Jesko Matthes / 01.12.2020 / 16:00 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 54 / Seite ausdrucken

Impfen fürs Vaterland. Ich warte auf Stellungsbefehl!

Gerade flatterte mir ein verdächtiges Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung ins Haus, in etwa folgenden Stils und Inhalts: Wir wissen alle, was Sie unter erhöhter Arbeitsbelastung und organisatorischen Anforderungen leisten, und wir rechnen dementsprechend mit Ihrem berechtigten Erholungsbedarf.

Okay, hören auch Sie das „aber“ aus dem seltsam betulich-paternalistischen Eingangsblabla schon heraus? – Bingo, da ist es: Dennoch möchten wie Sie bitten, in diesem Jahr aufgrund der besonderen Situation Ihre eventuelle Abwesenheit und ihre Vertretung zum Jahreswechsel online zu benennen und zu dokumentieren, damit die kassenärztliche Versorgung auch in dieser Zeit sicher gewährleistet bleibt. Bitte nutzen Sie dafür folgenden Link…

Nun, ich gestatte mir, zunächst meinen Verstand zu benutzen: Hier will mir jemand zusätzliche Arbeit aufhalsen und in wenig schlauer Weise beginnt er mit der Zwar-Aber-Taktik. Dabei weiß doch jeder halbwegs neurolinguistisch Geschulte, dass man die Ja-Und-Taktik verwenden soll, wenn man sein Gegenüber durch die bemerkte Absicht nicht von vornherein verstimmt zurücklassen will. Na, geschenkt. Wichtiger ist, dass ich sowieso keine Abwesenheit ohne gesicherte Vertretung antreten darf, das nennt sich Sicherstellungsauftrag. Und den habe ich, per Herunterdelegation als Kassenarzt, zu erfüllen. Punktum. Was also soll das Blabla?

Aha, jetzt wird es deutlicher. Zweites Rundschreiben (Wer zahlt das Porto? Ach ja, ich, per Dienstleistungsabgabe, für die Dienstleistung, an meine Pflichten erinnert zu werden): So wie alle Landkreise und kreisfreien Städte wird auch Ihr Landkreis ein Impfzentrum für (oder nicht doch gegen?) „Corona“ einrichten… dafür braucht es ärztliches Personal… Ihre Verpflichtung geschieht in der aktuellen Lage aufgrund Verfügung… (es folgt: Gesetzesgrundlage); dabei ist leider die Vergütung noch ungeklärt. Dennoch (aha, Zwar-Aber-Taktik) möchten wir Sie bitten… sich bereit zu halten…

Und spart Euch das Gelaber

Okay, Leute, ich halte mich bereit; dann mal Klartext: 2002 habe ich auf dem Deich am Schwedenhaus gestanden und mit Technischem Hilfswerk und Bundeswehr Sandsäcke geschmissen, bis selbst der Biber die Flucht ergriff und der Stadtteil Waldersee in der Elbeflut zwei Meter tief absoff. Die Klinikdienste als Oberarzt habe ich eben zwischendurch gemacht. War das eine Lust, am 18. August… 2013 habe ich die Praxis eine Woche geschlossen und auf allen möglichen Deichen zwischen Lüneburg und Lauenburg alle erdenklichen Helferlein gegen Hepatitis A und gegen Cholera geimpft bis nachts um vier, weil schon wieder die Elbe zu Besuch kommen wollte, in der immer schön stromabwärts auch die vereinzelten Kadaver von Kühen und Schweinen drifteten. 2015 habe ich den Herbsturlaub im örtlichen Flüchtlingsheim verbracht, in dem sich binnen einer guten Woche 850 Leute angesammelt hatten.

Aber, Ihr Lieben, von Euch Politikern, Funktionären und Verwaltungsdrehstuhlpiloten habe ich noch sechs Wochen später jeweils keinen Einzigen zu sehen bekommen, und für meinen Verdienst- oder Urlaubsausfall habe ich keinen müden Cent gesehen. Okay, ich habe auch einmal, 2002, freiwillig da gestanden und 2013 die Antragspapiere verschlampt, denn das interessierte mich nicht; die Lage zählte: Ask not, what your country can do for you, ask what you can do for your country.

Blöd nur, dass ich es inzwischen anstelle von John F. Kennedy eher mit Elvis Presley halte, denn das Leben ist Rock’n‘Roll: You look like an angel, walk like an angel, talk like an angel, but I got wise, you’re the devil in disguise, oh, yes, you are, the devil in disguise: Ihr habt mir Eurorettung, Energiewende und Einwanderung übergeholfen, ich hatte meine Zweifel, aber ich habe die Hacken zusammengeschlagen, mich gar freiwillig gemeldet für die paar tätigen Scherflein, die ich beitragen konnte, von wegen Notstand, europäische Werte und so. Darum werde ich heute sofort misstrauisch, wenn Eure Texte auch nur ansatzweise mit Hochwertphrasen oder gar der Hymne meines Vaterlandes oder irgendeines Lobes beginnen, vor allem meines.

Verteilt mal schön die Bundesverdienstkreuze nach oben. Ich habe keines verdient, das ist wahr, und ich habe auch keines nötig. Opa brauchte die Kriegsverdienstmedaille für das feldärztliche Zusammenflicken kanonengefutterter Landser auch nicht. Er musste. Also. Dieses Mal werde auch ich nicht wollen, sondern müssen: Na, dann ist es doch ganz einfach – kommandiert mich! Und spart Euch das Gelaber.

Der Geist der Aufklärung – in der Tagesschau

Übrigens müsst ihr auch dann mit passivem Widerstand rechnen. Ich werde mich impfen lassen, ich bin Hochrisikopatient – aber gerade deshalb bin ich noch lange keine Impfpistole! Zum Impfen gehört für mich Impfberatung, Nutzenbewertung, Risikoabschätzung, schriftliche Aufklärung. Wenn Ihr mich nicht von diesen Risiken meiner ärztlichen Tätigkeit freistellt oder mir die Zeit lasst, meinen ärztlichen Pflichten in aller Ruhe und Sorgfalt nachzukommen – dann wird es langsam gehen, sehr langsam, noch langsamer, und wenn ihr mich fragt: Ich trage die Verantwortung, nicht meine Retterin, die Kanzlerin, nicht mein Berater Drosten, nicht mein Gesundheitsminister Spahn, nicht „Fliege“ Lauterbach.

Ich trug sie schon öfter. Nicht die Fliege, die Verantwortung. Für Euch gleich mit, auch unbürokratisch und – herzlich. Diesmal verkaufe ich meine eigene Haut teuer und unfreundlicher, wenn ich denn Kanülen in anderer Leute Häute versenken soll. Und damit meine ich nicht das Geld. Das könnt Ihr behalten. Ihr wollt mich an meine Pflichten erinnern? Okay. Das Spiel beherrsche ich inzwischen auch, und ich berufe mich dabei ganz einfach auf die Tagesschau,

Warum ich das so deutlich schreibe? Ach, wisst Ihr: nur so, zur unserer aller Erinnerung, Zerstreuung und freudigen Einstimmung. Also: Ich warte auf Stellungsbefehl! Denn das Vaterland ruft: Zu den Spritzen!

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Hjalmar Kreutzer / 01.12.2020

Sehr geehrter George Samsonis, m.E. geht es hier nicht um Impfbefürworter vs. Impfgegner, Schwarz gegen Weiß, Gut gegen Böse. Ich bin Jg. 1957, mit den Pflichtimpfungen der DDR als Impfaktionen während der Schulzeit aufgewachsen, gegen Pocken, Diphtherie, Keuchhusten, Wundstarrkrampf, geimpft,Tbc getestet. Mumps, Masern und Röteln habe ich als Kind in zum Glück milder Form durchgemacht, die Impfung gab es m.W. erst später. Ich würde auch bei Einreise in Endemiegebiete mich gegen FSME, Hepatitis, sonstige Tropenkrankheiten impfen lassen und Mittel gegen Würmer, Parasiten, Malaria & Co. einstecken. Hier geht es aber um eine Impfung, deren Wirksamkeit zwar anhand von Laborbefunden behauptet wird, aber hinsichtlich Senkung eines Krankheits- und Sterberisikos noch gar nicht nachgewiesen sein KANN in der kurzen Zeit und deren Sicherheit keinesfalls bewiesen ist und die ich angesichts der in der Gesamtbevölkerung sehr geringen Sterblichkeit und Krankheitshäufigkeit nicht für notwendig halte und deswegen weder an mir vornehmen lasse, noch sie Patienten verabreichen würde.

Christian Sander / 01.12.2020

Nur zwei Worte : einfach Klasse ! Und noch eins dazu : Hochachtung!

H.Milde / 01.12.2020

Sehr geehrter Herr Kollege. 1.) KV-Ärzte haben zwar den für Kassen und Politik BILLIGEN und bequemen Sicherstellungsauftrag an der Hacke wie Hundescxxxxxx, aber ZWANGSARBEIT ist immer noch verboten! 2.) Patienten zur Impfung zu “überreden” sich mit einem ganz heißen neuen unerprobten Medikament impfen zu lassen, bei wohl gleichzeitiger alleiniger(!) ärztlicher(!) Risiokübernahme, die im” Falle des Falles” möglicherweise nicht von der Berufshaftpflicht gedeckt wird, halte ich ebenfalls für gewagt, also den Wutzegrippe-Mist damals - von Drosten et alii enwickelt?-  habe ich um´s Verxxxxx nicht verabreicht -> dazu iS unser “Genfer Gelöbnis”, basierend auf dem ->“Hippokratischen Eid” 3.) viele KVen, bzw. “Bosse” haben sich schon seit Jahren Eins gemacht/machen lassen, mit den sozioökonmischen Interessen der kranken Kassen und der “Sozial” Politik, iS “pekunia non olet”, und das hat schließlich “gute” Tradition in DR/DDR. Massel tov.

Peter Holschke / 01.12.2020

Glaubt jemand, dass der Quacksalber Jenner 1796 einen wirksamen Impfstoff gegen Viren entwickelt hat, was der heutigen milliardenschweren Pharmainsustrie heute schwerlich wiederholen kann? Jenner hatte den Krankheit und Tod aus der Flasche entdeckt, zur vorsätzlichen Infektion von Menschen. Grund? Andere Zeiten., andere Sitten. Menschen sollten nicht später unkontrolliert oder zur Unzeit erkranken oder nicht erst durchgefüttert werden, wenn sie später womöglich dann doch eingehen. Eugenik mit einer Prise Euthanesie. Die “Erfolg” von Jenner führte zur flächendeckenden Impfpflicht und zu massiven “Impdurchbrüchen” mit einem reichhaltigen Seuchengeschehen im 19. Jahrhundert. Gut, man kann auch an den Wundermann Jenner glauben, dem ein Wunder gelungen und der nebenbei ein modernes Medizinverständnis vorweg genommen hat. 69 Jahre bevor Semmelweis erschlagen wurde, wegen seines Vorschlages der Handhygiene bei der Geburtshilfe.

Eugen Richter / 01.12.2020

Ich überlege, ob - nach bisherigem Studium der spärlichen Fakten - eine einstweilige Verfügung gegen die Zwangs-Impfaktion wegen nicht unerheblichen Risiken dringend notwendig ist.

Mathias Rudek / 01.12.2020

Lieber Herr Matthes, klasse lässig geschrieben und so viel Witz und Inhalt. Ich bin solidarisch mit ihnen. Hätte ich “die Macht” ich würde mit Yoda antworten: “Vernünftige Experten es gibt, bitte laßt erklären Dr. med. Matthes und Dr. med. Frank und du wirst erfahren Klarheit.”

Manfred Knake / 01.12.2020

@George Samsonis: Schon vergessen: 2009, ist erst elf Jahre her, Schweinegrippe und die angekündigte Impfstoffe, die nicht ungefährlich waren? Unsere „Erwählten“ im Bundestag sollten damals anders zusammengesetzte Impfcocktails der Firma Baxter ohne „Wirkstoffverstärker“ als das gemeine Volk bekommen, zusammen mit Soldaten und Bundesbeamten. Die Nebenwirkungen des Impfstoffes waren z.T. schwerwiegend. Das Ganze entpuppte sich als millionenschwerer Impfstoff-Fehlkauf. Die Entwicklung eines Impfstoffes dauert Jahre bis zur Einführung, bei Covid-19 gelingt das wundersamer Weise innerhalb von Monaten. Es werden schon Impfzentren vorbereitet, ohne bisher über einen ausentwickelten Impfstoff zu verfügen. Ich werde mich nicht impfen lassen, bin doch kein Versuchskaninchen. Und wer immer noch an den Covid-19-Buhmann glaubt, sollte sich doch vielleicht endlich den arte-Fernsehbeitrag aus 2009 ansehen: „Profiteure der Angst- Das Geschäft mit der Schweinegrippe“, google hilft. Auch damals mischte ein Herr Drosten mit, da noch ohne Bundesorden. Und damals hatten wir noch eine Presse, die recherchierte. Wem der Groschen dann nicht fällt, dem ist nicht zu helfen….

Frances Johnson / 01.12.2020

@ George Samsonis: Schön für Sie. Die Pockenimpfung wurde aber gern aufgegeben, als die Pocken sich zurückzogen, denn die Nebenwirkungen waren nicht ohne. DTP und Pertussis-Impfungen sind dagegen gut etabliert.

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