Henryk M. Broder / 07.12.2006 / 19:30 / 0 / Seite ausdrucken

Inside The Beltway - 1

Walter Laqueur weiss alles, wenn er etwas nicht weiss, was praktisch kaum vorkommt, dann muss es etwas sein, das es nicht gibt. 1921 in Breslau geboren, hat er das 2o. Jahrhundert aus nächster Nähe erlebt: Drittes Reich, Auswanderung nach Palästina, die Gründung Israels, das Ende des Kommunismus. Er hat als Landarbeiter und Journalist gearbeitet, bevor er anfing, sich mit Geschichte zu beschäftigen, ein Autodidakt mit Notabitur und ohne akademisches Training. So wurde er Professor an der Brandeis- und Georgetown University und Direktor des Institute of Contemporary History in London. Heute lebt Laqueur in Washington, London und Jerusalem. Das Gehen fällt ihm schwer, aber das Reisen macht ihm noch immer Spaß.
Nicht einmal Laqueurs Frau weiss, wie viele Bücher er geschrieben hat, es können vier oder fünf Dutzend oder auch mehr sein. Jedenfalls füllen sie ein ganzes Regal in der Washingtoner Wohnung. “Schauen Sie, was ich hier habe”, sagt L. und zieht ein Buch aus dem Regal hinter ihm, “raten Sie mal, was das für eine Sprache ist”.
Rumänisch? Finnisch? Kisuaheli? Alles falsch. “Es ist Albanisch”. L’s letztes Buch, “Die letzten Tage von Europa”, ist in Tirana erschienen. Seine “Geschichte des Zionismus” gibt es sogar auf Japanisch.
L. wechselt alle fünf Minuten das Thema. “Sagen Sie mal, sind Irene Dische und Esther Dischereit miteinander verwandt?” Eben hat er im Radio auf dem Klassik-Kanal “O Tannenbaum” gehört. “Die Hymne der Labour in England hat dieselbe Melodie.”  Dann erzählt er von einem Freund, einem bekannten Politiker in Washington, der eines Tages beschloss, ein Restaurant für französische Spezialitäten aufzumachen: Le Souffle. “Aber die Souffles fielen ihm immer wieder ein, daraufhin ist er in der Politik geblieben.” Ein anderer Freund hat ein Handbuch für Umstürzler geschrieben, wie man am besten putscht und einen Coup d’Etat durchführt. “Das wurde in drei Ländern angewandt, aber es ging überall schief.”
L. lebt gerne in Washington, die Stadt ist überschaubar, obwohl eine “one-cow-town” ist, alles dreht sich um Politik. “Seit 1865, als Loncoln ermordert wurde, gab es in Washington bis in die 7oer Jahre des letzten Jahrhunderts kein festes Theater.” Das ist jetzt anders. Überhaupt ist vieles anders, Washington ist sicherer und sauberer geworden, es gibt wenige Superreiche, aber die Durchschnittseinkommen sind höher als im übrigen Amerika. “Nur eines ist geblieben, die Dummheit und die Unerfahrenheit der Leute, die das Land regieren, es ist jämmerlich”, sagt Laqueur und wechselt wieder das Thema: “Haben Sie Borat schon gesehen?”

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