Diese Zeilen, fast dreißig Jahre alt, und noch immer aktuell!
Sehr schön geschrieben. Ich kann mir die geschilderten Eindrücke sehr gut bildlich vorstellen. In den 80er Jahren war ich sehr oft und gern in Berlin. Ich hatte gute Bekannte und auch Freunde dort. Berlin war eine Stadt mit Geschichte und einem ganz besonderen Flair. Einer meiner Freunde nahm mich mit in den Ort des aufkommenden Widerstands gegen das SED-Regime, in die Umweltbibliothek in der Zionskirche. Schon damals, ich glaube 1983, oder 1984 wimmelte es da schon von lauter auffällig “unauffälligen Herren”, getarnt als Interessenten. War mir aber egal. Mein Freund, ein eben solches “subversives Element”, wie ich, hatte mich schon vorher eingeweiht, “Mach dir nichts daraus, das sind alles Stasi-Spitzel, die sind hier schon bekannt, sie kommen jaden Tag, einfach ignorieren”. Ich nahm mir auch ein gedrucktes Exemplar der “Umweltblätter” von dort mit und verbreitete sie in meiner Heimatstadt weiter. Ja, Berlin, das hatte damals noch was. Leider gingen in den Wirren des Umbruches die persönlichen Verbindungen verloren. Ende 1989 war das letzte Mal, das ich in Berlin war. Danach nie wieder. Wenn ich heute Berlin betrachte, dann bleibt es auch dabei. Die Stadt ist nur noch ein Ort alter SED-Seilschaften, kommunistischen Umtrieben, Clan-Kriminalität, Bürger-Verachtung, einer realitätsfernen Regierung und ein Ort der Willkür und des geltenden Unrechts. Ich habe Berlin, als sehenswerten Ort, endgültig aus meinem Gedächtnis gestrichen. Keine zehn Pferde bekommen mich jemals mehr dort hin.
Bin schwer beeindruckt, Herr Noll! Vielen Dank!
Was soll den hier kommen ? MfS Fliegenstreifen in der Form verdächtig gut organisierter Opposition unterlaufen bis zum Krachen ? Der KGB und eine operative Gruppe “Lutsz” ? Unterwanderung und das Interesse Moskaus einen wirtschaftlichen Schrotthaufen namens DDR endlich samt diesem debilen Honecker los zu werden ? Es gibt keine geopolitischen Interessen in Bezug auf die BRD und deshalb kann man sie auch zum Abwracken freigeben. Es wird keine USA geben, die Interesse an der Einflußsphäre Moskaus hat, denn die hat sich nach Osten verschoben. Das einzige Interesse, was es jetzt noch gibt ist die vergrößerte DDR klein zu halten, aus verständlichen Gründen in Washington und Moskau. Diese BRD ist für alle wertlos geworden, das ist die geopolitische Realität. Man braucht die deutsche Wirtschaft für diese Nato nicht mehr, die Bundeswehr als Pioniertruppe braucht auch keiner mehr, alles was Deutschland heute ist ist ein moralisches Ärgernis für alle. Was soll nach der Krise kommen, blühende Landschaften ? Wer soll den wirtschaftlichen Schrotthaufen der Agenda 2010 und aus 15 Jahren FDJ - Herrschaft denn finanzieren, aus welchen Überlegungen heraus ? Das macht doch keiner, der bei Verstand ist. Man braucht auch keine Bomben mehr um den Schwererziehbaren in Europa zu bändigen, und das Potential einer für beide Blöcke gefährlichen Diktatur wird dieses Land aus verschiedenen Gründen nicht mehr aufbauen können… (hierin kann ich irren). Ein zäher und erbärmlicher Niedergang, das wird wohl kommen und das ist auch alles. Man wird den Deutschen ein wenig ihre Bierkultur lassen, damit sie die Klappe halten und dann wars das. Warum haben die USA Japan fallen lassen ? Weil man mit China besser Geschäfte macht, als vor ihm einen besiegten Flugzeugträger zu unterhalten.
Eine nächtliche Wanderung durch Berlin wie ein Menetekel! Und dennoch gab es damals viel Hoffnung, ein Aufbegehren, ein Blick in die Zukunft als die Ängste von uns abgefallen waren. Nach der schwärzesten Nacht - der Morgen! Wir schafften das! Weil wir das schaffen wollten, es begriffen es als unsere ureigene Aufgabe. Niemand musste uns das sagen. Das Heute schaffen wir nicht mehr, weil sie es uns aufgegeben hat. Ohne uns zu fragen. Ohne die Folgen jemals berücksichtigt zu haben. Ohne auch nur irgendetwas je verstanden zu haben. Und mit der ihr eigenen Bigotterie verfolgt sie ihren Irrsinn, als gäbe es kein Morgen. Und es gibt kein Morgen mehr, jedenfalls nicht für die, die schon länger hier gelebt haben. Nach dem Untergang des Kaiserreichs, nach dem Hitler-Untergang, nach dem Untergang der DDR - es gab immer wieder ein Morgen für Deutschland! Auch wenn viele ihn nicht mehr erlebten. Diesmal wird es keinen Morgen mehr geben.
Ein schöner Text, voller Poesie und Impressionen. Ich habe in Berlin zu dieser Wendezeit gelebt, studiert und habe vieles an Gefühlen und Eindrücken wiedererkannt. Danke Herr Noll.
Ein sehr schöner Text, voller Vorahnungen. Aber auch die Toilettenfrau konnte sich wohl nicht die Wirklichkeit 30 Jahre später so schlimm vorstellen, wie sie gerade kommt: der rabenschwarze Schatten der DDR senkt sich über die Bundesrepublik Deutschland und wir schlittern, sehenden Auges bei einigen, mit zugedrückten Augen bei den meisten, in eine mit altbekannten Methoden zersetzte, totalitäre Gesellschaft. Es gibt keine Freiheit, außer man erkämpft sie sich täglich. Das ist in Vergessenheit geraten.
“Was hier geschieht, ist das Schicksal des Landes.” Wohl wahr - den Untergang schon vorhergesehen.
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