Beherrschen auch aktuell Terroranschläge die Schlagzeilen, so gibt es doch aus Nahost auch Erfreuliches zu berichten: Die Beziehungen zwischen Israel und immer mehr Staaten der arabischen Welt wachsen und gedeihen.
Die Terrorwelle, die Israel seit vier Wochen heimsucht, reißt nicht ab. Am Montag zählte man dort bereits das 14. Opfer eines palästinensischen Anschlags in diesem Zeitraum. Doch die täglichen Schreckensmeldungen vermitteln nicht das ganze Bild.
Was die Palästinenser betrifft, so scheint auf absehbare Zeit Hopfen und Malz verloren. Mit der Fatah und der Hamas ist einfach kein Staat zu machen, und beide sitzen fest im Sattel, die einen in den Autonomiegebieten im Westjordanland, die anderen im Gazastreifen. Diese Terrororganisationen hatten nie ein Interesse an Frieden mit Israel, sie haben ihn jetzt nicht und sie werden es aller Voraussicht nach auch in Zukunft nicht haben, jedenfalls nicht, solange Amerika und Europa einschließlich Deutschlands den fortgesetzten Terror der palästinensischen Hardliner auch noch indirekt unterstützen, indem sie hunderte Millionen Dollar und Euro an Unterstützung zahlen, ohne Vorbedingungen zu stellen. Und so wird wohl auch noch in den nächsten drei Jahrzehnten Generation um Generation in der Westbank und in Gaza zum Hass und zum Dschihad erzogen werden.
Gleichwohl wird dieser Hass längst nicht mehr von der ganzen arabischen Welt geteilt. Zum einen sieht man auch dort, dass die Palästinenser auf dem Weg zur Eigenstaatlichkeit permanent über die eigenen Füße fallen, weil sie nach wie vor dem vergeblichen Kampf gegen den jüdischen Staat dem Streben nach einem neben Israel existierenden Palästina den Vorzug geben. Zum anderen wächst mit dem nach Atomwaffen strebenden und bereits in zahlreiche regionale Konflikte verstrickten, nach der Vorherrschaft im Nahen und Mittleren Osten greifenden Iran eine Gefahr heran, der man allein nicht mehr Herr wird.
Emirate-Außenminister in Yad VaShem
Und damit kommen wir zu den guten Nachrichten: Israel und diverse arabische Staaten bauen ihre Beziehungen auf vielen Ebenen aus. Reden wir nicht von Ägypten (Friedensvertrag 1979) oder Jordanien (Friedensvertrag 1994) – in beiden Fällen blieb es bei einem „Kalten Frieden“, was zwar immerhin die Abwesenheit von Krieg, aber eben leider auch keine wirklich freundschaftlichen Beziehungen bedeutet. Israelis reisen zwar in diese beiden Nachbarländer, umgekehrt ist das aber eher nicht der Fall.
Ganz anders sieht es mit anderen Staaten aus. Die „Abraham-Abkommen“, die Israel unter Vermittlung der USA (unter der Trump-Regierung!), aber auch Ägyptens, Bahrains und Omans im Sommer 2020 mit den Vereinigten Arabischen Emiraten schloss, die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Marokko und der Friedensvertrag mit Bahrain erregten bei uns nicht die gebührende mediale Aufmerksamkeit; das übliche „Jews are news“ gilt wohl vor allem in negativem Kontext. Da sich hartnäckig der von den Medien in der Welt verbreitete Glaube hält, Frieden zwischen der arabischen Welt und Israel könne es nur geben, wenn die Palästinenser ihren eigenen Staat bekämen, mag sich hier auch der Frust darüber Bahn brechen, dass es bei weiträumiger Umfahrung der Interessen von Hamas und Fatah durchaus zu Fortschritten in der nahöstlichen Nachbarschaft kommen kann. Ähnlich verbittert zeigten sich auch die arabischen Parteien in Israel: Die Knesset stimmte mit überwältigender Mehrheit für die Abraham-Abkommen, ausschließlich die 13 Abgeordneten der arabischen Parteien votierten dagegen.
Dabei ist die Entwicklung der Beziehungen Israels zu etlichen Staaten des Orients ganz und gar erstaunlich. Wer hätte etwa gedacht, dass der Außenminister der Emirate, Bin Sajed, jemals nach Jerusalem reisen, die Holocaust-Gedenkstätte Yad VaShem besuchen und dort einen Kranz niederlegen würde?
Gemeinsame Investitionen in Schlüsselsektoren
Einige Beispiele aus den vergangenen Wochen mögen zeigen, wie vielfältig die Zusammenarbeit inzwischen gediehen ist. So besuchte der Kommandant der israelischen Luftstreitkräfte, Tomer Bar, kürzlich Marokko und lotete mit seinem marokkanischen Kollegen eine Festigung der militärischen Zusammenarbeit aus. In Abu Dhabi hielten Israel und die Emirate erstmals eine gemeinsame Marineschau im Rahmen der „Ausstellung und Konferenz für die Verteidigung der Meere“ (NAVDEX) ab und führten ein von Israel Aerospace Industries, der Werft Abu Dhabi Ship Building und dem emiratischen Rüstungsunternehmen Edge ein für den Einsatz an Häfen oder im Küstenbereich entwickeltes unbemanntes Marineschiff vor.
Israelnetz berichtet:
„Dazu gehören Aufklärungsmissionen, Küsten- und Grenzüberwachung, das Erkennen von Minen und die Verteidigung gegen U-Boote. Es eignet sich auch für zivile Aufgaben wie die Meeresforschung, das Aufspüren von Umweltverschmutzungen oder Katastropheneinsätze.“
Vor einigen Tagen trafen sich Vertreter Israels, Indiens, der Vereinigten Arabischen Emirate und der USA zu einem Geschäftsforum („I2U2 Business Forum“) in Abu Dhabi, bei dem es um gemeinsame Investitionen in Schlüsselsektoren ging. Sieben parallele Sitzungen behandelten die Themen Ernährungssicherheit, Energie, Wasser, Weltraum, Verkehr, Gesundheit und Technologie.
Erste neue Synagoge seit fast hundert Jahren in einem arabischen Land
Das Sultanat Oman hat seinen Luftraum jetzt auch für israelische Flugzeuge geöffnet, was die Flugzeit von Tel Aviv nach Fernost künftig um Stunden verkürzt. In Israel wird eine solche, eher unspektakuläre Entscheidung als „historisch“ gefeiert, während der Golfstaat Israel nicht einmal namentlich erwähnt, aber steter Tropfen scheint den Stein zu höhlen. Bereits im Juli 2022 hatte Saudi-Arabien seinen Luftraum für israelische Maschinen geöffnet.
Vor knapp zwei Wochen wurde die erste Synagoge seit fast hundert Jahren in einem arabischen Land offiziell eingeweiht, die Moses Ben Maimon Synagogue in Abu Dhabi, wo Schätzungen zufolge tatsächlich etwa 600 Juden leben sollen. Sie ist Teil eines interkonfessionellen Friedensprojekts. Die Anlage, die Abrahamitic Family House genannt wird, umfasst neben der Synagoge eine Kirche und eine Moschee. Laut ihrer Website soll es „als Gemeinschaft für den interreligiösen Dialog und Austausch dienen und die Werte der friedlichen Koexistenz und der Akzeptanz zwischen verschiedenen Glaubensrichtungen, Nationalitäten und Kulturen fördern“. Seit heute ist die Synagoge der Öffentlichkeit zugänglich.
Last but not least: Vor einer Woche kündigte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu an, daran zu arbeiten, auch Saudi-Arabien für die Abraham-Abkommen zu gewinnen. Dies würde einen „Quantensprung“ bedeuten, weil dies den Weg für die Normalisierung mit dem Rest der arabischen Welt ebnen könnte. Dieser Frieden, so Netanyahu, „umfasst nicht nur Regierungen, sondern auch wesentliche Teile der arabischen Völker am Golf, die nun erkennen, dass Israel nicht der Dämon ist, von dem man ihnen so viele Jahrzehnte lang erzählt hat. Sie sehen die Vorteile für ihr eigenes Leben und wollen es ausbauen. Nun, wir wollen es auch ausweiten".
Ein „warmer Frieden" ist keine Utopie mehr. Allein in den ersten vier Monaten nach den „Abraham-Abkommen" reisten 140.000 Touristen und Geschäftsleute aus Israel in die Golfstaaten – und auch hunderte Gäste aus den Golfstaaten wurden in Jerusalem und Tel Aviv gesichtet. Es tut sich was in Nahost, und manches gibt sogar Anlass zur Hoffnung.
Claudio Casula arbeitet als Autor, Redakteur und Lektor bei der Achse des Guten.