Die „Bedeutung des Spontanmeldesystems und die Meldewege sind vielen Ärzten nicht gut genug bekannt“, sagt der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Wolf-Dieter Ludwig.
In der Diskussion um die Anzahl der Impfschäden fordert die Ärzteschaft die Vereinfachung des Meldesystems, berichtet Welt. „Der Meldeprozess muss dringend besser digitalisiert werden, damit Ärzte mögliche Nebenwirkungen nach Impfungen einfacher an die zuständigen Stellen melden können“, sagte ein Sprecher des Virchowbundes der „Welt am Sonntag“.
Seit zwei Jahren und fast vier Monaten impfen deutsche Ärzte gegen das Corona-Virus. Nun wird beklagt: Das bisherige Verfahren über die Eingabemasken beim Paul-Ehrlich-Institut sei „zu kompliziert und zeitaufwendig“.
Das Problem nicht gemeldeter Verdachtsfälle sei zwar bekannt, niemand wisse aber, wie hoch die Dunkelziffer ist. „Erkenntnisse zum Umfang nicht gemeldeter Nebenwirkungen sind uns nicht bekannt“, zitiert Welt die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Weiter heißt es:
„Auch (der) Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AKdÄ), an die Haus- und Fachärzte Impfkomplikationen parallel zu den Behörden ebenfalls melden sollen, liegen nach eigenen Angaben keine aktuellen Zahlen darüber vor, wie häufig Meldungen unterlassen werden.“
Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) rechnet mit einer Dunkelziffer zwischen 90 und 95 Prozent bei schweren Nebenwirkungen: „Den Möglichkeiten von Analysen in der UAW-Datenbank stehen bekannte Limitierungen des Spontanberichtssystems gegenüber. Nur etwa sechs Prozent aller UAW und fünf bis zehn Prozent der schweren UAW werden Schätzungen zufolge gemeldet (underreporting).“ Unter „UAW“ versteht man „Unerwünschte Arzneimittelwirkung“.
Der Vorsitzende der AKdÄ, Wolf-Dieter Ludwig, hat noch eine andere Erklärung für das Underreporting: Die Hürde für eine Fallmeldung sei eigentlich nicht so hoch. „Relevanter dürfte sein, dass vielen Ärzten die Bedeutung des Spontanmeldesystems und die Meldewege nicht gut genug bekannt sind“, so Ludwig.
Demnach herrscht in der deutschen Ärzteschaft Unkenntnis über ihre gesetzlichen Pflichten. Das würde bedeuten, dass viele Ärzte aus Fahrlässigkeit gegen das Infektionsschutzgesetz (IfSG) verstoßen, das sie dazu verpflichtet, Verdachtsfälle auf Nebenwirkungen zu melden. Andernfalls drohen Geldbußen bis zu 2.500 Euro.