Gastautor / 02.05.2022 / 14:00 / Foto: PIxabay / 28 / Seite ausdrucken

In Europa explodiert die Geldentwertung

Von Chris Veber.

Wenn ein Arzt eine Krankheit falsch diagnostiziert, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass seine Behandlung die Lage des Patienten nicht verbessern wird. Das gilt auch für die sogenannten Hüter unserer Währung.

In Europa explodiert die Geldentwertung. Die Inflation erreicht eine Höhe, die bald auch dem Mittelstand die Finanzierung des täglichen Lebens verunmöglichen wird. Also wird die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzinssatz erhöhen, um die Inflation in den Griff zu kriegen. Ich glaube, damit gießt die EZB jedoch Benzin ins Feuer.

Die EZB geht davon aus, dass nach klassischer Lehre die Verteuerung der Ware Geld zu einem Einbremsen des Wachstums und damit der Inflation führen wird. Sie geht auch davon aus, dass die Inflation großteils auf einem Überangebot an Kapital basiert. Immerhin hat die EZB ihre Bilanzsumme von 1,5 Billionen Euro im Dezember 2007 (vor der Bankenrettung des Jahres 2008) auf 8,78 Billionen im April 2022 aufgeblasen. Diese Geldschwemme hat in der Tat auch schon bisher zu einer Inflation geführt, nur nannte sich das bis jetzt „steigende Aktien und Immobilienwerte“, war unter sehr Vermögenden gern gesehen und hatte (bis auf die Immobilienpreise) keinen Einfluss auf das Leben normaler Menschen oder Firmen. Denn bei denen kam die Geldflut ja nie an. Oder kennen Sie einen Angestellten oder einen Tischler, dessen Schuldverschreibungen von der EZB angekauft wurden? Oder einen Installateur, der zinsfrei Kapital abrufen konnte?

Wenn wir also seit 14 Jahren eine zinsfreie Geldschwemme haben, warum steigen die Preise der Realwirtschaft erst jetzt an? Weil die gleichgebliebene Kaufkraft der normalen Menschen und Firmen erst jetzt auf ein drastisch verknapptes Warenangebot trifft und damit die Preise treibt.

Das hat meiner Meinung nach zwei Gründe. Die Corona-„Maßnahmen“ und die „Energiewende“, also die Verknappung und Verteuerung von Energie.

Haben Sie kürzlich eine Playstation bestellt?

Die Corona-Lockdowns haben die weltweiten Lieferketten nachhaltig zerstört. Wer in letzter Zeit versucht hat, etwas zu kaufen, irgendetwas, sei es eine Playstation 5, ein Auto oder gar ein Fahrrad, wird wissen, wovon ich rede. Auch Häuslebauer haben festgestellt, dass es einfach an allem fehlt. Die Weltwirtschaft ist ein hochkomplexes und vernetztes System, das nicht einfach nach Belieben ein oder ausgeschaltet werden kann – wie offensichtlich nicht wenige unserer Politiker und „Experten“ glaubten. Die Behebung des durch die Corona-„Maßnahmen“ angerichteten Schadens wird Jahre dauern. Aber nur, wenn dieser Irrsinn nicht weiter fortgesetzt wird und die Lieferketten sich endlich wieder einspielen können.

Die „Energiewende“ hingegen hat zu einem sprunghaften Anstieg vor allem der Gaspreise geführt. Ab der Jahresmitte 2021 ist der Dutch TTF-Gaspreis (ein Referenzpreis in Europa) angestiegen, mit einem schönen Peak nach dem 26. September. Was ist 2021 passiert? Im Juni wurde das Europäische Klimagesetz von den EU-Ministern angenommen. Und am 26. September war die Deutsche Bundestagswahl. Es war also für Gasversorger anzunehmen, dass die Erreichung der „Klimaziele“ und der Ausstieg der größten europäischen Wirtschaft aus Atom und Kohle zu einer erhöhten Nachfrage führen wird. Die Gaspreise stiegen schon lange vor Putins Einmarsch in die Ukraine. Übrigens wurden die Gaslieferungen seitens Russlands und die Durchleitung seitens der Ukraine bis vor Kurzem unterbrechungsfrei durchgeführt (seit dem 27. April werden Polen und Bulgarien nicht mehr beliefert), der Gaspreisanstieg ist also eher der Spekulation als der Verknappung zuzurechnen.

Aber steigende Energiepreise sind für unsere Regierungen kein Problem. Es soll ja weniger verbraucht werden. Des Klimas wegen. Was unsere Regierungen nicht mitbedacht haben, Energie und Gas sind für jede wirtschaftliche Aktivität notwendig. Für den Transport von Waren ebenso wie für die Herstellung von Kunstdünger. Produzenten wie BASF oder Yara haben schon im Herbst 2021 die Produktion von Kunstdünger ganz oder teilweise eingestellt. Wegen der Gaspreise. Weniger Dünger führt erstens zu weniger Nahrungsmittelproduktion und zweitens zu höheren Düngerpreisen für die Bauern. Was wiederum beides die Konsumentenpreise rasant ansteigen lässt.

Der „tolle“ ökologische Fußabdruck Afrikas

Unsere Regierungen hätten sich eventuell vor dem Beschluss diverser Energiewenden und Steuern ein Satellitenbild von Afrika bei Nacht ansehen sollen. Da sieht man, was Energiearmut und eine „angebotsorientierte Energieversorgung“ bedeuten. Armut. Mangel. Was übrigens auch ein Grund für die Migration von Afrika nach Europa ist. Polemisch betrachtet, wird dann zumindest die Migration aufhören, wenn Europa auf dem wirtschaftlichen Niveau Afrikas angekommen ist. 

Die im täglichen Leben spürbare Inflation hat ihren Grund also in der mangelnden und gewollt verteuerten Produktion der Wirtschaft. Jetzt erhöht die EZB den Leitzins, um das Wirtschaftswachstum einzubremsen, wirft der Produktion also einen zusätzlichen Knüppel zwischen die Beine, was die Versorgung zusätzlich erschweren wird. Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, ob das eine gute Idee ist. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen sind durch die Corona-„Maßnahmen“ schon angeschlagen genug, eine Zinserhöhung könnte für viele der letzte Stoß in den Abgrund sein. Und die Verteuerung der Ware Geld, die wie Energie in allen Produkten enthalten ist, würde natürlich auch an die Konsumenten weitergereicht.

Was eine Zinssteigerung bewirken könnte, ist ein Anstieg des Euro-Kurses gegenüber anderen Währungen. Und damit eine Verbilligung von Importen. Aber ob dieser Anstieg die Belastungen wettmacht, ist unsicher. So wie jegliche Wirtschafts-„Wissenschaft“ unsicher ist, weil es sich um eine Sozialwissenschaft handelt. Es menschelt, Prognosen sind ebenso vorsichtig zu lesen wie die Vorhersagen der Corona-Modellierer. 

Was die Preissteigerungen wirklich bekämpfen würde, wäre ein sicheres Ende aller Corona-„Maßnahmen“, die Rücknahme von Steuererhöhungen auf Energie und das Eingestehen der Tatsache, dass ein industrialisierter Kontinent nicht mit Wind und Sonne betrieben werden kann.

Im Übrigen wird auf den Finanzmärkten großes Jammern und Wehklagen einsetzen, sollte die EZB ihre Anleihekäufe zurückfahren und die Bilanzsumme verkleinern. Aber Dividenden werden ja weiterhin gezahlt und fallende Wohnungspreise sollten nicht das größte aller Probleme sein.

 

Chris Veber ist Ex-Philosoph, Ex-Grüner, Unternehmer und freier Journalist. Er bloggt auf https://chrisveber.blogspot.com

Foto: Pixabay

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Thomas Schmied / 02.05.2022

“(...) das Eingestehen der Tatsache, dass ein industrialisierter Kontinent nicht mit Wind und Sonne betrieben werden kann.” Denke, ein starkes, eigenständiges Europa ist auch nicht der Plan derer, die derzeit, ohne demokratische Legitimation, und ohne nennenswerten Widerstand die großen Weichen stellen. Ein weitgehend entindustrialisierter Kontinent, künstlich “multikulturalisiert”, gesellschaftlich fragmentiert, jedes verbindenden kulturellen Kittes beraubt, komplett durchideologisiert, jeder gewachsenen Identität, sogar der sexuellen Identität beraubt und medial streng auf Einheitslinie getrimmt, wirtschaftlich in Abhängigkeit und Angst gehalten - ein derart kaputtes Konstrukt lässt sich viel leichter kontrollieren. Meine Befürchtung: Wenn der Zombie “Euro” irgendwann umfällt, wird man sowas wie das digitale Zentralbankgeld aus dem Hut ziehen. (Die Regierung Biden lässt sowas bereits prüfen.) Damit wird man uns dann wieder mal “retten” und gleichzeitig in die totale Abhängigkeit, Kontrollierbarkeit und Überwachbarkeit treiben. “Krude Verschwörungstheorie”? Klar, ich höre es schon. Warten wir es mal ab…

W. Renner / 02.05.2022

Hat jemand Erfahrung damit, was man bekommt wenn man Geld in einen Scholzomaten steckt?

W. Renner / 02.05.2022

Wen wundert das, wenn der Gazgerd das ganze Geld mit Massenmordaufschlag seinem best friend Psycho Vladimir zur Finanzierung des Gemetzels in den Kreml schiebt.

Carlo Stronzo di Contadino / 02.05.2022

“Im Übrigen wird auf den Finanzmärkten großes Jammern und Wehklagen einsetzen, sollte die EZB ihre Anleihekäufe zurückfahren und die Bilanzsumme verkleinern.” Bilanzsumme verkleinern wird nicht einfach werden. Die aufgekauften Anleihen werden irgendwann zur Zahlung endfällig, der Emittent braucht dann wieder frisches Kapital, um den Nennwert an den Besitzer der Anleihe zu bezahlen und schon geht der Kreislauf wieder von vorne los. QE Quantitative Easing funktioniert nur in den USA, dort kann die Bank ihre eigenen Titel zurückkaufen und theoretisch sogar vernichten. Von der EU einfach nur schlecht kopiert, wie fast alles.

Karla Kuhn / 02.05.2022

B. Jacob, “Ein Dienstleistungsland kann nicht überleben, denn in der Realwirtschaft nur kann Mehrwert, Wertschöpfung geschaffen werden und nicht in einer ideologischen Schwätzer Republik mit künstlich aufgeblähten Beamtenkoloss, künstlich aus dem Boden gestampfte Jobs, wo keine Wertschöpfung stattfindet. ”  HERVORRAGEND !!  Jetzt sollen als KNÜLLER noch mehrere HUNDERT BEAMTE neu eingestellt werden !  WAHNSINN. Das gesamte BEAMTENTUM gehört endlich abgeschafft. Wenn nicht, dann müssen ALLE Beamten GENAU SO besteuert werden wie die LOHN-ARBEITENDE Bevölkerung. ALLE in Rente und Krk. einzahlen und die enormen Pensionen (VÖLLIG UNGERECHTFERTIGT!) in genau der Höhe zahlen, wie die der Arbeitnehmer. KEINE EXTRAS mehr und das MUß so schnell wie möglich geschehen. Helge Grimme, “Jedes dieser Themen hat eine lange Vorgeschichte, die sich nicht auf ein einfaches Schwarz-Weiß-Schema reduzieren lässt, wenn man wahrhaftig bleiben will.” Absolut richtig aber das darf offenbar nicht an die Oberfläche!! R. Reger, “100 Milliarden hier, 100 Milliarden dort, dazu Deutschland als Rächer der Witwen und Waisen, mit immensen Sozialkosten für Kost und Logie für Sozialtouristen, dass sowas in einer laufenden Rezession nicht gut gehen kann, dürfte jedem Milchmädchen klar sein.” Ja aber sie werden nicht gefragt, denn mit “Milchmädchenrechnungen” lassen sich doch prima die eigenen Inkompetenzen verschleiern. MILLIARDEN fürs Ausland und “Almosen” für die eigene Bevölkerung??

Arne Ausländer / 02.05.2022

@R.Reiger: Experimente, wenn sie von der Rockefeller Foundation gefördert werden, sollen gewiß nicht dezentrale Überlebenschancen verbessern. Auch ist Sri Lanka nicht für die Menschenfreundlichkeit seiner politischen Elite bekannt. Realistische Versuche mit alternativer Landwirtschaft enden keinesfalls immer so katastrophal. Schon die Kategorie “Kunstdünger” ist ja zu hinterfragen. Kali und Phosphor sind ja natürlich, damit allein ginge schon viel. - Aber weder bin ich da Experte (habe nur öfter interessiert zugehört, gerade bei Praktikern) noch reicht hier der Platz für Fachdiskussionen. Ich wollte nur daran erinnern, daß es jenseits dessen, was die Rockefellers (oder Regierungen) auf dem Schirm haben, noch ganze Welten von Möglichkeiten gibt. Zum Glück.

Gus Schiller / 02.05.2022

Was soll denn das Gejammer. Ist doch nur Geld (R. Habeck). Und wenn es nicht mehr hier ist, ist es ja nicht weg, sondern nur wo anders. Außerdem soll man sich nicht an irdische Güter klammern, sondern froh sein, dass man Corona überlebt hat. Ab 2030 sind wir alle arm aber glücklich, sofern wir bis dahin noch leben.

Wilhelm Jans / 02.05.2022

Es ist richtig, dass wir schon seit einiger Zeit eine Inflation haben, eine Inflation bei den Vermögenswerten, den Aktien. Die Vermögensinflation ist aber etwas anderes als die Konsumgüterpreisinflation. Die Vermögensinflation ist ein Anstieg der Vermögenswerte und damit des Reichtums. Dieser Zuwachs an Reichtum hat so funktioniert. Der Spekulant kauft Aktien auf Kredit zu praktisch null Zinsen und geht davon aus, dass die Zinsen nicht steigen. Viele kaufen mit Kredit Aktien und die Kurse steigen aufgrund der hohen Nachfrage. Die gestiegenen Kurse decken den Kredit mehr als genug. Wenn nun die Zinsen steigen, sinken die Nachfrage und die Kurse. Sinken die Kurse zu stark, sind die Kredite nicht mehr gedeckt. Die Kreditgeber haben Verluste. Das Finanzsystem bricht zusammen. So war es 2008, als das Fed die Zinsen zu schnell zu stark anhob. Die EZB sitzt in der Zwickmühle.

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