indubio / 23.07.2020 / 12:00 / 23 / Seite ausdrucken

indubio – Spießiges Schwulsein

Ist Homosexualität mit der "Ehe für alle" zu der Normalität geworden, die sich die Schwulenbewegung gewünscht hatte? Die Achgut.com-Autoren Georg Etscheid und Julian M. Plutz diskutieren mit INDUBIO-Moderator Burkhard Müller-Ullrich über die Lust an der Besonderheit und die Sehnsucht nach Spießigkeit.

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T. Weremut / 23.07.2020

Vielen Dank für dieses Gespräch. Als homo stehe ich irgendwo zwischen den Positionen der beiden Gäste, aber ich möchte mich grundsätzlich für ihre Gespräche hier auf achgut.de bedanken. Eines der letzten Gespräche habe ich letztens abends beim Baden geholt und mir gedacht: es ist ein wenig, als höre ich meiner intellektuellen Familie beim Plausch über dies und das zu und das ist in diesen Zeiten, in denen alles entweder Mainstream oder Denkverbrechen ist, wirklich sehr erholsam. Ein wenig so als säße man nach langer, eher einsamer Wanderung durch die Wüsten plötzlich in einer Oase uns Lagerfeuer mit sehr sympathischen (und durchgehend höflichen wie respektvollen) am Lagerfeuer. Dafür nochmals danke, hören Sie mit diesen Gesprächen bitte so schnell nicht auf!

Michael Koch / 23.07.2020

Ach so. Spießer gibt es überall - auch bei den Homos! Homos sind auch bloß Menschen, da ist die Dummheit genau so gut - oder schlecht - verteilt. Dummheit ist die am weitesten verbreitete Krankheit. Dagegen ist kein Kraut gewachsen.

Michael Koch / 23.07.2020

Homosexualität gibt es, Es mag einigen nicht gefallen, aber es gibt sie. Ich verstehe sie nicht, weil ich Frauen mag. Männer sind für mich - im Bereich der Sexualität - vollkommen uninteressant. Tja, aber ich mag auch Männer, weil ich mich nicht selbst verleugne - ich bin ja schließlich auch einer. Sexuell sind sie für mich zwar ohne jede Bedeutung, menschlich aber durchaus. Männer brauchen andere Männer, wie Frauen auch andere Frauen brauchen - nicht sexuell, sondern, um Frauen und Männer sein zu können. Es gibt homosexuelle Frauen und Männer. Damit habe ich überhaupt kein Problem. Verrückt wird mir die ganze Chose, wenn man täglich neue Geschlechter erfinden will. Es gibt nur zwei! Es gibt keine x-zig Geschlechter! Mann liebt Frau, Frau liebt Mann. - Tja, ist ja der Normalfall. - Wenn Frau Frau liebt, oder Mann Mann, dann weicht das wohl vom Normalfall ab, ist aber keine Katastrophe für die Welt, sondern einfach nur eine Variante sexuellen Verlangens. Warum das so ist, das weiß ich nicht. Es ist mir auch vollkommen Rille! Ich kann ja ohnehin nichts dran ändern - und will es auch nicht. Man ist einfach so, wie man ist. - Allerdings werde ich morgen nicht zur Eiche, weil ich mich als Eiche fühle! - Wie fühlt sich eigentlich eine Eiche? Toleranz - Ja!  - Genderblödsinn - Nein!

Steffen Rascher / 23.07.2020

Also ein heikles Thema, fast so heikel wie Antisemitismus oder Semitismus. Als Hetero ist man da schnell in der Rolle eines, ich sage es ungern, es ist aber gerade in Mode, also man befindet schnell in der Rolle eines Nazis. Ich gehöre zu der Gruppe der Liberalen. Es soll doch jeder nach seiner Fasson glücklich werden, aber ich möchte nicht, dass man in unmittelbarer Nähe zu mir, zur Sache kommt. Hab ich aber leider schon erlebt, zum Beispiel als Kind im unterirdischen Pissoir-Treffpunkt “zum Oberbürgermeister” am neuen Rathaus zu Leipzig. Und genauso wie wir den Antisemitismus wieder importiert haben, ist es mit der Schwulenfeindlichkeit. Bei dem Kulturbruch bin ich auch dabei. Der Witz dazu lautete: “heiraten? - aber nein, das ist doch eher was für Schwule”. Die Auswahl ist durch das Netz in allen Bereichen größer geworden. Kinder adoptieren, durch gleichgeschlechtliche Paare macht mir große Bauchschmerzen und ich denke dabei an die vielen Missbrauchsskandale zum Beispiel in Berlin oder kirchlichen Einrichtungen. Es will einfach nicht enden. Damit ist alles gesagt. Ansonsten haben beide recht - irgendwie jedenfalls, oder auch nicht?

Gudrun Dietzel / 23.07.2020

Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch, und ich wiederhole hier ausdrücklich meine Hochachtung für die Meinung von Herrn Etscheit. Mit der können heterosexuelle Ehe-Menschen sehr gut leben, denn wir sind verschieden, Herr Etscheit hat das begründet. Ich fühle nicht, wie Herr Plutz kolportierte, daß den heterosexuellen Ehepaaren mit der Ehe für alle etwas WEGGENOMMEN worden sei, weil ich Ehe für mich genau so definiere, wie es Herr Etscheit tut: Und da sind die Homosexuellen nun mal im Hintertreffen, da beißt die Maus keinen Faden ab. Selbst wenn sämtliche“Hilfskrücken“ in Anspruch genommen werden, um Nachwuchs zu erzeugen. Es ist nicht das Gleiche. Auch durch den Satz des Standesbeamten „ich erkläre Sie hier zu Mann/Mann oder Frau/Frau“ wird es nicht wie bei den Hetero-Ehepaaren. Ich persönlich finde es geradezu lächerlich. Auch wenn Herr Plutz Homosexuell-Sein für normal hält (für ihn ist es das, na klar), beantwortet sich diese Frage allein schon durch die Quantität (3 zu 97 Prozent!). Das Gespräch der beiden Herren war aber insofern sehr aufschlußreich, als ich - wie bei den meisten Themen heutzutage - einen kulturellen Graben in der Bewertung dieses speziellen Themas durch zwei Betroffene ausmache. Das sind die 25 Lebensjahre, die zwischen Etscheit und Plutz liegen, denke ich. Und Georg Etscheit ist außerdem ein ausgesprochen kultivierter, tief nachdenkender Feingeist, der sich nicht nur über Homosexuelle und deren Befindlichkeit Gedanken macht. Danke an alle drei Herren.

Thomas Schmied / 23.07.2020

Hach! Wieder Freigang aus der Irrenanstalt! Vierzig Minuten auf der Insel des Niveaus, wo man die Leute respektvoll ausreden lässt, wo auch bei unterschiedlichen Meinungen noch argumentiert statt diffamiert und niedergebrüllt wird. Danke! Ich finde, es geht immer in die Hose, wenn Dinge, für die man nichts kann, vor politische Karren gespannt werden. Das ist mit Hautfarbe ebenso, wie mit sexueller Orientierung. Ein Schwarzer oder Schwuler, der sich nicht als Opfer sieht, ist politisch nicht nutzbar. In kaum einem Kulturkreis geht es Minderheiten so gut, wie bei uns im Westen. In keinem Kulturkreis wird jedoch stärker eine Benachteiligung behauptet, weil sich Linke auf diesem Weg als Retter zur Wahl anbieten können. Es gab auch im Westen Diskriminierung (auch von Frauen), die ist jedoch beseitigt. Fertig! “Fertig” können Linke aber aus Gründen der Selbstlegitimation nicht akzeptieren. Glaube, dass aus diesem Grund über das Ziel hinaus geschossen wird. Gleiche Rechte reicht nun nicht mehr. Sie wollen Gleichheit befehlen und ihre Wächter fordern Gehorsam ein! Auf diesem Wege wird auch die Gleichberechtigung wieder beschnitten, indem zum Beispiel Quoten beschlossen werden oder bestimmten Migranten bei der Strafverfolgung “anderskulturelle” Pluspunkte zugestanden werden. “Black Pride” ist gut, “White Pride” ist bös. Beides ist jedoch bescheuert. Ebenso wie “Gay Pride” bescheuert ist. Bin auch nicht “stolz, Deutscher zu sein”, weil ich da nichts für kann. Trotzdem liebe ich mein Land, identifiziere mich mit seiner guten Geschichte und schäme mich auch nicht, Deutscher zu sein, weil ich auch für die zwölf Jahre Hitler nichts kann. Ich bin Hete, stehe auf Frauen, fühle mich aber recht wohl in der Umgebung von Schwulen, weil dort dieses ganze aggressive Balzgehabe keine Rolle spielt. Doch auch unter Schwulen gibt solche und solche. Wir sollten uns einfach nicht länger in Raster sortieren lassen! Das nutzt meistens den Falschen. So, jetzt muß ich leider wieder in die Zelle.

herbert binder / 23.07.2020

“Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt” - ein Film von Rosa von Praunheim aus dem Jahr 1971. [RvP habe ich aber sofort abgeschworen, trotz meiner großen Liebe zum Experimental- und Avantgardefilm, als er meinte, andere, z.B. Biolek, öffentlich machen zu müssen. Das fand ich einfach nur billig. Soweit.]  Aber zum Thema.  Das Schwulsein wird, wenn überhaupt, erst dann in unserer Gesellschaft “angekommen” und “angenommen” sein, und den Status wohlfeiler Lippenbekenntnisse hinter sich gelassen haben, wenn dies nicht mehr als besonders erwähnenswert angesehen wird. Aber in jedem Artikel, in jeder Rezension u.ä., in dem es um einen Menschen dieser Ausrichtung, dieser Veranlagung geht, Schriftsteller, Forscher, Politiker und sonst, meint der Autor, wie aus einem “Zwang” heraus, dies erwähnen zu müssen. Klingt dann locker, verständnisvoll, tolerant, verrät aber nach meinem Verständnis eher eine gewisse “Befangenheit”. Jedenfalls habe ich noch nie wahrgenommen, er/sie sei hetero. (wenn sich der Moderator dieser Sendung auch mutig und selbstbewußt dahingehehend “outet”...kicher, kicher). Also, mich interessiert es nicht die Bohne, auf welche Weise Menschen Schiffchen versenken spielen.  So, jetzt aber noch schnell zu meinem Coming-out: Ich gehöre wohl eher zur Spezies der Überinterpretierer.          

Richard Loewe / 23.07.2020

wichtiges Thema und auch teilweise sehr unterhaltsamer und auf hohem sprachlichen Niveau gehaltener Podcast, aber zum Kern des Themas, der Moral, kam man nicht. Die Ehe ist ein wichtige moralische Institution, die Kinder schuetzt und das Fundament der Gesellschaft ist. Mit der ‘Ehe fuer alle’ ist die Ehe als Institution zerstoert worden, und ich wuerde sagen, die evangelische Kirche ebenfalls. Ich sass mal in einen evangelischen Taufe und hatte zwei unkirchliche Gefuehle in meiner Brust: Entruestung und Amuesiertheit. Der Pfarrerdarsteller mit Klampfe sang vor einer mit Regenbogenfahne umwickelten Taufkerze. Das war eine schwule Jugendweihe. Und zum Thema Pride: Stolz, wie es Herr Etscheid ja erkannt hat, auf etwas Angeborenes ist eine Untugend. Wenn man, wie die Schwulenbewegung, eine Untugend zu einer Tugend erklaert, indem man die Untugend feiert, ist man unmoralisch, ist boese. Und ich habe nicht den Eindruck, dass die beiden Herren boese sind.

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