Roger Letsch / 18.01.2020 / 12:00 / Foto: Office of Public Affairs / 41 / Seite ausdrucken

Impeachment – Theaterstück für zwölf goldene Stifte

Wochenlang war es dem staunenden Beobachter ein Rätsel, warum die Demokraten den Impeachment-Beschluss des Kongresses nicht umgehend an den Senat zur Untersuchung weitergeleitet hatten. Mehrheitsführerin Pelosi ließ sich Zeit, stammelte sich durch Interviews, wich Fragen nach den Gründen aus und unternahm nichts. Die Erklärung der Tagesschau, Pelosi sei letztlich von den „jungen Wilden“ zu diesem aussichts- und sogar grundlosen Verfahren gedrängt worden, teile ich nicht. Meine Erklärung für die Verzögerung – und eine bessere werden sie derzeit kaum finden – ist jedoch folgende: es hat einfach etwas länger gedauert, die exklusiven, vergoldeten und signierten Stifte anfertigen zu lassen, mit denen Pelosi Punkt um Strich die letzte und entscheidende Urkunde vor laufenden Kameras verfertigte.

Die Tradition, Stifte symbolisch aufzuladen ist natürlich nicht neu. Bedeutende Abkommen, Friedensschlüsse oder Gesetze laden dazu geradezu ein. Erinnert sei hier nur an den gigantischen Kugelschreiber mit dem Abbild Johannes Paul II., mit dem Lech Walesa 1980 die Vereinbarung mit den kommunistischen Machthabern Polens über die Zulassung der Gewerkschaft Solidarnosc unterschrieb. Angefangen mit derlei medialer Inszenierung von Schreibgerät hat meines Wissens jedoch General McArthur, der die dafür vorgesehenen sechs Füllfederhalter noch auf einem schnöden Holztisch bereit legen ließ, um 1945 die Kapitulation Japans auf der USS Missouri für die anwesenden Generäle in Form von Souvenirs festzuhalten. Aber für den war die Kulisse besser, der Anlass angemessener und McArthur sprach einige bedeutungsvolle Worte, statt sich hinter einem Hashtag zu verstecken.

Nancy Pelosi ließ gleich ein Dutzend edle Stifte anfertigen und auf Silbertabletts bereitstellen. Nur, was gab es zu feiern? Der Weg, den das Impeachment-Verfahren gehen wird, ist in jeder Hinsicht schlecht für die Demokraten. Ein kurzes Verfahren ließe sie wie Deppen aussehen, die im Fischladen nach einem Käsebrot fragten. Ein langes, bei dem beide Seiten Zeuge für Zeuge vorladen, würde unter Eid auch Aussagen von Joe Biden und seinem Sohn Hunter verlangen, dessen Fähigkeit, sich von einer ukrainischen Gasfirma 50.000 Dollar pro Monat für den Mangel jeder noch so geringen Expertise zahlen zu lassen, Senatoren und Wähler sicher brennend interessiert. Amtsmissbrauch und „Quid pro quo” sind zweischneidige Schwerter.

„Trump Derangement Syndrom”

Doch auch wenn ich das Impeachment-Verfahren und die gegen Trump erhobenen Vorwürfe verfolgt habe, will ich mich hier gar nicht wertend über das Verfahren an sich äußern – auch wenn ich – wie angedeutet – vermute, dass es wie das Hornberger Schießen ausgehen wird. Was mich aber ebenso wie viele amerikanische Medien – auch linke – stört, ist die pompöse Form, die Pelosi hier gewählt hat. Ein Amtsenthebungsverfahren stellt ja normalerweise nicht gerade eine diplomatische Sternstunde voller Pathos und zeremonieller Bedeutung dar, sondern ist – wenn es nicht zu politischen Zwecken missbraucht wird wie in diesem Fall – eine ziemlich ernste Angelegenheit.

Seit der Niederlage Clintons im Jahr 2016 leiden viele Demokraten nun schon drei Jahre an TDS, dem „Trump Derangement Syndrom”. Wie die alten Hornberger, die einer der zahlreichen Erzählungen gemäß bei jeder Staubwolke am Horizont Salut geschossen haben sollen, weshalb bei der tatsächlichen Ankunft des Herzogs das Pulver verschossen war, schießen die Demokraten mit Pelosi an der Spitze einen Impeachment-Pfeil nach dem anderen ab. Der erste flog schon, bevor Trump im Amt war. Unterdessen läuft der Wahlkampf eher schleppend. Nicht Trump zu sein als Kernkompetenz zu verkaufen, ist eine verdammt harte Nummer und wird am Ende wohl nicht reichen.

Im Tagesschau-Interview sagte Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik auf die berechtigte Frage, wem der peinliche Impeachment-Prozess am Ende nützen werde: „Trump“, und damit hat er wohl völlig recht. Dass Trump dies jedoch nutzen würde, um „von sich und seiner mageren Politik abzulenken“, ist Unsinn. Braml schätzt die Lage in Amerika falsch ein, was beim derzeitigen Zustand der Deutschen Außenpolitik allerdings wenig verwunderlich ist. Wenn schon die „magere Politik“ Trumps zur stabilsten wirtschaftlichen Phase der USA, zur Rückkehr von einst abgewanderten Industrien, zu vorteilhaften Handelsverträgen wie soeben mit China und zum nachlassenden Druck in der Migrationskrise führt, wie mögen da wohl „fette Jahre“ aussehen?

Die peinliche Pelosi-Pen-Posse

Angesichts der ausgebutterten deutschen Indolenz und Duldsamkeit wünscht man geradezu solche „mageren amerikanischen Jahre”. Oder um ein Wort unserer ewigen Kanzlerin anzuwandeln: Die Amerikaner leben in den besten Vereinigten Staaten, die sie je hatten!

Nein, von „mager“ kann keine Rede sein. Die Wähler wissen das und schauen verwundert auf die Diskrepanz zwischen ihrer Realität mit steigenden Löhnen und einer historisch niedrigen Arbeitslosigkeit von 3,6 Prozent gehört, und der Weltuntergangsrhetorik der Demokraten, die von der Welt im Allgemeinen und den USA im Besonderen schwadronieren, die wegen Trump auf dem direkten Weg in den siebten Kreis der Hölle seien. Was die Demokraten dringend brauchen, um Trump zu schlagen sind schlechte Nachrichten, das versteht auch die Wählerbasis. Mit dieser Wahrheit wahlkämpft es sich jedoch denkbar schlecht, noch dazu kommen weder aus der Ukraine, noch dem Mueller-Report noch aus der Wirtschaft schlechte Nachrichten für Trump.

Die peinliche Pelosi-Pen-Posse möchten nicht wenige Abgeordnete und Unterstützer der Demokraten am liebsten schnell der Vergessenheit anheimgeben. Nicht zuletzt das restliche Kandidatenfeld der Demokraten für die Präsidentschaftswahl, welche verzweifelt die Hände in die Luft werfen und rufen „Hallo, wir sind auch noch da. Und wir wollten eigentlich kein Impeachment.” Trump wird wohl dafür sorgen, dass die Erinnerung an das verstörende Verhalten Pelosis beim Wähler frisch bleibt. Man sollte nicht versuchen, einen Pfau beim Wähler zu übertrumpfen, indem man sich wie ein Gockel aufführt.

 

Dieser Beitrag erscheint auch auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.

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Leserpost

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herbert binder / 19.01.2020

Verzeihen Sie mir bitte, lieber Herr Letsch, wenn ich mir erlaube, Ihnen zu “widersprechen”. Aber nur in einem Punkt: Deutschland hat sich und ist nicht nur “ausgebuttert” (wobei wohl der Kulminationspunkt längst noch nicht erreicht ist) - nein, dieses Land hat sich (auch) “ausgebeint”. [Fast hätte ich mich dazu verleiten lassen, zu schreiben: wie “stehen” wir eigentlich noch da? Aber mit Entsetzen soll man ja bekanntlich keinen Scherz treiben.] Danke an Sie für einen erhellenden Artikel.

Werner Arning / 18.01.2020

Ein Politik-Versuch, der über eine Inszenierung nicht hinauskommt, kann/muss scheitern. Selbst mit geballter Medienunterstützung. Es fehlt nun einmal an Substanz. In Deutschland erlebt man ja etwas Ähnliches. Dort sind die Inszenierer sogar an der Macht, direkt oder indirekt. So etwas kommt am Ende vor den Fall. Es ist eine Frage der Zeit. Politik ohne Substanz ist Ideologie. Und jede Ideologie wird am Leben der Menschen vorbei „umgesetzt“. Links ist derzeit in. Ist in Mode. Und wird früher oder später als leere Inszenierung entlarvt werden (wieder einmal). In dem einen Land etwas früher, in dem Anderen etwas später. Je nach dem Grad der Verführbarkeit der Bevölkerung.

Karl Dreher / 18.01.2020

Schade, daß unsere deutschen “Leitmedien” über die USA, Donald Trump doch recht einseitig berichten. Wenn ich mich mit US-Amerikanern bzw. dort lebenden Deutschen unterhalte, ergibt sich ein sehr viel differenzierteres Bild.

Heiko Engel / 18.01.2020

Pelosi sollte verrentet werden und die Mauern ihres Anwesens pflegen. Und desweiteren überlegen, warum eine Mauer an der mexikanischen Grenze nicht die schlechteste Lösung ist. Es gab mal eine Zeit, da stand links durchaus für, zumindest, latent progressive Politik. Es gab auch in der Abteilung interessante und streitbare Köpfe. Alles Schnee von gestern. Links steht nur noch für einen unumstößlichen Begriff: SCHWACHSINN !!!

Ridley Banks / 18.01.2020

Manche Menschen sind schon gluecklich, wenn sie nicht ungluecklich sind. Nancy was here….

Thomas Bonin / 18.01.2020

Hab` mir spaßeshalber mal ihre Vita auf Wikipedia zu Gemüte geführt. Was auffiel (abgesehen davon, dass sich der Text wie eine Vorlage aus dem Wahlkampfbüro der Demokraten liest), war bzw. ist die frappierende Ähnlichkeit zu (vornehmlich) hiesig gleichsam links gestrickten Volksvertretern. Letztere sind ebenso direkt vom Hörsaal (oder allenfalls über einen kurzen Umweg) “in die Politik gegangen” (ohne jeweils vorherig erworbenen Erfahrungsschatz auf Basis eines [erfolgreich durchgestandenen] ortsüblichen Broterwerbs). Fähigkeiten und Fertigkeiten wurden und werden sodann allenfalls entfaltet in Form von Ränkespielen inklusive Ab- und Ausschöpfen exklusiver geldwerter Vorteile. Namhafte Beispiele dafür gibt es zuhauf. Auf die Schnelle fallen mir Stegner, Gabriel und Nahles ein, ebenso von der Leyen; die fällt zwar bzgl. ihres Studien- und Berufsabschlusses etwas aus dem Rahmen, lässt dafür aber in punkto Machtfülle inkl. Pleiten, Pech & Pannen die vermutlich größte Schnittmenge mit Nancy Pelosi erkennen.

Karl Dreher / 18.01.2020

“Muttis” Worte: “Die Amerikaner leben in den besten Vereinigten Staaten, die sie je hatten!” Das kann Deutschland leider überhaupt nicht von sich behaupten, ” ‘Mutti’ sei Dank”! Da mag man die deutsche Regierung (-spolitik) nebst linksrotgrüner Opposition und “Qualitätsmedien” getrost als Deppen ansehen, die im Fischladen nach einem Käsebrot fragen - oder in der Metzgerei ein veganes Grünkernschnitzel kaufen möchten.

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