Manfred Haferburg / 01.08.2021 / 11:00 / Foto: Imago / 84 / Seite ausdrucken

Impfpflicht oder Liberté – was ist in Frankreich los?

Das dritte Wochenende hintereinander begehren Franzosen gegen die Maßnahmen auf, die Macron und seine Regierung in Frankreich planen. Es waren am vergangenen Samstag 150.000 Menschen vorhergesagt, wobei ich den offiziellen Zahlen und Dauerwerbesendungen vieler TV-Stationen fürs Impfen zutiefst misstraue. Offiziell wurden es dann 205.000 Franzosen, die in 148 Demonstrationen protestierten, ob verboten oder erlaubt. Seit drei Wochen schon nahm jeden Samstag die Bewegung um 25 Prozent zu.

Es war eine bunte Mischung der Bevölkerung, jung und alt, rechts und links, Gelbwesten und Weißwesten, die da recht friedlich ihren Unmut über das beabsichtigte Zwangsimpfen zum Ausdruck brachten. Die Staatsmacht setzte reichlich Tränengas und Wasserwerfer ein, gegen eine Menge, die „Freiheit“ skandierte und die Nationalhymne sang. Drei Polizisten wurden leicht verletzt, 19 Franzosen wurden verhaftet.

In den Deutschen Medien wird eine sehr verkürzte und optimistische Sicht auf die französischen Regierungsmaßnahmen gepflegt. Die FAZ konstatiert bei den Protesten gar eine „bedenkliche Staatsfeindlichkeit“. Der Autorin fällt bei ihrem Artikel „Der Hass auf das System“ noch nicht einmal das unselige DDR-Wording vom „Staatsfeind“ auf, wenn sie versucht, die Protestierer als Holocaustrelativierer mit „immer radikaler werdenden Parolen“ zu denunzieren und zu beklagen, dass bislang die „unsäglichen Nazi-Vergleiche nicht geahndet werden“.

Vom Staat erpresst, sich zwangsimpfen zu lassen

Die Gesetzesentwürfe zum „Pass Sanitaire“ konnten in Frankreich nicht so durchgesetzt werden, wie es vom Macron-Kabinett geplant war. Ursprünglich sollten ab 1. August Ungeimpfte unter anderem kein Restaurant, keinen großen Supermarkt, kein Kino, nicht mal ein Krankenhaus betreten dürfen, wenn sie nicht einen 48 Stunden frischen PCR-Test vorweisen können, der ab September selbst bezahlt werden muss und dessen Erzeugung minimal 24 Stunden dauert. 

Am schlimmsten sollte es die Abhängigsten treffen. Das medizinische Personal, die Feuerwehr und das Transportpersonal sollten zur Impfung verpflichtet werden – bei Androhung der Kündigung. Diejenigen, denen noch vor ein paar Monaten jeden Abend um acht Beifall gespendet wurde, werden jetzt vom Staat erpresst, sich zwangsimpfen zu lassen. In Frankreich sind nämlich nur etwa die Hälfte der Mitarbeiter des Gesundheitswesens geimpft und viele lehnen die Impfung mit der Losung: „Wir sind nicht eure Versuchskaninchen“ vehement ab.

Auch die Gewerkschaften protestierten auf das heftigste: „Impfen steht nicht in den Arbeitsverträgen“. Kein französischer Politiker, der bei Trost ist, legt sich in der Urlaubszeit mit den Gewerkschaften an. Offenbar aber ist Macron nicht nur nicht ganz bei Trost, sondern auch noch ein bisschen unsensibel. Erst reiste er nach der abrupten „Ankündigung der Maßnahmen“ zu den Spielen nach Tokyo, und dann zog er sich zur Weiterführung der Amtsgeschäfte in seine Ferienfestung Fort Brégançon in Bormes-les-Mimosas am azurblauen Mittelmeer mit Privatstrand zurück. Er lässt lieber seinen Gesundheitsminister Olivier Véran die schlechten Nachrichten verkündigen. Aber wenigstens ist dieser Gesundheitsminister von Beruf Arzt.

Erst mal verschoben und aufgeweicht

Der „pass sanitaire“ wurde in seiner ursprünglichen Form von der Nationalversammlung erst mal verschoben und aufgeweicht. Die Kündigungsandrohung wurde zurückgenommen und in eine „Nichtbezahlung“ umgewandelt. Die drakonischen Geldstrafen von 45.000 Euro für Gastwirte, die den Gesundheitspass ihrer Gäste nicht strikt kontrollieren, wurden in 7.500 Euro umgewandelt, aber nur, wenn der Wirt innerhalb einer Woche dreimal dabei erwischt wird. Und so geht es weiter mit dem Unmöglich-machen der Kontrolle der „Maßnahmen“. Jetzt soll eine Regierungskommission die weitere Vorgehensweise entscheiden. Es wird nicht viel Gutes dabei herauskommen und wehe, es stellt sich heraus, dass die Impfungen nicht zum versprochenen Erfolg führen. 

Ich kenne die Demonstrationen nur aus dem Fernsehen und kann daher nur begrenzt aus eigener Anschauung berichten. Meine Frau und ich verbringen gerade unseren Urlaub fern unserer Pariser Wohnung in Südfrankreich, in ganz kleinen Ortschaften der Provence, wo es keine Demonstrationen gibt. Aber das „régime de sortie de crise sanitaire“ – die „Maßnahmen zur Überwindung der Gesundheitskrise“ gelten auch hier. Das heißt in der Praxis, dass Masken beim Betreten der Läden und Gaststätten getragen werden müssen, Hände desinfiziert und in Restaurants Adressen oder Telefonnummern hinterlassen werden müssen. Wozu das gut sein soll, ist unklar, weil niemand eine Kontaktverfolgung initiiert. Auf den beliebten südfranzösischen Straßenmärkten gilt Maskenpflicht, angeordnet vom jeweiligen „Monsieur le préfet“ kraft seiner Wassersuppe.

In Frankreich gibt es die Vorsichtigen, die sich an alle Vorschriften halten, seien sie auch noch so seltsam. Ich sah Maskenträger allein im Auto umherfahren. Eine tapfere Rennradfahrerin strampelte mit Maske mutterseelenallein bei 33 Grad im Schatten die steile Steigung bei Laroque hoch – bewunderungswürdig. 

Angst vor Corona nach einer Flasche Rosé mit Eiswürfeln?

Das Problem ist nur – die meisten halten sich bei 33 Grad nicht an die Hygieneregeln. Nur die bedauernswerten Kellner müssen den ganzen Tag Maske tragen. Allerdings bekommen sie besser Luft, wenn der Zinken frei ist. Also ist er meist frei. Oft dient die Maske auch als Kinnbart.

Die Leute sitzen dicht an dicht in den Bars und Restaurants unter den schattenspendenden Platanen oder Sonnenschirmen, und der Rosé verführt zu innigen Umarmungen und fröhlichen Gesängen. Das französische Begrüßungsküsschen ist unausrottbar, auch wenn man sich vorher hygienisch Faust an Faust begrüßt hat. Die Registrierung in den Restaurants findet de facto nicht statt. Der einsame Dorfpolizist fordert unter seiner Maske mummelnd tausende Marktbesucher auf, ihre Masken anzulegen, sonst koste es 135 Euro „d‘amende“. Er weiß doch genau, wenn er weitergeht, dann fällt die Maske wieder. 

Es gibt in Cotignac einen wunderschönen Sonntagsmarkt. Ich hörte in einer Bäckerei ein Gespräch zweier Krankenschwestern. Die eine erzählte der anderen: „Man droht uns an, uns nicht zu bezahlen, wenn wir uns nicht gegen Covid impfen lassen. Aber gleichzeitig reduzieren sie die Anzahl der Betten“. Die andere sagte: „Ich lasse mich doch nicht impfen. Der Impfstoff ist noch in der Versuchsphase“. 

In Valbonne, am Place des Arcades feierte eine belgische Familie unter den Arcaden feuchtfröhlich den Geburtstag ihres Papas und sang Happy Birthday für ihn. Am Nachbartisch feierte genauso feuchtfröhlich eine französisch-italienische Gruppe älterer Herrschaften und stimmte mit ein, um dann auch ein Lied vorzutragen „Sur le pont“, wobei die Belgier ihrerseits mit einstimmten. Dann sangen alle zusammen „Bella Ciao“, allerdings ohne den Text zu können, einfach mit „lalala“. Danach erfolgte die internationale Verbrüderung mit reihum gegenseitiger Umarmung und Küsschen. Angst vor Corona nach einer Flasche Rosé mit Eiswürfeln? Covid ist eben doch nicht die Pest.

Inzidenz lag gestern in Cannes bei über 1.000

Ich bin kein Arzt und verstehe nichts davon. Wenn es nach der Droh-Propaganda im staatlichen Fernsehen ginge, müssten sich eigentlich hier in der Provence und an der Cote Azur die Leichen türmen. Die Inzidenz lag gestern in Cannes bei über 1.000, ein Rekord in den maritimen Alpen. Die Ursachen liegen wohl darin, dass sich die Urlauber für jeden Museumsbesuch und vieles andere testen lassen müssen. Eine Ärztin sagte im lokalen Fernsehen, dass die positiv getesteten Fälle fast alle symptomlos sind. 

Das alles zeigt, wie hoffnungslos sich die französische Regierung verrannt hat. Ich stelle mir gerade vor, mit welchem Enthusiasmus unterbesetzte französische Mitarbeiter des Gesundheitswesens sich ohne ihre ohnehin miese Bezahlung im Schichtdienst um die Corona-Patienten kümmern. Oder mit welchem Elan die Transportmitarbeiter ohne Bezahlung die abertausende Busse, Züge und Metros von Paris steuern. Oder wie enthusiastisch zwangsgeimpfte Feuerwehrleute – in Frankreich gehören sie zur Armee – ihre Rettungsaktionen durchführen. 

Die Proteste werden nach der Urlaubssaison erst richtig losgehen. Eine Regierung, die ihre Zwangsgesundheitsideen mit Gummigeschossen, Tränengas und Wasserwerfern gegen einen Teil der eigenen Bürger durchsetzen muss, ist auf verlorenem Posten. Die Demonstranten rufen: „liberté“, „Macron, ton pass on n’en veut  pas“ und „on est là, on est là“ und nicht zuletzt „Macron demission“. Im April 2022 sind in Frankreich Präsidentschaftswahlen. Vive le Roi?

 Vive la République! Vive la France! 

Foto: Imago

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Leserpost

netiquette:

Wilfried Cremer / 01.08.2021

Lieber Herr Haferburg, gut dass die Todesstrafe abgeschafft ist. Wenn aber Ausnahmen bestehen (bspw. für so Leute wie die Obernazis), gibt es auch die Ausnahme an sich.

Michael Hinz / 01.08.2021

Mit Wasserwerfern und Tränengas gegen die eigene Bevölkerung, die doch geschützt oder gerettet werden soll. Wie lässt sich dieser Widerspruch erklären? - Ah, ich hab’s, Frankreich ist nach Deutschland das zweitgrößte Trainingscamp der Welt, indem Gehorsam um der Gehorsamkeit halber geübt wird.

Frank danton / 01.08.2021

Bis vor einer Woche war es in Paris folgendermaßen: In der Pariser Innenstadt, also vom Eiffelturm nach St. Germain hinüber zur Notre Dame bis zum Louvre und zurück sah man ganz ganz selten jemand mit Maske. Nicht einmal bin ich nach einem Test gefragt, oder zur Maskenlosigkeit angesprochen worden. Die Cafes und Restaurants waren wie immer gut besucht und zu 50% hatte die Bedienung eine Maske angelegt. Insgesamt ein ganz normale Sommerzeit in der man die Stadt besichtigen konnte. Auch die patroulierende Polizei hatte ihre Masken vergessen, auch vor dem Amtssitz des Präsidenten. Nur in den Geschäften hatten die Kunden Maske an. Ganz anders als in Deutschland wechselten die Pariser auch nicht die Strassenseite wenn man ihnen entgegen kam. In Gesprächen mit Einheimischen war der Tenor, das ihnen die Pandemie keine Angst bereite aber ihr Präsident. Was aber auffiel waren die kleinen Demonstrationen, die ganze Woche über, um das Regierungsvirtel. Die sich am Wochenende zu Großdemonstrationen formten. Als Freiheitskämpfer aus Deutschland war man geradezu eingeladen dort mit zu laufen. Es sind zutiefst bürgerliche Überzeugungen die diese Menschen auf die Strassen treibt und es ist sehr befreiend dort mitlaufen zu können, zwischen all denen die ihre Freiheit nicht gegen die Diktatur der Elite eintauschen möchten.

Peter Zinga / 01.08.2021

Geben sie sich Zeit und kuken sie sich an : Dr. David Martin w/ Dr. Reiner Fuellmich: “This, My Friends, Is the Definition of Criminal Conspiracy…This Is Not a Theory. This Is Evidence.” [July 9, 2021] Sie werden ungeheuerliche erfahren. Keine konspiration, nur Fakten.

Hartwig Hübner / 01.08.2021

@Karsten Dörre, nur linke menschenverachtende Regierungen haben sich verrennen wollen. Also NICHT alle!! # Florida, Texas, Taiwan, Schweden, nur um einige Beispiele zu nennen, anzudeuten, handeln völlig anders. # NUR diese stets inkompetenten, großmäuligen Linken tischen uns nicht die ganze Wahrheit auf. Die haben große dumme undurchführbare Pläne mit uns vor, ohne uns um Erlaubnis zu fragen. # Wer glaubt, es bliebe nur bei einem Versuch die DNA, RNA des Menschen AKTIV zu verändern, der wird sich noch sehr wundern. # Wer Augen hat, kann endlich erkennen, wie geisteskrank und bösartig die Macrons dieser Welt sind. Sie sind dabei die Wirtschaft zu zerstören. Etwas, was sie insgeheim auch anstreben. Denn, der Verbrecher Schwab hat ja so etwas in diese Richtung angedeutet. Und nachdem “wir” arm sind, läßt man uns nicht mehr “reich” werden. So einfach kann das sein. # Die Geschichte hat es immer wieder gezeigt, bewiesen: Linke zerstören alles, und bereichern sich auf Kosten anderer. Mehr ist niemals drin. # Wer wollte denn mit diesen Idioten eine Gesellschaft aufbauen? Ich NICHT!!

Claudius Pappe / 01.08.2021

Deutsche Politiker sind zwar langsamer aber dafür grausamer. Sie lassen Deutsche ohne Impf-Pass nicht mehr ins Land. .......für jeden Deutschen kommen dann 10 ungeimpfte und passlose Afghanen, Syrier und Türken .................................. # Wir brauchen Platz und Geld für Fremde

Frances Johnson / 01.08.2021

Als der Staatschef von Tanzania starb oder gestorben wurde, bekam Tanzania eine Frau und hat jetzt auch Covid. Alles klar? Wir wissen nur nicht, was, wie und warum. Im Prinzip wissen wir nicht, was da los ist und ich vermute am ehesten Probleme bei den Banken durch hochverschuldete Regierungen. Sonst fällt mir wenig ein. Eins aber wissen wir: Die Staatschefs gehorchen irgendwie einem Muster oder einem Blofeld. Ernst Stavro Blofeld aus Spectre. Ich glaube nicht, dass der Titel Zufall ist. Er soll an Sceptre erinnern=Zepter. Und die Manipulation am Gehirn ist auch kein Zufall. Hollywood weiß alles vorher, sagt es uns und kringelt sich bei klingender Kasse, wenn wir es als pure Unterhaltung kaufen. Wir sind da angekommen, wo sie wie die Senatoren in Star Wars in einem abgehobenen Karusell herumfahren. Dahinter ein Blofeld/Darth Vader? Oder mehrere wie in Spectre in Rom dargestellt? Nur ein Obi-Wan ist nicht zu sehen. Tun Sie ein gutes Werk: Lassen Sie sich impfen ;-) und sanieren Sie Pharma und Banken damit ;-). Sie kriegen auch einen Platz im Petersdom - äh - Paradies. ;-) Die Smilies sind jetzt mal wichtig, sonst beschleunigen hier einige auf 250 Sachen.

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