heute den „Schlagaustausch“ im Bundestag angetan habe, bleibt mir nur die folgende Feststellung: Der Unterhaltungswert nimmt zu. Söder mutiert optisch zu Django, Merz zu Stromberg. Baerbock bleibt Chucky (Divers). Habeck hat Flugzeug (ka)putt. Aber Spaß beiseite. Mit der anscheinend schon beschlossenen neuen Regierung gelingt die Baerbocksche Wende (360 Grad). Seitenhiebe aus der realen Welt wurden mit lässiger Handbewegung beiseite gewischt (Putinversteher). Die Wendehälse leiden unter Genickstarre. Es wird weiterhin Infrastruktur vernichtet, zerstört, gesprengt. Ist SIE wieder da? War SIE jemals weg?

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