Kolja Zydatiss / 17.10.2019 / 06:25 / Foto: Pixabay / 82 / Seite ausdrucken

Im Online-Sumpf auf der Spur des Halle-Täters

Seit dem antisemitisch motivierten Anschlag des Hallenser Terroristen Stephan Balliet, der zwei Menschenleben kostete (die gute technische Sicherung der örtlichen Synagoge konnte glücklicherweise Schlimmeres verhindern), überschlägt sich das politische Establishment mit halbgar wirkenden Erklärungsansätzen. Der Angriff scheint vor allem eine willkommene Gelegenheit zu sein, auf altbekannte Feindbilder einzudreschen und eine stärkere Regulierung von politischen Aktivitäten und Meinungsäußerungen zu fordern.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner hat etwa ein Verbot der völkisch-aktionistisch orientierten „Identitären Bewegung“ (IB) angeregt und seine frühere Forderung nach einer Überwachung der AfD durch den Verfassungsschutz wiederholt. Auch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat der AfD eine Mitschuld für den Anschlag gegeben: „Die AfD hat die Sprache verroht. Erst werden die Worte radikal, dann die Taten.“ Die FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger fordert eine „aktive Gefährderansprache in der rechten Szene“ und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) möchte die „Gamerszene“ stärker kontrollieren.

Ironischerweise ist es ausgerechnet letztere – von jungen Netzpersönlichkeiten wie Rezo oder PietSmiet verspottete – Äußerung, die noch am ehesten das richtige Ziel trifft. Denn der Täter von Halle hatte keinerlei Verbindungen zur IB oder gar zur AfD, ja, er war noch nicht einmal ein Neonazi im klassischen Sinne – ein Umstand, auf den auch einige Mainstream-Medien bereits unmittelbar nach der Tat hingewiesen haben. In der F.A.Z. wurde etwa am 10. Oktober die Einschätzung des Sicherheitswissenschaftlers Peter Neumann wiedergegeben:

„Mit seinem Amoklauf habe B. offenkundig nicht in erster Linie versucht, rechtsextreme deutsche Kameradschaften zu beeindrucken, sagt Neumann. Vielmehr bestehe kein Zweifel daran, dass B. tief in der virtuellen Subkultur internationaler rechter Netzwerke und der mit ihr teils verknüpften Gamer-Szene verankert gewesen sei. Dafür spreche auch, dass er viele in der Gamer-Szene typische Begriffe wie ‚total fail‘ und ‚total loser‘ verwendet habe. […] Im Hintergrund [seines Tatvideos] läuft kein Rechtsrock, wie man ihn von Neonazi-Festivals kennt. B. hört Musik aus japanischen Zeichentrickserien. Die sogenannten Animes, ‚teils auch pornografisch, sind sehr geläufig in dieser antifeministischen Online-Kultur‘, sagt Neumann. Die Ausdrucksweise von B. zeige, dass er intensiv in der rechten Internetszene unterwegs gewesen sein müsse, in Message-Foren wie 4chan und 8chan.“

Bizarre Pornographie und blutrünstige Darstellungen

Bei letzteren Foren handelt es sich um sogenannte Imageboards, also Webseiten, auf denen die Nutzer anonym Bilder und Textnachrichten teilen können. 4chan wurde im Oktober 2003 von dem amerikanischen Programmierer Christopher Poole ursprünglich als reines Anime-Forum gegründet. Berüchtigt ist 4chan vor allem für seine Unterforen /b/, auf dem es kein konkretes Thema gibt und (bis auf extreme Gesetzesverstöße) alles gepostet werden darf, und /pol/ (steht für „politically incorrect“). Noch weniger zensiert wird beim 2013 gegründeten Konkurrenzprodukt 8chan, das seit August dieses Jahres nicht mehr öffentlich zugänglich ist und nur noch via verschlüsselten, anonymen Diensten wie Tor besucht werden kann.

4chan wurde als anarchisches Experiment in gemeinschaftlicher Verwaltung von vielen links oder linkslibertär tickenden Kommentatoren zunächst positiv betrachtet. Die frühen kollektiven Aktionen der Nutzer waren teils harmlos-absurd (einem einsamen Rentner wurden etwa hunderte Grußkarten, Kuchen sowie Stripperinnen zum Geburtstag geschickt), teils grausam (wie das Mobbing einer Elfjährigen, die im Netz eine peinliche Aufnahme geteilt hatte, in der sie im Gangsta-Rap-Stil spricht). 2008 brachte 4chan das sogenannte „Anonymous“-Kollektiv hervor, das sich mit Hacktivismus und öffentlichen Protestaktionen für die Redefreiheit und die Unabhängigkeit des Internets einsetzte.

Die freche und selbstironische „Chan-Kultur“ war die Wiege von witzigen Memes wie den Lolcats. Im Schutze der Anonymität florierten allerdings auch bizarre Pornographie und blutrünstige Darstellungen. Nutzer besuchten die Imageboards, um ihre dunklen, inzestuösen oder selbstmörderischen Gedanken mitzuteilen. Oft wandte sich die Subkultur gegen den herrschenden politisch-korrekten Zeitgeist beziehungsweise gegen dessen Einmischungsversuche in die ruppige und maskulin geprägte Welt der Gamer und Tech-Nerds. 2014 war 4chan z.B. ein Vernetzungswerkzeug für die sogenannte #GamerGate-Bewegung. Junge, zumeist männliche Gamer wehrten sich gegen Versuche von Journalisten, Sozialkritikern und Games-Publishern, die Videospielkultur einer „progressiven“ und feministischen politischen Agenda zu unterwerfen. Was zunächst wie ein legitimes Anliegen erschien, verkam jedoch schnell zu einer enthemmten Belästigungskampagne gegen prominente Frauen in der Spiele-Branche.

Freundin zu Tode gewürgt

Im Laufe der Zeit offenbarten die Imageboards zunehmend ihre dunkle Seite. Im selben Jahr wie #GamerGate poste ein Nutzer mehrere Fotos von seiner Freundin, die er gerade zu Tode gewürgt hatte. 2015 wurde auf 4Chan der Amoklauf des Studenten Chris Harper-Mercer am Umpqua Community College in Roseburg (Oregon) gefeiert. Insbesondere das /pol/ Forum driftete immer weiter nach rechts und wurde zum Sammelbecken für echte Neonazis, Antisemiten, „White Supremacists“ und fanatische Frauenhasser.

Im März dieses Jahres ereignete sich schließlich der verheerende Terroranschlag im neuseeländischen Christchurch. Der 28-jährige Brenton Tarrant erschoss in zwei Moscheen 51 Menschen. Seine Kleidung und Waffen waren mit Neonazi-Codes und dem Insider-Slang der Imageboards bedeckt. Die Tat hatte er zuvor in einem langen, bei 8chan geposteten „Manifest“ angekündigt. Sie wurde – wie der Anschlag in Halle – mittels einer Helmkamera live an die johlenden Kumpels in Netz übertragen.

2019 gab es zudem noch drei weitere Anschläge oder Anschlagsversuche, die auf einem Imageboard angekündigt wurden. Am 27. April schoss der 19-jährige John Earnest in einer Synagoge in Poway (Kalifornien) um sich und tötete eine Frau. Drei weitere Personen wurden verletzt. Per Graffiti auf dem Parkplatz widmete er den Anschlag dem Forum /pol/ auf 8chan. Dort lautete die erste Reaktion: „Knack‘ den Highscore.“ Am 3. August erschoss der 21-jährige Patrick Crusius in einem Supermarkt im texanischen El Paso 22 größtenteils hispanisch-stämmige Menschen. Und am 10. August wurde der 21-jährige Norweger Philip Manshaus bei dem Versuch überwältigt, einen Anschlag auf eine Moschee in Oslo zu verüben. Zuvor hatte er seine 17-jährige Stiefschwester ermordet. Anders als die anderen drei Täter hatte Manshaus sein politisches „Manifest“ nicht auf 8chan, sondern auf dem weniger bekannten Imageboard Endchan veröffentlicht. Sein Versuch, einen Livestream der Attacke zu posten, scheiterte offenbar aus technischen Gründen.

Immer extremere moralische Grenzüberschreitungen

Horst Seehofer hat also recht, wenn er – anders als viele andere Politiker – nicht diffus „rechte“ Ideen für den Anschlag in Halle verantwortlich macht, sondern eine sehr spezielle Internet-Subkultur, die er etwas unbeholfen als „Gamerszene“ bezeichnet. Das Problem ist allerdings nicht das Gaming an sich (und das meinte Seehofer wohl auch nicht), sondern die Verbitterung und die nihilistische Weltsicht eines Milieus von sozial isolierten jungen Männern, die sich eben auch maßgeblich mit Gaming beschäftigen bzw. sich über dieses Hobby definieren, aber nicht mit „Gamern“ im Allgemeinen gleichzusetzen sind.

Was genau macht das Weltbild dieses Milieus aus? Bei der Beantwortung dieser Frage ist das Buch „Die digitale Gegenrevolution – Online-Kulturkämpfe der Neuen Rechten von 4chan und Tumblr bis zur Alt-Right und Trump“ (transcript Verlag, 2018) von unschätzbarem Wert. Die irische Autorin Angela Nagle zeichnet hier das Bild einer Online-Subkultur, für die Tabubrüche und das gegenseitige Anstacheln zu immer extremeren moralischen Grenzüberschreitungen das Allerhöchste sind.

Transgression, Non-Konformismus und Respektlosigkeit, schreibt Nagle, gelten heute als politisch links und werden vor allem mit der Gegenkultur der 1960er Jahre in Verbindung gebracht. Tatsächlich seien diese Qualitäten jedoch äußerst ideologisch flexibel. Für Nagle verkörpert die Chan-Kultur einen „transgressiven Stil“, den der französische Marquis de Sade im 18. Jahrhundert mit seinen gewaltpornografischen Romanen begründet habe. Auch Nietzsches Verachtung der „Sklavenmoral“, die Pariser Avant-Garde, der Surrealismus, der ‘68er-Slogan „Verbieten ist verboten!“ und die „männlichen Wut-Filme“ der 1990er Jahre wie „American Psycho“ oder „Fight Club“ seien Teil dieser Tradition, die die unbedingte Befreiung des Individuums von allen moralischen Beschränkungen zelebriere.

Bereits in den 1960er Jahren waren einige Linke wie der freudomarxistische Historiker Christopher Lasch entsetzt über die vermeintlich progressive politische Praxis der Grenzüberschreitung, die unter anderem in den sinnlosen Morden der Manson-Sekte gipfelte. Lasch wies darauf hin, dass die Argumente für Gerechtigkeit im Wesentlichen moralischer Natur sind. Es sei daher aus linker Sicht wenig zielführend, jede Vorstellung von Moral zu demontieren.

Eine perverse kulturelle Atmosphäre

Heute könnte man sagen, dass der transgressive Stil „nach rechts“ gewandert ist. Doch auch das greift laut Angela Nagle etwas zu kurz. Die Chan-Kultur – und mit ihr assoziierte Figuren der sogenannten Alt-Right und Alt-Lite wie der schwule Journalist Milo Yiannopoulos – kämpften zwar gegen linksliberale Glaubenssätze wie Feminismus, Multikulturalismus und Politische Korrektheit. Mit einem traditionellen konservativen Weltbild hätten sie allerdings wenig am Hut. Bei der neuen Online-Rechten handle es sich vielmehr um eine Form von Politik, die sich sowohl von der linken, egalitären Philosophie als auch von der christlichen Moral losgelöst habe. Auf den Imageboards florierten die finsteren Energien des Es, befreit von den Fesseln des Gewissens und des Bewusstseins. Den Anhängern des „transgressiven, anti-moralischen Stils“ komme gar nicht in den Sinn, dass die Aufhebung des Tabus gegen rassistische Politik, das im Westen seit dem Zweiten Weltkrieg gilt, hohe menschliche Kosten haben könnte.

Ihr Buch beendet Nagle, die sich selbst als kritische Linke in der Tradition des oben genannten Christopher Lasch sieht, nicht mit einem moralistischen Appell „gegen Rechts“, sondern mit einer beißenden Anklage der kulturellen Werte des post-‘68er Mainstreams. Das ständige Zelebrieren von Non-Konformismus, Selbstentfaltung und Transgression um ihrer selbst willen habe eine perverse kulturelle Atmosphäre erzeugt, in der Faschisten gegenüber normalen Menschen als moralisch überlegen gelten. Sie schreibt:

„Ein halbes Jahrhundert nach den Rolling Stones, nachdem Siouxsie Sioux und Joy Division mit faschistischer Ästhetik geflirtet haben, nach Piss Christ und Fight Club, […] könnte es an der Zeit sein, die noch immer sehr jungen, sehr modernen Werte und das gesamte Paradigma der Gegenkultur zu beerdigen und etwas Neues zu schaffen.“

Diesem Gedanken kann man sich nur anschließen.

 

Mehr von Kolja Zydatiss lesen Sie im soeben erschienenen Buch „Experimente statt Experten" von Kai Rogusch, Thilo Spahl, Sabine Beppler-Spahl, Johannes Richardt, Kolja Zydatiss, Erik Lindhorst und Alexander Horn.

Foto: Pixabay

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Max Wedell / 17.10.2019

Ein sehr erhellender Artikel! Vielen Dank! Ergänzend: Es ist doch ein ganz wichtiges Merkmal, wenn solche Kriminellen ihre Taten live übertragen oder als Video veröffentlichen. Das ist in meinen Augen ein deutliches Zeichen, daß es den Tätern weniger um ein Ausleben ihrer inneren Überzeugungen geht, die nach Verwirklichung drängen, sondern vielmehr um das Erheischen bewundernder Aufmerksamkeit bei Anderen. Wenn sich irgendwo Szenen bilden, in denen Grenzüberschreitungen zelebriert werden, dann ist es doch zwangsläufig, daß sich entsprechende Taten häufen werden. Dabei werden die Täter aber natürlich nicht verkünden: Ich tue das jetzt, weil ich die Aufmerksamkeit und Bewunderung anderer suche… dies würde eine peinliche Selbstungenügsamkeit dokumentieren. Es werden daher politische Motive behauptet, wobei sich hier natürlich diejenigen politischen Positionen geradezu anbieten, die die Grenzüberschreitung im gegenwärtigen gesellschaftlichen Klima maximieren: die rechtsextremistischen. Letztendlich ist das von Nagle beklagte moderne Zelebrieren des Tabubruchs immer mit dem Erheischen der Aufmerksamkeit anderer verbunden. Es gibt keinen Tabubruch, den der Einzelne nur für sich selbst, sozusagen im Geheimen vollziehen kann, da Tabus immer ein Gruppenphänomen sind. Eine konkrete Erziehung weg von der Kultur der Tabubruchzelebration wäre daher, die Jugendlichen zu befähigen, sich selbst zu genügen, sich selbst von alleine einen Wert beizumessen und sich damit von der Aufmerksamkeit oder dem Beifall anderer unabhängig zu machen. Ein probates Mittel dafür wäre, die Jugendlichen so zu erziehen, daß sie Fähigkeiten und Fertigkeiten maximal entwickeln, die ihnen dann am Ende selbst ihren Wert beweisen. Daß der Kriminelle von Halle sich selbst an einer Stelle seines Videos Versager nannte, ist bezeichnend. So nennt sich nicht jemand, der einmal eine verschlossene Tür nicht überwinden konnte, sondern eher jemand, dem im Leben noch nicht viel gelungen ist.

Hartmut Laun / 17.10.2019

Tabubrüche und Halle sind überall. Maischberger. Die Woche“: … kam vielleicht wenig überraschend aus dem Mund des Kabarettisten Jürgen Becker, der in der Sendung kein Blatt vor den Mund nahm und in Bezug auf Trumps Truppenabzug und dessen Haltung gegenüber der Türkei deutliche Worte fand. „Trump ist ein so großes Arschloch, da können Sie mit dem Lkw durchfahren. Und die Amerikaner mögen ja große Autos.“ Maischberger schaffte es da nur, ein entgeistertes: „Können wir da nen Beep drübermachen?“ zu entgegnen, während die Aussage live über die Bildschirme flimmerte.

Wolfgang Elste / 17.10.2019

Es ist interessant dass sie nicht erwähnen dass es auch deutliche Kritik aus konservativen Kreisen vor allen Dingen von dem CSU Innenminister Horst Seehofer an der AFD gab. Ich bin auch jemand der die CDU nicht wählen würde im jetzigen Zustand.Trotzdem finde ich es befremdlich dass sie absolut keinerlei Zusammenhang zwischen der AFD und diesen fürchterlichen Vorfällen sehen. Im Osten in den Dörfern gibt es sehr wohl eine Vermischung zwischen AFD Anhängern und Rechtsradikalen und hebt gemeinsam die Gläser hoch und ist einer Meinung was die Flüchtlinge betrifft. Auch ihre ehemalige mit Streiterin Vera Lengsfeld hat sich jetzt deutlich distanziert und 500000 Postsendung verteilt um davor zu warnen dass man Bernd Höcke wählt. Ich finde es befremdlich und irritierend dass Sie die AFD ausschliesslich positiv sehen. Ich selber würde mir sehr wünschen dass es in Deutschland eine konservative Partei gibt die man wählen kann.

Martin Lederer / 17.10.2019

Meine Meinung: Die offizielle Nomenklatur des besten Deutschlands aller Zeiten ist nicht mehr ernst zu nehmen. Nur noch hohle Phrasen wie die Altkommunisten. Kann schon sein, dass sich die Leute dann andere Communities suchen, wo sie so etwas wie Gemeinschaft empfinden. (Wobei ich für die Zukunft auf den Islam als Hauptanlaufsziel wetten würde.) Und diese anderen Communities haben halt andere Werte. Ein Verbot bringt da auf Dauer nichts. Wenn das eigene Angebot soooo mies ist, suchen sich die Kunden eben Alternativen.

U. Unger / 17.10.2019

Herr Zydatiss, und wenn man die Taten weiterhin nur als das betrachten würde, was Sie seit Herausbildung menschlicher Moral und sozialer Normen und Gesetze sind? Mord, Serienmord, Massenmord. Nach Ihrer Zusammenstellung glaube ich klar zu erkennen, dass nicht das Internet oder Darknet der Grund für die Taten sind. Psychiatrische Risikofaktoren und Determinanten, wie Habgier glaube ich herauslesen zu können. Die Währung der Kommunikationsgesellschaft hat zu Verschiebungen geführt. War man früher hinter Geld her, um Ansehen zu bekommen, so kann mit der modernen Kommunikation diesen Umweg umgehen. Mörder haben immer die Technik Ihrer jeweiligen Epoche genutzt, aber auch kein Problem ohne diese auszukommen, wenn der “subjektiv situative Zusammenhang” es “erfordert”. Statt uns Gedanken über Täter zu machen, bräuchten wir eine Gesellschaft, die Opfer und Hinterbliebene bestmöglich nachversorgt. Möglicherweise so gut absichert, dass Tätern unterbewußt signalisiert wird, überlebenden Opfern und Hinterbliebenen “genützt” zu haben. So weit mir bekannt, haben Täter den besonders wunden Punkt, Frusttoleranz. Forschungsergebnisse gibt es. Bis auf wenige Ausnahmen haben Täter einen Vorlauf, neuerdings auch virtuell, den die sowieso Gesellschaft kaum sieht, weil Täter tarnen, täuschen, u.v.a.. Der virtuelle ist ein neuer Handlungsraum, aber lediglich Substitut. Entscheidender ist frühkindliche Erziehung mit Zuwendung, Werten, Regeln und Sanktionen. Ich verdächtige eher Kindergärten und Schulen, durch fehlende Sanktionierung und damit gezielte Frustsimulation, diese Problematik mit Brennstoff zu füttern. Kuschelpädagogik als Keimzelle narzisstischer Persönlichkeitsentwicklung? Folge Versächlichung von Menschen, bis hin zu übersteigerter Tierliebe oder Gegenständen? Sehr viele Täter begehen Selbstmord, Motive? Wahn oder Erkenntnis ein erwünschtes Ergebnis nicht erzwingen zu können? Die Gesellschaft muss diskutieren, welche Ergebnisse sie nicht erzwingen kann, Demokratie hilft!

Volker Kleinophorst / 17.10.2019

Was „Wir“ auf unseren Straßen dulden, ist das Problem. Was man im Netz sieht, ist nur das Spiegelbild. Über die Argumentation „Gewalt“ ist Unterhaltung und diese Unterhaltung (Ballerspiele, Purge, Saw etc.) sei harmlos (änliches gilt für die allgegenwärtige und immer härtete Pornografie) konnte ich immer nur den Kopf schütteln. Mit Grenzüberschreitung wird Geld verdient und natürlich muss das eskalieren. Da sind nicht die „chans“ das Problem sondern Hollywood, um es mal platt zu formulieren. Ob das eine gesteuerte Verrohung ist, um eine Diktatur durchzusetzen, darüber sollte man durchaus mal nachdenken. Sehr interessant in dem Zusammenhang die Gedanken von Hadmut Danish auf seiner Seite zum Film „Joker“.

Markus Hahn / 17.10.2019

Die Linke schafft nie Neues. Nur immer wieder das Gleiche, wenn auch notorisch wortreich. Die linke “Trans"gression ist auch keine Trans-, sondern “Re"gression.  Regression ist letztendlich aber infantil,  egozentrisch und interaktionsunfähig. Eben “freudomarxistisch”. Der angeborene Pferdefuß der Linken ist das Sehnen nach Egalitarismus und damit irdischer Erlösung - gegen alle anthropologische Konstanten. Die damit verbundene Notwendigkeit, die Realität leugnen zu müssen, schürt allseitiges Ressentiment, Frustration und Hass. Die 172. Milieutheorie ändert daran gar nichts.

Andreas Rühl / 17.10.2019

Tabubruch und ein ins Perverse übersteigerter Narzissmus, ja. Okay. Aber der Halletaeter hat ja gerade nicht in einem der angeführten Foren oder Plattformen seine Tat live gestreamt, sondern auf Twitch. Auf Twitch kann der geneigte Zuschauer bisweilen auch jemanden zugucken, der Ein_Onkel heißt und das hier gerade schreibt. Nicht zu bestreiten ist, dass es Versager, sozialgestoerte, psychisch kranke gibt, die im Netz auch austoben, so wie ueberall. Dieser Täter aber wollte nur das gefühl haben, es guckt ihm einer zu. Bei mehreren 10.000 livestreams ist es reiner Zufall, wenn einer es schafft, diese übertragung zu sehen. Und tatsächlich waren es in Halle 8 Nutzer, bei mehreren hunderttausend, eher Millionen zuschauern. Ob die zufällig auf dem stream waren, werden die Ermittlungen ergeben. Aber wer auf Twitch, einem reinen livestreaming Dienst, so etwas gezielt sucht, hat im Grunde keine Chance. Twitch hat einen grossen Vorteil. Es ist einfach zu bedienen. Das kriegt jeder Depp hin. Sogar ich. Der taeter ist ein faschistoider irrer, mit gamerszene und einfach nur rechts greift man ins falsche oder zu kurz.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Kolja Zydatiss / 04.04.2024 / 16:00 / 30

Israel steht allein da

Die Solidarität mit Israel nach dem schlimmsten Terroranschlag seiner Geschichte hat sich verflüchtigt. Berlin hat für den jüdischen Staat nur noch weltfremde Forderungen und Belehrungen…/ mehr

Kolja Zydatiss / 26.03.2023 / 11:00 / 23

Beklagen wir uns zu viel?

Vielen Menschen auf der Welt geht es schlechter als uns. Warum also klagen? Draußen öffnen sich die Blütenknospen. Es ist wieder Frühling. Berlin wird heute…/ mehr

Kolja Zydatiss / 28.10.2022 / 10:00 / 121

Ausgestoßene der Woche: Sahra Wagenknecht

Sahra Wagenknecht nannte die Grünen die „gefährlichste Partei Deutschlands“. Und wurde prompt von medialer und politischer Seite zerpflückt. Dabei klingt ihre Begründung sehr reflektiert. Die…/ mehr

Kolja Zydatiss / 21.10.2022 / 10:00 / 74

Ausgestoßene der Woche: Julia ist vom Skript abgewichen!

Die CDU-Bundesschatzministerin Julia Klöckner hat es gewagt, einen Beitrag von Tichys Einblick bei Twitter zu teilen. Und auch noch dazu zu stehen. Eine unverzeihliche Abweichung…/ mehr

Kolja Zydatiss / 14.10.2022 / 10:00 / 65

Ausgestoßene der Woche: „Wir haben mitgemacht“

Unter dem Pseudonym „Mic de Vries“ trug ein Kölner Unternehmer unter den Hashtags #Wirhabenmitgemacht und #Wirhabenausgegrenzt Beleidigungen gegen Ungeimpfte zusammen. Nun laufen gegen ihn Ermittlungen.…/ mehr

Kolja Zydatiss / 07.10.2022 / 12:00 / 50

Ausgestoßene der Woche: Jordan B. Peterson

Letzte Woche hat der Psychologieprofessor Jordan B. Peterson einen Vortrag in Berlin gehalten. Vor dem ausverkaufen Tempodrom demonstrierten rund 300 Personen unter dem Motto „Berlinverbot…/ mehr

Kolja Zydatiss / 30.09.2022 / 12:00 / 20

Ausgestoßene der Woche: Vom Bezahlkumpel entfreundet

PayPal, das bedeutet auf Englisch so viel wie „Bezahlkumpel“. Aber wenn man als Organisation oder Einzelperson im Netz die „falschen“ Meinungen vertritt, kann sehr schnell…/ mehr

Kolja Zydatiss / 16.09.2022 / 10:00 / 35

Ausgestoßene der Woche: Ronaldo trifft Peterson

Es war nur eine Frage der Zeit, bis wir einen Ronaldo-Shitstorm aufgetischt bekommen, der nichts mit dessen Existenz als Sportler zu tun hat. Sondern mit…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com