Henryk M. Broder / 27.11.2020 / 14:00 / Foto: Acgut.com / 68 / Seite ausdrucken

IM Victoria hospitiert bei der Tagesschau

Um meine Nerven zu schonen, habe ich es mir angewöhnt, die Tagesschau bzw. die Tagesthemen mit mindestens 24 Stunden Verspätung zu sehen. Es ist immer wieder schön, zu erleben, wie sich vieles, das Peter Altmaier und Helge Braun verkünden, innerhalb weniger Stunden zu Makulatur verwandelt hat. Man kann es abhaken, wie den Wetterbericht von Vortag.

Deswegen habe ich mir die Tagesschau vom Mittwoch erst gestern Abend angetan. Am Mittwoch hatten sich "die Länder" gerade auf die "Fortsetzung des Teil-Lockdowns" geeinigt, nur um einen Tag später, also gestern, wieder eigene Wege zu gehen, Berlin vorneweg; ebenfalls am Mittwoch gab der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, eine Pressekonferenz, in der er sich besorgt über die "Gefahr durch Corona-Leugner und Antisemitismus" äußerte. Flankiert von zwei Autoritäten auf diesem Gebiet, dem Noch-Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert und der Gründerin und Directrice der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, besser bekannt unter ihrem Nom de guerre IM Victoria.

Der Beitrag wurde aus dem Off anmoderiert und mit Aufnahmen von einer Querdenker-Demo bebildert: Die Kritik an den sogenannten Querdenker-Demos wächst. So zeigen sich dort zunehmend antisemitische Tendenzen, z.B. Verschwörungstheorien, warnt die Amadeu-Antonio-Stiftung, die sich im Kampf gegen rechts engagiert.

Umschnitt auf Frau Kahane: Jetzt in Coronazeiten hat das eine unglaubliche Konjunktur bekommen, Verschwörungstheorien haben immer, immer ein antisemitisches Betriebssystem. 

Es folgten Schnipsel von einer oder mehreren Querdenker-Demos. Ein Poster: Die Rothschildseuche lässt sich nicht wegimpfen! Jana aus Kassel: Ich fühle mich wie Sophie Scholl." Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein: Solche Verharmlosungen des Nationalsozialismus und seiner tatsächlichen Opfer erodieren nicht nur unsere hart erkämpfte Erinnerungskultur und verhöhnen die tatsächlichen Opfer...

Den zweiten Teil des Satzes, der mit sondern weitergehen müsste, war abgeschnitten worden. So werden wir nie erfahren, welches Unheil eine durchgeknallte junge Frau, die sich wie Sophie Scholl fühlt, anrichtet. Macht nichts, das, was die Tagesschau uns sagen wollte, kam auch so rüber: Wer gegen die Corona-Politik der Bundesregierung demonstriert, der verharmlost den Nationalsozialismus und seine tatsächlichen Opfer, greift unsere hart erkämpfte Erinnerungskultur an und verhöhnt die tatsächlichen Opfer. Ist also ein Nazi.

Ansonsten aber hüten wir uns davor, irgendeinen Generalverdacht auszusprechen, sogar dann, wenn junge Männer mitten in Berlin "Hamas, Hamas, Juden ins Gas!" schreien.

Nun ist es so: Von Kritik in einzelnen Punkten abgesehen, lasse ich nichts auf den Antisemitismus-Beauftragten Felix Klein kommen. Der Mann ist integer und nimmt seinen Sisyphos-Job ernst, wohl wissend, dass er keine Wunder vollbringen kann. Was die PK am vergangenen Mittwoch angeht, würde ich allerdings gerne wissen, wer ihm den rechten Arm auf den Rücken gedreht und so lange Fotos von Sättigungsbeilagen gezeigt hat, bis er sich einverstanden erklärte, neben Anetta Kahane aka IM Victoria zu sitzen. Freiwillig würde er so etwas nie tun. Da bin ich mir ganz sicher. 100 Pro.

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Peer Munk / 27.11.2020

In diesem Land ruft die Äußerung “ich fühle mich wie Sophie Scholl” wesentlich mehr Empörung hervor als der Tweet “man sollte Querdenker gesellschaftlich ächten und ins Lager schicken “. Muss ich das verstehen?

Wolf Hagen / 27.11.2020

Die Tagesschau ist doch sowieso nur noch übelste Propaganda für salonlinken Quatsch. Eine Sache über die in Deutschland dafür mal wieder so gut wie gar nicht berichtet wurde, ist der Messerangriff eines Syrers in Karlsruhe auf seinen Vermieter Alexander A. am 17.11.20. Dafür gibt es zwei Gründe; erstens: Der Täter ist Syrer. Zweitens: Das Opfer war AfD-Kandidat bei der vergangenen Stadtratswahl und arbeitet für die Partei. Und natürlich war der Syrer, wegen mangelnder Fluchtgefahr, schon wieder auf freiem Fuß, als das Opfer nach einer Notoperation aus der Narkose aufwachte. Man stelle sich vor, das Ganze wäre andersherum passiert. IM Victoria und Konsorten würden wochenlang von einer Sondersendung der Tagesschau bis zu den üblichen Talkshows nicht mehr vom Bildschirm verschwinden.

Heiko Stadler / 27.11.2020

Endlich ist es soweit, dass uns auch noch unsere Gefühle vorgeschrieben werden. Im “besten Deutschland, das wir je hatten” darf man sich nicht mehr so schlecht wie Sophie Scholl oder Graf von Stauffenberg fühlen. Falsche Gefühle sind antisemitisch und verharmlosen die NS-Diktaur. Ja klar! Ganz anders ist das, wenn eine Politikerin der Opposition als Nazischlampe bezeichnet wird. Das ist nicht nur keine Verharmlosung der NS-Diktatur, sondern dafür gibt es auch noch den richterlichen Segen. Die Altpatien, die sich kürzlich das Ermächtigungsgesetz genehmigt haben, haben das Monopol auf die inflationäre Verwendung aller Nazibegriffe. Bei denen gibt es Orden und Preise bei deren Verwendung, bei Andersdenkenden gibt es die Beobachtung durch den Verfassungsschutz bei gleichem Sprachgebrauch. Nein, ich lasse mir meine Gefühle nicht vorschreiben. Ich fühle mich manchmal so, wie sich vermutlich Graf von Stauffenberg gefühlt hat.

Florian Bode / 27.11.2020

Das Betriebssystem der Berliner Republik hat sicher, sicher einen diktatorischen Kern.

Stefan Riedel / 27.11.2020

...” Umschnitt auf Frau Kahane: Jetzt in Coronazeiten hat das eine unglaubliche Konjunktur bekommen, Verschwörungstheorien haben immer, immer ein antisemitisches Betriebssystem. “.... Vielleicht ist ja die “Todesgefahr” (nie nachgewiesene) durch Corona die Verschwörungstheorie?

Frank Stricker / 27.11.2020

Felix Klein hatte wohl nicht seinen besten Tag, sich zwischen IM Victoria und “Kevin allein zuhaus” zu platzieren. Das ist ja fast noch schlimmer, als mit Claudia Roth einen Swingerclub zu besuchen…......

F.Bothmann / 27.11.2020

Außer Herrn Kühnert haben die beiden anderen Personen auf dem Podium von mir jeweils ein Anschreiben erhalten in dem ich gefordert habe diese Unterstellung zu unterlassen. Beide Personen haben weiter mit Erfolg an der Reduzierung ihrer Glaubwürdigkeit gearbeitet und haben sich als regierungsnahe Personen/Institutionen ordentlich machtpolitisch instrumentalisieren lassen. Ich habe mir erlaubt in dem Anschreiben auf den Alltagsfaschismus hinzuweisen, den zuletzt Herr Innenminister Strobl aus BaWü im Spiegel zum besten gegeben hat. Dagegen könne man doch sinnvoller gegen ankämpfen.// Wenn junge Menschen historische Personen wie bspw. Sophie Scholl so intensiv vermittelt bekommen, dann ist es doch gut, dass sie sich dieser Personen erinnern. Und mit Bezug zu den faschistoiden Äußerungen von Herr Strobl wird da ein ziemlich bedrohlicher Schuh draus. Ich kann gut nachvollzeihen, dass die junge Dame sich so fühlt.

T. Weidner / 27.11.2020

Da sieht man, wer den ÖRR im Hintergrund steuert: SED und Stasi. Und die bringen natürlich ihre Parolen zur besten Sendezeit unter die Zuseher.

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