Hans Hofmann-Reinecke, Gastautor / 19.06.2025 / 14:00 / Foto: Imago / 8 / Seite ausdrucken

Iron Beam – der Eiserne Strahl

Es wird berichtet, Israel hätte bei der Abwehr feindlicher Drohnen, Raketen oder Mörser-Granaten den neuartigen „Iron Beam“ erfolgreich eingesetzt. Wie könnte so ein System funktionieren?

Gegenwärtig und in der Vergangenheit wurde Israel vom „Iron Dome“, der Eisernen Kuppel, zuverlässig, wenn auch nicht hundertprozentig gegen angreifende Drohnen, Raketen oder Granaten geschützt. Die Kosten dieses Systems sind gewaltig. Eine feindliche Tausend-Dollar-Drohne mit einer, oder gar mehreren 20.000-Dollar-Raketen aus der Iron Dome Batterie abzufangen, das ist kein gutes Geschäft – wenn auch mehr als gerechtfertigt, falls dadurch Menschenleben gerettet werden. Dennoch stellt sich die Frage, ob diese asymmetrische Form der Verteidigung durch Einsatz anderer Methoden vermieden werden könnte. Könnte man die eindringenden Flugkörper mit billigerer Munition abschießen?

Könnte man technisch verwirklichen, was in Filmen wie „Star-Wars“ schon längst gang und gäbe ist? Da werden gegnerische Raumfahrzeuge mit tödlichen Laserstrahlen beseitigt, und sogar im Zweikampf Mann gegen Mann kommt diese Waffe zum Einsatz. Die verwendete Munition ist hier nichts anderes als Licht, das die gleiche Zerstörung im feindlichen Objekt anrichten kann wie ein Geschoss, wenn man ihm nur genügend Schmackes gibt.

Der israelischen Firma Rafael ist das gelungen. In ihrem System „Iron Beam“ (Eiserner Strahl) wird ein Laserstrahl von vielleicht 100 Kilowatt auf das feindliche Objekt geschickt. 100 Kilowatt, das wäre auch die Wärme, die 100 Kochplatten von sich geben. Würde der Strahl solch eines Lasers auf einen Flecken der Größe einer Untertasse fallen, dass würde alles in ein paar Sekunden schmelzen oder verdampfen. Genau das kann man in diesem Video beobachten. Es ist gelungen, einen Laser mit solcher Leistung zu bauen und seinen Strahl auf eine Drohne zu lenken, die nach ein paar Sekunden abstürzt.

Man kann durch das Zielfernrohr beobachten, wie der Strahl stets auf ein und dieselbe Stelle der Drohne auftrifft, nämlich auf das Ende eines Tragflügels. Wenn das Objekt einige Kilometer entfernt ist und sich mit vielleicht 100 Meter pro Sekunde bewegt, ist es während des Beschusses ein paar hundert Meter geflogen, und es hat sich noch dazu gedreht. Ein bewegtes Objekt dieser Abmessung auf diese Entfernung zu treffen, dürfte auch die besten Scharfschützen vor eine unlösbare Aufgabe stellen.

Wie beim Hasenschießen

Wie kann der Iron Beam den Strahl auf denselben physischen Punkt dieses sich schnell bewegenden Ziels fixieren? Er verwendet elektrooptische und Infrarot- Sensoren in Kombination mit Radar. Diese Sensoren erfassen das Ziel visuell oder thermisch mit einer Rate von einigen tausend Mal pro Sekunde. Der Laserstrahl wird dann über eine Kombination aus drehbar aufgehängten Spiegeln gelenkt, die sich der Bewegung des Ziels anpassen. Dabei reagiert das System nicht auf die aktuelle Position, sondern berechnet die zukünftige für die nächsten Millisekunden. Iron Beam schießt also wie der Jäger, der dem Hasen einen Meter vorhalten muss.

Welche Farbe hat der Laserstahl? Ist er rot oder blau wie im Kino? Er ist unsichtbar. So wie das Radio nur bestimmte Wellenlängen empfangen kann, so ist das auch mit unseren Augen. Die können nur einen ganz kleinen Bereich aus der Welt der elektromagnetischen Wellen wahrnehmen. Ein UKW-Radio empfängt Wellen von ein paar Metern Länge, der WLAN-Router für unser Internet arbeitet mit Wellen im Bereich von 5-10 Zentimetern, und unsere Augen sehen Wellenlängen zwischen 380 und 780 Nanometer. Wie der Zufall es will, ist das auch der Bereich, in dem unsere liebe Sonne am stärksten strahlt. Tausend Nanometer wären übrigens so viel wie ein Tausendstel Millimeter, genannt Infrarot, und das ist etwa die Wellenlänge des Irom Beam. Wir können ihn also nicht sehen, aber würden ihn fühlen, falls er uns trifft.

Es gibt da noch eine andere militärische Anwendung von elektromagnetischen Wellen, allerdings im Bereich von ca. 10 cm Wellenlänge. Diese Mikrowellen könnten aber niemals so eng und auf große Distanz gebündelt werden, wie das mit den Laserstrahlen ist, deren Wellenlänge nur ein Hunderttausendstel ist. Auch die können über geringere Entfernung zur Abwehr von Drohnen eingesetzt werden, deren elektronische Hardware oder sogar Software sie stören. Beide Systeme haben etwas gemeinsam: Ihre Munition ist vergleichsweise preiswert.

 

Dr. Hans Hofmann-Reinecke studierte Physik in München und arbeitete danach 15 Jahre in kernphysikalischer Forschung. In den 1980er Jahren war er für die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien als Safeguards Inspektor tätig und überprüfte die Einhaltung von Abkommen, welche die Betreiber nuklearer Anlagen mit der IAEA geschlossen hatten und welche der Nicht-weiterverbreitung von Atomwaffen dienten. Später war er als freier Berater für das Management industrieller technisch-wissenschaftlicher Projekte tätig, darunter auch bei Unternehmen aus der Nuklearbranche. Er lebt heute in Kapstadt. Dieser Artikel erscheint auch auf dem Blog des Autors Think-Again. Der Bestseller „Grün und Dumm“, und andere seiner Bücher, sind bei Amazon erhältlich.

Foto: Imago

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Leserpost

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Wolfgang Pfaller / 19.06.2025

In der Taiga bei Schrobenhausen entwickelt die MBDA GmbH zusammen mit Rheinmetall Hochenergie-Lasereffektoren.

Ralf Pöhling / 19.06.2025

Hochinteressante Entwicklung. Dabei ist die Idee eigentlich gar nicht neu,. Wer schon ein wenig älter ist und den Kalten Krieg noch abbekommen hat, erinnert sich vielleicht an SDI, was den Abschuss von Atomraketen mittels Laser durch Satelliten aus dem All bewerkstelligen sollte. Das kam bei den Amerikanern testweise auf der Erde auch zum Einsatz, wurde dann aber nach Zusammenbruch der Sowjetunion wegen der damals abnormen Kosten wieder eingestellt. Rheinmetall hat so eine Technik auch im Testbetrieb. Wenn die Israelis das jetzt serienreif haben, wäre das ein Durchbruch. Und zwar ein nötiger Durchbruch. Damals gab es das Phänomen der militärisch genutzten Drohnenschwärme ja noch nicht, so wie heute. Genau hier wird wohl der Haupteinsatzzweck liegen, weniger bei der Abwehr von Internkontinental- oder Mittelstreckenraketen. Der Trick dabei liegt darin, ganz entgegen zu dem was man aus Star Wars & co. kennt, die Drohne oder Rakete nicht mit einem kurzen Schuss abzuschießen, sondern “draufzuhalten” und die Drohne zu rösten. So ähnlich wie man mit einer Lupe bei starkem Sonnenlicht ein Blatt Papier entzünden kann. Das Wetter muss dabei mitspielen, denn hohe Luftfeuchtigkeit diffundiert das gebündelte Licht des Lasers wieder, worunter die Effizienz dann leidet. Allerdings macht ein solches System nur bei professionellen militärischen Drohnen Sinn. Beim eventuell nötigem Abschuss handelsüblicher ziviler Kameradrohnen die man im zivilen Elektronikfachhandel kaufen kann, die Ukraine hat ja bewiesen dass man diese relativ einfach im Guerilla Style zu mit Sprengstoff bestückten Waffen umbauen kann, reicht eine handelsübliche Schrotflinte in 12/70 oder 12/76 Magnum mit Vogelschrot geladen. Eine illegal militarisierte oder illegal spionierende Drohne aus dem zivilen Markt holt man mit einer Schrotflinte einfacher runter als ein Rebhuhn. Sofern man denn eine Waffenbesitzkarte nebst Flinte hat. Könnte nötig werden. Stichwort: Terrorismus

Steve Acker / 19.06.2025

Aktuell scheint eher immer mehr rauszukommen dass das tolle israelische abwehrsystem an seine Grenzen gekommen ist, und immer öfter iranische Raketen durchkommen. auch gehen den Israelis wohl langsam die teuren Abwehrraketen aus. auch das tollste system ist nur von Menschen gemacht. Und wenn es von Menschen gemacht wurde, wird es auch Menschen geben die das überwinden werden.

Markus Viktor / 19.06.2025

Nebenbei: Es wird berichtet, dass Israel die unterirdischen Atomwaffenanlagen nicht selbst zerstören könnte, sondern bunkerbrechende Waffen der USA benötigte. Inwieweit könnte Israel die Umgebung und damit die Zugänge zu den unterirdischen Anlagen zerstören und auch verminen, so dass diese Anlagen nicht mehr benutzt werden könnten? Was allerdings in gewissen Abständen wiederholte Zerstörungsaktionen notwendig machen würde.

Lutz Herrmann / 19.06.2025

“Mir wurde am Wochenende erklärt, die Russen haben in der Taiga alle Schrotflinten und wenn es ging gleich mit Jäger eingesammelt.” So beginnen alle Geschichten aus Russland. Im Kern natürlich unwahr und zugleich hochgradig unterhaltsam. Bei Star Trek hat Pavel Chekov auch immer so Zoten losgelassen. Der running gag aus der Feder von Gene Roddenberry. In Wirklichkeit hatte nämlich immer alles ein Russe erfunden. Russland kann alles, nur keinen Wodka.

P. Bruder / 19.06.2025

Sehr witzig, und Bibi demnach als Darth Vader bzw. als Lord Helmchen? Das hier ist kein Fantasyszenario und keine Science Fiction sondern die Realität und die Feind sind keine Statisten, die man wegballern kann. Oder hat Trump bereits einen Todesstern in Planung?

Franz Klar / 19.06.2025

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