Kolja Zydatiss / 17.10.2019 / 06:25 / Foto: Pixabay / 82 / Seite ausdrucken

Im Online-Sumpf auf der Spur des Halle-Täters

Seit dem antisemitisch motivierten Anschlag des Hallenser Terroristen Stephan Balliet, der zwei Menschenleben kostete (die gute technische Sicherung der örtlichen Synagoge konnte glücklicherweise Schlimmeres verhindern), überschlägt sich das politische Establishment mit halbgar wirkenden Erklärungsansätzen. Der Angriff scheint vor allem eine willkommene Gelegenheit zu sein, auf altbekannte Feindbilder einzudreschen und eine stärkere Regulierung von politischen Aktivitäten und Meinungsäußerungen zu fordern.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner hat etwa ein Verbot der völkisch-aktionistisch orientierten „Identitären Bewegung“ (IB) angeregt und seine frühere Forderung nach einer Überwachung der AfD durch den Verfassungsschutz wiederholt. Auch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat der AfD eine Mitschuld für den Anschlag gegeben: „Die AfD hat die Sprache verroht. Erst werden die Worte radikal, dann die Taten.“ Die FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger fordert eine „aktive Gefährderansprache in der rechten Szene“ und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) möchte die „Gamerszene“ stärker kontrollieren.

Ironischerweise ist es ausgerechnet letztere – von jungen Netzpersönlichkeiten wie Rezo oder PietSmiet verspottete – Äußerung, die noch am ehesten das richtige Ziel trifft. Denn der Täter von Halle hatte keinerlei Verbindungen zur IB oder gar zur AfD, ja, er war noch nicht einmal ein Neonazi im klassischen Sinne – ein Umstand, auf den auch einige Mainstream-Medien bereits unmittelbar nach der Tat hingewiesen haben. In der F.A.Z. wurde etwa am 10. Oktober die Einschätzung des Sicherheitswissenschaftlers Peter Neumann wiedergegeben:

„Mit seinem Amoklauf habe B. offenkundig nicht in erster Linie versucht, rechtsextreme deutsche Kameradschaften zu beeindrucken, sagt Neumann. Vielmehr bestehe kein Zweifel daran, dass B. tief in der virtuellen Subkultur internationaler rechter Netzwerke und der mit ihr teils verknüpften Gamer-Szene verankert gewesen sei. Dafür spreche auch, dass er viele in der Gamer-Szene typische Begriffe wie ‚total fail‘ und ‚total loser‘ verwendet habe. […] Im Hintergrund [seines Tatvideos] läuft kein Rechtsrock, wie man ihn von Neonazi-Festivals kennt. B. hört Musik aus japanischen Zeichentrickserien. Die sogenannten Animes, ‚teils auch pornografisch, sind sehr geläufig in dieser antifeministischen Online-Kultur‘, sagt Neumann. Die Ausdrucksweise von B. zeige, dass er intensiv in der rechten Internetszene unterwegs gewesen sein müsse, in Message-Foren wie 4chan und 8chan.“

Bizarre Pornographie und blutrünstige Darstellungen

Bei letzteren Foren handelt es sich um sogenannte Imageboards, also Webseiten, auf denen die Nutzer anonym Bilder und Textnachrichten teilen können. 4chan wurde im Oktober 2003 von dem amerikanischen Programmierer Christopher Poole ursprünglich als reines Anime-Forum gegründet. Berüchtigt ist 4chan vor allem für seine Unterforen /b/, auf dem es kein konkretes Thema gibt und (bis auf extreme Gesetzesverstöße) alles gepostet werden darf, und /pol/ (steht für „politically incorrect“). Noch weniger zensiert wird beim 2013 gegründeten Konkurrenzprodukt 8chan, das seit August dieses Jahres nicht mehr öffentlich zugänglich ist und nur noch via verschlüsselten, anonymen Diensten wie Tor besucht werden kann.

4chan wurde als anarchisches Experiment in gemeinschaftlicher Verwaltung von vielen links oder linkslibertär tickenden Kommentatoren zunächst positiv betrachtet. Die frühen kollektiven Aktionen der Nutzer waren teils harmlos-absurd (einem einsamen Rentner wurden etwa hunderte Grußkarten, Kuchen sowie Stripperinnen zum Geburtstag geschickt), teils grausam (wie das Mobbing einer Elfjährigen, die im Netz eine peinliche Aufnahme geteilt hatte, in der sie im Gangsta-Rap-Stil spricht). 2008 brachte 4chan das sogenannte „Anonymous“-Kollektiv hervor, das sich mit Hacktivismus und öffentlichen Protestaktionen für die Redefreiheit und die Unabhängigkeit des Internets einsetzte.

Die freche und selbstironische „Chan-Kultur“ war die Wiege von witzigen Memes wie den Lolcats. Im Schutze der Anonymität florierten allerdings auch bizarre Pornographie und blutrünstige Darstellungen. Nutzer besuchten die Imageboards, um ihre dunklen, inzestuösen oder selbstmörderischen Gedanken mitzuteilen. Oft wandte sich die Subkultur gegen den herrschenden politisch-korrekten Zeitgeist beziehungsweise gegen dessen Einmischungsversuche in die ruppige und maskulin geprägte Welt der Gamer und Tech-Nerds. 2014 war 4chan z.B. ein Vernetzungswerkzeug für die sogenannte #GamerGate-Bewegung. Junge, zumeist männliche Gamer wehrten sich gegen Versuche von Journalisten, Sozialkritikern und Games-Publishern, die Videospielkultur einer „progressiven“ und feministischen politischen Agenda zu unterwerfen. Was zunächst wie ein legitimes Anliegen erschien, verkam jedoch schnell zu einer enthemmten Belästigungskampagne gegen prominente Frauen in der Spiele-Branche.

Freundin zu Tode gewürgt

Im Laufe der Zeit offenbarten die Imageboards zunehmend ihre dunkle Seite. Im selben Jahr wie #GamerGate poste ein Nutzer mehrere Fotos von seiner Freundin, die er gerade zu Tode gewürgt hatte. 2015 wurde auf 4Chan der Amoklauf des Studenten Chris Harper-Mercer am Umpqua Community College in Roseburg (Oregon) gefeiert. Insbesondere das /pol/ Forum driftete immer weiter nach rechts und wurde zum Sammelbecken für echte Neonazis, Antisemiten, „White Supremacists“ und fanatische Frauenhasser.

Im März dieses Jahres ereignete sich schließlich der verheerende Terroranschlag im neuseeländischen Christchurch. Der 28-jährige Brenton Tarrant erschoss in zwei Moscheen 51 Menschen. Seine Kleidung und Waffen waren mit Neonazi-Codes und dem Insider-Slang der Imageboards bedeckt. Die Tat hatte er zuvor in einem langen, bei 8chan geposteten „Manifest“ angekündigt. Sie wurde – wie der Anschlag in Halle – mittels einer Helmkamera live an die johlenden Kumpels in Netz übertragen.

2019 gab es zudem noch drei weitere Anschläge oder Anschlagsversuche, die auf einem Imageboard angekündigt wurden. Am 27. April schoss der 19-jährige John Earnest in einer Synagoge in Poway (Kalifornien) um sich und tötete eine Frau. Drei weitere Personen wurden verletzt. Per Graffiti auf dem Parkplatz widmete er den Anschlag dem Forum /pol/ auf 8chan. Dort lautete die erste Reaktion: „Knack‘ den Highscore.“ Am 3. August erschoss der 21-jährige Patrick Crusius in einem Supermarkt im texanischen El Paso 22 größtenteils hispanisch-stämmige Menschen. Und am 10. August wurde der 21-jährige Norweger Philip Manshaus bei dem Versuch überwältigt, einen Anschlag auf eine Moschee in Oslo zu verüben. Zuvor hatte er seine 17-jährige Stiefschwester ermordet. Anders als die anderen drei Täter hatte Manshaus sein politisches „Manifest“ nicht auf 8chan, sondern auf dem weniger bekannten Imageboard Endchan veröffentlicht. Sein Versuch, einen Livestream der Attacke zu posten, scheiterte offenbar aus technischen Gründen.

Immer extremere moralische Grenzüberschreitungen

Horst Seehofer hat also recht, wenn er – anders als viele andere Politiker – nicht diffus „rechte“ Ideen für den Anschlag in Halle verantwortlich macht, sondern eine sehr spezielle Internet-Subkultur, die er etwas unbeholfen als „Gamerszene“ bezeichnet. Das Problem ist allerdings nicht das Gaming an sich (und das meinte Seehofer wohl auch nicht), sondern die Verbitterung und die nihilistische Weltsicht eines Milieus von sozial isolierten jungen Männern, die sich eben auch maßgeblich mit Gaming beschäftigen bzw. sich über dieses Hobby definieren, aber nicht mit „Gamern“ im Allgemeinen gleichzusetzen sind.

Was genau macht das Weltbild dieses Milieus aus? Bei der Beantwortung dieser Frage ist das Buch „Die digitale Gegenrevolution – Online-Kulturkämpfe der Neuen Rechten von 4chan und Tumblr bis zur Alt-Right und Trump“ (transcript Verlag, 2018) von unschätzbarem Wert. Die irische Autorin Angela Nagle zeichnet hier das Bild einer Online-Subkultur, für die Tabubrüche und das gegenseitige Anstacheln zu immer extremeren moralischen Grenzüberschreitungen das Allerhöchste sind.

Transgression, Non-Konformismus und Respektlosigkeit, schreibt Nagle, gelten heute als politisch links und werden vor allem mit der Gegenkultur der 1960er Jahre in Verbindung gebracht. Tatsächlich seien diese Qualitäten jedoch äußerst ideologisch flexibel. Für Nagle verkörpert die Chan-Kultur einen „transgressiven Stil“, den der französische Marquis de Sade im 18. Jahrhundert mit seinen gewaltpornografischen Romanen begründet habe. Auch Nietzsches Verachtung der „Sklavenmoral“, die Pariser Avant-Garde, der Surrealismus, der ‘68er-Slogan „Verbieten ist verboten!“ und die „männlichen Wut-Filme“ der 1990er Jahre wie „American Psycho“ oder „Fight Club“ seien Teil dieser Tradition, die die unbedingte Befreiung des Individuums von allen moralischen Beschränkungen zelebriere.

Bereits in den 1960er Jahren waren einige Linke wie der freudomarxistische Historiker Christopher Lasch entsetzt über die vermeintlich progressive politische Praxis der Grenzüberschreitung, die unter anderem in den sinnlosen Morden der Manson-Sekte gipfelte. Lasch wies darauf hin, dass die Argumente für Gerechtigkeit im Wesentlichen moralischer Natur sind. Es sei daher aus linker Sicht wenig zielführend, jede Vorstellung von Moral zu demontieren.

Eine perverse kulturelle Atmosphäre

Heute könnte man sagen, dass der transgressive Stil „nach rechts“ gewandert ist. Doch auch das greift laut Angela Nagle etwas zu kurz. Die Chan-Kultur – und mit ihr assoziierte Figuren der sogenannten Alt-Right und Alt-Lite wie der schwule Journalist Milo Yiannopoulos – kämpften zwar gegen linksliberale Glaubenssätze wie Feminismus, Multikulturalismus und Politische Korrektheit. Mit einem traditionellen konservativen Weltbild hätten sie allerdings wenig am Hut. Bei der neuen Online-Rechten handle es sich vielmehr um eine Form von Politik, die sich sowohl von der linken, egalitären Philosophie als auch von der christlichen Moral losgelöst habe. Auf den Imageboards florierten die finsteren Energien des Es, befreit von den Fesseln des Gewissens und des Bewusstseins. Den Anhängern des „transgressiven, anti-moralischen Stils“ komme gar nicht in den Sinn, dass die Aufhebung des Tabus gegen rassistische Politik, das im Westen seit dem Zweiten Weltkrieg gilt, hohe menschliche Kosten haben könnte.

Ihr Buch beendet Nagle, die sich selbst als kritische Linke in der Tradition des oben genannten Christopher Lasch sieht, nicht mit einem moralistischen Appell „gegen Rechts“, sondern mit einer beißenden Anklage der kulturellen Werte des post-‘68er Mainstreams. Das ständige Zelebrieren von Non-Konformismus, Selbstentfaltung und Transgression um ihrer selbst willen habe eine perverse kulturelle Atmosphäre erzeugt, in der Faschisten gegenüber normalen Menschen als moralisch überlegen gelten. Sie schreibt:

„Ein halbes Jahrhundert nach den Rolling Stones, nachdem Siouxsie Sioux und Joy Division mit faschistischer Ästhetik geflirtet haben, nach Piss Christ und Fight Club, […] könnte es an der Zeit sein, die noch immer sehr jungen, sehr modernen Werte und das gesamte Paradigma der Gegenkultur zu beerdigen und etwas Neues zu schaffen.“

Diesem Gedanken kann man sich nur anschließen.

 

Mehr von Kolja Zydatiss lesen Sie im soeben erschienenen Buch „Experimente statt Experten" von Kai Rogusch, Thilo Spahl, Sabine Beppler-Spahl, Johannes Richardt, Kolja Zydatiss, Erik Lindhorst und Alexander Horn.

Foto: Pixabay

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J. Hoffmann / 17.10.2019

Nicht wirklich verwunderlich in einer westlichen Gesellschaft, die seit knapp 40 Jahren mit einem Bildungs-, Erziehungs- und Wertesystem arbeitet, das fast ausschliesslich Mädchen fördert, weibliche Werte anerzieht, Frauen bevorzugt, das Männliche verachtet und mittlerweile recht unverhohlen die Frau als den besseren Menschen feiert.

Hans Kloss / 17.10.2019

Dass Demokratie nur eine Illusion ist und diese nur dann funktioniert wenn die Gesellschaft einigermaßen uniform ist, das ist eine Sache. Dass die heutige Politik und Medien dermaßen auf den Rechten fokussiert sind, dass sie Gewalt der Linken und Grünen nicht sehen wollen ist beängstigend. Dass die Linksradikale frei den Eigentum besetzten oder zerstören können, Polizei angreifen ist gefährlich weil sie dann sich ermutigt fühlen. Die Gesellschaften gehen kaputt wenn sie nicht die Probleme bei Namen nennen dürfen. Das bedeutet auch nicht dass alles was von rechter Seite gesagt wird, auch anständig und richtig ist. Das kann man aber kaum korrigieren wenn die Sprache dermaßen missbraucht wird. Dazu wollte ich nur mal noch sagen: die Hass erfühlten Reden gehen meist von SPD und Grünen. Die Empörung kommt dann auch von denen. Wenn es so weiter geht werden die Neue Faschisten der links-grünen Sorte hier eine Diktatur einrichten oder kommt einer der weiß wie man es verhindert und macht dann eine rechte Version davon. Die Aussagen manchen Verfassungsschützer zu dem Vorfall sind echt erleuchtend. Von mir aus können diese Leerköpfe eine Partei oder andere auch verbieten. Es wird das gleiche Effekt haben wie Mietpreisbremse auf Mietpreise. In meinem altem Land sagt man dazu: es ist besser mit Weisem was zu verlieren als mit einem Idiot was zu finden. Es stimmt hier auch.

Gertraude Wenz / 17.10.2019

Was Herr Zydatiss über diesen Online- Sumpf schreibt, führt einem wieder erschreckend vor Augen, wozu Menschen fähig sind. Natürlich, das sind Randständige, die zu ” normalem” Denken nicht mehr fähig sind. Trotzdem macht das Angst, denn wie schnell man Opfer dieser Durchgeknallten werden kann, zeigt das Geschehen von Halle. Vor diesem Hintergrundwissen geraten die Verleumdungen der Mainstreampolitiker und -presse, die AfD habe eine Mitschuld an den Ereignissen, vollends zur Farce. Nein, hier wird er wieder mal sichtbar, der üble Hang des Menschen, einen Sündenbock zu finden. Die zivilisatorische, demokratische Decke ist dünn, nach wie vor.

Heinrich Moser / 17.10.2019

Die AfD hat die Sprache bedroht? Bei Maischberger wurde Trump ein “Arschloch” genannt. “Wir werden die AfD jagen” “Macht kaputt, was Euch kaputt macht” Achtung Nazis, jetzt wirds hart – [Stadtname]wird zu Stalingrad! • Gegen Nazis, gegen Krieg, schwarzer Block ich hab dich lieb! • Hepatitis A bis C, für die ganze NPD/AFD • Der Fuchs ist schlau und stellt sich dumm – beim Nazi ist es andersrum • Egal wo, egal wann: Zündet Naziautos an! • Fascists, you should better run! We will beat you nazi-scum! • Faschos von der Straße pogen – Deutsches Blut auf deutschem Boden • Da simma dabei! Das ist viva – Au-to-nomi-a! Wir lieben das Leben,die Liebe und die Lust! Doch wenn die Nazis aufmarschier‘n, dann hau ma auch mal druff! • Staat und Nazis Hand in Hand – Unsere Antwort Widerstand! • Siamo tutti antifascisti! • Nazis verpisst euch – keiner vermisst euch! • Für die Freiheit, für das Leben, Nazis von der Straße fegen! • Nazis schnallt den Fallschirm an! - macht es so wie Möllemann! • Für die Freiheit für das Leben - Nazis auf die Schienen legen! • Ob Ost, ob West - nieder mit der Zeckenpest • Ob Süd, ob Nord – Nazis bashen, unser Sport! • Staat und Nazis Hand in Hand – Unsere Antwort Widerstand! • Siamo tutti antifascisti! • Nazis verpisst euch – keiner vermisst euch! • Für die Freiheit, für das Leben - Nazis von der Straße fegen! • Für die Freiheit, für das Leben - Nazis auf die Schienen legen! • Für die Freiheit, für das Leben - Faustkontakt mit Nazis Pflegen! • Gebt den Nazis die Straße zurück – Stein für Stein/Stück für Stück • Jetzt ist Schluss mit Tralala – Bock auf boxen, Antifa! • Lasst es krachen, lasst es knallen – Deutschland in den Rücken fallen! • Lasst es knallen, lasst es krachen – Österreich zu Kleinholz machen! • Kein Vergessen – Kein Vergeben, Nazis auf die Schnauze geben • [Stadtname] – Wir sind da, autonome Antifa! • Wir haben euch was mitgebracht! – Was? Was? Was? – Für’s Nazi- und Faschistenpack gibts: Hass!

A.S. Sawa / 17.10.2019

Wie kommt es eigentlich, dass die hundert mal grausameren Videos, die Allahs Gotteskrieger beim Kopfabschneiden zeigen, soviel weniger Wellen schlagen?

Markus Rüschenschmidt / 17.10.2019

Mehr oder weniger ist das ganze Internet eine einzige Anhäufung von Subkulturen. Aus denen kann viel Positives oder Negatives entstehen. Dass indes die rechten Trolle und andere eher konservative Unruhestifter zwangläufig derartiges wie in Halle wirklich wollen oder unterstützen, wage ich zu bezweifeln. Bei der Antifa und linken Subkultursümpfen und sogar bei konkreten Plänen islamistischer Terroristen samt Umfeld ist auch nicht immer jeder stumpfe Mitläufer gleich ein Befürworter/Unterstützer von Gewalt. Sie fangen hier schon genauso an wie die Mainstreamleutchen: Radikal sind immer nur die Rääächten (also ALLE), Populismus kommt grundsätzlich von rechts, dummes Geschwätz, Gewaltdrohungen, wüste Beschimpfungen sowieso - hab ich noch was vergessen? Wehret den Anfängen, werdet nicht vereinfachend, liebe Achse…

Karl Schmidt / 17.10.2019

Ihre Beschreibung ist interessant - und trotzdem kann man ihr kaum folgen. Sie beschreiben eine Welt, die für Nichtmitglieder so mysteriös und unverständlich ist wie die Tiefsee. Politisch dürfte es letztlich darum gehen, dass wir es mit Menschen zu tun haben, die eine radikal subjektiven Freiheitsbegriff folgen. Die Einengung durch linke “Tugenden” und Gesellschaftsmodelle wird offenbar genauso abgelehnt wie ein liberaler Ordnungsrahmen von Rechtsbürgerlichen. Trotzdem sind diese Leute nicht beziehungslos, weil sie sich zu Interessensgruppen im Netz zusammen finden. Sie wirken politisch, indem sie jede politische Einflussnahme, jeden Ordnungsrahmen ablehnen, der ihnen nicht unmittelbar nützt. Umgekehrt erscheint vielen Bürgern (nicht zu unrecht) die Politik in westlichen Zivilisationen inzwischen zu einem Prozess der maßlosen Klientelbedienung (bei uns stehen insoweit z. B. die Bereiche Migration, Umwelt und Energie derzeit im Mittelpunkt) geworden zu sein: Unterstützt wird hier nur, was dem eigenen “Clan” nützt; der andere wird mit immer schärferen Mitteln verdrängt, ausgeschlossen (“game over”) und geächtet. Die (langfristigen) Folgen, die Spaltung, die Unfähigkeit zum Konsens aufgrund der Maximierung der eigenen Forderungen, sind bedeutungslos. Auch hier gibt es nur einen “Sieger”. Unter dem Strich sind die Ergebnisse verblüffend ähnlich. Ich frage mich, ob diese Netzwelt letztlich nicht doch eine verschärfte (weiter fortgeschrittene?) Kopie der Außenwelt darstellt.

Karla Kuhn / 17.10.2019

Herr Hartmut Laun, da brauche ich nicht extra nach Berlin zu fahren, auch hier in München wurde ich bereits von Jugendlichen mit MIGRAHIGRU, allerdings in holprigem deutsch “freundlichst” aufgefordert,- im vorbeigehen, mich doch ins Knie zu ficken. Vielleicht habe ich diese “Geistesgrößen ” nicht genug beachtet. In der S Bahn wurde eine ältere Inderin, die hervorragend deutsch spricht und ich auf noch üblere Art von zwei Türkenbürscheln (konnte ich aus ihrer Unterhaltung entnehmen) beschimpft. Die Inderin hat mich fast angefleht, nicht auf diese dreckigen Äußerungen zu hören. Ich habe mich bei ihr entschuldigt für diese Entgleisungen und gesagt, daß das anscheinend zur “NEUEN DEUTSCHEN KULTUR” gehört und falls sie in Deutschland bleiben sollte, sich doch lieber daran gewöhnt. Nein, sie ist nur beruflich in Deutschland. WAS dies Frau mit nach Hause nimmt, kann sich jeder denken. Zum Glück habe ich auch freundlich junge Menschen erlebt !  Ich rege mich jetzt nicht mehr auf, ich halte es mit meiner Mutter, ....“wer es nicht wert ist…..”  WARUM soll ich mir meine verbleibende Lebenszeit mit solchen Typen vergällen ? Die interessieren mich nicht und von denen halte ich tatsächlich eine “ARMLÄNGE ABSTAND!”  Wenn ich noch jung wäre, hätte ich das HEUTIGE Deutschland, spätestens nach der Wahl 2017 verlassen !

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