Manfred Haferburg / 14.03.2024 / 06:15 / Foto: Pixabay / 90 / Seite ausdrucken

Immer mehr ernste Warnungen vor langen Stromsperren

Die Energiewende wird Deutschland 5 Billionen Euro kosten. Ein teurer Spaß, vor allem, wenn man bedenkt, dass Netzbetreiber vor drohenden häufigen und langen Stromabschaltungen wegen der Energiewende warnen.

Wieder kommt – von den Medien wenig beachtet – eine neue Hiobsbotschaft auf den Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Dr. Robert Habeck zu. Welt Online titelt: Stromnetz bis zu hundertmal im Jahr tot? Die neuen Zweifel am frühen Kohleausstieg”.

Nun ist es nicht mehr „nur“ der baden-württembergische Netzbetreiber TransnetBW, der vor dem Netzzusammenbruch warnt. Es ist nicht mehr nur der Bundesrechnungshof, der dem Energiewendeschiff bescheinigt, gefährlich aufs Riff zuzulaufen. Nun warnt die Chefin des größten Verteilnetzbetreibers Westenergie vor großen Versorgungslücken. Westenergie versorgt rund acht Millionen Menschen im Westen Deutschlands mit Strom, Gas, Wasser und Internet. Mit einem Stromnetz von fast 200.000 Kilometern Länge gilt die Eon-Tochter als größter Verteilnetzbetreiber des Landes.

Welt Online schreibt: „Katherina Reiche, Chefin des größten Verteilnetzbetreibers Deutschlands, warnt vor enormen Versorgungslücken im Stromnetz angesichts eines Kohleausstiegs bis 2030. In einem bestimmten Szenario seien bis zu hundert Abschaltungen im Jahr möglich, die bis zu 21 Stunden dauern könnten“. Der Netzbetreiber hat die Wetterdaten der letzten dreißig Jahre ausgewertet und den Kraftwerksverschrottungsplänen der Bundesregierung gegenübergestellt.

Demnach könnten es im Jahresverlauf in dunklen, windstillen Phasen bis zu hundertmal zu Versorgungslücken kommen, die bis zu 21 Stunden dauern. Dies sei für ein Industrieland nicht hinnehmbar. Ob das nur für die Industrie hinnehmbar ist, da habe ich meine Zweifel. Da könnten auch die im Dunkeln und Kalten sitzenden Verbraucher unfroh reagieren und an der heilsbringenden Energiewende zweifeln.

Und was sagt die „Wissenschaft“?

Zu den leisen Kritikern des vorgezogenen Kohleausstiegs zählen auch drei ostdeutsche Ministerpräsidenten, Brandenburgs Dietmar Woidke (SPD), Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff. Sie fordern, das vorgezogene Kohle-Aus im Jahre 2030 schlicht zu streichen.

Umweltschutzorganisationen wie BUND und die Partei der Grünen pochen indes auf das frühe Ausstiegsdatum. „Wir Grüne im Bundestag wollen den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen“, heißt es auf der Website der Grünen Fraktion. Nach dem Willen der Regierungsparteien soll der Anteil von Strom aus Wind und Sonnenenergie bis zu diesem Zeitpunkt auf 80 Prozent gestiegen sein. Die schwarz-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat sich mit dem RWE-Konzern auf ein Ende der Kohleförderung im Rheinland, dem größten Braunkohlerevier Europas, bereits für das Jahr 2030 verständigt.

Was sagt denn nun die „Wissenschaft“ dazu, ob die deutsche Energiewirtschaft den Ausstieg aus Kernkraft, Kohle und Gas innerhalb weniger Jahre problemlos bewältigen kann? Dazu gibt es eine Vielzahl von Auftragsstudien mit unterschiedlichsten Ergebnissen. Die Analysen der Bundesnetzagentur und der Umweltverbände halten das Ziel unter hohen Kosten und der Bedingung, dass die Planziele der Regierung hinsichtlich des Ausbaus der erneuerbaren Energieträger und der Backup-Gaskraftwerke eingehalten werden, für erreichbar. Inzwischen hält aber sogar die Regierung diese Pläne für unrealisierbar und hat sie zum Teil kurzerhand halbiert.

Ungeheure Kosten

Die Betrachtungen der Netzbetreiber hingegen sehen die Verlässlichkeit der Stromversorgung in Deutschland grundsätzlich in Gefahr. Es gibt schlicht nicht die personellen, finanziellen und materiellen Ressourcen, die Pläne der Regierung hinsichtlich des Netzausbaus, des Baus der Backup-Gaskraftwerke, der Windräder und der Wasserstoff-Industrie in der zur Verfügung gestellten Zeit zu realisieren.

Leider hat sich die Ampel angewöhnt, die Brücken nach der Überquerung zu sprengen, wie bei der Kernenergie deutlich zu sehen ist. Der Rückweg soll unter allen Umständen versperrt werden, auch wenn sich eine Entscheidung später als Irrtum herausstellt. Nach der Devise „Not macht erfinderisch“ sollen dann wohl Energiespeicher herbeigezaubert werden. Beim Kohleausstieg hat man das Jahr 2030 auch im Habeck-Ministerium wohl schon längst beerdigt. Anders sind die Laufzeitverlängerungen bis nach 2031 nicht zu erklären, welche die Bundesnetzagentur den „Kohle-Netzreservekraftwerken“ gewährt hat.

Die Wirtschaftsforschungsinstitute sehen zusätzlich ungeheure Kosten auf die Deutschen zurollen. Allein für die Ertüchtigung der Mittel- und Niederspannungsnetze werden jährlich 16 Milliarden Euro fällig. Die meist erdverlegten Niederspannungsnetze sind nämlich hinsichtlich ihrer Leitungsquerschnitte und ihrer Transformatoren nicht dafür ausgelegt, die hohe Anschlussleistung der vielen geplanten Wärmepumpen und Ladestationen für E-Autos zu versorgen.

Fünf Billionen Euro für die Energiewende

Aber auch hier lässt die Regierung schon die alten Brunnen zuschütten, bevor die neuen Wasser geben. Anders ist die Novelle §14 Energiewirtschaftsgesetz: Regelungen zur Integration steuerbarer Verbrauchseinrichtungen nicht zu erklären. Seit 1. Januar 2024 gilt: „Ein Netzbetreiber darf nun den Anschluss von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen nicht mehr mit dem Hinweis auf mögliche Niederspannungsnetz-Engpässe verweigern“. Notabene: obwohl die Netze nicht dafür geeignet sind, obwohl der Chef der Bundesnetz-agentur Müller selbst sagt: „Auf einen schnellen Hochlauf ist der größte Teil der Nieder-spannungsnetze aktuell allerdings noch nicht ausgelegt. Die Netze müssen in hohem Tempo optimiert, digitalisiert und ausgebaut werden”.

Welt Online schreibt: „Eine Analyse im Auftrag des britischen Beratungsunternehmens Cornwall Insights verwies kürzlich zudem darauf, dass sich auch der Finanzspielraum der Bundesregierung für die Unterstützung von Gaskraftwerken verengt hat. Doch ohne Subventionen sind diese Stromerzeuger nach Angaben aus der Branche nicht rentabel zu betreiben.

Fest steht, dass die Energiewende noch enorme Geldsummen verschlingen wird. Bis 2050 seien Investitionen von rund fünf Billionen Euro notwendig, um Deutschlands Klimaneutralität zu erreichen, sagte Reiche unter Berufung auf Daten des Prognoseinstituts und der bundeseigenen KfWBank. Davon entfalle der Großteil auf die Bereiche Mobilität, Industrie und Energie. Hauptsächlich durch die Elektrifizierung des Autofahrens (per E-Auto) und des Heizens (per Wärmepumpe) werde die Stromnachfrage auf absehbare Zeit um jährlich zwei bis drei Prozent zulegen.“

Verarmungsprogramm für Deutschland

Fünf Billionen Euro bis 2050? Sind das nicht fünftausend Milliarden Euro? Dann arbeitet das ganze Land in den nächsten 25 Jahren für nichts anderes mehr als die Umsetzung der Dekarbonisierungsfantasien der Grünen. Es muss eine ganze Speicherindustrie aufgebaut werden. Derzeit besitzt Deutschland Speicher mit der Kapazität von ein paar Gigawattstunden. Dies muss innerhalb weniger Jahre auf 91 Gigawattstunden erweitert werden. Das bedeutet eine Verdreizehnfachung der Speicherkapazität bis 2050. Technologisch und geologisch eignen sich derzeit für Deutschland aber leider nur Batteriespeicher. Das Material dafür muss aber wohl von einem anderen Stern geholt werden.

Es sollen für 60 Milliarden H2-Ready-Gaskraftwerke gebaut werden, die vorerst mit teurem Fracking-LNG aus den USA betrieben werden. Aber aus dem Erdgas wollen die Grünen ja auch baldmöglichst aussteigen. Die Unmöglichkeit der Umsetzung aller hochfliegenden Beglückungsideen der Grünen zur Weltrettung ergibt nur einen Sinn: Es ist ein Verarmungsprogramm für Deutschland.

Dem letzten Satz des Welt-Online-Artikels habe ich nichts hinzuzufügen: „Soll die Rechnung für eine sichere Stromversorgung aufgehen, muss gleichzeitig die Wasserstoff-Produktion von derzeit nahe null auf bis zu 40 Gigawatt hochgefahren werden – im Wesentlichen, um den Betrieb der Gaskraftwerke auch dann zu garantieren, wenn der nächste Ausstieg perfekt sein wird: der aus dem Erdgas“.

 

Manfred Haferburg wurde 1948 in Querfurt geboren. Er studierte an der TU Dresden Kernenergetik und machte eine Blitzkarriere im damalig größten AKW der DDR in Greifswald. Wegen des frechen Absingens von Biermannliedern sowie einiger unbedachter Äußerungen beim Karneval wurde er zum feindlich-negativen Element der DDR ernannt und verbrachte folgerichtig einige Zeit unter der Obhut der Stasi in Hohenschönhausen. Nach der Wende kümmerte er sich für eine internationale Organisation um die Sicherheitskultur von Atomkraftwerken weltweit und hat so viele AKWs von innen gesehen wie kaum ein anderer. Im KUUUK-Verlag veröffentlichte er seinen auf Tatsachen beruhenden Roman „Wohn-Haft“ mit einem Vorwort von Wolf Biermann.

Foto: Pixabay

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Leserpost

netiquette:

Florian Bode / 14.03.2024

Warum steigen wir nicht zum 1. April aus der Kohle aus? Am 1. Mai können wir dann wieder einsteigen.

j. heini / 14.03.2024

“Bis 2050 seien Investitionen von rund fünf Billionen Euro notwendig,...” Hinzu kommt das, was bisher ausgegeben wurde. Hinzukommt vernichtetes Vermögen wie gesprengte Kühltürme etc.

Thomas Klingelhöfer / 14.03.2024

Sind in der 5-Billionen-Kalkulation die auf Hausbesitzer und Mieter dank GEG-Zwangsdämmung und EU-Sanierungsrichtlinie zukommenden Kosten in Höhe von ca. 3,4 Billionen € bereits enthalten? In Deutschland gibt es ca. 34 Millionen sanierungsbedürftige Wohneinheiten, bei durchschnittlich 100.000 € Kosten für Dämmung + Wärmepumpe ergibt sich ein Betrag von ca. 3,4 Billionen €!

Fridolin Kiesewetter / 14.03.2024

5.000 Milliarden Euro?  Das teuerste Containerschiff der Welt kostet etwa 150 Millionen Euro. Man könnte also ca 30.000 solcher Riesen davon kaufen. Auf der ganzen Welt gibt es allerdings nur 6.220 solcher Schiffe - nur um mal eine ungefähre Vorstellung zu bekommen, wovon wir hier reden.

Ulrich Jäger / 14.03.2024

@Jochen Lindt, dass der 2. und endgültige Kernenergieausstieg durch die CDU/CSU unter Merkel vollzogen wurde, stimmt zwar. Aber es waren die Grünen, die seit ihrer Gründung entgegen jeglicher wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Erkenntnis diese “Energiewende” vorangetetrieben haben. Deren “Marsch durch die Institutionen” hat letztendlich dazu geführt, dass ein Großteil der Gesellschaft (Medien, Politik, Wirtschaft) von dieser grünen Ideologie wie von einem wuchernden Krebsgeschwür durchzogen wurde. Deshalb habe ich auch keine Hoffnung, dass auf friedlichem Weg eine Abkehr möglich wäre.

Irene Luh / 14.03.2024

Verarmung für die Massen, eine nie so dagewesene Bereicherung für sehr wenige. ++ Verehrter Autor, das Ganze läuft unter dem Schlagwort Dekarbonisierung, Net Zero und wo. Was bedeutet das in harter deutscher Sprache? Das sind die Waffen einer menschenverachtenden Todeskultur. Die echte wissenschaftliche Literatur zeigt ganz klar die Linie zu den Eugenikern auf und noch sehr viel mehr. Die meisten vertragen das hier nicht. Die ganze Akte. ++ Unter den zehn reichsten Männern der Welt sollen 7 Nordamerikaner sein. Gates, Musk, Bezos (Amazon) haben allein während der Verbrechenszeit Corona/Covid-19 in sehr kurzer Zeit, deren Vermögen VERDOPPELT. Es gibt Fachleute, die liefern viel genauere Zahlen. Wir reden hier, von hohen zweistelligen Milliardenbeträgen (in US-Dollar). ++ Man könnte auch auf Sri Lanka eingehen, was das unnötige Verbot eines bestimmten Düngemittels bewirkt hat: auch Blackouts. Oder auf Südafrika, noch einmal. Die folgen auch der grünen Krankheit. Südafrika soll über hohe Vorkommen an Uranium oder/und ähnlichem verfügen. Diese werden jedoch nur exportiert. Man nutzt sie nicht selbst. Das ist doch völlig krank. In Texas (USA) gab es im Jahr 2021 auch einen Blackout, bei dem Menschen ums Leben gekommen sein sollen, zur Winterszeit. Dank dem kriminellen Obama-Clinton-Biden & Co.-Clan. ++ Der Ku-Klux-Klan war eine linke Sub-Organisation, der Partei von Biden, also derjenigen Partei, die heute absolute undemokratisch agieren will. Wer weiß das heute noch? Welcher schwarzer Wähler weiß das in den USA noch? Wissen die Schwarzen in den USA, dass es die US-Republikaner waren, die der Sklaverei ein Ende gesetzt haben? Die Lügen in den Medien entfalten auch heute deren Wirkung. Eine Transformation wird es nicht geben, aber sowohl die links geführte USA als auch diese kranke EU werden den Wirtschaftskrieg verlieren.

A. Ostrovsky / 14.03.2024

@Bernd Simonis : >>Für solche Beiträge interessieren sich in meinem persönlichen Umfeld: Genau Null Menschen. Die meisten denken, Habeck weiß schon was er tut und alles wird irgendwie gut.<< Haben Sie schon mal über Ihr Umfeld nachgedacht? Offenbar haben Sie die Kontrolle über ihr Umfeld verloren.. Es ist seltsam. Bei fast allen Tieren kann man beobachten: Wenn es denen irgendwie ungemütlich wird, gehen die woanders hin. Nur die Menschen beharren auf ihrem Umfeld. So kommt es, dass die sogar den Polarkreis bewohnen. Das Problem ist, dass die am Polarkreis woanders weggemobbt wurden und einfach ausweichen, weil das Umfeld woanders noch schrecklicher war, als die Umwelt. Letztendlich machen es die Menschen genauso, sie fliehen vor einem anstrengenden Umfeld. Der eine lässt sich scheiden, der andere wechselt den Arbeitsort und manche gehen Zigaretten holen. Aber die Deutschen sind noch nicht mal am schlimmsten dran. Die am Polarkreis, die im Hause des Islam und die in der Wüste sind schlimmer dran. Aber wir wollen die eigentlich gar nicht hier. Daran erkennt man: Wenn man mal die Länder der Irren ausnimmt, gibt es immer auch Widerstände gegen den Wechsel des Umfeldes, meistens vom Umfeld selbst. Wenn man da mal rein geraten ist, ist es schwer auszusteigen. Und Mut gehört dazu.

Bernd Simonis / 14.03.2024

Für solche Beiträge interessieren sich in meinem persönlichen Umfeld: Genau Null Menschen. Die meisten denken, Habeck weiß schon was er tut und alles wird irgendwie gut.

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