Manfred Haferburg / 03.10.2020 / 10:00 / Foto: Pixabay.de / 78 / Seite ausdrucken

In ständiger diffuser Angst

30 Jahre nach der Wiedervereinigung ist dieser Tag für viele Deutsche ein historisches Ereignis. Für mich hat dieser Tag etwas sehr Persönliches. Ich glaube, nicht zu übertreiben, wenn ich sage, dass mir dieses Ereignis vor 30 Jahren das Leben gerettet hat. Dieser Tag hat es mir ermöglicht, mir eine Weltanschauung aufzubauen, indem ich mir die Welt anschaute. Und er hat mir das Geschenk gemacht, die Enkel aufwachsen zu sehen. 

Als erstes eine bittere Träne: Einige meiner westdeutschen Freunde empfanden die DDR aus ihren daunenweichen vollgefurzten Westkissen heraus stets als das bessere Deutschland, und sie stimmen heute noch unverdrossen mit ein in den Chor: „Es war doch nicht alles schlecht in der DDR“. 

Das stimmt zwar, aber nicht „wegen der DDR“, sondern „trotz der DDR“ war nicht alles schlecht. Angela Merkel hat völlig recht mit dem Eindruck, dass heute Vieles sie an ihre Kindheit in der DDR erinnert. Geht mir auch so: Ein deja-vu jagt das andere. 

Wie sah die DDR zur Wendezeit von innen her aus? Wie kann man die Situation der DDR in den letzten Jahren und Monaten vor ihrem Kollaps am besten beschreiben? Wie war es wirklich? 

Wir schreiben das Jahr 1988. Die Gesellschaft der DDR ist tief gespalten. Es gibt Menschen, die fest an den Sieg des Sozialismus glauben und in jedem einen Feind sehen, der nicht wie sie denkt. Und ja, es gibt sie, diese Andersdenkenden. Sie sehen, dass die riesigen Erfolge und historischen Errungenschaften der DDR nichts weiter sind als verlogene Propaganda. Ihre Versuche, dies zu artikulieren, werden gnadenlos unterdrückt.

Die ganze politische Gesellschaft, Presse, Kunst, ja sogar die Wissenschaft machen das heuchlerische Spiel mit. Das Volk der DDR lebt in einer wabernden Atmosphäre der Denunziation und des Misstrauens. Der Riss durch die Gesellschaft teilt Freundschaften, manchmal die Liebe, und geht sogar mitten durch Familien. 

Die Diktatur des Proletariats hat die Demokratie bis zur Unkenntlichkeit entkernt. Walter Ulbricht sagte einst programmatisch: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles unter Kontrolle haben“. 

Keine Opposition und keine kritische Presse als Korrekturfaktoren

Der Staatsapparat hat nichts als den Machterhalt der SED-Bonzen als Ziel. Das DDR-Parlament kommt seiner ausschließlichen Aufgabe nach, 100-prozentige Zustimmung und nicht enden wollenden Beifall zur Linie der SED zu spenden. Zehn Minuten Standing Ovations sind in der Volkskammer keine Seltenheit. Den Machthabern wird schleimig gehuldigt. Für sie sind die Gesetze „Kann-Bestimmungen“, denn es gibt keine Opposition und keine kritische Presse als Korrekturfaktoren. Es gibt keine Verwaltungsgerichtsbarkeit, die DDR-Justiz ist voll im Dienst der SED. Die Scheinopposition der DDR-Blockparteien ist eine einzige Farce. 

Sämtliche Medien sind auf der Linie der Regierung voll gleichgeschaltet – ein Internet gibt es noch nicht. Dafür gibt es das Westfernsehen und den Deutschlandfunk. Ein mit Verstand begabter DDR-Bürger muss schon masochistische Neigungen haben, um sich täglich das DDR-Fernsehen oder das Neue Deutschland anzutun. Wichtig wird, was nicht in der Presse steht. Auf diese Weise lernen die DDR-Bürger das „zwischen den Zeilen lesen“. Und sie können es noch heute.

Wirtschaftlich geht es bergab. Je schlechter die Lage, desto lauter die Jubelmeldungen. Irgendwas ist immer knapp. Den Alltag bestimmen Schattenwirtschaft, private und staatliche Korruption um die begehrte Westmark und knappe Produkte aller Art, vom Räucheraal bis zum Klopapier. 

Der Staat beraubt seine Bürger bis aufs Hemd. Er tut so, als ob er sie fürs Arbeiten bezahlt und die Bürger tun folgerichtig so, als ob sie arbeiten. Ein Heer von Arbeitslosen sitzt hinter den Werkstoren. Die Preise steigen, die Qualität fällt. Das betrifft nicht nur den ärmlichen Konsum, sondern alle Bereiche der Gesellschaft – Umwelt, Infrastruktur und auch das Gesundheitssystem. 

Die Bevölkerung wird vom Apparat der Staatssicherheit in ständiger diffuser Angst gehalten. Nur ganz wenige Aufrechte wie Wolf Biermann wagen es noch, eigene Gedanken zu äußern. 

Selbst – oder gerade – die Sprache wird kontrolliert. Jeder wird unter Druck gesetzt, das offizielle krude DDR-Sprech zu benutzen. Ziel ist die staatliche Kontrolle der Gedanken. Die Bürger sind eingeschüchtert und verunsichert. 

Hoffnungslosigkeit, weil die meisten so taten, als wäre das Absurde normal

Andersdenkende werden ausgegrenzt, unter Druck gesetzt und verunglimpft. Was heute der „Rechtspopulist“ ist, war damals das „feindlich negative Element“. Hat ein Bürger erst mal das Etikett „feindlich negatives Element“ angeheftet bekommen, verliert er alle Menschenrechte. Es geht nicht mehr darum, gebessert zu werden, es geht nur noch darum, das „Element“ zu vernichten. Die Vernichtung ist subtil bis brutal, reicht vom Karriereende über Zerstörung der sozialen Existenz, vom Andichten geistiger Defizite bis hin zu Gefängnis und Mord. Partei, Staatssicherheit, Justiz und Medien, ja sogar Teile der Kirchen arbeiten Hand in Hand an der Unterjochung ihres Volkes. Tausende, und gerade die Besten, fliehen unter Einsatz ihres Lebens oder schmoren in den Terror-Gefängnissen. Das System macht vor nichts halt, noch nicht einmal vor Kindern. Zwischen 1945 und 1989 gibt es zwischen 200.000 und 300.000 politische Gefangene in der DDR. Mehr als 1.000 Namenlose, die bei der Flucht kein Glück haben, sterben an der mörderischen Grenze. Nur einer von zehn, die flüchten wollen, schafft den Weg in die Freiheit.

Mich erinnert das DDR-Staatsfeindbild an noch bösere Zeiten: ganze zwei Buchstaben machen den Unterschied. Doch ist es letztendlich für ein Individuum nicht egal, ob er als Rassenfeind oder als Klassenfeind stigmatisiert und vernichtet wird? 

Ich glaubte damals, dass dies noch viele Jahre so weitergehen würde – weiter in Richtung der Standards Nordkoreas. Wie sagte Honecker: „Die Mauer wird auch in hundert Jahren noch stehen“. Ich habe das geglaubt – kein Schimmer von Hoffnung, nirgends. 

Das Schlimmste daran war für mich persönlich die Einsamkeit. Der Widerstand konnte sich nicht vernetzen, es wimmelte von Spitzeln. So entstand eine Hoffnungslosigkeit, erzeugt dadurch, dass die meisten Mitmenschen so taten, als wäre das Absurde normal. Als wäre es normal, sich eine Eisenbahnschiene im Hintern krummbiegen zu lassen und dann zu sagen: „Es war mir ein Schützenfest“. 

Der wortmächtige Wolf Biermann fasst die damalige Situation der DDR viel besser zusammen, als ich es je könnte: „Die Diktatur des Proletariats, das war im Osten Deutschlands, genauso wie in der Sowjetunion, wohl eine Diktatur. Aber es war eine Diktatur nicht des, sondern eine über das Proletariat. Der deutsche Realsozialismus existierte von Anfang bis Ende nur als eine totalitäre Diktatur mit besonderer Härte gegen das arbeitende Volk. Dieses Ulbricht-Honecker-Mielke-Krenz-Gysi-Regime war eine rotlackierte Menschenbrechmaschine, in sowjetischer Lizenz gebaut. Das Volk schuftete in Volkseigenen Fabriken, die ja nie dem Volke gehörten. Und die DDR war auch ein brutales Joch für all die entbauerten Bauern in der Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft LPG, die zu sozialistischen Leibeigenen geprügelt worden waren. Die DDR war freilich auch ein Kontroll- und Strafapparat gegen die Intellektuellen. Und all den prometheuselnden Poeten und picassoversauten Malern und west-dekadenten Musikern wurde fürsorglich nicht die gallige Leber, sondern das Herz jeden Tag aus dem Rippenkäfig gerissen und gefressen, das erledigten Mielkes Aasgeier der Gehirnpolizei“.

Glauben Sie mir, ich hatte ständig Angst 

Biermann selbst, wie wenige Künstler, wurde in der DDR vor direkter Staatsgewalt nur durch seine Bekanntheit geschützt. Dieses Glück hatten nicht viele. Glauben Sie mir, ich hatte ständig Angst. 

Aber ich hatte noch größere Furcht, bei den Verbrechen der DDR mitzutun. Um diese Angst – wegen des Nicht-Mitmachens vernichtet zu werden – überwinden zu können, musste ich mir zuerst selbst einige Bekenntnisse abringen – nämlich zur Angst des Mutigen, zur Furcht des Widersachers, zum Zittern des Rebellen und ein Bekenntnis zum Recht eines jeden Freiheitskämpfers auf Feigheit. 

Ich möchte der Fantasie der Leser mit einem Zeitbild auf die Sprünge helfen, ein Bild aus der real existierenden DDR des Jahres 1989, mit meinen eigenen Worten gemalt: 

***20. September 1989: Ein Abend in Hohenschönhausen

Sie verlegen den Alten in eine andere Zelle des Haftkrankenhauses. Die Zelle ist klein, zwei altertümliche Metallrohr-Krankenhausbetten, ein Waschbecken und ein unverdecktes Klo in der Ecke. Das Fenster ist mit Glasziegeln zugemauert und außen noch mit einer Blechblende verdeckt. Es ist dämmerig und es stinkt. 

Als sich die schwere Tür hinter ihm lautstark schließt, humpelt ein junger Kerl mit zwei alten Krücken auf einem Bein herbei und lächelt den Alten offen und freundlich an. „Ich bin Bartschi“, sagt er und hält ihm die Hand hin, wobei er auf einem Bein balanciert. Er hat schwarzes, welliges Haar und blaue Augen, er ist mittelgroß und schlank, sein Schlafanzug ist am Knie des linken Beins feucht und fleckig, er scheint verletzt zu sein.

„Ich bin Nummer zwei, Republikflüchter und staatsfeindlicher Hetzer“, antwortet der Alte und schüttelt vorsichtig die dargebotene Rechte des Jungen. Der grinst und humpelt zu seinem Bett, auf das er sich rücklings plumpsen lässt, ängstlich bedacht, sein linkes Bein hochzuhalten. Es geht ihm nicht gut, er verzerrt vor Schmerz sein Gesicht. Doch nach einer Weile lächelt er wieder. „Der Doktor hier ist nicht zu eifrig, mein Knie wird schlechter statt besser“, äußert er eher zur Zimmerdecke als zu dem Alten. „Nicht mal Kühlbeutel bringen einem die Schwestern. Dabei ist das Knie entzündet und eitert, total geschwollen, was noch übrig ist davon“, er zieht sein Hosenbein hoch und zeigt einen schmuddeligen, durchnässt suppenden Verband. 

Er mag so Anfang 20 sein, ein hübscher Bursche, nur die fahlgraue Gesichtsfarbe stört. Solche Typen wie der werden leicht braun, es ist wohl schon eine Weile hier.

„Was ist denn passiert“? fragt der Alte. Der Junge grinst wehmütig. „Scheiße, ich war zu blöde. Hab’ die Grenze unterschätzt“. Vertrauensselig fängt er an zu erzählen. „Weißt du, ich bin aus Jena. Ich studiere Zahnmedizin, im ersten Jahr. Aber es hat mir schon lange gereicht. Immer diese blöden FDJ-Versammlungen. Ich will reisen. Ich habe viele Verwandte im Westen. Ich will ein eigenes Haus für mein Mädchen und für unsere Kinder. Weißt Du, mein Mädchen heißt Swantje“. 

Er lächelt verträumt. Dann fährt er bitter fort: „Am Anfang durfte ich nicht mal studieren, weil meine Eltern nicht der Arbeiter- und Bauernklasse angehören. Mein Vater ist Arzt. Nur mit meinem Einser-Abi habe ich den Absprung auf die Uni geschafft. Aber dann kamen sie ununterbrochen an, mit der Verpflichtung, für drei Jahre bei der NVA zu dienen. Das hat mir gerade noch gefehlt. Ich will meine Meinung sagen können und nicht irgendetwas nachplappern. Also, gestunken hat es mir schon ewig in der DDR. 

Und dann durfte meine Swantje zum achtzigsten Geburtstag ihrer Großmutter in den Westen fahren, es war wie ein Wunder. Nur ist sie nicht zurückgekommen. Ohne mir vorher ein Wort zu sagen. 

Ihre Eltern sitzen jetzt bis zum Hals im Schlamassel, wegen der gesetzwidrigen Nichtrückkehr ihrer Tochter. Und mich hat die Stasi jeden zweiten Tag verhört, weil sie mir geschrieben hat. Die Post haben sie mir aber nicht gegeben“.

Der Alte setzt sich neben ihn aufs Bett. Bartschi stützt sich auf seine Krücke und sagt bedauernd: „Na ja, da haben mein bester Kumpel und ich beschlossen rüberzumachen. War wohl ’ne Schnapsidee, wir hatten ja keine Ahnung von der Grenze. 

Mein Spezi meinte, wir sollten das lieber in der Tschechei versuchen. Dort dürfen die Leute ja ein bisschen reisen und die bewachen wohl ihre Grenze nicht so scharf wie bei uns hier, mit Selbstschussanlagen und Minen. Von wegen nicht scharf bewacht, das war vielleicht ein Irrtum. 

In den Semesterferien sind wir dann los. Wir haben allen gesagt, dass wir nach Prerow zum Camping fahren, auch unseren Eltern. Was soll man denn machen? Wenn sie etwas wissen und keine Anzeige erstatten, werden sie doch eingesperrt. Ich hab‘ mich furchtbar geschämt, sie so anzulügen.

Wir sind aber nicht nach Prerow, sondern nach Tschechien rüber, mit unseren Rucksäcken. Es sollte aussehen, als würden wir zwei zum Wandern gehen. Wir hatten nur eine Wanderkarte von der Grenzgegend. Irgendwie stimmte die schon zehn Kilometer vor der Grenze nicht mehr, wir haben uns kaum zurechtgefunden. Die Karte war total für’n Arsch. 

Erst sind wir mit dem Bus gefahren, aber dann 20 Kilometer zu Fuß. Wir haben aufgepasst, dass uns keiner sieht, sind meist neben den Wegen durch den Wald gegangen. Dann haben wir gewartet, bis es dunkel wird.

Die letzten zwei Kilometer sind wir auf dem Bauch durch Gras und Gebüsch gerobbt. Am Rand eines Getreidefelds haben wir dann die Zäune gesehen. Weißt du, es waren zwei Zäune mit einem Todesstreifen dazwischen. 

Wir haben zwei Stunden lang mit dem Fernglas die Posten beobachtet. Sie kamen zu Fuß vorbei, ab und zu aber auch mit einem Russen-Jeep. Hunde hatten sie auch, bloß gut, dass wir weit genug weg im Getreide lagen. Es war schon richtig dunkel.

Dann ging es los. Wir zogen unsere Lederhandschuhe an, wegen dem Stacheldraht, und als die Posten vorbei waren, krochen wir zum Zaun. Ich sprang als erster auf und kletterte bei einem Pfosten an dem Stacheldraht hoch, mein Kumpel auf der anderen Seite des Pfostens. Die Handschuhe waren Scheiße, schau dir die Narben hier an meinen Händen an. Aber ich kletterte weiter. 

Plötzlich ging fünfzehn Meter neben uns eine automatische Leuchtrakete hoch. Fauchend schoss sie in den Himmel und es war taghell. Ich ließ mich rückwärts ins Gras fallen und rief meinem Kumpel zu: „Ich lasse mich lieber festnehmen als erschießen!“ 

Wir lagen nebeneinander auf dem Bauch im Gras, die Hände schützend über dem Kopf gefaltet und hörten die Stimmen der herbeirennenden Grenzer und Motorengeräusche. Wir haben mächtig das Zittern gekriegt.

Der Hund war zuerst da. Es war ein großer schwarzer Dobermann. Er stellte sich über mich, sein offenes Maul an meinem Hals. Ich konnte seine Zähne im Nacken spüren, er biss aber nicht zu. Ich roch seinen stinkenden Atem, weil er so hechelte. Dann standen die Grenzer hinter uns, ich hörte, wie einer die Kalaschnikow durchlud. Glaub mir, ich hab‘ mir fast in die Hosen geschissen vor Angst. Dann hat einer etwas auf Tschechisch gebrüllt. Ich verstehe kein Wort Tschechisch, mein Kumpel auch nicht. 

Ich dachte, sie meinen, dass wir uns erheben sollen, und bin langsam, mit den Händen über dem Kopf, aufgestanden. Mein Kumpel auch. Wir standen mit dem Rücken zu den Soldaten, etwa drei Meter vor ihnen. Wieder brüllte einer der Grenzer etwas. Ich stand mit hoch erhobenen Händen da, drehte meinen Kopf zur Seite und sagte: „Wir verstehen Sie nicht, wir sind Deutsche.“ Ich sah, dass der Brüller ein ganz junger Kerl war, noch jünger als wir. Wieder brüllte er etwas, wieder sagte ich: „Wir verstehen Sie nicht.“ Ich hörte, wie er entsichert und wiederholte meine Worte, diesmal radebrechend ohne Grammatik: „Nix verstehen“!

Dann brach der Schuss los, ein lauter trockener Knall aus der Kalaschnikow. Einzelfeuer. Das Geräusch kenne ich aus dem Studenten-Militärlager. Mir war, als hätte mich jemand in die Kniekehle getreten. Ich ging zu Boden. 

Jetzt brüllten alle Posten um die Wette, einer trat mir in die Seite. Mein Kumpel stand immer noch mit erhobenen Händen neben mir und glotzte fassungslos auf mich herunter. Ich versuchte, wieder aufzustehen, doch mein Bein machte nicht mit, es lag total schief, als würde es nicht zu mir gehören. Es tat nicht weh im ersten Moment, aber dann sah ich das viele Blut rauskommen. Und dann tat es plötzlich furchtbar weh. Die Soldaten schrien sich jetzt gegenseitig an.

Mein Kumpel kniete neben mir und jammerte nur: „So eine Scheiße, so eine verdammte Scheiße!“ „Gib mir bitte eine Zigarette“, sagte ich zu ihm. Er zündete mir mit zitternden Händen eine an und steckte sie mir zwischen die Lippen. Die Grenzer waren mit sich selbst beschäftigt und stritten sich heftig. Meinen Kumpel ließen sie gewähren. Er hielt jetzt meinen Kopf und heulte leise vor sich hin. 

Dann war der Geländewagen da, mehr Soldaten und ein Offizier kamen. Das Geschrei wurde noch lauter, sogar der Köter bellte mit. Mein Spezi versuchte, mit seinem Taschentuch einen Verband um mein wie verrückt blutendes Knie zu wickeln, was natürlich nicht ging und höllisch wehtat. Dann bellte der Offizier ein paar Befehle. Sie drehten mich um und fesselten meine Hände auf dem Rücken mit Handschellen. Dann fassten vier Mann zu und wuchteten mich auf die kleine Ladefläche des Jeeps, wobei ich vor Schmerzen laut schrie. Der Jeep fuhr los, mein Kumpel blieb zurück. Das holperige Stück bis zur Straße werde ich so schnell nicht vergessen. Ich hab‘ die ganze Zeit geschrien vor Schmerzen. An der Landstraße hielten sie an und warteten eine halbe Stunde auf den Sankra. Da bin ich dann schon ein paar Mal weggetreten, wegen dem Schmerz und dem Blutverlust. Die Grenzer stritten sich immer noch, ich glaube sie beschimpften den Jungen, der geschossen hatte.

Mit dem Sankra brachten sie mich in ein Militärhospital, sie hatten da sogar einen vergitterten Krankenraum. Als sie mein Hosenbein runterschnitten, sah ich die ganze Bescherung. Er hatte aus drei Meter Entfernung in meine Kniekehle geschossen, mit der Kalaschnikow! Du weißt, was sie für ein Kaliber hat, damit kannst du auf 800 Meter jemanden erschießen, wenn du triffst. Hinten in der Kniekehle, war nur ein kleines Loch, aber vorne hatte es die ganze Kniescheibe rausgerissen, ein Riesenloch. Sie haben das Bein ohne Betäubung geradegerichtet und geschient. Ein Glück, dass ich dauernd ohnmächtig geworden bin. Ich glaube, ich kann nie wieder richtig laufen ...“

Seine blauen Augen füllen sich mit Tränen, er sieht den Alten hilfesuchend an. Was soll der ihm sagen? Ein blutjunger Bengel mit einem zerschossenen Knie. Der Stasidoktor wird ihm das Bein nicht operieren. Er kann auch mit einem kaputten Knie verurteilt werden. 

Der Alte hat keinen anständigen Trost für Bartschi. Der sieht es und fährt resigniert fort: „Dann kam die Militärpolizei mit einem Dolmetscher, um mich zu verhören. Die hatten sich vielleicht eine Räuberpistole für mich ausgedacht. Ich hätte mich angeblich mit einem Bajonett bewaffnet auf den Posten gestürzt und er hätte in Notwehr geschossen! Wenn ich nach dem Bajonett fragte, fingen sie immer an rumzubrüllen. Genauso, wenn ich sagte, dass der Einschuss hinten ist. Ich kann mich ja schlecht rückwärts auf den Posten gestürzt haben. 

Meinen Kumpel haben sie woandershin verfrachtet, ich habe ihn nie wiedergesehen. Jetzt habe ich nicht mal einen Zeugen. Ich bin am Arsch, gewaltsamer Grenzübertritt und Angriff auf Staatsorgane, mindestens sechs Jahre Bautzen. Die Stasi hier weicht keinen Millimeter von der Version der Tschechen ab. Wenn sie wenigstens mein Knie anständig versorgen würden. Guck dir die Sauerei an, schöner Mist ...“

26. September 1989: Eine Nacht in Hohenschönhausen

Bartschi geht es heute Nacht beschissen. Er fiebert und zittert wie Espenlaub. Er jammert nach Swantje, windet sich und stöhnt. Dann klappt er zusammen. Dabei liegt er doch auf seinem Bett. Der Alte klopfte an die Tür und ruft dem Posten durch die geschlossene Tür zu, dass er einen Arzt rufen soll.

Keine Antwort. Bartschi fängt an zu phantasieren und spricht zu seiner Freundin. Er ist voll von Angst und sein Körper ist durch die Entzündung der eiternden Verletzung sehr geschwächt. 

Der Alte tupft ihm den eiskalten klebrigen Schweiß vom Gesicht. Sein Zittern wird stärker, Bartschi bekommt Schaum vor den Mund. 

Der Alte hat eine Erste-Hilfe-Ausbildung. Er glaubt, dass der Junge in einem Schockzustand ist. Der Kreislauf bricht zusammen, Blutdruck total im Keller. Aber der Alte weiß nicht, wie er ihm helfen soll. Er hat nichts als ein nasses Handtuch, mit dem er Batschis Stirn und sein Knie zu kühlen versucht. 

Der Alte hält seinen Kopf, streicht ihm übers Haar und redet auf ihn ein, dass alles gut wird und er sein Mädchen wiedersehen wird. Der Junge zittert und lallt. Der Alte hält seinen Kopf in den Armen und weint vor Hilflosigkeit.

„Bitte, bitte stirb hier nicht, Bartschi“. Der Alte hört die Wachen draußen kichern, sie haben die Szene durch den Türspion beobachtet. Ein ungeheurer Hass kriecht in dem Alten hoch. Er wummert gegen die Tür und hört, dass sich schon mehrere Posten draußen versammelt haben. Der Alte brüllt nach einem Arzt: „Der Junge hat einen Kreislaufzusammenbruch“! 

Sie sagen, er soll die Schnauze halten, sonst kommen sie rein. Und Nummer eins soll sich einen runterholen, dann wird’s besser. Der Alte rastet völlig aus. Mit einem Satz ist er an seinem Krankenbett und reißt den Eisenrohr-Bettgiebel heraus. Mit ihm als Rammbock stürzt er sich auf die Zellentür mit dem aussichtlosen Versuch, sie einzuschlagen. 

Die Rammstöße hallen durch den ganzen Bau. Bartschi röchelt auf seinem Bett. Der Alte ist völlig außer sich, schreit sich heiser: „Ihr Schweine, ihr Kommunistenschweine“! Wieder und wieder rammt er den Bettgiebel in ohnmächtigem Hass gegen die eisenbeschlagene Tür.

Als er gerade einen neuen Anlauf mit dem Bettgiebel in Richtung Tür nimmt, wird diese plötzlich aufgestoßen. Sechs Mann stürmen herein. Mit einem Wutschrei stürzt sich der Alte auf den Ersten, einen kräftigen Leutnant. Eine von Bartschis Krücken gerät ihm zwischen die Beine, so dass er längelang hinschlägt. 

Die Wachen sind im Nu über ihm, drehen ihm die Arme auf den Rücken, knien auf seinem Rücken und treten auf ihn ein. Der Alte spürt überhaupt nichts und brüllt sie heiser an: „Ihr elenden Schweine, ihr elenden Stasischweine“! Immer wieder.

Sie haben leichtes Spiel mit ihm, er hat kaum Kraft. Er hat in den letzten sechs Monaten 20 kg abgenommen. Und die achtwöchige Stasi-Lichttherapie hat ihn seinen eigenen Namen vergessen lassen. Sie knien auf ihm, halten ihn so lange fest, bis er sich nicht mehr bewegt. Ihm wird schwarz vor Augen.

Als der Alte wieder wach wird, liegt er mit dem Gesicht auf dem Betonfußboden der Zelle. Er schmeckt Blut. Die Rippen tun ihm von den Tritten weh. Bartschi hat aufgehört, zu röcheln. 

Der Alte kriecht zu Bartschis Bett und zieht sich zu ihm hoch, was höllisch wehtut. Das Zittern hat aufgehört, der Junge atmet gleichmäßig. Der Alte wischt ihm das Gesicht mit dem nassen Handtuch ab, den kalten Schweiß und den Schaum. Sich selbst wischt er das Blut aus dem Gesicht. 

Als der Junge wieder sprechen kann, sagt er, dass er lieber tot wäre. Er hätte solche Angst vor dem, was auf ihn zukommt. Mit 20 Jahren als Krüppel in Bautzen für sechs Jahre eingesperrt zu werden, wie soll er das aushalten? Und was soll danach werden, wenn es denn ein Danach überhaupt gibt?***

Das war Ende September 1989. Vier Wochen später brach das zusammen, was die DDR-Bonzen den „antifaschistischen Schutzwall“ nannten und der in Wirklichkeit eine stalinistische Todesmauer zum Einsperren des eigenen Volkes war. 

Wollen Sie wissen, woher ich das alles so genau weiß? Der Alte, das war ich. Ich war 39 Jahre alt. 

***Der kursiv gesetzte Text ist ein Auszug aus dem autobiographischen Roman „Wohn-Haft“ von Manfred Haferburg mit einem Vorwort von Wolf Biermann (4,8 von 5 bei 108 Sternebewertungen)

Foto: Pixabay.de

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Albert Schultheis / 03.10.2020

Mittlerweile glaube ich es sogar: Deutschland ist ein mieses Stück Scheiße! und die Deutschen, sie sind eine Köterrasse. Kultur kann ich in diesem Land seit mindestens 15 Jahren nirgendwo mehr beobachten. Ich bin Wessi, habe die Ehemalige mehrmals bereist. Zuerst im Winter 89 - mit der ganzen Familie, ohne vorherige Hotelbuchung. Die Freundlichkeit, den Enthusiasmus und das Glück der Menschen werde ich nie im Leben vergessen. 30 Jahre Deutsche Einheit - 15 Jahre abgrundtiefe Spaltung in den Köpfen. Es gibt nichts, gar nichts zu feiern. Schon gar nicht mit solchen Leuten wie Steinmeier, Merkel und der ganzen Politmischpoke. Was für ein bitterer Betrug. Was für eine abgrundtiefe Gemeinheit.

Karlheinz Patek / 03.10.2020

Beeindruckend. Danke für den Artikel. Muss erstmal die Sprache wiederfinden. Ach ja, eins vielleicht. ” Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles unter Kontrolle haben “. Der Satz eignet sich doch hervorragend für die aktuelle Zustandsbeschreibung von Muttiland.

Michael Schwerdtfeger / 03.10.2020

Ich bin einigermaßen erschüttert. Bartschi… war ein Kommilitone von mir in Jena, der der Gerüchteküche nach im Sommer 89 nach dem Physikum über die tschechische Grenze wollte und dabei einen Schuss ins Bein erhielt. Die grusligen Details erfuhren wir natürlich nicht. Ich habe ihn nie wieder gesehen oder etwas von ihm gehört. Insofern waren die Gerüchte präzise - ich kann ihm nur alles Gute wünschen, egal wo er jetzt ist. Ich hoffe es geht ihm gut, so gut es einem nach dieser Geschichte gehen kann…

Erich Haag / 03.10.2020

Vielen Dank Herr Haferburg. Ihre Geschichte hat mich außerordentlich berührt! Ein Trost dem Monster ins Auge gesehen und dennoch überlebt zu haben. Wie viele hunderte Millionen haben diese Begegnung mit ihrem Leben bezahlt. Der schlimmste Dämon der jemals über die Menschen kam erhebt sich wieder. Im neuen Kleidchen ist er wieder interessant für die im genetischen Minimalprinzip Verriebenen. Kain und Abel gleich nährt sich die Internationale oder Linke an der Nationalen oder Rechten Bestie und verschlingt in ihrem Durst alles was in die Richtung des Kadavers späht. Freiheit oder Sozialismus der seit tausenden Jahren währende Kampf geht in sein Crescendo über.

Sybille Schrey / 03.10.2020

Wow! - Das hat was vom Grafen von Monte Christo. Erstaunlich, denn die Zone wußte Ihre Karrieristen eigentlich gut bei der Stange zu halten, vor allem in so einem sensiblen Bereich. Und da sollen nur das „freche Absingen“ von Biermannliedern und unbedachte Äußerungen beim Karneval zu Stasi-Kontakten geführt haben? Herr Haferburg, Herr Haferburg, wo liegt denn da eigentlich der Hase im Pfeffer?

b. stein / 03.10.2020

„Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles unter Kontrolle haben“  - In ihrer Abtrittsrede, so der Abtritt denn wirklich kommt, wird die Kanzlerin sich in all ihrer Herzlichkeit beim deutschen Volke bedanken und sagen: Ich weiß, der eine oder andere in der DDR Sozialisierte hats längst gemerkt. Die Maueröffnung war der Startschuss für die DDR-West-Erweiterung.

Kevin Schulze / 03.10.2020

Eine sehr bewegende Geschichte. Ich kenne auch das lesenswerte Buch von Herrn Haferburg und empfehle es ausdrücklich. Bei den Schilderungen des Alltags in der “DDR” fühlte man sich so an heute erinnert. Kein gutes Zeichen. Insbesondere: “Hoffnungslosigkeit, erzeugt dadurch, dass die meisten Mitmenschen so taten, als wäre das Absurde normal”. Wie heute.

R.Stefan / 03.10.2020

Herr Haferburg- herzlichen Dank dafür, daß sie besonders im ersten Teil auf die Zustände in der der DDR eingehen, welche am ehesten als Bezugspunkt zu gleichartigen Prozessen im heutigen Deutschland zu sehen sind.Um diesen sogenannten"Feiertag” herum konnte man in vielen Artikeln in den Social Medias gerade mal wieder verstärkt lesen, daß die Demokratie nicht in Gefahr sei und auch sonst eine DDR 2.0 nicht erkennbar sei.Dabei fallen mir dann immer die geradezu prophetischen Worte Bärbel Bohleys ein, die ja davon sprach das sie ( also die Stasi) eines Tages wiederkommen wird, sie wird mit verfeinerten Methoden arbeiten- aber sie wird erfolgreich sein. Wer diese zumindest ersten Anzeichen nicht als das erkennt, was Bohley damit meint- der hat wohl den Schuß noch nicht gehört. Und mir fallen dann auch immer wieder die Worte von Pastor Niemöller ein:“Als die Nazies die Kommunisten holten….” Zumindest ein großer Teil der Landsleute aus dem Westen entwickelt dazu geradewegs eine Nibelungentreue gigantischem Ausmaßes und lernen nicht(s) aus der Vergangenheit.

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