Bernd Zeller / 27.05.2011 / 02:03 / 0 / Seite ausdrucken

Im Selbstzweifel links

Diesmal ist Jakob „Augstein“ dicht dran.
„Beide Seiten scheinen den ewigen Konflikt zu brauchen … Für die Mobilisierung ihrer Massen braucht die Hamas die Fortdauer des Kampfs ebenso wie die Konservativen in Israel sie brauchen … Die Israelis [fürchten] um ihr Feindbild.“
Oh, wow, die Geschichte hat zwei Seiten, das ist für im Zweifel linken Journalismus erstaunlich komplex. Vielleicht hatte er zuvor Phil Collins gehört. Und zur Hälfte stimmt es sogar.
Die andere Hälfte, na ja, da hätte man recherchieren können und die Zweifel verlieren. Welches Interesse hat Israel am Kampf, und an welchem? An dem, wo es dauernd von selbstgebastelten Raketen beschossen wird und wo Selbstmordattentäter ihrem Anliegen Nachdruck verleihen? Wenn das Feindbild entfiele, was wäre dann? Man würde gewiss gern auf das Feindbild verzichten, wenn damit auch die Feinde entfielen.
Ganz schlimm ist auch die Abhängigkeit Israels vom US-Westen, und der sind wir, also muss Israel damit umgehen, in unseren Westhass einbezogen zu werden. Wenn die Bild-Zeitung meint: „In Israel wird man durch Frieden zum Volkshelden - wie Rabin. Bei den Palästinensern aber - wie Arafat - durch Terror”, kann das schon deshalb nicht stimmen, weil es die Bild-Zeitung meint; „Ein vielsagend falscher Vergleich: Rabin ist bisher der einzige israelische Premier, der einem Attentat zum Opfer fiel. Der Täter war ein israelischer Terrorist“, was nur dann in die Argumentation passt, wenn man den Mörder Rabins als Vertreter des Weltjudentums oder der Israelis, der konservativen womöglich, betrachtet.
Das Maximale an im Zweifel linker Ausgewogenheit erreicht er hier: „Zeigt man Verständnis für Israels Furcht vor den Raketen der Hamas, ist man ein Büttel des amerikanischen Imperialismus. Zeigt man Verständnis für die Wut der Palästinenser, die in Gaza eingesperrt sind und von den israelischen Soldaten malträtiert werden, ist man Antisemit.“ Ach was, echt? Wo, wer? Lässt sich das mit Beispielen belegen, oder hat er das aus dem linken Stanzenschatz verallgemeinert? Antisemit ist man, wenn man deshalb das Existenzrecht Israels bestreitet, Antisemit ist man, wenn man nicht sehen will, dass die Oberpalästinenser ihr Volk zu Propaganda- und Machterhaltungszwecken leiden lassen und die Wut brauchen.
Das Verdienst von Jakob „Augstein“ besteht darin, ein Archiv des linken Gedankengutes anzulegen, ohne es durch originelle Zugaben zu verwässern.
Dass er so verkniffen guckt, wie er schreibt, dafür kann er fast nichts, aber dass er so verkniffen schreibt, wie er guckt, das ist vorwerfbar. Man fragt sich vielleicht, wieso ist er so? Am mangelnden längeren gemeinsamen Lernen kann es nicht liegen.
Es hat mit dem großen Namen zu tun, der ihn trägt. Jakob „Augstein“ ist Betreiber einer mittelständischen Wichtigtuerei, was grundsätzlich in Ordnung ist, aber es geht ihm wie dem Sohn von Bach und dem Sohn von Waechter, die vielleicht ganz passable Ärzte oder Architekten abgegeben hätten, doch ihr Berufswunsch wurde von dem Standortvorteil geprägt, aus dessen Vernetzung sie hätten ausbrechen müssen. Sie hatten keine Chance, annähernd die Qualität zu erreichen, die man mit ihrem Namen verbindet. Erfolg und Fortkommen können nur auf Nebengebieten erlangt werden, das ist im Politischen: besonders links zu sein, reiner und linker und damit doch noch irgendwie besser.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Bernd Zeller / 27.03.2013 / 07:49 / 0

Mittelalterlich

Im Zusammenhang mit dem, was zu Deutschland gehört, speziell Salafisten, die ja mit dem restlichen Islam gar nichts zu tun haben und nicht etwa aus…/ mehr

Bernd Zeller / 30.01.2012 / 21:33 / 0

Zwei Methoden der Erkenntnis

Auf zeit.de sind zwei Artikel zum Thema Linkspolitikerverfassungsschutzbeobachtung zu lesen, wobei die zwei konträren Positionen eingenommen und vertreten werden. Man kann an diesen beiden Texten…/ mehr

Bernd Zeller / 19.12.2011 / 08:18 / 0

Vorurteile, Intoleranz und Ausgrenzung in der Herrschaftsrhetorik

Der gefühlt oder gemessen am häufigsten von einer moralischen Instanz erteilte Vorwurf lautet derzeit: Vorurteil! Intoleranz! Ausgrenzung! Auch wenn erst durch diesen Vorwurf der Vorwerfende…/ mehr

Bernd Zeller / 09.12.2011 / 18:25 / 0

Kleine Ursachen

Vor siebzig Jahren begann der Zweite Weltkrieg. Davor gab es in Europa schon bewaffnete Konflikte, aber erst durch den Eintritt der Amerikaner wurde daraus der…/ mehr

Bernd Zeller / 28.11.2011 / 20:52 / 0

Was genau versteht man eigentlich unter rechts?

Im Folgenden wollen wir uns mit der Frage befassen, was konkret mit „rechts“ im politischen Sinne gemeint sei, ohne darauf eine abschließende Antwort geben zu…/ mehr

Bernd Zeller / 15.11.2011 / 16:13 / 0

Alltagspsychologie der Verharmlosung

Die Zeit hat recherchiert, dass schlimme Internetseiten, die Islamfaschismus thematisieren, zu Radikalisierung aufstacheln und letztlich zu Morden führen, so dass sie vom Verfassungsschutz observiert werden…/ mehr

Bernd Zeller / 09.11.2011 / 12:35 / 0

Morbus Ken

Man könnte sich zu der Formulierung hinreißen lassen, dieser Ken, der sich auf RBB-Fritz zum Jebsen gemacht hat, sei der dümmste, mieseste und dreckigste irgendwas…/ mehr

Bernd Zeller / 19.09.2011 / 15:54 / 0

Schulbuchskandal

Auf tagesspiegel.de ist unter der Rubrik Wissen zu erfahren, dass eine Studie herausgefunden hat: „Schulbücher stellen den Islam vereinfacht dar und liefern somit ein verzerrtes…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com