Diesmal ist Jakob „Augstein“ dicht dran.
„Beide Seiten scheinen den ewigen Konflikt zu brauchen … Für die Mobilisierung ihrer Massen braucht die Hamas die Fortdauer des Kampfs ebenso wie die Konservativen in Israel sie brauchen … Die Israelis [fürchten] um ihr Feindbild.“
Oh, wow, die Geschichte hat zwei Seiten, das ist für im Zweifel linken Journalismus erstaunlich komplex. Vielleicht hatte er zuvor Phil Collins gehört. Und zur Hälfte stimmt es sogar.
Die andere Hälfte, na ja, da hätte man recherchieren können und die Zweifel verlieren. Welches Interesse hat Israel am Kampf, und an welchem? An dem, wo es dauernd von selbstgebastelten Raketen beschossen wird und wo Selbstmordattentäter ihrem Anliegen Nachdruck verleihen? Wenn das Feindbild entfiele, was wäre dann? Man würde gewiss gern auf das Feindbild verzichten, wenn damit auch die Feinde entfielen.
Ganz schlimm ist auch die Abhängigkeit Israels vom US-Westen, und der sind wir, also muss Israel damit umgehen, in unseren Westhass einbezogen zu werden. Wenn die Bild-Zeitung meint: „In Israel wird man durch Frieden zum Volkshelden - wie Rabin. Bei den Palästinensern aber - wie Arafat - durch Terror”, kann das schon deshalb nicht stimmen, weil es die Bild-Zeitung meint; „Ein vielsagend falscher Vergleich: Rabin ist bisher der einzige israelische Premier, der einem Attentat zum Opfer fiel. Der Täter war ein israelischer Terrorist“, was nur dann in die Argumentation passt, wenn man den Mörder Rabins als Vertreter des Weltjudentums oder der Israelis, der konservativen womöglich, betrachtet.
Das Maximale an im Zweifel linker Ausgewogenheit erreicht er hier: „Zeigt man Verständnis für Israels Furcht vor den Raketen der Hamas, ist man ein Büttel des amerikanischen Imperialismus. Zeigt man Verständnis für die Wut der Palästinenser, die in Gaza eingesperrt sind und von den israelischen Soldaten malträtiert werden, ist man Antisemit.“ Ach was, echt? Wo, wer? Lässt sich das mit Beispielen belegen, oder hat er das aus dem linken Stanzenschatz verallgemeinert? Antisemit ist man, wenn man deshalb das Existenzrecht Israels bestreitet, Antisemit ist man, wenn man nicht sehen will, dass die Oberpalästinenser ihr Volk zu Propaganda- und Machterhaltungszwecken leiden lassen und die Wut brauchen.
Das Verdienst von Jakob „Augstein“ besteht darin, ein Archiv des linken Gedankengutes anzulegen, ohne es durch originelle Zugaben zu verwässern.
Dass er so verkniffen guckt, wie er schreibt, dafür kann er fast nichts, aber dass er so verkniffen schreibt, wie er guckt, das ist vorwerfbar. Man fragt sich vielleicht, wieso ist er so? Am mangelnden längeren gemeinsamen Lernen kann es nicht liegen.
Es hat mit dem großen Namen zu tun, der ihn trägt. Jakob „Augstein“ ist Betreiber einer mittelständischen Wichtigtuerei, was grundsätzlich in Ordnung ist, aber es geht ihm wie dem Sohn von Bach und dem Sohn von Waechter, die vielleicht ganz passable Ärzte oder Architekten abgegeben hätten, doch ihr Berufswunsch wurde von dem Standortvorteil geprägt, aus dessen Vernetzung sie hätten ausbrechen müssen. Sie hatten keine Chance, annähernd die Qualität zu erreichen, die man mit ihrem Namen verbindet. Erfolg und Fortkommen können nur auf Nebengebieten erlangt werden, das ist im Politischen: besonders links zu sein, reiner und linker und damit doch noch irgendwie besser.